| Titel: | Beschreibung eines Verfahrens, wodurch man die Essiggährung außerordentlich beschleunigen und starken Essig ohne Unterbrechung in Zeit von zwei Tagen auf ökonomische Weise im Großen bereiten kann. Von den Herausgebern. | 
| Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. LXXXV., S. 318 | 
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                        LXXXV.
                        Beschreibung eines Verfahrens, wodurch man die
                           Essiggaͤhrung außerordentlich beschleunigen und starken Essig ohne Unterbrechung
                           in Zeit von zwei Tagen auf oͤkonomische Weise im Großen bereiten kann.Wir wollten die Beschreibung dieses Verfahrens schon im Jahre 1827 mittheilen
                                 (vergl. Polyt. Journal
                                 Bd. XXV. S. 259.), wurden aber durch
                                 besondere Ruͤksichten daran verhindert, die jezt beseitigt sind.
                                 Bekanntlich hat vor mehreren Jahren Hr. Schuͤzenbach aus Freiburg im Breisgau zuerst in einigen
                                 Fabriken ein Verfahren, starken Essig in zwei Tagen zu bereiten,
                                 eingefuͤhrt, da es aber bis jezt geheim gehalten wurde, so koͤnnen
                                 wir nicht sagen, wie weit es mit dem hier mitgetheilten
                                 uͤbereinstimmt. Von den Herausgebern.
                        Dingler, uͤber schnelle Essigbereitung.
                        
                     
                        
                           Die Essigsaͤure, welche sich bei der sauren Gaͤhrung weniger
                              Fluͤssigkeiten bildet, ist bekanntlich das Product der Oxydation des
                              Alkohols. Eine lange Erfahrung hat die Essigfabrikanten gelehrt, daß, wenn die saure
                              Gaͤhrung der weinigen Fluͤssigkeit gut von Statten gehen soll,
                              leztere
                           1) der Luft eine große Oberflaͤche darbieten und mit ihr bestaͤndig in
                              Beruͤhrung seyn, dabei aber auch
                           2) einer Temperatur von 20 bis 24° Réaumur ausgesezt seyn muß, und daß
                              endlich auch
                           3) eine hinreichende Menge von Ferment noͤthig ist.
                           Soll die Essigbildung moͤglichst beschleunigt werden, so hat man im Grunde nur
                              dieselben Bedingungen zu erfuͤllen, aber auf eine genuͤgendere Weise
                              als es bisher geschah. Man wendet eine Temperatur von 28 bis 30° R. an. Die
                              Essigsaͤure ist bekanntlich selbst ein Ferment fuͤr die
                              Essiggaͤhrung, und man hat schon seit langer Zeit verschiedene, mit Essig
                              getraͤnkte Substanzen als Ferment fuͤr die Essiggaͤhrung
                              benuzt; wir wenden als solches mit Essig getraͤnkte Buchenholzspaͤne
                              an, wodurch wir zugleich der Bedingung, daß die zu saͤurende
                              Fluͤssigkeit der Luft eine große Oberflaͤche darbieten soll, besser,
                              als es auf irgend eine andere Weise moͤglich ist, entsprechen
                              koͤnnen.
                           
                        
                           Beschreibung des Verfahrens im Allgemeinen.
                           Wir wollen das Verfahren zuerst im Allgemeinen beschreiben und sodann in alle Details
                              eingehen. Wir nehmen an, man verwende zur Essigbildung Brantwein von 10° Bek
                              (0,940 spec. Gew. bei 12° R.) und Maische (deren Bereitung unten angegeben
                              ist). Wir sezen ferner voraus, daß die in der Essigstube stehenden Faͤsser 9
                              bis 10 Eimer fassenDer Bayrische Eimer enthaͤlt 60 Maß und die Maß Wasser wiegt 2
                                    Pfund. und mit gesaͤuerten Buchenholzspaͤnen gefuͤllt
                              sind.
                           Man erhizt (fruͤhzeitig) die Essigstube auf 30° bis 32° R. und
                              gießt sodann in jedes Faß mit einer mit einem Sprauß versehenen Gießkanne 18 Maß
                              Wasser, welche auf 18 bis 20° R. erwaͤrmt und sodann mit 1 1/2 Maß
                              Brantwein und 1 1/2 Maß Maische vermischt worden sind. Nach dem Einsprizen dieser
                              Mischung verschließt man jedes Faß mit seinem Dekel. Sobald die Temperatur der
                              Essigstube auf 26° R. gefallen ist, muß man sie wieder auf 30° bringen
                              und sie immer zwischen diesen Graden erhalten. Nach Verlauf von 12 Stunden (am
                              Abende) laͤßt man die Fluͤssigkeit, welche sich auf dem Boden der
                              Faͤsser gesammelt hat, ablaufen, gießt sie mittelst der Gießkanne wieder
                              uͤber die Spaͤne und verschließt die Faͤsser wieder mit dem
                              Dekel. Nach 24 Stunden (am Morgen des anderen Tages) wird eine Mischung von 1 1/2
                              Maß Brantwein und 1 1/2 Maß Maische auf dieselbe Weise uͤber die
                              Spaͤne gegossen (nachdem die Essigstube vorher auf 30 bis 32° R.
                              geheizt ist), sodann von der am Boden des Fasses befindlichen Fluͤssigkeit
                              eine Portion abgelassen und ebenfalls noch uͤber die Spaͤne gegossen.
                              Nach 36 Stunden (am Abende des zweiten Tages) laͤßt man die
                              Fluͤssigkeit nochmals ab und gießt sie wieder uͤber die Spaͤne
                              in das Faß. Nach 48 Stunden ist der Essig gebildet und wird auf die
                              Lagerfaͤsser gebracht; die Gaͤhrungsfaͤsser aber werden
                              sogleich mit einer neuen Mischung beschikt und man faͤhrt ohne Unterbrechung
                              immer auf die angegebene Weise fort.
                           Die zur Oxydation des Alkohols erforderliche Luft tritt durch eine in der halben
                              Hoͤhe des aufrecht stehenden Fasses angebrachte kleine Oeffnung ein.
                           
                        
                           Einrichtung der Essigstube.
                           Die Essigstube muß durch irgend eine geeignete Feuerungseinrichtung auf 32° R. geheizt werden
                              koͤnnen; man kann entweder warme Luft einstroͤmen lassen, oder einen
                              Ofen in derselben errichten. Thut man das leztere, so duͤrfte die
                              zwekmaͤßigste Einrichtung diese seyn, den Ofen mitten in der Stube von
                              Baksteinen aufzubauen und von demselben ein weites Rohr aus Eisenblech aufsteigen zu
                              lassen, welches etwa anderthalb Schuh uͤber demselben ein Knie hat, und
                              sodann aufsteigend nach dem außerhalb der Essigstube befindlichen Kamine geht. Es
                              muß an seinem Ende in der Essigstube mit einer Klappe abgesperrt werden
                              koͤnnen, wenn die gehoͤrige Temperatur hergestellt und das Holz im
                              Ofen abgebrannt ist. Vermittelst eines Ofens von dieser Einrichtung, der also großen
                              Theils aus einem schlechten Waͤrmeleiter besteht, kann man obige Temperatur
                              in der Stube lang erhalten und wird im Sommer nur zwei Mal, im Winter nur drei Mal
                              in 24 Stunden feuern muͤssen; auch wird dadurch eine ziemlich
                              gleichfoͤrmige Temperatur erzielt und es kann der groͤßte Theil des
                              Raumes mit Faͤssern bestellt werden.
                           Die Essigstube sollte gewoͤlbt seyn, mindestens gut vertuͤncht, damit
                              die Waͤrme nicht so leicht durchdringen kann.
                           Man stellt die Faͤsser auf ein anderthalb bis zwei Schuh hohes Lager und
                              benuzt den Raum unter demselben, um das zur Heizung des Ofens erforderliche Holz
                              aufzubewahren und troken zu erhalten.
                           Um die Temperatur in der Essigstube zu beobachten, muß man wenigstens an zwei
                              entgegengesezten Stellen Thermometer aufhaͤngen.
                           
                        
                           Einrichtung der Faͤsser.
                           Die zur Essiggaͤhrung erforderlichen Faͤsser werden mit einem gut
                              schließenden aus 1 1/2 bis 2 Zoll diken Brettern geschnittenen Dekel versehen.
                              Derselbe besteht aus zwei Theilen, wovon jeder mit einer Handhabe versehen ist; sie
                              liegen auf einer kreisfoͤrmigen Latte auf. Um leztere zu verfertigen, sagt
                              man eine Latte an sehr vielen Stellen ein, wo man sie sodann im Kreise herumbiegen
                              und im Fasse annageln kann.
                           In der halben Hoͤhe des Fasses ist neben dem zugeschlagenen Spundloch eine
                              acht Linien weite Oeffnung zum Einstroͤmen der Luft angebracht.
                           
                        
                           Verfertigung der Buchenholzspaͤne.
                           Die Spaͤne werden von gesundem Buchenholz, am besten Rothbuchenholz, gehobelt.
                              Man zerkleinert das Holz in beilaͤufig 2 Schuh lange Scheiter, welche man
                              mehrere Stunden lang in einer hinreichenden Menge Wassers kocht und sodann noch 24
                              Stunden darin liegen laͤßt. Dieß geschieht theils um das Holz auszulaugen,
                              theils um es leichter hobeln zu koͤnnen. Die Spaͤne koͤnnen
                              eine halbe Linie dik seyn.
                           Wenn man das Holz nicht vor dem Hobeln ausgekocht hat, so kocht man die Spaͤne
                              aus. 
                           
                        
                           
                           Saͤuerung der Buchenholzspaͤne.
                           Die in der Essigstube befindlichen Faͤsser fuͤllt man mit
                              Hobelspaͤnen und druͤkt sie fest ein, ohne sie gerade einzutreten;
                              denn wenn es zu viele leere Raͤume gaͤbe, so ginge die Essigbildung
                              nicht gehoͤrig von Statten. Man gießt sodann in ein Faß von 9 bis 10 Eimern
                              10 bis 12 Maß guten Essig, und zwar mittelst der mit einer Sprause versehenen
                              Gießkanne, wodurch die Fluͤssigkeit moͤglichst uͤber die
                              Spaͤne zertheilt werden kann. Nun werden die Dekel auf die Faͤsser
                              gelegt und die Essigstube auf 30 bis 34° R. geheizt, und wenn die Temperatur
                              durch Nichtnachschuͤren auf 26° R. herabgekommen ist, feuert man aufs
                              Neue bis die vorige Temperatur wieder hergestellt ist. Nach 12 Stunden laͤßt
                              man den Essig, welcher sich auf dem Boden gesammelt hat, durch das am Boden des
                              Fasses befindliche Spundloch ab, und gießt ihn wieder mit der Gießkanne uͤber
                              die Spaͤne im Fasse. Dieß geschieht in Allem vier Mal innerhalb 48 Stunden.
                              Der Essig wird nach dieser Zeit groͤßten Theils in die
                              Buchenholzspaͤne eingedrungen seyn und sich, wie man sagt, verzehrt haben.
                              Wenn der Essig nicht stark genug war, kann es sich treffen, daß nach 24 Stunden die
                              Fluͤssigkeit, welche sich am Boden des Fasses gesammelt hat, nur noch schwach
                              sauer schmekt; in diesem Falle beseitigt man sie und wendet den zweiten Tag frischen
                              Essig an. Da die Spaͤne uͤberhaupt eine sehr betraͤchtliche
                              Menge Saͤure verschluken, so ist es moͤglich, daß die erste geistige
                              Fluͤssigkeit, welche man auf sie bringt, nicht den gehoͤrigen
                              Sauregrad erhaͤlt, aber von dem zweiten Gaͤhrungsproceß angefangen,
                              erhaͤlt man ohne Unterbrechung den Essig von der gehoͤrigen
                              Staͤrke.
                           Man koͤnnte auch, um die Saͤuerung der Spane abzukuͤrzen,
                              dieselben in einem Kessel mit Essig auskochen, sie dann in die Faͤsser
                              bringen, noch mit etwas Essig begießen, und die Temperatur von 30 bis 32° R.
                              24 Stunden lang unterhalten, ehe man die weinige Fluͤssigkeit auf sie bringt.
                              Dieses Verfahren waͤre aber etwas kostspieliger.
                           Die so mit Essig getraͤnkten Hobelspaͤne koͤnnen etwa drei Jahre
                              lang gebraucht werden, um die weinigen Fluͤssigkeiten in Essig zu verwandeln,
                              und kommen waͤhrend dieser Zeit nicht aus den
                              Gaͤhrungsfaͤssern, wenn eine reine, weinige Fluͤssigkeit zur
                              Essigbildung angewandt wird. Sind hingegen die zu saͤuernden
                              Fluͤssigkeiten truͤbe, oder enthalten sie fremdartige Substanzen,
                              welche sich in den Spaͤnen absezen, so ist man genoͤthigt leztere von
                              Zeit zu Zeit aus den Faͤssern zu nehmen, und sie in einem Bottich, in Wasser,
                              welches oͤfters erneuert wird, vermittelst eines Besens zu reinigen. 
                           
                        
                           
                           Gaͤhrungsproceß.
                           Zusaz von Hefen ist nicht noͤthig und wenn sie auch das erste Mal, wo weinige
                              Fluͤssigkeit auf die Faͤsser gebracht wird, die Gaͤhrung etwas
                              beschleunigt, so ist sie doch gewiß spaͤter ganz unnuͤz.
                           Anstatt wie oben 1 1/2 Maß Brantwein und 1 1/2 Maß Maische mit der noͤthigen
                              Menge Wasser gemischt, auf die Faͤsser zu bringen, und nach 24 Stunden die
                              uͤbrigen 1 1/2 Maß Brantwein und 1 1/2 Maß Maische aufzugießen, haͤtte
                              man auch sogleich die ganze Mischung auf Einmal aufgießen und von 12 zu 12 Stunden
                              umgießen koͤnnen. Will man einen Essig von mehr als gewoͤhnlicher
                              Staͤrke bereiten, so kann man nach Verlauf von 48 Stunden noch 1 1/2 Maß
                              Brantwein und 1 1/2 Maß Maische aufgießen, so daß der staͤrkere Essig im
                              Verlauf von drei Tagen gebildet wird.
                           Ehe man die weinige Fluͤssigkeit auf die Faͤsser bringt, muß dieselbe
                              Temperatur wie beim Saͤuern der Spaͤne vorausgegangen seyn und die
                              Faͤsser muͤssen sich in dunstfoͤrmigem Zustande befinden.
                           Die Arbeit des Essigmachens darf nicht laͤngere Zeit unterbrochen werden, weil
                              sonst die Faͤsser oder die Hobelspane umstehen. In diesem Falle muͤßte
                              man mit dem Saͤuern der Hobelspaͤne wieder von Neuem anfangen.
                           Leidet die Maische noch eine Diluirung, so sollte sie mit kochendem Wasser geschehen,
                              um sie auf eine Temperatur von 22 bis 24° R. zu bringen.
                           Um Verlust durch Verdunstung moͤglichst zu vermeiden, muß man die
                              Faͤsser immer nur so lange offen lassen, bis die Fluͤssigkeit mit der
                              Gießkanne uͤber die Spaͤne gesprizt ist.
                           Von Zeit zu Zeit muß man untersuchen, ob der Luftzutritt durch die kleine, in der
                              Mitte der Hoͤhe des Fasses angebrachte Oeffnung nicht durch Spaͤne
                              versperrt ist.
                           Außer verduͤnntem Brantwein und Maische kann man auch Wein, Most, Cider,
                              Brantweinnachlauf, Bier, wo dieselben um billige Preise zu erhalten sind, benuzen,
                              um ein wohlfeileres Product zu erzielen. Das Verfahren hierbei bleibt im
                              Wesentlichen dasselbe; man bringt die Fluͤssigkeit mit wenig Wasser
                              verduͤnnt, oder so wie sie ist (was von ihrem Alkoholgehalt abhaͤngt),
                              zwei Tage lang auf die Faͤsser (24 Maß auf ein Faß von 9 Eimer) und gießt sie
                              von 12 zu 12 Stunden um. Die saure Gaͤhrung erfolgt um so leichter, je
                              weniger fremdartige Substanzen die weinigen Fluͤssigkeiten enthalten; wenn
                              hingegen ihr Gehalt an Staͤrkegummi und Kleber etwas betraͤchtlich
                              ist, so thut man besser sie zu destilliren und bloß das Destillat zur
                              Essiggaͤhrung zu verwenden; oder man benuzt sie als Zusaz, um Brantwein zu
                              ersparen. 
                           
                           Das beste und sicherste Verfahren, um Kornessig nach dem Princip obiger
                              Gaͤhrungsmethode zu bereiten, ist dieses: Man bereitet Maische auf die
                              angegebene Weise, gießt den klaren Theil der weinigen Fluͤssigkeit
                              groͤßten Theils ab und unterwirft die ruͤkstaͤndige
                              Fluͤssigkeit mit dem Saz der Destillation. Man gießt auf ein Faß von 8 bis 9
                              Eimer mittelst der Gießkanne 18 Maß von dem abgegossenen Theil und nach denselben
                              ebenfalls mittelst der Gießkanne 6 Maß von dem Destillat; die Fluͤssigkeit
                              wird von 12 zu 12 Stunden umgegossen, und in 2 Tagen ist der Essig gebildet. Die
                              Spaͤne kommen dann nie aus dem dunstfoͤrmigen Zustande und man
                              erhaͤlt ein dem Weinessig aͤhnliches Product.
                           Wenn es sich darum handelt, den Essig in moͤglichst kurzer Zeit zu erzeugen,
                              so muß man sehr wenig Fluͤssigkeit im Verhaͤltniß zu dem mit
                              Spaͤnen erfuͤllten Raume der Faͤsser anwenden. Will man
                              hingegen aus der Capacitaͤt der Faͤsser Nuzen ziehen, so thut man
                              besser, mehr weinige Fluͤssigkeit auf Einmal in das Faß zu bringen und sie
                              laͤngere Zeit bei derselben Temperatur darauf zu lassen. Wir haben gesehen,
                              daß 24 Maß Fluͤssigkeit, aus 18 M. Wasser, 3 M. Brantwein und 3 M. Maische
                              bestehend, in 2 Tagen auf einem Fasse von 9 bis 10 Eimer in Essig verwandelt werden.
                              Bringt man hingegen auf dasselbe Faß eine Mischung aus 20 Maß Brantwein, 20 M.
                              Maische und 2 Eimer Wasser, so wird dieselbe bei gleicher Temperatur in 8 Tagen,
                              wenn man sie taͤglich drei Mal umgießt, vollkommen gesaͤuert, so daß
                              man also in 8 Tagen bei dieser Manipulation fast zwei Mal so viel Essig von
                              demselben Fasse erhaͤlt, als nach dem obigen Verfahren. Man findet außerdem,
                              daß der Essig etwas staͤrker wird, indem weniger Alkohol durch Verdunstung
                              verloren gehen kann.
                           
                        
                           Bereitung der Maische.
                           75 Pfund geschrotener Roken und 25 Pfund geschrotenes Gersten- oder Waizenmalz
                              werden wie zu Brantwein behandelt. Man nimmt naͤmlich bei starker
                              Kaͤlte 266 Pfund Wasser von 64° R. zum Einmaischen und 434 Pfund
                              kaltes Wasser zum Stellen; bei mittlerer Temperatur 304 Pfund Wasser von 60°
                              R. zum Einmaischen und 496 Pfund kaltes Wasser zum Stellen; und in den Sommermonaten
                              342 Pfd. von 52° R. zum Einmaischen und 558 Pfd. kaltes Wasser zum Stellen.
                              Das heiße Wasser kommt in das Maischgefaͤß, in welches man den geschrotenen
                              Roken und das Malz nach und nach einteigt; man laͤßt es eine halbe Stunde
                              zugedekt stehen, worauf man gut umruͤhrt und dieß waͤhrend 2–2
                              1/2 Stunden oͤfters wiederholt. Waͤhrend dieser Zeit bleibt das
                              Maischgefaͤß offen; man sezt sodann obige Quantitaͤt kaltes Wasser
                              nach und nach und bei
                              ununterbrochenem Umruͤhren der Maische zu. Auf diese Quantitaͤt werden
                              4 Maß Ober- oder Unterhefe hinreichend seyn, um die geistige Gaͤhrung
                              zu vollenden. Das Ganze ist der gewoͤhnliche Proceß zur Erzeugung des
                              Brantweinguts. Nach beendigter geistiger Gaͤhrung wird die Wuͤrze,
                              wenn sie klar ist, abgeseiht,In den noͤrdlichen Departementen von Frankreich gießt man den klaren
                                    Theil der Wuͤrze ab, den Bodensaz aber destillirt man und verwendet
                                    das Destillat mit der klaren Wuͤrze zur Kornessigbereitung. Vergl. S.
                                    145. in diesem Bande des pol. Journals. in ein aufrecht stehendes offenes Faß gegossen und sogleich mit der gleichen
                              Quantitaͤt Brantwein von 10° Bek vermischt. Die mit Brantwein
                              vermischte Wuͤrze haͤlt sich so acht Tage lang, und es geschieht
                              dieses Vermischen, damit man nicht alle Tage frische Wuͤrze machen muß. Der
                              Essigfabrikant koͤnnte auch, wo er einen Brantweinbrenner in der Naͤhe
                              hat, die Wuͤrze von demselben kaufen, nur muͤßte er sich darauf
                              verlassen koͤnnen, daß auf einen Theil Getreide 8 Theile Wasser in Anwendung
                              kommen, was das Verhaͤltniß eines richtigen Brantweinguts ist.
                           
                        
                           Klaͤrung und Aufbewahrung des Essigs auf
                                 Lagerfaͤssern.
                           Essig, welcher bloß aus Wein oder verduͤnntem Brantwein bereitet wurde,
                              laͤuft vollkommen klar von den Gaͤhrungsfaͤssern ab, und ist
                              unmittelbar Kaufmannsgut. Bestand hingegen die zu saͤuernde
                              Fluͤssigkeit theilweise oder ganz aus Wuͤrze oder anderen weinigen
                              Fluͤssigkeiten, welche nicht ganz klar waren, oder außer Alkohol noch viele
                              fremdartige Substanzen aufgeloͤst enthielten, so muß man den gebildeten Essig
                              von den Gaͤhrungsfaͤssern auf ein Lager von Faͤssern bringen,
                              die in einem Keller oder in einem Vorzimmer der Essigstube stehen. Diese
                              Faͤsser sind eben so gedekt wie die oben beschriebenen, und es ist bloß die
                              neben dem Spundloche in der Mitte des Fasses angebrachte kleine Oeffnung
                              weggelassen. Man fuͤllt sie ganz, aber loker, mit Buchenholzspaͤnen
                              an, auf welchen der Essig sich gewoͤhnlich in 2 bis 3 Tagen klaͤrt,
                              (indem sich die ihn truͤbenden Substanzen in den Spaͤnen festsezen)
                              und auch noch saurer wird. Wenn sich eine bedeutende Menge von Unreinigkeiten in den
                              Spaͤnen abgesezt hat, muͤssen sie auf oben angegebene Weise gereinigt
                              werden. Da die Spaͤne, wie bereits bemerkt wurde, viel Saͤure
                              verschluken, so wird, wenn man ungesaͤuerte Spaͤne auf die
                              Lagerfaͤsser bringt, der erste aufgegossene Essig durch dieselben an
                              Saͤure verlieren.
                           Da das Vorzimmer der Essigstube immer temperirt ist, so duͤrfte es dem Keller
                              vorzuziehen seyn; auch schon der Bequemlichkeit und Naͤhe wegen.
                           In diesem Vorzimmer kann man auch einen eisernen Kessel anbringen, um heißes Wasser zum
                              Verduͤnnen des Brantweins etc. zu bereiten.
                           Der Essig ist, so wie er von den Lagerfaͤssern kommt, fast farblos; man kann
                              ihn mit einer Aufloͤsung von gebranntem Zucker hell weingelb, oder mit
                              troknen Heidelbeeren roth faͤrben.
                           Es ist einleuchtend, daß man das ganze Jahr durch mit einem
                              verhaͤltnißmaͤßig sehr geringen Capital eine große Quantitaͤt
                              Essig nach diesem Verfahren bereiten kann, da derselbe in so kurzer Zeit bereitet
                              und verkaͤuflich ist. Man sollte 2 bis 3 Essigstuben haben, damit ein
                              Arbeiter mit dem Heizen und Aufgießen hinreichend beschaͤftigt ist. Dieses
                              Verfahren ist aber nicht nur fuͤr Essigfabrikanten, sondern auch fuͤr
                              Landwirthe, Zukersieder, Brantweinbrenner, Bierbrauer, Fabrikanten chemischer
                              Producte, besonders Bleizuker- und Bleiweißfabrikanten, von der
                              hoͤchsten Wichtigkeit.