| Titel: | Verbesserungen an Hrn. Murray's Apparat zur Rettung von Schiffbrüchigen und zur Rettung aus Feuersgefahr. | 
| Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. XCIX., S. 403 | 
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                        XCIX.
                        Verbesserungen an Hrn. Murray's Apparat zur Rettung
                           von Schiffbruͤchigen und zur Rettung aus Feuersgefahr.
                        Aus dem Mechanics' Magazine N. 459.
                              S. 122.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Murray, uͤber das Retten von
                           Schiffbruͤchigen.
                        
                     
                        
                           Hr. Murray hat in lezter Zeit mehrere Verbesserungen an
                              seinem Apparate angebracht, und dieselben in einem Supplemente zu seiner
                              fruͤheren Abhandlung,Wir haben bereits im Polyt. Journ. Bd. XLIV. einen Auszug aus dieser
                                    Abhandlung mitgetheilt. A. d. R. aus welchem wir das Wesentlichste ausziehen wollen, beschrieben. Hr. M. hat
                              bei seinem fruͤheren Apparate eine kleine Kanone oder eine Muskete
                              angewendet, um eine Verbindung mit den Schiffbruͤchigen herzustellen; in dem
                              Supplemente zeigt er nun an, daß selbst eine Pistole mit einem Pfeile und einer
                              Schnur in den meisten Fallen hiezu hinreicht. Er hat naͤmlich seine Pfeile so
                              verbessert, daß die Triebkraft einer Pistole hinreichend ist, um sie mit Sicherheit
                              in eine gewisse Entfernung schleudern zu koͤnnen. Diese Verbesserungen
                              ersieht man aus Fig. 30 und 31. Die beiden
                              abgebildeten Pfeile sind aus solidem Eisen verfertigt; die Spindel derselben ist
                              polirt, damit der sich schiebende Anhang und die Zuruͤkschnellfeder
                              zuruͤkfliegen koͤnnen, und dabei so wenig Widerstand als
                              moͤglich erfahren. Der Pfeil ist deßwegen aus Metall verfertigt, weil es sich
                              zeigte, daß ein metallener Pfeil viel weiter getrieben werden kann, als ein
                              hoͤlzerner. Die Zuruͤkschnellfeder besteht aus Stahl, da der Stahl dem
                              gegebenen Zweke besser entspricht, als der fruͤher vorgeschlagene Kork oder
                              Kautschuk. Die Fangschnur ist so eingerichtet, daß sie dem ersten heftigen Stoße
                              zuvorkommt, und dem heftigen Triebe der losgeschleuderten Schnur eine doppelte
                              Kruͤmmung darbietet; bei dieser Einrichtung kann man eine zwei und drei Mal
                              so große Ladung Schießpulver, als gewoͤhnlich anwenden. Der Pfeil Fig. 30 wiegt
                              mit seinem Zugehoͤr 4 3/4 Unzen, ist 1 Fuß lang, und hat 7/8 Zoll im Umfange.
                              Der Pfeil Fig.
                                 31 wiegt mit seinem Zugehoͤr 5 3/4 Unzen, ist 10 1/2 Zoll lang und
                              hat 1 Zoll im Umfange.
                           Mit dem in Fig.
                                 30 abgebildeten Pfeile machte Hr. Murray mit
                              einer Pistole von 8 1/2, Zoll Laͤnge, 11/16 Zoll Durchmesser, und mit einer
                              Schnur, die 110 Yards lang war und 11 Unzen wog, folgende Versuche.
                           
                           1ster Versuch. Unter einem Winkel von 40 Graden, mit
                              einer Ladung von 23 Gran Schießpulver, trieb der Pfeil die Schnur 71 Yards weit.
                           2ter Versuch. Unter einem Winkel von 30 Graden, mit einer
                              Ladung von 34 Gran Schießpulver, flog die Schnur 72 Yards weit.
                           3ter Versuch. Unter einem Winkel von 45 Graden, mit einer
                              Ladung von 46 Gran Schießpulver, wurde die Schnur 85 Yards weit getrieben.
                           4ter Versuch. Unter demselben Winkel und bei einer
                              gleichen Ladung flog die Schnur 83 Yards weit.
                           5ter Versuch. Unter denselben Verhaͤltnissen wurde
                              die Schnur 84 Yards weit getrieben. Bei keinem dieser Versuche brach die Schnur.
                           Mit dem Pfeile Fig.
                                 31 ergaben sich folgende Resultate, bei denen jedoch nicht genau angegeben
                              ist, ob die Versuche mit einer Muskete oder mit einer Pistole angestellt wurden.
                           Unter einem Winkel von 45 Graden, bei einer Ladung von 46 Gran Schießpulver, und bei
                              einer fest eingestoßenen Fuͤtterung riß der Pfeil 110 Yard der Schnur mit
                              sich fort.
                           Die Schnur und die uͤbrigen Theile blieben ganz unversehrt. Der
                              Ruͤkstoß war jedoch sehr heftig, was wahrscheinlich von dem groͤßeren
                              Gewichte des Pfeiles und von dem starken Einschlagen der Fuͤtterung herkommen
                              mag.
                           Das Schießgewehr, welches Hr. Pritchard zu Birmingham
                              unter der Leitung des Hrn. Murray verfertigte, kann sehr
                              leicht 8 Drachmen Schießpulver losschießen. Der Pfeil bestand in diesem Falle aus
                              Messing; an dessen Schaft befand sich ein schiebbarer Ring, an dem in einem Oehre
                              die Schnur befestigt war. Der ganze Pfeil wog 6 1/2 Unze, und fuͤhrte eine
                              hanfene Schnur, die doppelt so stark als eine gewoͤhnliche Gartenleine, und
                              stark genug war, um damit ein starkes Tau von dem Strande an Bord zu ziehen. Dieser
                              Pfeil nun flog bei einer Ladung von 1 Drachme Pulver 57 Yards, bei einer Ladung von
                              2 1/2 Drachme hingegen 112 Yards weit, ohne daß die Schnur je dabei abriß.
                           Das beste Material fuͤr die Pfeile ist, nach Hrn. Murray, Eisen. Je zaͤher dieses ist, um so besser ist es; alte, der
                              Laͤnge nach zusammengeschweißte, nach Art der damascirten Laͤufe
                              gearbeitete Hufeisen scheinen ihm sehr geeignet.
                           Auf die Guͤte des Pulvers kommt natuͤrlich auch hier sehr viel an.
                              Feines Pulver entzuͤndet sich schneller und vollkommener, als grobes. Etwas
                              Lycopodium-Pulver unter das Zuͤndkraut gemischt soll dessen Entzuͤndung
                              beguͤnstigen, und das Pulver auch gegen Feuchtigkeit schuͤzen. Nach
                              Versuchen, welche der Oberst Mark Wilks zu St. Helena
                              angestellt hat, soll halbgebrannte Kohle die Kraft des Schießpulvers bedeutend
                              vermehren.
                           Die Fuͤtterung soll aus einem duͤnnen Stuͤke Kork, oder aus
                              einem ausgeschlagenen Stuͤke eines alten Hutes, eines Kartenblattes, oder aus
                              weichem braunem Pakpapiere bestehen. Lezteres wird selten in einer geringeren
                              Entfernung, als 20–30 Fuß zu Boden fallen. Ist die Fuͤtterung zu
                              weich, z. V. aus Baumwolle oder dergl., so wird der Schuß an Kraft verlieren, und
                              nicht so weit tragen; ist sie zu hart oder zu fest eingeschlagen, so wird der Schuß
                              leichter fehlen und das Gewehr einen starken Ruͤkstoß geben.
                           Der Ruͤkstoß, der von dem bekannten mechanischen Geseze der Wirkung und
                              Gegenwirkung abhaͤngt, wird gewoͤhnlich einer Ungleichheit in der
                              Bohrung zugeschrieben. Er wird bei gleichem Gewichte des Gewehres um so
                              groͤßer seyn, je groͤßer die Menge des Schießpulvers und das Gewicht
                              des Geschosses ist. Auch nimmt der Ruͤkstoß mit der Zahl der Schuͤsse,
                              die hinter einander abgefeuert wurden, zu.
                           Das Bersten des Laufes ist nicht zu befuͤrchten, wenn derselbe gut gemacht
                              ist, und wenn man ihn nicht uͤberladet. Der Lauf, welchen Hr. Pritchard verfertigte, vertragt eine Ladung von 8
                              Drachmen; da aber nie mehr als 3 1/2 Drachme Pulver noͤthig sind, so wird nie
                              eine Gefahr des Berstens eintreten. Man hat daher nur noch dafuͤr zu sorgen,
                              daß das Ende des Pfeiles vollkommen mit der Fuͤtterung in Beruͤhrung
                              steht, und dieß ist der Fall, wenn man den Lauf unter einem Winkel von 45 Graden
                              haͤlt, bei welchem uͤberdieß die Schußweite am groͤßten
                              ist.
                           Der ganze Apparat ist so einfach und nimmt einen so geringen Raum ein, daß er eben so
                              leicht an Bord untergebracht und in wenigen Secunden benuzt werden kann, als er sich
                              uͤberall an den Kuͤsten aufbewahren laͤßt. Da bei
                              Schiffbruͤchen der Wind meistens von der See gegen das Land weht, so wird
                              dadurch die Wirkung des Murray'schen Apparates nur
                              unterstuͤzt werden.
                           Die Kosten der Vorrichtung sind gleichfalls unbedeutend, denn um dasselbe Geld, um
                              welches man einige wenige der Manby'schen Apparate herzustellen im Stande ist, kann
                              man mehrere tausend der Murray'schen anschaffen. Hr. Murray sagt naͤmlich, daß ein gehoͤriger Flintenlauf mit 6
                              Pfeilen, zwei Leinen von 200 Fuß Laͤnge, zwei zinnernen, zur Aufnahme der
                              Leinen dienenden Kannen, einem Pulvermaße, einem Vorrathe von Fuͤtterung und
                              dergl., nur 4–5 Pfund Sterl. kosten wuͤrde, und daß das kleinste
                              Schießgewehr, wie z.B.
                              eine Pistole, mit dem vollstaͤndigen Apparate versehen, noch viel wohlfeiler
                              kommen wuͤrde.
                           Die National-Gesellschaft zur Rettung Schiffbruͤchiger hat bereits den
                              Apparat des Hrn. Murray gut geheißen, und beschlossen,
                              denselben an den gefaͤhrlichen Kuͤsten von Sussex einzufuͤhren.
                              Wahrscheinlich wird sowohl die Gesellschaft, als die Nation, die Hrn.
                              Capitaͤn Manby schon fuͤr seine
                              unvollkommene Erfindung so gut bedachte, auch Hrn. Murray
                              fuͤr den großen Aufwand an Geld und Zeit, den er seiner Erfindung widmete, zu
                              entschaͤdigen bemuͤht seyn, um nicht den Vorwurf der Undankbarkeit auf
                              sich zu laden. Ob auch die Regierung fuͤr Hrn. Murray etwas thun wird, muß die Erfahrung zeigen; zu erwarten hat Hr. Murray nicht viel, da die meisten Regierungen mehr die
                              ihnen selbst geleisteten Dienste, als das zum Wohle und Nuzen der Menschheit
                              fuͤhrende Streben und Arbeiten zu beruͤksichtigen scheinen, und da
                              selbst bei jenen, bei welchen dieß nicht der Fall ist, ohne Protection nichts zu
                              erlangen ist.
                           Hr. Murray erwaͤhnt in dem Supplemente zu seiner
                              fruͤhem Abhandlung auch noch einer anderen Benuzung seines Apparates, und
                              zwar zur Rettung bei Feuersgefahr. Er schießt naͤmlich seinen Pfeil mit der
                              Leine uͤber ein Haus, in welchem es brennt, oder in ein Fenster, damit man an
                              dieser Leine dann eine Strikleiter hinaufziehen kann. Statt der Strikleiter
                              schlaͤgt er vor ein einfaches Seil anzubringen, an welchem
                              steigbuͤgelfoͤrmige Fußtritte befestigt waren. Auch kann man an diesem
                              Seile zur gehoͤrigen Beleuchtung eine oder mehrere Laternen und zum
                              Herablassen von Kindern, Kranken oder sonstigen unbehuͤlflichen Individuen
                              runde oder vierekige, uͤber Rollen laufende Koͤrbe anbringen.
                           Das Mechanics' Magazine findet jedoch, daß als
                              Rettungsmittel aus Feuersgefahr der Braidwood'sche Apparat (der sich, bereits im
                              Polyt. Journale Bd. XLII. S. 177 beschrieben
                              befindet) dem Murray'schen weit vorzuziehen ist.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
