| Titel: | Johannit, eine neue Art Minerales. Von W. Haidinger, Esq., F. R. S. E. | 
| Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. XLIX., S. 140 | 
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                        XLIX.
                        Johannit, eine neue Art Minerales. Von W. Haidinger, Esq., F. R. S.
                           E.
                        In 
                           Brewster's Edinburgh Journal of Science.
                              Juli. 1830. S. 306.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Johannit, eine neue Art Minerales.
                        
                     
                        
                           Die Formen des Johannites gehoͤren zu dem
                              hemiprismatischen Systeme. Ich habe nur zwei Abarten bemerkt, welche in Fig. 11 und
                              12.
                              dargestellt sind.
                           Obschon die Krystalle ziemlich regelmaͤßig gebildet sind, und scharfe Kanten
                              besizen, so sind sie doch so sehr klein und traubenfoͤrmig
                              zusammengehaͤuft, daß es aͤußerst schwierig wird die wahre Gestalt
                              derselben heraus zu finden, und noch weit schwerer die Winkel zu messen. Lezteres
                              konnte ich nur durch Approximation auf folgende Weise: Neigung von a auf das anliegende a =
                              111°; von a auf b =
                              118°; von a auf c'
                              oder a' auf c = 87°,
                              28'; von b auf c =
                              128° 32'; von b auf d
                              = 134° 5'; von b auf e (uͤber c) = 101°, 15'.
                           Es gelang mir nicht außer mittelst unwahrscheinlicher Hypothesen die Dimensionen
                              irgend einer Pyramide zu bestimmen, welche man als Grundform dieser Art betrachten
                              koͤnnte. Ich gab daher lieber die Maße der Winkel an, wie ich dieselben durch
                              Anwendung des Rester-Goniometers fand, bis man vielleicht in der Folge
                              groͤßere und mehr zusammengesezte Formen dieser Krystalle entdekt, welche
                              eine leichtere und genauere Bestimmung aller geometrischen Beziehungen der
                              Krystallisation-Reihen gestatten.
                           Bei der Kleinheit der Krystalle laͤßt sich der Durchgang der Blaͤtter
                              nur mit großer Muͤhe bestimmen: ich bemerkte jedoch Spuren, die parallel mit
                              den Flaͤchen a liefen; auch parallel mit einer
                              anderen Flaͤche, welche die scharfen Kanten zwischen b und c ersezt. In anderen Richtungen ist der
                              Bruch unvollkommen muschelicht.
                           Die Oberflaͤche der Krystalle ist glatt; die Flaͤchen b, d, c, e sind leicht gestreift, parallel mit den
                              Vereinigungskanten. 
                           
                           Der Johannit hat Glasglanz; seine Farbe ist ein helles
                              schoͤnes Grasgruͤn, das auf dem Striche blaß Zeisiggruͤn wird.
                              Die Krystalle sind halbdurchscheinend. Er ist schneidbar: Haͤrte = 2,0 bis
                              2,5; etwas staͤrker, als am hexaëdrischen Steinsalze. Die specifische
                              Schwere, welche ich bei 59° F. „(+ 12° R.)“
                              gefunden habe, ist = 3,191.
                           In Wasser ist er etwas aufloͤsbar, und gibt demselben einen schwachen, mehr
                              bittern als zusammenziehenden Geschmak.
                           Der Johannit gehoͤrt zu der Ordnung der Salze in
                              der ersten Classe nach Mohs's Systeme. Da es in der
                              Zukunft nothwendig seyn wird den ganzen Inhalt dieser Ordnung in Gattungen und Arten
                              zu reihen, und folglich diesen allen systematische Namen beizulegen, so will ich
                              jezt nicht durch voreilige Bestimmung unnoͤthiger Weise die Zahl solcher
                              Namen vermehren. Fuͤr jeden Fall gehoͤrt indessen dieses Salz nicht zu
                              der Gattung des Vitrioles. Der Name, Uranium Vitriol den Hr. John (Chemische Schriften VI. Bd. S. 254.)
                              vorschlug, ruft alte alchemistische Ideen in unser Gedaͤchtniß zuruͤk,
                              die schon laͤngst und mit Recht vergessen sind.
                           Es geschieht in dem Gefuͤhle des reinsten Vergnuͤgens, daß ich den
                              Namen Johannit fuͤr die gegenwaͤrtige Art
                              vorschlage; denn kein Mineralog hatte bisher Gelegenheit, wo er ausgezeichneten
                              Foͤrderern der Wissenschaft eine Ehrenbezeugung erweisen konnte, den Namen
                              des Bruders seines Fuͤrsten einem Fossile beilegen zu koͤnnen. Ich
                              verdanke diese besondere Beguͤnstigung Sr. kaiserl. Hoheit, dem Erzherzoge
                              Johann von Oesterreich. Ich habe versucht, die
                              spaͤtesten kuͤnftigen Freunde einer der Lieblingswissenschaften dieses
                              Erlauchten an einen Namen zu erinnern, bei welchem die Geschichte unseres Zeitalters
                              mit Vergnuͤgen verweilt, und auf diese Weise, so lang als die Fortschritte
                              der Wissenschaft noch den Bemuͤhungen unserer Zeitgenossen zugetheilt werden,
                              die Erinnerung meiner Verehrung fuͤr ihn zu erhalten.Diese Huldigung, die dem Erlauchten Erzherzoge Johann schon fruͤher von den Botanikern in der herrlichen
                                    tropischen Johannesia dargebracht wurde, verdient
                                    wohl kein Fuͤrst mehr, als der unsterbliche Stifter des Johannaͤums. Indessen kann einem
                                    daͤnischen Mineralogen auch noch einst das Vergnuͤgen werden,
                                    einen Christianit oder Frederikit der Nachwelt als Beweis der Dankbarkeit fuͤr den
                                    Eifer und den koͤniglichen Aufwand zu schenken, mit welchem Se. k.
                                    Hoheit der Erbprinz von Daͤnemark, Christian
                                       Frederik, das Studium der Mineralogie foͤrdert. Das Cabinet
                                    dieses Erlauchten, welches unter der Leitung des Grafen Vargas Bedemar steht, enthaͤlt
                                    ungefaͤhr 10,000 Exemplare und ist eines der interessantesten in
                                    Europa. Es existirt zwar bereits eine Lavaart, die den Namen Christianite fuͤhrt (S.
                                    Monticelli
                                    e
                                    Covelli
                                    prodromo della Mineralogia vesuviana), wir
                                    wissen aber nicht, ob er zu Ehren des Kronprinzen von Daͤnemark so
                                    genannt ist, oder eines anderen Mineralogen.
                              
                           Die Exemplare, welche ich untersuchte, fand ich zuerst zu Joachims-Thal in Boͤhmen, als
                              ich diese beruͤhmte Bergstadt im Fruͤhjahre 1826 mit Hrn. Rob. Allan bereiste, in der Sammlung des Bergbeamten Hrn. Peschka. Da diese Sammlung von Hrn. Grafen Caspar Sternberg gekauft, und dem Nationalmusaͤum zu Prag
                              geschenkt wurde, so war ich im Fruͤhjahre 1829 so gluͤklich, Exemplare
                              zur Untersuchung zu erhalten. Ich habe schon fruͤher gewuͤnscht, einem
                              neuen in den oͤsterreichischen Erbstaaten gefundenen Fossile diesen Namen
                              ertheilen zu koͤnnen, und mir die Erlaubniß hierzu von Sr. kaiserlichen
                              Hoheit erbeten: ich finde gegenwaͤrtiges Fossil um so mehr hierzu geeignet,
                              als seine gruͤne Farbe an die Alpen erinnert, an den Lieblingsaufenthalt des
                              kaiserlichen Mineralogen und Pathens dieses Fossiles.
                           Ich war dem Hrn. Prof. Zippe schon sehr oft Dank schuldig fuͤr verschiedene
                              interessante Mineralien, welche genauer untersucht werden mußten, und bin es ganz
                              besonders in dem gegenwaͤrtigen Falle, da er bereits mehrere sehr
                              schaͤzbare Aufsaͤze herausgegeben hat, und die Bestimmung einer neuen
                              Art ganz besonderes Interesse besizt.
                           Dieses Fossil verdient an und fuͤr sich als neue Art in der Mineralogie
                              betrachtet zu werden, obschon Hr. John bereits eine
                              Analyse desselben herausgegeben hat, in welcher jedoch sowohl die physischen als die
                              chemischen Eigenschaften so mangelhaft beschrieben sind, daß es unmoͤglich
                              ist nach denselben allein auf die Identitaͤt des Johannites mit Uran Vitriol zu schließen.
                           Wenn man den Johannit in einer glaͤsernen
                              Roͤhre der Flamme einer Weingeistlampe aussezt, so liefert er eine bedeutende
                              Menge Wassers, und laͤßt zugleich einen dunkelbraunen Niederschlag
                              zuruͤk, der zerreiblich ist, und noch immer Spuren der urspruͤnglichen
                              Krystallisation des Minerales zeigt.
                           Wenn man ihn auf Holzkohle mit kohlensaurem Natron schmilzt, auf polirtes Silber
                              legt, und dann befeuchtet, so entsteht ein schwarzer Flek von Schwefelsilber auf
                              dieser polirten Flaͤche. Es entwikelt sich auch ein Geruch von
                              Schwefelwasserstoffgas. Wenn man ihn etwas laͤnger in der reducirenden Flamme
                              des Loͤthrohres haͤlt, und dann wieder in der reducirenden Flamme mit
                              kohlensaurem Natron schmilzt, so erhaͤlt man Kupferkuͤgelchen.
                           Johannit gibt mit Borax ein schoͤnes
                              gruͤnes Glas sowohl in der Oxydir- als in der Reducir-Flamme.
                              In lezterer kommen die Kuͤgelchen zuweilen roth zum Vorscheine, und werden
                              beim Erkalten undurchsichtig wegen des Kupferprotoxydes.
                           Wenn er mit Phosphorsalz behandelt wird, kommen bloß gruͤnliche Tinten zum
                              Vorscheine, was vorzuͤglich von Kupfer in der oxydirenden, und von Uran in
                              der reducirenden Flamme herruͤhrt. Wenn die Reducirflamme lang fort anhaltend geblasen wird, so
                              bedekt sich das Kuͤgelchen mit einer schwarzen metallischen
                              Oberflaͤche, wenn man viel Johannit genommen hat.
                              Wenn man Zinn zusezt, so erhaͤlt man die rothe Farbe des
                              Kupferprotoxydes.
                           Wenn man Johannit in Salpetersaͤure
                              aufloͤst, und Aezammonium zusezt, so erhaͤlt man einen gelben
                              Niederschlag, der aber durch das Kupfer von sich selbst blau wird. Der
                              Ruͤkstand verhaͤlt sich mit Phosphorsalz wie reines Uranoxyd.
                           Der Johannit scheint demnach Schwefelsaͤure,
                              Wasser, Kupfer- und Uranoxyd zu enthalten. Ich erwarte das genaue
                              Verhaͤltniß dieser Bestandtheile von Hrn. Prof. Berzelius zu vernehmen, an welchem Hr. Selfstroͤm so gefaͤllig war ein Exemplar von mir mit zu
                              nehmen.
                           Dieses Mineral ist eben so schoͤn, als selten. Die einzigen bisher bekannten
                              Exemplare fand man im J. 1819 bei Wiederbelegung einiger alten Werke in der
                              Naͤhe der Grube Elias zu Joachimsthal in Boͤhmen, als Ueberzug auf
                              Bruchstuͤken von Uranerz.
                           Freie Schwefelsaͤure ist, wie auch John vermuthet,
                              insofern sie wahrscheinlich durch Zersezung einiger Arten von Schwefelkies entsteht,
                              ohne Zweifel die Ursache der Entstehung dieser neuen Art Minerales. An dem
                              Exemplare, welches ich untersuchte, finden sich nadelfoͤrmige
                              Gypskrystalle.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
