| Titel: | Ueber englischen Knochenleim. | 
| Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. LXX., S. 215 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXX.
                        Ueber englischen Knochenleim.
                        Aus dem XLVII. Bande der Transactions of the Society for the
                                 Encouragement of Arts. In Gill's technol. and microsc. Repository.
                              April, 1830. S. 223.
                        Ueber englischen Knochenleim.
                        
                     
                        
                           Hr. Walter Macqueen, Marine Street, Brighton, N. 8., legte der Society ein
                              Muster von Knochenleim vor, welchen er auf folgende Weise bereitet.
                           Die Knochen, vorlaͤufig ihres Fettes beraubt, werden in Salzsaͤure
                              macerirt, welche mit zwei Mal so viel kaltem Wasser, ihrem Umfange nach,
                              verduͤnnt wurde. Nachdem auf diese Weise alle phosphorsauren und kohlensauren
                              Salze entfernt wurden, bleibt eine gallertartige faserige Masse zuruͤk,
                              welche wiederholt in warmem Wasser ausgewaschen wird, bis alle Saͤure
                              entfernt ist. Hierauf gibt man dieselbe in einen mit einer Klappe versehenen
                              Dampfkessel (Digester), und haͤlt sie, mit einer
                              gehoͤrigen Menge Wassers, in einer Temperatur, die nicht uͤber
                              200° F. (74° R.) steigt. Man laͤßt alles ruhig ohne zu
                              ruͤhren, bis die Aufloͤsung geschehen ist. Die dike
                              Fluͤssigkeit wird dann in eine Kiste gegossen, in welcher man sie erkalten
                              laͤßt, wo sie die Consistenz einer steifen Gallerte annimmt, und hierauf in
                              Kuchen geschnitten und an der Luft getroknet werden kann. Fuͤnf Pfund Knochen
                              und fuͤnf Pfund Kochsalzsaͤure geben Ein Pfund pomeranzengelben keim,
                              der hart, troken, bruͤchig und specifisch leichter ist, als jener aus
                              Haͤuten.
                           Ein Theil des eingesendeten Leimes wurde dem Schreiner der Society gegeben. Dieser nahm gleiche Gewichttheile dieses Knochen-
                              und des besten Londoner Leimes, und weichte ihn uͤber Nacht ein; er gab
                              hierauf jeden in einen besonderen Topf, goß nur so viel Wasser zu, als
                              noͤthig war, den Leim zu bedeken, und kochte beide. Der Knochenleim blieb
                              duͤnn und verlangte nicht mehr Wasser: der andere kochte sich dik und
                              forderte mehr Wasser um brauchbar zu werden. Ersterer erstarrte (fror, wie die
                              Englaͤnder sagen) fruͤher, und dient daher nicht so gut zum Leimen
                              langer Flaͤchen: ist aber sehr gut bei kleinen Arbeiten, vorzuͤglich
                              bei eingelegter Arbeit, da er staͤrker bindet, keine so starken Fugen bildet,
                              und nicht so leicht von Feuchtigkeit leidet.
                           Der Ausschuß fuͤr Chemie wuͤnschte von dem Secretaͤre, Esqu.
                              Arthur Aikin, einige vergleichende Versuche, welche auf
                              folgende Weise angestellt wurden.
                           Man nahm zwei Sorten Londoner Leim: 
                           
                           1) den gemeinen, gelbbraunen, etwas biegsamen, der saͤuerlich, wie
                              fluͤssiger Leim, riecht.
                           2) den besten Londoner Leim, der dunkler ist, als der vorige, hart, bruͤchig
                              und geruchlos.
                           3) Hrn. Macqueen's Knochenleim.
                           200 Gran von jedem wurden einzeln in Kaffeeschalen gethan mit 4 Loth Flußwasser.
                           Am folgenden Tage war N. 1. am wenigsten angeschwollen,
                              und roch faul.
                           N. 2. war am meisten aufgelaufen, und geruchlos.
                           N. 3. war beinahe, wie N.
                              2., aufgeschwollen, und gleichfalls geruchlos.
                           Am dritten Tage war N. 1. weniger aufgelaufen, als die
                              beiden anderen; es blieb viel Wasser uneingesogen uͤbrig, und roch sehr
                              faul.
                           N. 2. hatte beinahe alles Wasser eingesogen, und war
                              geruchlos.
                           N. 3. war in demselben Zustande, wie N. 2.
                           Nun wurde jede Schale in einem anderen mit kaltem Wasser gefuͤllten
                              Gefaͤße an das Feuer geruͤkt, und sobald das Wasser anfing zu kochen,
                              ward der Leim in jeder Schale vollkommen aufgeloͤst. N. 2. gab die dikste Aufloͤsung. N. 1.
                              war duͤnner. N. 3. beinahe so duͤnn wie
                              Wasser.
                           Das waͤhrend dieser Versuche verdampfte Wasser betrug, bei N. 1., 125 Gran; bei N. 2.,
                              124 Gran; bei N. 3., 78 Gran. Das wirkliche
                              Verhaͤltniß des Leimes zum Wasser war demnach in den respectiven
                              Aufloͤsungen.
                           
                              
                                 N. 1.
                                     1 Leim
                                     8,35 Wasser.
                                 
                              
                                 –   2.
                                     1  
                                    –
                                     8,36    
                                    –
                                 
                              
                                 –   3.
                                     1  
                                    –
                                     8,82    
                                    –
                                 
                              
                           Bei dem Abkuͤhlen wurden alle diese drei Aufloͤsungen beinahe zu
                              gleicher Zeit gallertartig. N. 1. war eine unvollkommen
                              zitternde Gallerte; N. 2. war weniger zitternd; N. 3. war bedeutend steifer als N. 2.
                           Der auf diese Weise bereitete Leim ward nun obigem Schreiner, der die vorigen
                              Versuche mit demselben anstellte, wieder mitgetheilt.
                           Bei der naͤchsten Versammlung des Ausschusses wurden drei Stuͤke
                              Mahagoni vorgelegt, wovon jedes aus zwei kleineren Stuͤken bestand, die mit
                              den drei verschiedenen Mustern dieses Leimes zusammengeleimt waren. Der Schreiner
                              bemerkte, daß alle drei Aufloͤsungen, die man ihm gegeben hatte,
                              duͤnner waren, als der Leim, der bei der gewoͤhnlichen Tischlerarbeit
                              gebraucht wird; daß N. 3. die duͤnnste war, und
                              daß, wenn man schnell mit derselben arbeitete, ehe der Leim erstarrte, man weniger
                              von derselben, als von jeder anderen Sorte noͤthig hatte, und daß sie fester
                              band, als die uͤbrigen. Er bemerkte ferner, daß, bei eingelegter Arbeit und bei
                              gewissen feineren Tischlerarbeiten, Knochenleim mit großem Vortheile angewendet
                              werden kann, indem, bei der außerordentlichen Fluͤssigkeit dieser
                              Aufloͤsung, leicht ein Leim bereitet werden kann, der zwei Mal so viel festen
                              Leim enthaͤlt, als andere Leimaufloͤsungen, und der dann doch noch
                              fluͤssig genug bleibt, um mit demselben arbeiten zu koͤnnen. Wo
                              außerordentliche Staͤrke nothwendig ist, wird solcher Leim in vielen
                              Faͤllen sehr gut dienen.
                           Von den drei Stuͤken Mahagoni brach
                           N. 1. beinahe an der Stelle, wo es geleimt war, war also
                              bestimmt am schwaͤchsten.
                           N. 2 und 3. brachen zum Theile auch an dieser Stelle,
                              aber doch weit mehr am Holze, und es scheint bei beiden kein großer Unterschied
                              vorzuwalten.