| Titel: | Ueber ein neues Instrument zum Beschreiben von Spirallinien, Ovalen und anderen krummen Linien. Von einem Ungenannten. | 
| Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. XLII., S. 246 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XLII.
                        Ueber ein neues Instrument
                           zum Beschreiben von Spirallinien, Ovalen und anderen krummen Linien.
                           Von einem Ungenannten.
                        Aus dem Mechanics'
                                 Magazine N. 500. S. 576.
                        Mit Abbildungen auf Tab. IV.
                        Ueber ein neues Instrument zum Beschreiben von
                           Spirallinien.
                        
                     
                        
                           Das Mechanics' Magazine enthielt
                              bereits zu verschiedenen Zeiten mehrere sehr wichtige Artikel
                              uͤber die Mittel und Apparate, mit deren Huͤlfe
                              man verschiedene krumme Linien zu beschreiben im Stande ist. Wie
                              groß aber auch die Fortschritte seyn moͤgen, die man in
                              dieser Hinsicht machte, so scheint es mir doch, daß noch gar
                              manche Verbesserungen noͤthig sind, ehe wir ein zu diesem
                              Zweke dienendes, vollkommenes Instrument erlangen; ein
                              Instrument, welches die drei vorzuͤglichsten
                              Eigenschaften, Beweglichkeit, Staͤtigkeit und Einfachheit
                              besizt. Um nicht mißverstanden zu werden, bemerke ich gleich
                              hier, daß ich unter Beweglichkeit jene Eigenschaft verstehe, in
                              Folge deren sich das Instrument auf mannigfaltige Weise stellen,
                              und zu verschiedenen Operationen verwenden laͤßt,
                              waͤhrend ich unter dem Nahmen Staͤtigkeit den
                              Mangel an aller Ungleichheit in der Bewegung begreife.
                           Da nun alle die Vorrichtungen und Apparate, welche mir bekannt
                              wurden, entweder in Hinsicht auf die eine oder die andere der
                              drei angegebenen Eigenschaften nicht ohne Maͤngel sind,
                              so erlaube ich mir hier eine Erfindung bekannt zu machen, die
                              mir nicht nur neu zu seyn, sondern auch manchem der bisherigen
                              Maͤngel abzuhelfen scheint. Das Instrument, wie ich es
                              hier in der Zeichnung vorlege, dient nur zum Verzeichnen von
                              Spirallinien jeder Art; allein mit einer geringen
                              Abaͤnderung kann man auch Ovale von allen Dimensionen, so
                              wie Parabeln und Hyperbeln damit verzeichnen, und bei einer
                              weiteren Modification erhaͤlt man auch die verschlungenen
                              Ovale, welche die Maschinen der HH. Child und Ibbetson
                              zeigen.
                           In Fig. 2
                              und 3
                              sieht man die beiden Haupttheile meiner Vorrichtung aus einander
                              genommen; Fig. 4
                              zeigt sie von Oben gesehen, und durch ein Mittelstuͤk
                              verbunden, welches in Fig. 5
                              und 6
                              einzeln fuͤr sich von zwei Seiten abgebildet ist. Fig. 2 ist der hohle und vierekige Zeichenbalken, in
                              welchen eine Zahnstange ziemlich tief eingesenkt ist. An jedem
                              Ende dieses Balkens befindet sich ein Wagen auf einer Laufrolle,
                              und an jedem Ende eines jeden dieser Wagen befindet sich ein
                              Behaͤlter fuͤr einen Zeichenstift, wie man einen
                              solchen auch in dem einen der Behaͤlter angebracht
                              sieht. Fig. 3
                              stellt den Bewegungsbalken vor; in der Mitte dieses Balkens
                              befindet sich ein Triebstok, der in die eben erwaͤhnte
                              Zahnstange des Zeichenbalkens eingreift, und an jeder Seite
                              dieses Triebstokes ist eine Schulter angebracht, die denselben
                              in Stand sezt sich frei, aber auf eine staͤtige Weise, in
                              dem Mittelstuͤke zu bewegen. In den uͤbrigen Theil
                              des Bewegungsbalkens ist eine Schraube mit breitem vierekigem
                              Gange geschnitten, und an jedem seiner Enden ist eine Rolle
                              angebracht, die sich frei um den Balken, gleichsam wie um einen
                              Cylinder, bewegt, und an deren einer Seite eine Schraubenmutter
                              angebracht ist. Mittelst dieser Schraubenmuttern koͤnnen
                              naͤmlich beide Rollen so gestellt werden, daß sie sich in
                              einer gewissen Entfernung von dem Mittelpunkte um den Balken
                              bewegen, oder die Rollen koͤnnen auch so angeklammert
                              werden, daß sich der Balken gemeinschaftlich mit ihnen umdrehen
                              muß. – Das Mittelstuͤk besteht aus einer
                              vierekigen Buͤchse von geringer Hoͤhe und mit
                              abgerundetem Scheitel; sie ist an ihrer unteren Seite mit einer
                              kleinen scharfen Spize ausgestattet, durch welche man dem
                              Apparate einen allgemeinen Mittelpunkt der Bewegung geben kann.
                              Der Zeichenbalken geht frei durch diese Buͤchse, wie man
                              aus dem in Fig. 5
                              gegebenen Durchschnitte derselben sieht, und uͤber diesem
                              Balken geht unter einem rechten Winkel mit ihm auch der
                              Bewegungsbalken durch, so daß der Triebstok dieses lezteren in
                              den ausgehoͤhlten Theil des ersteren paßt, und in die in
                              denselben eingesenkte Zahnstange eingreift.
                           Der auf diese Weise zusammengesezte Apparat arbeitet in Folge der
                              Reibung. Um naͤmlich eine Spirallinie damit zu
                              beschreiben, bringe man in einen der Wagen einen Zeichenstift,
                              und stelle den Wagen dann in irgend einer erforderlichen
                              Stellung fest, waͤhrend der andere Wagen als
                              Reibungsrolle und als Stuͤze fuͤr das andere Ende
                              des Balkens dienen wird. Dann gestatte man der einen der Rollen,
                              die sich an dem Bewegungsbalken befinden, sich frei um den
                              Balken zu drehen, waͤhrend man die andere Rolle in einer
                              Stellung haͤlt, von der man aus der Erfahrung weiß, daß
                              sie zur Erzielung des gehoͤrigen Grades von
                              Kruͤmmung der Spirallinien noͤthig ist. Ist nun
                              dieß geschehen, so bringe man die eine Hand auf den abgerundeten
                              Scheitel des Mittelstuͤkes, und lege die andere entweder
                              an den Umfang der gestellten Rolle oder an einen anderen in der
                              Naͤhe befindlichen Theil des Bewegungsbalkens, und
                              uͤbe damit sowohl einen Druk, als einen Impuls aus. Die
                              Rolle wird sich in Folge ihrer Reibung an der unter ihr
                              befindlichen Flaͤche umdrehen, und dabei den Balken und
                              den Triebstok in der Runde bewegen, so daß der Zeichenstift auf
                              diese Weise gezwungen wird, immer in der Richtung, in welcher
                              die Rolle getrieben wird, nach dem Mittelpunkte zu streben. Da
                              man nun der Walze eine unzaͤhlige Menge verschiedener
                              Stellungen an dem Bewegungsbalken geben kann, so kann man aus
                              diese Weise auch eine Unzahl von Spiralen hervorbringen, deren
                              Spiralgaͤnge saͤmmtlich mit einander parallel
                              sind. Ebenso kann man auch eine unendliche Menge verschiedener
                              an Kruͤmmung zu- oder ab, nehmender Spiralen
                              verzeichnen, wenn man an der einen Seite statt der Rolle eine
                              Schraubenmutter von gleichem Durchmesser und gleicher Form
                              anbringt, und diese den Zeichenstift fuͤhren
                              laͤßt, waͤhrend man die andere Rolle auf dieselbe
                              Weise wie vorher frei laͤßt, und mit der Hand in der
                              Naͤhe der Mutterschraubenrolle einen Druk oder Impuls
                              ausuͤbt. Auf diese Weise wird naͤmlich eine
                              centripetale und folglich immer abnehmende, oder eine
                              centrifugale und folglich immer zunehmende Bewegung entstehen,
                              durch welche ihrerseits wieder Spirallinien von immer zu-
                              oder abnehmender Kruͤmmung hervorgebracht werden.
                           Ich will hier noch ein anderes, wie mir scheint gleichfalls
                              neues, mechanisches Paradoxum anfuͤhren. Man denke sich
                              naͤmlich, wie man in Fig. 7
                              sieht, eine kreisfoͤrmige Flaͤche, welche sich in
                              horizontaler Richtung drehen kann, und quer uͤber
                              dieselbe uͤber ihrem Mittelpunkte und parallel mit ihr
                              eine Schraube, an der sich, in inniger Beruͤhrung mit der
                              kreisfoͤrmigen Flaͤche, eine Rollenschraubenmutter
                              befindet. Wird nun die kreisfoͤrmige Flaͤche so
                              bewegt, daß sich die Schraubenmutter dem Mittelpunkte derselben
                              naͤhert, so wird sich diese Mutter zwar dem Mittelpunkte
                              bestaͤndig naͤhern, denselben aber doch nie
                              erreichen. Fuͤhrt die Schraubenmutter also einen
                              Zeichenstift, so wird auf diese, wie ich glaube, gleichfalls
                              neue Weise, eine endlose Schraube beschrieben werden.
                           Will man mit meinem Instrumente ein Oval verzeichnen, so
                              muͤssen zuerst die beiden Durchmesser des Ovales gezogen,
                              und die Spize des Mittelstuͤkes hierauf da eingesezt
                              werden, wo die beiden Durchmesser einander durchschneiden. Dann
                              muß man eine der Rollen an dem Bewegungsbalken in
                              gehoͤriger Stellung fixiren, und die andere genau in eben
                              dieselbe Entfernung von dem Mittelpunkte bringen, indem man die
                              aͤußere Schraubenmutter in innige Beruͤhrung mit
                              derselben, und die innere so nahe daran bringt, als es die freie
                              Umdrehung nur immer gestattet. Nun uͤbe man auf die
                              fruͤher beschriebene Weise auf die fixirte Klammer einen
                              Druk und Impuls aus, und seze die Bewegung, wenn sich der
                              Zeichenstift genau uͤber einem der Durchmesser (ich will
                              den Querdurchmesser annehmen) befindet, so weit fort bis der
                              Zeichenstift an die Conjugata gelangt; nun muß hie fixirte Rolle
                              befreit, und dafuͤr die freie fixirt werden, was an
                              beiden mittelst der inneren Schraubenmutter geschieht; und ist
                              dieß vollbracht, so bringe man die Hand an die neu fixirte
                              Rolle, und seze die Bewegung wieder fort. Der Zeichenstift wird
                              sich nun zwar in derselben Richtung wie fruͤher umdrehen,
                              allein seine Tendenz in Hinsicht auf den Mittelpunkt wird gerade
                              die umgekehrte seyn. Gelangt der Stift an das andere Ende des
                              Querdurchmessers, so muß wieder die fruͤhere Stellung der
                              Theile hergestellt werden, waͤhrend an dem anderen Ende
                              der Conjugata gleichfalls Wieder die angegebene
                              Veraͤnderung vorgenommen werden muß. Da die
                              Bewegungsrolle nun auch in diesem Falle wieder zahlloser
                              Verschiedenheiten in der Stellung faͤhig ist, so ergeben
                              sich auch hier wieder eine unendliche Menge verschiedener Ovale,
                              wie man sie durch eine Verbindung von Zahnraͤdern kaum
                              hervorzubringen im Stande ist.
                           Ich habe oben bei der Verzeichnung der Spirallinien zu bemerken
                              vergessen, daß man mittelst des Rollenbalkens nicht bloß
                              Spirallinien mit wechselseitig geneigten Spiralgaͤngen
                              hervorbringen kann, sondern daß man, wenn man die Rolle an dem
                              anderen Ende des Balkens fixirt, und mit jener Hand, welche sich
                              an dem Mittelstuͤke befand, einen Impuls darauf
                              ausuͤbt, die Neigung der Spiralgaͤnge gegen
                              einander nach Belieben abaͤndern kann, und daß man also
                              auch auf diese Weise eine unzaͤhlige Menge verschiedener
                              Spirallinien hervorzubringen im Stande ist. Um dieses
                              einzusehen, duͤrfte zwar einige Aufmerksamkeit
                              noͤthig seyn; allein bei genauerer Beobachtung wird man
                              doch sehen, daß ich Recht habe. Bemerken muß ich auch, daß wenn
                              ich diese leztere Art von Spirallinien neu nenne, ich dieß bloß
                              mechanisch, und auf einer ebenen Flaͤche, verstanden
                              wissen will; denn der Seefahrer wird in denselben einige
                              Aehnlichkeit mit der auf einer kugelfoͤrmigen
                              Oberflaͤche beschriebenen loxodromischen Spirallinie
                              finden. Die Neuheit besteht darin, daß man das eine Ende der
                              Spirallinie in Position sieht, daß man gleichfalls einen Punkt
                              sieht, welchem sich die Spirallinie fortwaͤhrend zu
                              naͤhern trachtet, daß dieselbe aber dessen ungeachtet
                              diesen Punkt nie erreichen kann, und daß die Spirallinie
                              zwischen dem in Position befindlichen Ende und diesem Punkte
                              folglich eine unendliche seyn wird. Fuͤr die Erfinder von
                              Rechenmaschinen duͤrfte es auch aller
                              Beruͤksichtigung werth seyn, daß von den beiden
                              Bewegungen, wie sie sich in Fig. 7
                              ergeben, jene des Umfanges der sich umdrehenden Flaͤche
                              eine endliche Reihe regelmaͤßiger Zahlen, jene der
                              Schraubenmutterrolle gegen oder von dem Mittelpunkte weg
                              hingegen eine unendliche Reihe veraͤnderlicher Zahlen
                              darstellt. Soll diese leztere Art von Spirallinien durch Fig. 4 erzielt werden, so muß der Triebstok durch
                              irgend eine Vorrichtung so los gelassen werden koͤnnen,
                              daß er nicht mehr auf den Zeichenbalken zu wirken
                              vermag. Ich uͤberlasse es Anderen die Kraͤfte und
                              Leistungen dieses gewiß hoͤchst einfachen Instrumentes
                              weiter zu entwikeln, indem es mir an Zeit und Mitteln gebricht,
                              dieß selbst zu thun.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
