| Titel: | Wie Papier wohlfeiler zu machen wäre. Ein Wink für Kanzellei-Directoren und für diejenigen, welche Kanzellei-Directoren zu dirigiren haben. | 
| Fundstelle: | Band 39, Jahrgang 1831, Nr. CXIII., S. 462 | 
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                        CXIII.
                        Wie Papier wohlfeiler zu machen waͤre. Ein
                           Wink fuͤr Kanzellei-Directoren und fuͤr diejenigen, welche
                           Kanzellei-Directoren zu dirigiren haben.
                        Dem Schatten des sel. k. k. Hofbuchdrukers v. Degen gewidmet.
                        Wie Papier wohlfeiler zu machen waͤre.
                        
                     
                        
                           Die Klagen uͤber den taͤglich steigenden Werth der Lumpen, des
                              Papieres, der Buͤcher, des Schreibmateriales in den Staatsverwaltungen werden
                              taͤglich lauter und lauter, und sind nur zu sehr gegruͤndet. Es sey
                              uns erlaubt, uͤber eine nicht unwichtige Ursache der gegenwaͤrtigen
                              Papiertheuerung die Ansicht eines Verstorbenen im Polytechn.
                                 Journ. niederzulegen, dem die Buchdrukerkunst, zumal in Oesterreich, hohen
                              Dank schuldig ist, und der als Schriftsteller (v. Degen
                              uͤbersezte in seiner Jugend classisch schoͤn den beruͤhmten Fra
                              Paolo Sarpi), so wie als Geschaͤftsmann, jedem die
                              Wahrheit sagte.
                           Als Hr. v. Degen die k. k. Staatsbuchdrukerei
                              uͤbernahm, und Contracte abgeschlossen werden sollten, fand der damalige
                              Director der Kanzellei-Directoren, Hr. v. ***, die angesezten Papierwerthe zu
                              hoch, und erlaubte sich gegen Hrn. v. Degen den
                              schlechten Wiz, daß Er, als Buchdruker und Buchhaͤndler, schon laͤngst
                              habe das Papier vertheuern helfen. „Nicht so sehr, Hr. Baron,“
                              versezte v. Degen, „als die
                                 Kanzellei-Schreiber, die, wo sie ein paar Zeilen zu schreiben haben,
                                 einen ganzen Foliobogen dazu brauchen, auf welchen ich, als Buchdruker, so viel
                                 zusammenpresse und fuͤr Einen Groschen verkaufe, als sechs Schreiber in
                                 ihren Kanzelleien den ganzen Tag uͤber nicht auf die Welt bringen,
                                 obschon jeder einen Gulden Taggeld fuͤr seine Sudeleien bekommt. Ihre Kanzelleien verwuͤsten mehr Papier an
                                 Einem Tage, als in meiner großen Drukerei nicht in zehn Jahren verwuͤstet
                                 werden darf. Ich will Ihren Schreibern ihren Klafter langen und breiten
                                 Kanzelleistyl nicht mit der Saͤge des Hrn. v. Sonnenfels zustuzen; ich erklaͤre Ihnen aber, Hr. Baron,
                                 hiermit feierlich, daß ich auf der Stelle in meinem Contracte um die
                                 Haͤlfte im Papierpreise herabgehe, wenn Sie Ihren Schreibern befehlen
                                 wollen, fortan bei ihren Ausfertigungen, mit Ausnahme der Tabellen und
                                 Rechnungen, nur ein schoͤnes Quartformat zu brauchen, und nicht einen
                                 ganzen Bogen schoͤnes Kanzelleipapier mit drei oder vier Zeilen zu
                                 verwuͤsten. Betrachten Sie nur unsere Bankiere: sie verkehren
                                 jaͤhrlich vielleicht sechs Mal so viel, als die gesammte Einnahme der
                                 Monarchie betraͤgt; und wie viel brauchen sie dazu Papier? Nicht den
                                 Tausendsten Theil des Papieres, das Ihre Schreiber brauchen. Ein Wechsel von
                                 20,000 fl. steht auf einem Doudezblatte so fest und sicher, als mancher unbedeutende
                                 Erlaß eines Schreibers von drei Zeilen auf einem ganzen Bogen. Und welche
                                 schrekliche Auslage machen diese Foliobogen nicht dem armen Buͤrger und
                                 Bauer, dem sie auf der Post zugeschikt werden! Befehlen Sie Ihren Schreibern auf
                                 jede Quartseite wenigstens 15 Zeilen, in jede Zeile wenigstens 7 Worte zu
                                 schreiben; befehlen Sie Ihnen nur ein einfaches Quartblatt zu nehmen, wo nicht
                                 zwei noͤthig, sind; und Sie werden unserem Kaiser und unserem Lande
                                 wenigstens drei Viertel der Kanzelleikosten erspart haben, und ich gehe dann,
                                 wie gesagt, um die Haͤlfte in meinen Papierpreisen herab.“
                              – Nein, nein, sagte der Hr. Baron, (der besorgen mochte, Hr. v. Degen koͤnnte anderswo eben so sprechen) wir
                              wollen es beim Alten lassen; eine Hand waͤscht die andere. Sie verstehen
                              mich. Ich habe viel von Ihrem boͤsen Maule gehoͤrt; aber ich hatte nie
                              geglaubt, daß ein Buchdruker so genau weiß, wie es in Kanzelleien zugeht, und wer
                              das Schreibpapier eigentlich vertheuert und verwuͤstet.
                           Hr. v. Degen erzaͤhlte Einsendern dieses
                              Zweigespraͤch vor mehr denn 30 Jahren. Es werden vielleicht noch ein Mal 30
                              Jahre vergehen, bis ein weiser absoluter Fuͤrst oder ein kluges Mitglied
                              irgend einer Staͤndeversammlung die Zuviel-Liste saͤmmtlicher Kanzellei-Directoren um 1/4
                              an Papier wenigstens herabsezen wird. Am Ende kommt es aber doch noch dahin, daß man
                              nicht laͤnger dulden wird, daß jaͤhrlich
                              halbe Millionen (in England mehrere Millionen) fuͤr bloße Verwuͤstung
                              des Schreibmaterials weggeworfen werden, und eine den Beduͤrfnissen des
                              Publicums so unentbehrlich gewordene Sache, wie Papier, so muthwillig verthenert
                              wird.