| Titel: | Beschreibung der russischen Methode das Platin schmiedbar zu machen. Von W. Marshall, Esq. | 
| Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. XLIX., S. 205 | 
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                        XLIX.
                        Beschreibung der russischen Methode das Platin
                           schmiedbar zu machen. Von W.
                              Marshall, Esq.
                        Aus dem Philosophical Magazine and Annals of
                                 Philosophy. Mai 1832, S. 321.
                        Marshall, uͤber die Schmiedbarkeit des Platins.
                        
                     
                        
                           Ich halte es fuͤr zwekmaͤßig, das Verfahren, wonach man in der
                              kaiserlichen Bergakademie zu St. Petersburg schmiedbares Platin dar stellt, der
                              Oeffentlichkeit zu uͤbergeben, theils weil Dr.
                                 Wollaston's MethodeSie ist im polytechn. Journal Bd. XXXIV. S.
                                       1 beschrieben. A. d. R. eine groͤßere Aufmerksamkeit von Seiten der Arbeiter erfordert,
                              theils weil es in mancher Hinsicht von demjenigen dieses beruͤhmten Chemikers
                              abweicht. Der Unterschied besteht theils darin, daß man andere mechanische Mittel
                              anwendet, als er vorschlaͤgt, wodurch die Procedur vereinfacht wird, theils
                              darin, daß man nicht die außerordentliche Genauigkeit bei der Reduction und dem
                              Feinmachen des Erzes befolgt, die er vorschreibt. Eine mehrjaͤhrige Erfahrung
                              hat gelehrt, daß man nach dem in Rußland uͤblichen Verfahren das Platin im
                              Großen fuͤr die praktischen Zweke hinreichend rein darstellen kann. –
                              Das Erz wird zuerst vermittelst allmaͤhlich angewendeter Hize in
                              Koͤnigswasser aufgeloͤst, und zwar in einer Retorte, die mit einer
                              Vorlage versehen ist. Die Dauer dieser Digestion laͤßt sich nicht angeben,
                              denn sie haͤngt von der Menge des in Arbeit genommenen Metalles und
                              angewendeten Koͤnigswassers, ferner von der Groͤße und
                              Cohaͤsion der Platintheilchen so wie von der Temperatur ab, welcher das
                              Gemenge ausgesezt wird. Diese Operation geschieht in einem besonderen, von dem
                              Laboratorium getrennten Zimmer, welches mit Glasthuͤren versehen ist, damit
                              die Arbeiter von dem sich entwikelnden Chlorgas und Salpetergas nicht
                              belaͤstigt werden koͤnnen. Die aus salzsaurem Platinoxyd bestehende
                              Aufloͤsung wird von dem schwarzen Ruͤkstande mit einem Heber
                              abgezogen: nach dem Abdampfen hinterlaͤßt sie eine Masse, welche einige
                              Neigung zur Krystallisation zeigt.
                           Diese Masse wird nun in Regenwasser aufgeloͤst und mit Salmiak
                              gefaͤllt. Der gelbe, aus salzsaurem Platinoxyd-Ammoniak bestehende
                              Niederschlag enthaͤlt eine geringe Menge Iridium. Er wird gut ausgewaschen
                              und getroknet, sodann in eine rothgluͤhende gußeiserne Pfanne gebracht, wodurch die Salzsaͤure und das Ammoniak
                              verfluͤchtigt werden, waͤhrend das Platin von grauer Farbe und in
                              metallischem Zustande, aber mit einer geringen Menge Iridium verbunden, zuruͤkbleibt.
                              Drei Pfund von diesem grauen Platin werden nun in einem eisernen Moͤrser zerrieben; denn man hat (im Gegensaz mit Wollaston's Erfahrung, welcher einen hoͤlzernen Moͤrser und ein
                              hoͤlzernes Pistill anwendete) gefunden, daß sogar die Kluͤmpchen,
                              welche sich bilden und durch das Pistill eine gewisse Politur erhalten, sich
                              vollkommen zusammenschweißen lassen. Das fein geriebene graue Platinpulver wird nun
                              in ein Papier eingewikelt, in einen diken eisernen Ring gebracht. [hierauf der
                              Rothgluͤhhize ausgesezt und dannDie eingeschlossene Stelle fehlt im Originale, ohne Zweifel durch ein bloßes
                                    Versehen des Verfassers. A. d. R..] auf einem Ambos durch zwei Maͤnner mittelst einer starken
                              Schraubenpresse zu einer compacten Masse allmaͤhlich zusammengepreßt. Der
                              erhaltene Kuchen wird wieder mittelst Holzkohlen
                              rothgluͤhend gemacht, zum zweiten Mal unter die Presse gebracht und schnell,
                              stark und oͤfters gepreßt, damit man eine moͤglichst compacte und
                              dichte Masse erhaͤlt. Auf diese Art erhaͤlt man vollkommen
                              schmiedbares Platin.
                           Waͤhrend das Erz mit Koͤnigswasser digerirt wird, geht das Osmium,
                              wenigstens groͤßten Theils, in den Recipienten uͤber; das Palladium
                              und Rhodium bleiben mit einer geringen Menge Iridium in dem schwarzen
                              Ruͤkstand. Derjenige Theil des Iridiums, welcher nach der Faͤllung des
                              Platins mit Salmiak in dem Regenwasser zuruͤkbleibt, kann durch Abdampfen der
                              Fluͤssigkeit in kleinen rothen Krystallen gewonnen werden, die aus salzsaurem
                              Iridiumoxyd-Ammoniak bestehen; sezt man diese Krystalle der
                              Rothgluͤhhize aus, so verfluͤchtigt sich das Ammoniak und die
                              Salzsaͤure, waͤhrend das reine Iridium als ein graues Pulver
                              zuruͤkbleibt. Das Osmium wird in den Kuͤnsten nicht angewendet; das
                              Rhodium und Iridium bilden mit Stahl sehr gute Legirungen; das Palladium kann zu
                              vielen Zweken anstatt des Platins gebraucht werden.
                           Das in dem Platin zuruͤkbleibende Iridium ist keineswegs nachtheilig: man
                              behauptet sogar, daß eine geringe Menge davon das Platin dauerhafter macht und
                              schreibt diesem Umstande die große Dauerhaftigkeit der alten Platintiegel zu, welche
                              Giannetti in Paris verfertigte.
                           Der runde Platinkuchen wird nun auf die kaiserlichen Eisenwerke geschikt, die einige
                              Werste von St. Petersburg entfernt sind, wo man ihn mit den Walzwerken, die
                              fuͤr das Stangeneisen gebraucht werden, zu duͤnnen Stangen auswalzt.
                              Das zum Muͤnzen bestimmte Platin wird sodann in der kaiserlichen
                              Muͤnze zu Ducaten gepraͤgt, wovon jede den Werth von zehn Rubel hat.
                              Die Annahme dieser Ducaten ist gaͤnzlich freigestellt; sie sind
                              hauptsaͤchlich in den suͤdlichen Regierungsbezirken des Reiches in Umlauf; in der
                              Naͤhe von St. Petersburg trifft man sie selten an.
                           Die Platin- und Goldwaͤschereien liegen bei Yekaterineburg, im
                              Regierungsbezirk Perm, in dem Uralgebirge, auf dessen westlicher Seite, in einem
                              aufgeschwemmten Boden: die groͤßten gehoͤren Privatpersonen, unter
                              denen die Erben des beruͤhmten Kaufmanns Demidoff
                              den groͤßten Antheil haben. Die ganze Ausbeute an Platin muß jedoch an die
                              kaiserliche Bergakademie in St. Petersburg geschikt werden, welche dafuͤr
                              eine festgesezte Summe bezahlt und den Solotnik wieder fuͤr drei Rubel
                              verkauft.
                           Im Jahre 1827 lieferten die kaiserlichen Bergwerke 90 Pud Gold und 2 1/5 Pud Platin;
                              die Privatwerke hingegen ungefaͤhr 192 1/4 Pud Gold und 23 1/2 Pud Platin. Im
                              Ganzen erhielt man also 282 1/2 Pud Gold (10,168 englische Pfund) und 25 3/4 Pud
                              Platin (917 englische Pfund).
                           Seitdem die Gold- und Platinminen entdekt wurden, hat man denselben so viele
                              Capitalien und Arbeiter zugewandt, daß dadurch die noch in der Kindheit befindliche
                              russische Eisenfabrikation sehr beeintraͤchtigt wurde.