| Titel: | Ueber eine Abart von Steinsalz, welche verknistert, wenn sie mit Wasser in Berührung kommt. Von Hrn. J. Dumas. | 
| Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. LXVIII., S. 212 | 
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                        LXVIII.
                        Ueber eine Abart von Steinsalz, welche
                           verknistert, wenn sie mit Wasser in Beruͤhrung kommt. Von Hrn. J. Dumas.
                        Aus den Annales de Chimie. Tome XLIII. S.
                              316.
                        (Im Auszuge.)
                        Dumas, uͤber eine Abart von Steinsalz.
                        
                     
                        
                           Hr. Boué gab mir ein Stuͤk einer Abart von
                              Steinsalz aus der Saline zu Wieliczka in Galicien, in welcher man die hoͤchst
                              sonderbare Eigenschaft bemerkte, daß es knistert, wenn man es in Wasser
                              aufloͤst.Es ist unter dem Namen Knistersalz bekannt. Es
                                    fiel uns auf, daß Hr. Dumas nicht auch anderer
                                    kuͤnstlicher Salze erwaͤhnt, welche bekanntlich bei ihrer
                                    Aufloͤsung knistern. Es wuͤrde der Muͤhe werth seyn,
                                    mit denselben eine aͤhnliche Analyse vorzunehmen. A. d. Ue. Bei der Aufloͤsung desselben hat eine sehr merkliche Gasentwikelung
                              Statt. Bei jedem staͤrkeren Krachen des Stuͤkes steigen
                              groͤßere Luftblasen empor, und zerplazen, und dieses Krachen ist zuweilen so
                              stark, daß das Glas wakelt, in welchem man die Aufloͤsung vornimmt.
                           Um die Luftart, welche sich entwikelt, kennen zu lernen, brachte ich einige
                              Bruchstuͤke dieses Salzes in eine geschlossene und mit Queksilber bis auf
                              zwei Drittel angefuͤllte Glasroͤhre. Das noch uͤbrige Drittel
                              fuͤllte ich mit Wasser, und stuͤrzte die Roͤhre auf den
                              Queksilberapparat. Ich machte das Wasser kochen, bis das Salz aufgeloͤst war,
                              und es sammelte sich Luft im oberen Theile der Roͤhre. In diese Luft ließ ich
                              eine Luftblase von Sauerstoffgas, ungefaͤhr halb so groß, als das Volumen der
                              ersteren. Ich kehrte nun die Roͤhre um, und dieses Luft- oder
                              Gasgemenge verhielt sich an einem brennenden Kerzchen wie gewoͤhnliche
                              Knallluft aus Wasserstoffgas. Ich habe, nach einigen fruͤheren Angaben,Gueteard sagt in seinem Mém. sur la mine de sel de Wieliczka in den Mem. de l'Acad. 1762. p. 512. „Zuweilen kommt aus gewissen Hoͤhlen ein
                                       erstikender Dampf, der sich entzuͤndet, wenn zufaͤllig ein
                                       Grubenlicht in der Naͤhe ist. Die Knappen wurden dadurch mehr als
                                       ein Mal erstikt, oder an einigen Theilen ihres Koͤrpers
                                       verbrannt. Ein aͤhnlicher Dampf sammelt sich auch zuweilen in den
                                       aufgelassenen Gruben, selbst in den Stollen, und entzuͤndet sich
                                       mit einem Knalle.“ Hr. Marcel de
                                       Serres sagt in seinem Essai sur les
                                       manufactures de l'empire d'Autriche T. II. p. 374.
                                    „Wasserstoffgas zeigt sich zuweilen in den Salzbergwerken
                                       durch theilweise Entzuͤndungen, was jedoch aͤußerst selten
                                       ist.“ Ich weiß nicht, ob Hr. M. de
                                       Serres hier von Wieliczka oder von den oͤsterreichischen
                                    Salinen spricht. A. d. O. (Man vergl. uͤber Wieliczka und uͤber die
                                       oͤsterreich. Salinen die Aufsaͤze des Drs. J. A. Schultes
                                    in Gehlens Journal d. Chemie und dessen Briefe uͤber das oͤsterreich.
                                       Salzkammergut. 2. Bd. 8. Tuͤbingen 1810 bei Cotta; das
                                    Vollstaͤndigste, was man uͤber diese Salzwerke bisher besizt.
                                    A. d. Ue. solches brennbare Gas vermuthet, und ich habe mich nicht
                              getaͤuscht.
                           
                           Da dieses Salz keine deutlich merklichen Hoͤhlungen enthielt, so wollte ich
                              das Volumen Gases messen, welches in einem bestimmten Volumen dieses Salzes
                              enthalten ist. Ich gab daher in eine Roͤhre von bekanntem
                              koͤrperlichen Inhalte ein Stuͤk dieses Salzes, fuͤllte die
                              Roͤhre mit Wasser, und konnte so das Volumen des Salzes bestimmen, welches 1
                              1/2, Kubik-Centimeter betrug.
                           Das entwikelte Gas, auf dem Wasser und unter dem gewoͤhnlichen Druke bemessen,
                              nahm sieben Zehntel eines Kubik-Centimeters ein (bei 14° am
                              100° Therm.). Das Salz gab demnach die Haͤlfte seines Volumens an Gas,
                              was ungeheuer ist, wenn man bedenkt, daß man mit freiem Auge keine deutlichen
                              Hoͤhlungen an dem Salze wahrnehmen konnte.
                           Dieses Gas entzuͤndete sich, wie das vorige, d.h., wie Wasserstoffgas.
                              Vielleicht ist dieses Wasserstoffgas etwas gekohlstofft, was ich aus Mangel an
                              Exemplaren von diesem Salze nicht bestimmen konnte.
                           Es scheint also, daß das Verknistern dieses Salzes im Wasser von dem sehr
                              verdichteten Gase abhaͤngt, welches dasselbe enthaͤlt. Die
                              mikroskopischen Hoͤhlungen, in welchen dasselbe eingeschlossen ist, werden
                              nach und nach, so wie das Salz sich aufloͤst, in ihren Waͤnden
                              schwaͤcher, die dann endlich bersten, und das Gas unter Knistern entweichen
                              lassen. Nach einem im Dunkeln angestellten Versuche hat bei diesem Verknistern keine
                              Lichtentwikelung Statt.
                           Obschon man keine Hoͤhlungen in diesem Salze wahrnimmt, sieht man doch an
                              einigen Stellen Nebelfleken, waͤhrend andere Stellen durchscheinend sind:
                              erstere deuten auf außerordentlich kleine Hoͤhlungen, die mit Luft
                              gefuͤllt sind, wovon ich mich besonders zu uͤberzeugen suchte. Ich
                              nahm zu diesem Ende ein einzelnes krystallinisches Stuͤk dieses Salzes, das
                              zur Haͤlfte durchscheinend, zur Haͤlfte nebelicht war: ich sonderte
                              beide sorgfaͤltig aus einander, und behandelte sie nach obiger Weise in der
                              Glasroͤhre mit Wasser. Obschon diese beiden Stuͤke kaum so groß waren,
                              wie eine Linse, glaube ich doch nicht, mich bei dem Versuche getaͤuscht zu
                              haben. Das nebelichte Stuͤk schien mir mehr Gas gegeben zu haben, als das
                              andere; indessen war es merkwuͤrdig, daß auch das durchsichtige Stuͤk,
                              obschon es hell, wie Krystall, gewesen ist, Gas gegeben hat.
                           Sir Humphry Davy, der sich zuerst mit Untersuchung der in
                              den Hoͤhlungen der Mineralien vorkommenden Koͤrper
                              beschaͤftigte, und Hr. Brewster, der sie zeither
                              besonders studierte, haben, so viel ich weiß, kein brennbares Gas in den Mineralien
                              gefunden, welche sie untersuchten.
                           Uebrigens zeigt diese neue Thatsache, wie sehr das Phaͤnomen, welchem man die
                              Anhaͤufung gasartiger Koͤrper in den Hoͤhlungen der Mineralien
                              verdankt, in dem Verlaufe geologischer Ereignisse haͤufig vorkam, und wie
                              mannigfaltig verschieden die Koͤrper sind, uͤber welche es sich
                              erstrekte.
                           Ich stellte einige Versuche an, solches knisterndes Salz kuͤnstlich zu
                              erzeugen, und ich zweifle nicht, daß man dasselbe auf eine hoͤchst einfache
                              Weise hervorbringen kann.
                           Indessen wird das Phaͤnomen der Salzlager (des
                                 Salzes) schon durch den einzigen Umstand, daß es ein Steinsalz gibt,
                              welches brennbares Gas enthaͤlt, wo nicht erklaͤrt, doch wenigstens
                              bald erklaͤrbar werden.