| Titel: | Bericht des Hrn. Gaultier de Claubry, über den Lemare'schen Apparat zum Erhizen und Verdampfen von Wasser und anderen Flüssigkeiten. | 
| Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. XLVII., S. 257 | 
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                        XLVII.
                        Bericht des Hrn. Gaultier de
                              Claubry, uͤber den Lemare'schen Apparat zum Erhizen und Verdampfen von Wasser
                           und anderen Fluͤssigkeiten.
                        Aus dem Bulletin de la
                                 Société d'encouragement. December
                              1832, S. 471.
                        Bericht uͤber das Verdampfen von Wasser
                           etc.
                        
                     
                        
                           Bei dem Concurse, welchen die Gesellschaft auf die Verbesserungen
                              im Baue der Oefen ausgeschrieben hatte, traten in diesem Jahre
                              nur zwei Concurrenten auf. Der erste derselben hatte seinen
                              Apparat in einer entlegenen Provinzialstadt aufgestellt, so daß
                              die Commission dessen Pruͤfung den dortigen Ingenieurs
                              auftragen mußte, deren Bericht jedoch bisher noch nicht
                              angelangt ist. Der zweite, Hr. Lemare, legte hingegen einen Apparat zum Erhizen und
                              Verdampfen von Fluͤssigkeiten vor, den die Commission
                              selbst zu untersuchen Gelegenheit hatte.
                           Dieser Apparat nun, mit welchem wir uns hier beschaͤftigen
                              wollen, liefert einen neuen Beweis, welche große Vortheile die
                              im Inneren der Kessel angebrachten Feuerherde gewaͤhren
                              koͤnnen. Man hatte eine solche Einrichtung schon seit
                              langer Zeit an vielen Dampfkesseln befolgt; allein in der Praxis
                              bemerkte man zwei wesentliche Nachtheile derselben. Die
                              Verbrennung ging naͤmlich langsamer von Statten; das
                              Brennmaterial wurde besonders am Anfange der Heizung nicht
                              gehoͤrig benuzt, und der haͤufige Ruß, der sich in
                              den Feuerzuͤgen ansezte, verminderte nicht nur die
                              Verdampfung, sondern vermehrte auch bis Schwierigkeiten beim
                              Reinigen dieser Feuerzuͤge.
                           Der Apparat des Hrn. Lemare bietet
                              keinen dieser Nachtheile dar; die Verbrennung geht in demselben
                              rasch von Statten, es erzeugt sich wenig Rauch, die Verdampfung
                              erfolgt schnell, und das Reinigen kann sehr leicht geschehen.
                              Der Apparat besteht aus zwei concentrischen Behaͤltern
                              aus Eisenblech, und der Zwischenraum zwischen diesen bildet den
                              Herd und den Rauchfang, die mithin eine sehr große
                              Oberflaͤche darbieten. Saͤmmtliche Theile
                              desselben sind durch Bolzen zusammengefuͤgt, und
                              koͤnnen daher sehr leicht und schnell auseinandergenommen
                              und wieder zusammengesezt werden, und bei diesem
                              Auseinandernehmen laͤßt sich der innere Rauchfang durch
                              die einfachsten mechanischen Mittel so vollkommen als
                              moͤglich reinigen. Der Apparat gewaͤhrt daher, von
                              diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, unbestreitbare
                              Vorzuͤge; einige andere, die ihm gleichfalls zukommen,
                              wollen wir sogleich weiter anfuͤhren.
                           Der Bau der Oefen, auf denen die Kessel ruhen, erfordert eine
                              bedeutende Festigkeit; die dazu noͤthige Masse von
                              Ziegelsteinen ist bedeutend, und verzehrt
                              uͤberdieß eine große Menge Waͤrme, welche mithin
                              fuͤr das Erhizen der Fluͤssigkeiten verloren geht.
                              Der ganze Bau ist ferner kostspielig, und wird ganz unbrauchbar
                              und unnuͤz wenn der Apparat versezt werden soll; ja nicht
                              ein Mal die rohen Materiale desselben koͤnnen oft in
                              einem solchen Falle weiter benuzt werden. Ihre Schwere endlich
                              ist so groß, daß man sie schon aus diesem Grunde allein oft
                              selbst an solchen Orten nicht anbringen kann, an denen sie
                              hoͤchst nothwendig waren.
                           Der Lemare'sche Apparat stellt den
                              Kessel und den Ofen zugleich vor; er laͤßt sich sehr
                              leicht von einem Orte zum anderen bringen, und beinahe
                              uͤberall errichten, ohne daß man den Boden mehr
                              belastete, als dieß der Kessel eines gewoͤhnlichen
                              Apparates fuͤr sich allein thun wuͤrde.
                           Wenn nun die fragliche Vorrichtung auch in allen diesen
                              Beziehungen unbestreitbare Vortheile gewaͤhrt, so ist
                              dieß doch noch nicht hinreichend, um ihr vor allen
                              uͤbrigen bisher erbauten Apparaten den Vorzug zu
                              sichern.
                           Aus einer langen Reihe von Erfahrungen hat sich ergeben, daß gute
                              Steinkohlen gewoͤhnlich 6 Mal so viel Wasser verdampfen;
                              und wenn man ja mit einigen Apparaten hoͤhere Zahlen zu
                              erreichen im Stande war, so fand sich's, daß dieß doch nie in
                              Einem fort der Fall war. Die Gesellschaft ertheilte Hrn. Lemare bereits im Jahre 1831 die
                              goldene Medaille fuͤr einen Apparat,Man findet diesen Apparat im Polyt. Journale, Bd. XLVII. S. 265
                                    abgebildet und beschrieben. A. d. R. mittelst welchem sich die Menge des verdampften Wassers
                              bis auf 8 steigern ließ; allein die Form dieses Apparates war
                              nicht sehr vortheilhaft, so daß er sich daher durchaus nicht zu
                              allen Zweken verwenden ließ. Der Apparat, den Hr. Lemare in diesem Jahre der
                              Gesellschaft mittheilte, laͤßt sich hingegen sehr leicht
                              den meisten Zweken anpassen, so daß eigentlich nichts
                              auszumitteln war, als ob dieser neue Apparat auch, eben so viel
                              Wasser verdampfe, als der fruͤhere. Die Commission
                              stellte in dieser Hinsicht zwei Versuche an.
                           Das Brennmaterial wurde, nachdem das Wasser in vollem Sude war,
                              von dem Roste entfernt, worauf wir dann sehr genau bestimme
                              Quantitaͤten Holz und spaͤter Steinkohlen an
                              dessen Stelle brachten. Am Anfange wurde die Hoͤhe des
                              Wasserstandes sorgfaͤltig gemessen; diese Hoͤhe
                              wurde waͤhrend der ganzen Operation durch eine bekannte
                              Menge Wasser beinahe gleichmaͤßig erhalten, und am Ende
                              durch Zuguß der gehoͤrigen Menge Wasser wieder
                              hergestellt. Das auf dem Roste zuruͤkgebliebene
                              Brennmaterial wurde gewogen.
                           
                           Bei dem ersten Versuche wurde der Wasserstand mittelst einer
                              einzigen, an dem einen Ende des Kessels angebrachten, eisernen
                              Spize gemessen: bei dem zweiten Versuche wurden jedoch, um eine
                              genauere Messung zu erhalten, 3 solcher Spizen angewendet.
                           Bei dem ersten Versuche wurden verbrannt:
                           
                              
                                 Holz
                                 25 Kil.
                                 
                              
                                 Steinkohlen
                                 91,100
                                 
                              
                           Die Menge des verdampften Wassers betrug 1,001 Liter; der Versuch
                              dauerte 5 Stunden lang.
                           
                              
                                 Bei dem zweiten wog das
                                    verbrannte Holz
                                 20 Kil. 
                                 
                              
                                 die verbrannte
                                    Steinkohle
                                 98,400
                                 
                              
                           Das verdampfte Wasser betrug 1074 Liter; der Versuch dauerte 7
                              1/2 Stunde. Da das bei beiden Versuchen angewendete Holz troken
                              war, so mußte dasselbe in einer aͤquivalenten Menge
                              Steinkohlen geschaͤzt werden. Die Commission nahm hierbei
                              an, daß dasselbe die Haͤlfte des Gewichtes dieses
                              Brennmaterials darstelle, eine Zahl, die nach den Versuchen von
                              Rumford und Marcus Bull der Wahrheit so ziemlich nahe zu kommen
                              scheint.
                           Nimmt man nun diese Zahlen an, so ergeben sich fuͤr die
                              beiden von der Commission angestellten Versuche, beim ersten
                              Versuche per Kilogramme Steinkohle
                              9,64, im zweiten hingegen 9,90 verdampftes Wasser.
                           Da die Steinkohle sehr gut war, so gab sie nur 5 Procent Asche,
                              obschon man fuͤr die besten Steinkohlen von Mons im
                              Durchschnitte 10 Procent annimmt.
                           Die Temperatur des Rauches wurde im Rauchfange gemessen, und zwar
                              mittelst einer Zinnstange, die durch eine Oeffnung in denselben
                              eingesenkt wurde. Diese Stange kam aber sehr oft zum Schmelzen,
                              und wenn dieß nicht der Fall war, so wurde sie wenigstens immer
                              weich, was auf eine Temperatur von beilaͤufig 200°
                              deutet.
                           Aus diesen Thatsachen erhellt, daß die Menge der in dem Lemare'schen Apparate nuͤzlich
                              verwendeten Hize beinahe jener Menge gleich ist, die man als die
                              Waͤrme erzeugende Kraft der Steinkohle angab, und daß
                              man, wenn man auch noch die von dem Rauche mit fortgerissene
                              Menge Waͤrme in Anschlag bringt, selbst zu einer
                              hoͤheren Zahl gelangt, als man bisher anzunehmen pflegte.
                              Wir muͤssen ferner aus diesen Versuchen schließen, daß
                              der Apparat, mit welchem wir uns beschaͤftigen, die bei
                              der Verbrennung der Steinkohle angenommene Hize beinahe
                              vollkommen realisirt, und die Menge des verdampfenden Wassers
                              beinahe auf 10,25 per Kilogr.
                              Steinkohle erhoͤht, obwohl auch diese Zahl
                              um Vieles unter der Wirklichkeit stehen moͤchte. Dieser
                              Schluß ist um so wahrscheinlicher, als die Zahlen, die man
                              erhielt, nicht die ganze Waͤrme erzeugende Kraft der
                              Steinkohlen darstellen duͤrften, indem die Steinkohle in
                              kleinen Apparaten gewoͤhnlich nur schlecht brennt.
                           Diese Thatsachen fuͤhren uns nun zu folgenden beiden
                              Schluͤssen: 1) daß der Apparat des Hrn. Lemare vollkommener ist, als irgend
                              einer der bisher bekannt gewordenen Apparate, und 2) daß neue
                              Versuche angestellt werden muͤssen, um die Waͤrme
                              erzeugende Kraft der Steinkohle genauer zu ermitteln.
                           Der Lemare'sche Apparat wird unter
                              vielen Umstaͤnden sehr große Vortheile gewaͤhren;
                              doch ist er nicht in allen Fabriken, in welchen es sich um die
                              Erzeugung von Dampf oder um die Verdampfung von
                              Fluͤssigkeiten handelt, anwendbar. Die Erfahrung allein
                              kann entscheiden, welcher Ausdehnung seine Anwendung
                              faͤhig ist.
                           Die Commission glaubt, daß wenn Hrn. Lemare auch nicht der volle Preis zuerkannt werden
                              kann, die Gesellschaft ihm doch in Anerkennung der wichtigen
                              Resultate seiner Forschungen eine goldene Medaille zweiter
                              Classe und eine Summe von 2500 Franken zustellen lassen sollte.
                              Ebenso glaubt sie, daß das Comité der chemischen und
                              oͤkonomischen Kuͤnste zu beauftragen sey, neue
                              Versuche uͤber die waͤrmeerzeugende Kraft der
                              Steinkohle anzustellen.
                           Der Antrag wurde von der Gesellschaft genehmigt.