| Titel: | Ueber fliegende Brüken. Von Hrn. P*. | 
| Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. III., S. 33 | 
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                        III.
                        Ueber fliegende Bruͤken. Von Hrn.
                           P*.
                        Aus dem London Journal of Arts. Maͤrz 1832, S.
                              289.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Ueber fliegende Bruͤken.
                        
                     
                        
                           Die fliegenden Bruͤken sind in England sehr selten, oder gar nicht
                              gebraͤuchlich, und zwar aus zwei Gruͤnden. Ist naͤmlich der
                              Verkehr zwischen zwei gegenuͤber liegenden Ufern eines Flusses bei uns nur
                              etwas groß, so ist dieß meistens schon zur Erbauung einer bleibenden Bruͤke
                              hinreichend, indem die meisten unserer Fluͤsse nicht so breit sind, daß die
                              Breite Hindernisse gegen einen Bruͤkenbau abgibt; und sind unsere
                              Fluͤsse zu breit fuͤr Bruͤken, so fließen sie meistens so
                              langsam, daß man mit jedem Bothe mit Leichtigkeit und Schnelligkeit uͤber
                              dieselben sezen kann.
                           Die stiegenden Bruͤken sind wegen ihrer Einfachheit und Wohlfeilheit, und
                              wegen der Schnelligkeit, mit welcher sie errichtet werden koͤnnen, bei
                              militaͤrischen Operationen von sehr großem Nuzen; sie sind ferner auf den breiten und
                              reißenden Stroͤmen Europa's sehr haͤufig gebraͤuchlich, und
                              verdienen daher auch bei uns in England alle Beruͤksichtigung.
                           Eine fliegende Bruͤte wird gebildet, wenn man einen schwimmenden
                              Koͤrper an dem Ende eines Taues oder einer Kette befestigt, welche in einem
                              Flusse ankert, und wenn man diesen schwimmenden Koͤrper mittelst eines Ruders
                              in einer gegen die Richtung des Stromes schiefen Stellung erhaͤlt. Die
                              Wirkung der Stroͤmung auf die schiefe Seite des schwimmenden Koͤrpers
                              treibt denselben naͤmlich gegen eines der Ufer, wobei sich der Koͤrper
                              in einem Kreisbogen um den Ankerpunkt des Taues bewegt.
                           Fig. 23 zeigt
                              eine solche fliegende Bruͤke; a ist hier ein
                              Both, welches mittelst des Taues b an dem Schwimmer oder
                              Anker c befestigt ist. Die Stroͤmung, welche nach
                              der Richtung des Pfeiles Nr. 1 laͤuft, bewegt das Both a, in einem Kreisbogen um c, von dem Ufer h gegen das Ufer i. Die
                              Kraft, welche das Both a in der Richtung hi treibt, haͤngt von der Schiefe des
                              Bothes gegen die Stroͤmung ab, und ist am groͤßten, wenn die Seite x einen Winkel von 54°44 gegen diese
                              Stroͤmung macht.
                           Eine fliegende Bruͤke dieser Art besteht bei Nymwegen zum Uebersezen
                              uͤber den Rhein. Von dem Ufer, welches Nymwegen gegenuͤber liegt,
                              erstrekt sich beinahe bis in die Mitte des Flusses eine Schiffbruͤke. Die
                              fliegende Bruͤke selbst besteht aus einer Platform, welche auf einer starken
                              Barke ruht, an der das eine Ende einer Kette fest gemacht ist. Das andere Ende
                              dieser Kette ist, um das Gewicht derselben zu unterstuͤzen, uͤber die
                              Maste von 7 Bothen gefuͤhrt, und ankert eine Streke stromaufwaͤrts in
                              dem Strome. Die Barke wird schief gegen den Strom gesteuert- und schwingt
                              sich nach der Richtung dieser Schiefheit in einem Kreisbogen von der
                              Schiffbruͤke gegen einen Damm an der Kuͤste von Nymwegen oder
                              umgekehrt. Der Fluß stroͤmt beilaͤufig mit einer Schnelligkeit von
                              3–31/2 Meile in der Stunde.
                           Bei sehr reißenden Fluͤssen kamt man durch die Wirkung der Stroͤmung
                              mit solchen fliegenden Bruͤken nicht hinuͤber und heruͤber
                              gelangen, indem der Widerstand gegen die Bewegung des Bothes am aufsteigenden Theile
                              des Bogens (naͤmlich in der Richtung des Pfeiles Nr. 2) sehr groß ist, und
                              indem die abwaͤrts treibende Kraft des Stromes die Wirkung der schiefen
                              Richtung des Bothes beim Aufwaͤrtsfahren aufhebt.
                           In dergleichen Faͤllen ist es besser, wenn man die fliegende Bruͤke
                              sich nur nach einer Richtung, z.B. in einem absteigenden Bogen, uͤber den
                              Fluß bewegen laͤßt, und wenn man dieselbe dann durch ein zweites Tau zuruͤkzieht.
                              Auf diese Weise sezt das Both a, Fig. 24, auf das Ufer e durch einen Bogen, welcher von dem Ufer d gegen das Ufer e
                              laͤuft, uͤber, und nimmt dabei das Tau b,
                                 c mit sich, durch welches es wieder von e an
                              das Ufer d zuruͤkgezogen wird.
                           Anderer Seits wird aber eine fliegende Bruͤke auch an keinem Flusse recht gut
                              thun, dessen Stroͤmung an den Seiten sehr schwach ist, außer man baut von den
                              Ufern aus eine gewisse Streke in den Fluß hinein einen Damm oder eine
                              Schiffbruͤke; denn wenn die Stroͤmung an den Ufern schwach ist, so
                              wird sie nicht hinreichen, um das Both ganz an das Ufer zu treiben.
                           Vor einigen Jahren wurde in Indien eine fliegende Bruͤke uͤber den
                              Kistna errichtet, und zwar an einer Stelle, an welcher der Fluß in der Regenzeit
                              700–800 Yards breit ist, und wo dann der Fluß in der Mitte mit einer
                              Schnelligkeit von 4–4 1/2 Meile in der Stunde stroͤmt. Das Flußbett
                              ist tief, allein die Seiten sind abschuͤssig. waͤhrend der Regenzeit,
                              so lang der Fluß ganz voll, that nun diese fliegende Bruͤke vollkommen ihre
                              Schuldigkeit, allein bei niedrigem Wasserstande war die Stroͤmung an den
                              Ufern nicht stark genug, so daß sich die fliegende Bruͤke den Ufern dann nur
                              auf 40 Yards naͤhern konnte.
                           Wenn der Fluß fuͤr eine einfache fliegende Bruͤke zu breit ist, so kann
                              man 2 Bothe anwenden, von denen sich das eine in dem Bogen c
                                 d
                              Fig. 25 um
                              den Mittelpunkt a, das andere hingegen in dem Bogen ef um b bewegt. In
                              diesem Falle muß dann, damit die Reisenden und die Wagen etc. von einem Bothe auf
                              das andere geschafft werden koͤnnen, in der Mitte des Flusses ein Both oder
                              ein Floß ankern. Oder man kann auch, um das Floß entbehrlich zu machen, die Taue
                              wechseln, wenn die Bothe dicht an einander gekommen sind, indem man dann das Both
                              d an dem Taue be,
                              und das Both e an dem Taue ad befestigt, so daß auf diese Weise jedes Both in 2 Gaͤngen, durch
                              cd und ef,
                              von einem Ufer an das andere geht.
                           Sir H. Douglas gibt in seinem Werke uͤber
                              militaͤrische Bruͤken dieser lezteren Methode den Vorzug vor dem
                              ankernden Floße; allein wir befuͤrchten, daß, wenn die Stroͤmung sehr
                              stark ist, die Schiffe bei dieser Methode mehr Schaden leiden und Gefahr laufen
                              duͤrften, indem sich beide Bothe gerade an jener Stelle, an welcher sie
                              zusammentreffen muͤssen, d.h. in der Mitte des Flusses, mit der
                              groͤßten Schnelligkeit bewegen, und indem folglich der Stoß, den sie erleiden
                              wuͤrden, wenn sie durch einen Unfall zusammenstießen, zwei Mal so groß seyn
                              wuͤrde, als er ist, wenn ein Both an das stillstehende Floß stieße. Ueberdieß
                              ist bei einer starken Stroͤmung auch das Wechseln und Befestigen der Taue
                              schwierig und laͤstig. Wir wissen nicht, ob dieser Plan des Hrn. Douglas in der
                              Praxis eine ausgedehntere Anwendung fand. Ersterer erwies sich bei der fliegenden
                              Bruͤke zu Nymwegen als sehr gut; denn obwohl dieselbe nicht aus zwei Bothen
                              besteht, so gelangt das fliegende Both doch bis an das Ende der Schiffbruͤke,
                              welches sich beinahe in dem staͤrksten Theile der Stroͤmung
                              befindet.
                           Das Tau soll an den fliegenden Bruͤken immer eine gute Laͤnge haben;
                              denn wenn dasselbe lang ist, so hat das fliegende Both, indem es sich durch einen
                              großen Kreisbogen bewegt, den Strom weniger hoch hinaufzusteigen, als wenn das Tau
                              kurz ist, d.h. die Richtung des Taues kommt einer geraden Linie, die quer
                              uͤber den Strom laͤuft, naͤher, und folglich wird eine
                              geringere Menge der Kraft der Stroͤmung, durch welche das Both
                              uͤbersezt, durch den Widerstand der Stroͤmung gegen das
                              Aufwaͤrtsfahren des Bothes entzogen. Wenn sich z.B. in Fig. 23 das Both mir dem
                              Taue ca stromaufwaͤrts bewegt, so steigt es
                              bloß um die Entfernung al aufwaͤrts; hat
                              hingegen das Tau nur die Laͤnge von cl, so
                              muß sich das Both beim Uebersezen durch die Linie In aufwaͤrts bewegen, die weit groͤßer ist, als die Linie
                              al.
                           Die ganze Bewegung des fliegenden Bothes von dem einen Ufer zum anderen soll nicht
                              uͤber einen rechten Winkes betragen, dann wird der Winkel a, c, s in Fig. 23 nicht
                              uͤber 45° messen. Denn hat der Winkel acs mehr als 45°, so wird die Kraft cl, welche das Both im Gegensaͤze mit der Stroͤmung gegen
                              das Ufer treibt, geringer werden, als die Kraft l, s,
                              welche dasselbe in der Mitte zu halten sucht. Dieß sieht man an dem Dreieke c, n, m
                              Fig. 23, an
                              welchem der Winkel ncm uͤber 45°
                              hat. Die Kraft nm ist groͤßer als die Kraft
                              cn, und das Both wird daher durch die schiefe
                              Wirkung des Stromes nicht bis m steigen.
                           An schmalen Fluͤssen, deren Breite nicht uͤber 200 Yards
                              betraͤgt, und die einen mittelmaͤßig schnellen Lauf haben, kann man
                              auf folgende Weise eine fliegende Bruͤke errichten. Man spanne von einem Ufer
                              zum anderen quer uͤber den Fluß ein Tau, welches man an beiden Ufern an einem
                              eingerammten Balken befestigt, und mit einer Schiffswinde anspannt. An diesem Taue
                              befestige man die siegende Bruͤke mittelst eines kurzen Seiles und mittelst
                              eines Laͤufers. Haͤlt man nun das Both bei dieser Einrichtung in einer
                              schiefen Richtung mit der Stroͤmung, so wird es mit Leichtigkeit und
                              Schnelligkeit quer uͤber den Fluß getrieben werden. Dieß ist die leichteste,
                              wohlfeilste und bequemste Methode; allein sie eignet sich nicht fuͤr sehr
                              große Fluͤsse. Zu der Zeit, wo Frankreich England mit einem Einfalle
                              bedrohte, wurde bei Gravesend eine solche Communication uͤber die Themse
                              hergestellt. Um dabei die Schifffahrt nicht zu unterbrechen, ließ man das Tau bis
                              auf den Boden sinken; so wie das Both die Ueberfahrt vollbrachte, wurde es dann
                              angespannt. Man soll das Tau uͤbrigens, wenn es moͤglich ist, nicht
                              sinken lassen, weil das Both dann auch das Gewicht des Seiles zu bewegen hat, durch
                              welches es mit dem Taue verbunden ist; außerdem wird der Laͤufer aber auch an
                              dem nassen Taue mit weit groͤßerer Reibung laufen, als an dem troknen.
                           Ein dreiekiges Floß kann eben so gut wie ein Schiff die Ueberfahrt vollbringen, wenn
                              man dasselbe auf eine der hier beschriebenen Weisen behandelt, und wenn man eine
                              seiner Seiten in schiefer Richtung gegen den Strom haͤlt.
                           Eine andere Methode, welche sich tauglich erwies, besteht darin, daß man ein Tau in
                              der Mitte des Stromes vor Anker legt, und es dann uͤber einen
                              hoͤlzernen oder gemauerten Pfeiler in dem Flusse an die fliegende
                              Bruͤke an dem gegenuͤberliegenden Ufer laufen laͤßt. Bei dieser
                              Einrichtung wird das Both durch die Einwirkung des Stromes auf eine schiefe Seite
                              uͤber den Fluß geschafft, ohne daß man Schwimmer oder Bothe braucht, um das
                              Tau zu tragen. Diese Schwimmer oder Bothe hindern naͤmlich die Bewegung der
                              Bruͤke immer bedeutend, weil die Stroͤmung in einer Richtung auf
                              dieselben wirkt, welche jener, die auf die fliegende Bruͤke selbst wirkt,
                              entgegengesezt ist.
                           Wenn also ein Fluß uͤber 200 Yards breit ist, so muß man das Ende des Taues in
                              den Strom ankern, und dasselbe uͤber Schwimmer oder einen Pfeiler
                              fuͤhren, der dessen Gewicht traͤgt. Betraͤgt aber die Breite
                              des Flusses unter 200 Yards, so ist das Spannen eines Taues quer uͤber den
                              Fluß in jeder Hinsicht die beste Methode.Dieß ist bei uns auf dem Kontinente so anerkannt, daß man fast nirgendwo
                                    andere fliegende Bruͤken trifft, als solche, die nach diesem Princip
                                    errichtet sind. Uebrigens zeigt dieser ganze Aufsaz wieder mehr die
                                    Unwissenheit der Englaͤnder in Betreff unserer Einrichtungen, als er
                                    uns Neues lehrt. A. d. Ueb.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
