| Titel: | Ueber Kornessigbereitung. Von Hrn. Dubrunfaut. | 
| Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. LI., S. 145 | 
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                        LI.
                        Ueber Kornessigbereitung. Von Hrn. Dubrunfaut.
                        Aus dem Bulletin des Scienc. technolog. Julius. 1830.
                              S. 233.
                        Dubrunfaut, uͤber Kornessigbereitung.
                        
                     
                        
                           Man verfertigt solchen Essig in den noͤrdlichen Departementen von Frankreich,
                              wo keine Weinberge sind; der Weinessig also zu theuer ist.
                           Ehevor war das gebraͤuchlichste Verfahren Kornessig zu bereiten dieses, daß
                              man aus Malz Bier bereitete. Dieses Bier wurde im Sommer in Faͤssern, die man
                              der Sonne aussezte, in Gaͤhrung gebracht, und durchlief Anfangs die geistige
                              Gaͤhrung; man legte die Faͤsser so auf den Bauch, daß ihr Spundloch
                              oben zu liegen kam, oͤffnete dieselben taͤglich, und gab bloß ein
                              Stuͤk Dachziegel des Nachts auf das Spundloch.
                           Die Entwikelung des kohlensauren Gases hob die Fluͤssigkeit mit aller Gewalt
                              in die Hoͤhe, und stieß oͤfters sogar etwas von derselben mit den Hefen aus. Man konnte
                              diesen Verlust zum Theile dadurch vermeiden, daß man in der Naͤhe des
                              Spundloches mit hoͤlzernen Haͤmmern klopfte. Auf diese Weise zwang man
                              die Hefen in die Fluͤssigkeit zuruͤkzutreten, und beguͤnstigte
                              die Entwikelung der sauren Gaͤhrung, die sich bereits waͤhrend der
                              geistigen zu zeigen anfing, und dann schnell auf dieselbe folgte.
                           Dieses Verfahren, das noch heute zu Tage von vielen Essigfabrikanten im
                              noͤrdlichen Frankreich, Belgien, in Holland und in Deutschland befolgt wird,
                              ist langweilig, und der Essig wurde vor sechs Monaten nicht fertig.
                           Heute zu Tage befolgt man eine bequemere und schnellere Methode, welche, in Hinsicht
                              auf Essiggaͤhrung, vollkommen identisch mit dem Verfahren ist, dessen man
                              sich zu Orleans bei Bereitung des Weinessiges bedient.
                           Bei dieser Methode ist das angewendete Korn nicht mehr reines Malz, sondern ein
                              Gemenge aus Einem Theile Malz und aus vier Theilen Roken: alles so geschroten und
                              gemischt, wie man es sonst in der Bierbrauerei und Brantweinbrennerei braucht.
                           Man zieht den Roken dem Malze vor, weil er leichter sauer wird.
                           Das geschrotene Korn wird befeuchtet, und dann mit 6 bis 8 Mal so viel Wasser (dem
                              Gewichte nach) eingeweicht, als ob man Kornbrantwein bereiten wollte, und vom
                              Einruͤhren bis zum Zusezen der Hefen geschieht hier alles eben so, wie dort:
                              man hat auch wirklich bei diesen ersten Arbeiten keinen anderen Zwek, als
                              Weinbildung.
                           Nachdem der Huth sich gesezt hat, was nach einigen Tagen geschieht, wird die
                              alkoholische Masse in zwei Theile getheilt, wovon der eine klar, jedoch nicht hell,
                              der andere dicht ist: lezterer ist der Bodensaz, der aus dem Parenchyme des Kornes
                              besteht, welches sich auf dem Boden der Kufe anhaͤuft. Man gießt hierauf die
                              klare Fluͤssigkeit ab, und bringt die teigartige Masse in eine Stube um sie
                              zu destilliren: das schwache Destillat, welches man hier erhaͤlt, wird zu der
                              klaren Fluͤssigkeit zugegossen, und kommt in die warme Stube zur sauren
                              Gaͤhrung.
                           In dieser warmen Stube liegen die Faͤsser auf ihrem Bauche auf den Gantern;
                              man nimmt hierzu sogenannte 3/6 Pipen (pipes de
                              3/6),Eine Pinte war ehevor ein Faß, das 5 Eimer hielt. A. d. Ue. und kann dieselben auch uͤber einander aufschichten um Raum zu
                              gewinnen. Diese Faͤsser sind bis auf 2/3, oder bis zur Haͤlfte mit
                              Fluͤssigkeit gefuͤllt; man gießt, um sie in den Gang zu bringen, 1/4
                              oder 1/5 ihres Inhaltes Essig in dieselben, der auf die gewoͤhnliche Weise
                              bereitet wurde, mit allen Haͤuten, die sich in den Faͤssern bilden, in
                              welchen man den
                              Essig aufbewahrt, und die man in Weinlaͤndern Essigmutter nennt;
                              fuͤllt hierauf die oben erwaͤhnte klare Fluͤssigkeit bis zur
                              Haͤlfte oder bis auf zwei Drittel des Fasses nach, und verfaͤhrt
                              hiernach eben so mit den uͤbrigen.
                           Die warme Stube muß bestaͤndig auf 30 bis 35° R. geheizt seyn.
                              Taͤglich wird die Fluͤssigkeit aus jeder Kufe abgeseiht und in eine
                              andere geschuͤttet. Man hat zu diesem Ende in der Reihe der Gefaͤße,
                              die umherstehen, ein leeres altes Faß zur Aufnahme des ersten Abgusses; dieses nimmt
                              den zweiten Aufguß auf, u.s.f. Durch dieses Verfahren, durch welches die
                              alkoholische Fluͤssigkeit bestaͤndig umgeruͤhrt und
                              geluͤftet wird, wird die Essigbildung beguͤnstigt, und dasselbe muß
                              daher oͤfters des Tages wiederholt werden.
                           Nach dieser Methode ist der Essig in Verlauf von 4 bis 5 Wochen hinlaͤnglich
                              entwikelt. Wenn alle Arbeiten gehoͤrig durchgefuͤhrt werden, gießt man
                              die Haͤlfte des in jedem Gefaͤße befindlichen Essiges in kleinere
                              Faͤsser ab, die man in ein kaltes Gemach bringt, wo die Klaͤrung
                              geschehen muß.
                           Die Leere, die durch den abgezogenen Essig in den Gefaͤßen entsteht, wird
                              durch eine gleiche Menge alkoholischer klarer Fluͤssigkeit ersezt.
                           Man sieht, daß man nach dieser Methode eine geistige Gaͤhrung, eine
                              Destillation und eine saure Gaͤhrung vorzunehmen hat. Diese Arbeiten
                              muͤssen so geordnet werden, daß sie taͤglich gleichmaͤßig
                              fortschreiten. Man hat also jeden Tag fertigen Essig abzuziehen, denselben durch
                              alkoholische Fluͤssigkeit zu ersezen, eine gewisse Menge der teigartigen
                              Masse zu destilliren, das Korn in Gaͤhrung zu bringen und den Essig auf die
                              Klaͤrung zu stellen.
                           Das Klaͤren geschieht mittelst Hobelspaͤnen aus Buchenholz, welche, wie
                              es scheint, durch einen zusammenziehenden Stoff (Gerbestoff) wirken, den sie
                              enthalten.