| Titel: | Beschreibung eines Apparates, um das Eis in den Wasserleitungen zu schmelzen; von Hrn. Zuber-Karth. | 
| Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. XC., S. 375 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XC.
                        Beschreibung eines Apparates, um das Eis in den
                           Wasserleitungen zu schmelzen; von Hrn. Zuber-Karth.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 Muͤlhausen. N. 15. S. 445.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Zuber-Karth, Beschreibung eines Apparates um das Eis in den
                           Wasserleitungen zu schmelzen.
                        
                     
                        
                           Bei der strengen Kaͤlte des vorigen Winters gefror uns das Wasser in unserer
                              Leitung und da wir nach mehreren fruchtlosen Versuchen das Eis, welches sich in den
                              Roͤhren gebildet hatte, zu schmelzen, ein sehr einfaches und
                              genuͤgendes Verfahren hiezu ermittelten, se glaube ich, daß es
                              nuͤzlich seyn duͤrfte dasselbe bekannt zu machen.
                           Die Quelle, welche unsere Fabrik speist, ist davon ungefaͤhr 2300 Meter
                              entfernt; sie liegt in einer Erhoͤhung von 12,5 Meter auf einem Huͤgel
                              zwischen Rixheim und Habsheim und entspringt zwischen Schichten von Schiefermergel,
                              welche die Gypssteinbruͤche dieses Huͤgels und kalkartigen Sandstein,
                              der auf jenem liegt, einschließen. Das aus der Leitung tretende Wasser ergießt sich
                              in ein Bassin, welches 4 Meter uͤber den Boden erhoͤht ist und der
                              dadurch hervorgebrachte Druk breitet sich fast uͤber die ganze Laͤnge
                              der Leitung aus. Die Roͤhren sind groͤßeren Theils aus Fichtenholz und
                              haben 7 Centimeter Oeffnung; ein Theil hat nur 5 Centimeter Oeffnung und
                              ungefaͤhr 100 Meter sind aus Gußeisen. Alle diese Roͤhren sind mit
                              ungefaͤhr 3 Decimeter Erde bedekt, aber meistens mit 6 Decimeter. Die
                              mittlere Wassermenge, welche die Quelle gibt, betraͤgt 30 Liter in der
                              Minute.
                           Waͤhrend des Monats Januar erregte die niedrige Temperatur des aus den Roͤhren
                              austretenden Wassers schon Furcht bei uns. Obgleich es an der Quelle
                              bestaͤndig 15° C. (12° R.) zeigte, selbst bei einer
                              Kaͤlte von 25 bis 27° C. (20 bis 21° R.), so kam es doch nur
                              noch mit 0° an die Ausflußoͤffnung, als die aͤußere Temperatur
                              nur noch 15 und 20° betrug; seine Temperatur sank bald unter 0° herab
                              und wir sahen es sogar noch einige Zeit lang mit 2° unter 0 laufen und sich
                              unmittelbar nach dem Austritt aus den Roͤhren in ein kruͤmliges Eis
                              verwandeln. Unter diesen Umstaͤnden gelang es uns sein Ausfließen zu
                              unterhalten, indem wir alle zwei Tage ungefaͤhr 10 Hectoliter siedendes
                              Wasser vermittelst einer Feuersprize in die Leitung einsprizten; das Wasser stieg
                              sodann wieder auf 2° und erhielt sich des folgenden Tages uͤber 0.
                              Bald aber wurde die Kaͤlte staͤrker und ein Theil des Wassers ging
                              durch einen zufaͤlliger Weise in der Leitung entstandenen Riß verloren; es
                              kuͤhlte sich dann um so schneller ab, je weniger oft es erneuert wurde. Wir
                              suchten diesem nachtheiligen Umstand zu begegnen, indem wir damit anfingen den Druk,
                              welcher den Verlust groͤßer machen mußte, zu beseitigen und dabei dem Wasser
                              einen ringelblumenfoͤrmigen Ausfluß zu geben; aber dieses Mittel wurde
                              unzureichend und in dem Augenblike, wo wir die Roͤhren sich durch das darin
                              gebildete Eis verstopfen sahen, beeilten wir uns Oeffnungen an weniger entfernten
                              Stellen anzubringen, damit das noch nicht gefrorne Wasser auslaufen konnte; wir
                              waren dadurch genoͤthigt waͤhrend des 2ten, 3ten und 4ten Februars
                              ungefaͤhr 600 Meter der Hauptwasserleitung aufzuopfern, die sich durch Eis
                              verstopft hatten. Als die Kaͤlte nachließ, war unsere erste Sorge die
                              Wasserleitung auszubessern, welche unserer Fabrik fast unentbehrlich ist. Ohne
                              Erfolg versuchte man Wasserdampf in die Roͤhren zu leiten, um dadurch das Eis
                              zu schmelzen, denn das verdichtete Wasser, welches die Roͤhren bald
                              anfuͤllte, verhinderte seine Wirkung. Mit mehr Erfolg bohrten wir Locher von
                              2 zu 2 Meter Entfernung, gossen daselbst siedendes Wasser ein und zogen es
                              vermittelst einer kleinen Handpumpe in dem Maße als es sich abkuͤhlte, aus.
                              Man ruͤkte so ungefaͤhr um einen halben Meter taͤglich bei
                              jedem Loche vor; aber auf diese Art betrieben, war die Arbeit außerordentlich
                              muͤhselig und langwierig.
                           Hr. Amadaͤus Rieder von unserem Hause, erfand
                              endlich ein viel wirksameres Verfahren, dessen wir uns mit allem erwuͤnschten
                              Erfolg bedienten. Es besteht darin, in die Wasserleitung eine Bleiroͤhre so
                              weit einzufuͤhren, bis ihre Muͤndung unmittelbar das Eis
                              beruͤhrt, heißes Wasser vermittelst dieser Roͤhre einzusprizen, und
                              sie in dem Maße als das Eis durch das heiße Wasser geschmolzen wird,
                              vorzuruͤken. Dadurch wird das heiße Wasser bestaͤndig mit dem Eise in
                              Beruͤhrung gebracht und in dem Maße als es wirken konnte, durch neues ersezt; man zieht auch
                              moͤglichst Vortheil aus der angewandten Waͤrme und kann die Arbeit so
                              anordnen, daß sehr wenig Zeit und Brennmaterial rein verloren geht.
                           Der Apparat war folgendermaßen aufgestellt:
                           Fig. 1 und
                              2. a, ist eine Drukpumpe, an welcher die Bleiroͤhre
                              b angebracht ist, deren Oeffnung c in die Leitung dringt bis sie das Eis beruͤhrt;
                              d, ist der tragbare Kessel um das Wasser zu erhizen,
                              welches durch die Oeffnung e in die Pumpe ausfließt; f, ist die kleine Handpumpe, welche das erkaltete Wasser
                              aus den Leitungsroͤhren aufsaugt und es in den Kessel ausgießt.
                           Man sieht leicht, wie man bei diesem Apparat manipuliren muß: Ein Arbeiter ergreift
                              die Bleiroͤhre und stoͤßt sie allmaͤhlich vorwaͤrts, so
                              daß ihr Ende bestaͤndig das Eis beruͤhrt, welches man leicht
                              fuͤhlt. Ein anderer Arbeiter macht die Drukpumpe sanft gehen, und ein dritter
                              die Saugpumpe.
                           Die Bleiroͤhre hat 20 Millimeter aͤußeren Durchmesser, 12 Millimeter
                              Oeffnung und wiegt 2,25 Kilogr. per Meter; es ist gut
                              wenn sie bei der bestaͤndigen Anstrengung etwas stark ist. Ihre
                              Muͤndung ist um 4 bis 5 Millimeter verengt um das Wasser, welches man
                              anwendet, mehr zu sparen; ihre Laͤnge betraͤgt 11 bis 12 Meter. Dieses
                              sind die Dimensionen, welche wir am vortheilhaftesten fanden.
                           Um die Roͤhre einzufuͤhren, bohrt man in die Wasserleitung
                              rechtwinkliche Raͤume von 20 Centimeter Laͤnge auf 4 Cent. Breite und
                              in einer Entfernung von 20 Meter von einander, damit die Bleiroͤhre in jedem
                              Raume in den beiden entgegengesezten Richtungen wirken kann und hinreicht die ganze
                              Entfernung zu durchbohren.
                           Vermittelst des so angeordneten Apparates kann man mit einem Aufwande von
                              ungefaͤhr 50 Liter siedenden Wassers ungefaͤhr 5 Meter in einer Stunde
                              vorruͤken, ohne befuͤrchten zu muͤssen, daß das angewandte
                              Wasser sich bis auf 0° abkuͤhlt; aber die Operation wird durch eine
                              Menge kleiner Zufalle unterbrochen, welche theils durch die Unreinigkeiten, die sich
                              zwischen den Ventilen der Pumpen festsezen, theils durch Spruͤnge in den
                              Bleiroͤhren, die man wieder verloͤthen muß, veranlaßt werden, so daß
                              man im Durchschnitt taͤglich nur ungefaͤhr 40 Meter vordringen
                              kann.
                           Fig. 3. Ein
                              einfacheres Verfahren besteht darin die Pumpen wegzulassen und eines der Enden der
                              Bleiroͤhre so umzubiegen, daß man daraus einen vertikalen Schenkel von
                              ungefaͤhr 1 1/2 Meter Hoͤhe bildet, diesen mit einem Trichter zu
                              versehen und durch denselben das heiße Wasser einzugießen. Wir fingen mit diesem
                              Verfahren die Arbeit an und schritten damit ungefaͤhr halb so schnell als mit
                              der Pumpe vor; aber in
                              vielen Faͤllen duͤrfte dieses Mittel allein schon zureichend seyn.
                           Wir wollen genau Rechenschaft von der durch eine gewisse Quantitaͤt Wasser von
                              bestimmter Temperatur hervorgebrachten Wirkung geben. Die Versuche wurden mit
                              Leitungsroͤhren von 5 Centimeter Oeffnung angestellt. Hr. Eduard Koechlin war bei einem derselben zugegen; folgende
                              Tabelle enthaͤlt das Resultat dreier Versuche, wovon jeder eine Stunde
                              dauerte.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 39, S. 377
                              Angewandtes Wasser; Temperatur des
                                 Wassers vor der Anwendung; Temperatur des Wassers beim Austritt aus den
                                 Roͤhren; Benuzte Temperatur; Hervorgebrachte Wirkung an geschmolzenem
                                 Eis; Wirkung, welche nach der Laͤnge in der Leitung hervorgebracht wurde;
                                 Liter; Centesimalgrade; Grade; Kubikdecimeter; Meter
                              
                           Von dem Saz ausgehend, daß Ein Kilogr. Wasser von 75° C. Ein Kilogr. Eis von
                              0° schmelzen und so 2 Kilogr. Wasser von 0° hervorbringen muß,
                              haͤtten wir bei obigem Versuche 53 Kubikdecimeter Eis schmelzen und um 27
                              Meter vorschreiten muͤssen, waͤhrend wir in der That nur
                              beilaͤufig den 5ten Theil der theoretischen Wirkung erhielten. Man muß
                              beruͤksichtigen, daß durch Ausstrahlung in einer 10 Meter langen
                              Roͤhre und durch die Koͤrper der Leitung deßgleichen, viele
                              Waͤrme verloren geht, endlich daß die Temperatur des zu schmelzenden Eises
                              wahrscheinlich weit unter 0° ist, was wir nicht genau ermitteln konnten.
                           Es ist bemerkenswerth, daß wir nur eine einzige hoͤlzerne
                              Leitungsroͤhre durch Gefrierung des Wassers, welches jedoch darin
                              bestaͤndig unter einem gewissen Druke war, gesprungen fanden. Diese
                              Roͤhre war viel schwaͤcher als gewoͤhnlich; sie hatte nur
                              ungefaͤhr 6 Centimeter Dike. Von den eisernen Roͤhren fanden wir
                              beinahe die Haͤlfte ihrer ganzen Laͤnge nach gesprungen; diese Roͤhren
                              hatten bei einer Oeffnung von 5 Centimeter, 7 Millimeter Dike. Dasselbe war mit
                              einer Wasserleitung von beilaͤufig 30 Meter Laͤnge, die an einen
                              Brunnen stieß und aus kuͤnstlichen Steinen nach Fleuret verfertigt war, der Fall; obgleich die Roͤhren sehr hart
                              und stark waren, so konnten sie doch dem Gefrieren des Wassers nicht widerstehen und
                              mehrere sprangen der ganzen Laͤnge nach; sie waren beilaͤufig zehn
                              Jahre alt und waren alle ehe man sie legte, einem Druk von 1 1/2 Atmosphaͤren
                              unterzogen worden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
