| Titel: | Schriftgießerofen, zur Beseitigung der, die Gesundheit der Arbeiter gefährdenden Metallausdünstungen; vom Hofkammersecretär Pfnor in Darmstadt. | 
| Autor: | Pfnor | 
| Fundstelle: | Band 48, Jahrgang 1833, Nr. LXIX., S. 352 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXIX.
                        Schriftgießerofen, zur
                           Beseitigung der, die Gesundheit der Arbeiter gefaͤhrdenden
                           Metallausduͤnstungen; vom Hofkammersecretaͤr Pfnor in
                           Darmstadt.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. V.
                        Pfnor, uͤber einen
                           Schriftgießerofen.
                        
                     
                        
                           Hinlaͤnglich bekannt sind die großen Nachtheile, die
                              fuͤr die Gesundheit der Arbeiter entstehen, welche sich
                              mit dem Schmelzen und Verarbeiten der leicht fluͤssigen
                              Metalle, namentlich der fluͤchtigen, als Antimonium,
                              Wismuth, Zink etc. beschaͤftigen. Die waͤhrend des
                              Schmelzens derselben Statt findende Oxydation, die aufsteigenden
                              und eingeathmet werdenden Metalldaͤmpfe aͤußern
                              ihren giftigen Einfluß auf die edelsten inneren Theile des
                              menschlichen Koͤrpers, namentlich die Lunge, und
                              verursachen bei gar Vielen Lungen- und Schwindsucht,
                              einen fruͤhen Tod, oder im Alter einen siechen
                              Koͤrper.
                           Hauptsaͤchlich sind diese Nachtheile in Schriftgießereien
                              zu finden, weil die Arbeiter in solchen fortwaͤhrend am
                              Gießofen beschaͤftigt sind, und durch das
                              regelmaͤßige Schoͤpfen aus dem fluͤssigen
                              Zeuge – Schriftmetall,
                              eine Mischung aus Blei und Regulus
                                 Antim. – dessen Oberflaͤche bewegt
                              erhalten, also dadurch dessen Oxydation beschleunigen. Zu deren
                              Beseitigung wurden darum mancherlei Mittel, jedoch, nach meinem
                              Wissen, stets ohne genuͤgenden Erfolg angewendet. Eine
                              ganz einfache Vorrichtung, die ich an meinen Gießoͤfen
                              anbringen ließ, und seit etwa einem Jahr mit einem solchen
                              Erfolge anwende, daß in dem ganzen Local der Gießerei weder der,
                              Viele so sehr belaͤstigende Metalldunst zu riechen, noch
                              auch durch mehrere Versuche in der zunaͤchst und
                              uͤber dem Ofen befindlichen Luftschichte zu finden war,
                              lieferte mir den Beweis seiner Zwekmaͤßigkeit. Dieses, so
                              wie der geringe Kostenaufwand fuͤr Brennmaterial in
                              diesen Oefen, bestimmte darum neuerlich mehrere
                              Schriftgießereibesizer, namentlich die Andreaͤ'sche Buchhandlung zu Frankfurt a. M.
                              die HH. Dreßler und Rost-Fingerlin daselbst und m.
                              A. nach genommener Einsicht, sich ihre Gießoͤfen auf die
                              gleiche, nachfolgend beschriebene Art neu fertigen zu
                              lassen.
                           Der Ofen ist von Baksteinen als hohler Cylinder aufgemauert, zu
                              welchem Zweke besondere Steine gefertigt und gebrannt wurden,
                              die in ihrer Zusammensezung von 8 Stuͤken einen Ring
                              bilden, dessen innerer hohler Raum ungefaͤhr 12 hess.
                              Dec. Zolle mißt. Das Aufeinandermauern solcher Baksteinringe
                              bildet den hohlen Cylinder.
                           Fig. 5 zeigt den Ofen im Durchschnitte. A ist der Aschenbehaͤlter,
                              B der Feuerungsraum, C der Rost, auf welchem das Feuer
                              liegt, D der Kessel aus Gußeisen,
                              der mit seinem Rande auf der Herdplatte abcd, in welche er genau paßt,
                              aufruht. Diese Herdplatte, ebenfalls von Gußeisen, hat bei e eine Oeffnung in der Weite eines
                              gewoͤhnlichen Ofenrohrs, mit einem Rande, damit das
                              Rauchrohr aufgestekt werden kann.
                           Um den Rost C auflegen zu
                              koͤnnen, wurden mehrere Steine gefertigt, die zwar mit
                              der aͤußeren Peripherie der erstbemerkten Steine gleiche
                              Groͤße haben, dagegen nach Innen einen Vorsprung bilden,
                              welcher den Rost traͤgt. Sie dienen aber auch bei f, g, als Schlußsteine um den
                              Kessel, damit der Feuerungsbehaͤlter B von dem, den oberen Theil des
                              Kessels umgebenden Raum abgeschlossen wird. Es entsteht dadurch
                              ein Canal h, i, der nach dem
                              Feuerungsbehaͤlter nur an einer Stelle, durch Weglassen
                              eines dieser nach Innen vorspringenden Steine, eine Oeffnung
                              erhaͤlt. Diese Luͤke befindet sich auf der dem
                              Rauchrohr gegenuͤberliegenden Seite; der Canal h, i steht, dieser Luͤke
                              gegenuͤber mit dem Rauchrohr E bei k ebenfalls in
                              Verbindung.
                           Die Hize des Feuers, die zuerst den unteren runden Theil des
                              Kessels trifft, kann also nur durch die genannte Luͤke in
                              den Canal dringen, umspuͤlt dort von 2 Seiten den oberen
                              Theil des Kessels, und entweicht dann erst mit dem Rauch durch
                              den Verbindungscanal k und das Rohr
                              E. Lezteres hat bei e eine Klappe, um dieses Entweichen
                              der Waͤrme und den Zug durch mehr oder weniger
                              Verschließen maͤßigen zu koͤnnen.
                           Die Zwekmaͤßigkeit dieser Einrichtung gegen jene der
                              meisten Schriftgießeroͤfen, bei welchen leztern das
                              Rauchrohr unmittelbar mit dem Feuerungsbehaͤlter in
                              Verbindung steht, wodurch also ein großer Theil der
                              Waͤrme unbenuzt entweichen muß, ist daraus ersichtlich,
                              weil taͤglich eine Metallmasse von 77 Pfd., so viel
                              haͤlt jeder Kessel dieser Oefen, nur allein mit Torf in einem solchen Flusse erhalten
                              wird, daß bei Vermehrung des Zuges mittelst Oeffnen der
                              Thuͤre im Aschenbehaͤlter, das Metall sehr bald
                              rothgluͤhend wird, weßhalb, um dieses zu vermeiden, eine
                              kleine Klappe in dieser Thuͤre sich befindet, die man
                              nach Belieben mehr oder weniger oͤffnen kann, und die
                              hinlaͤnglichen Zug zur Brennend-Erhaltung des
                              Feuers gestattet.
                           
                           In den meisten Schriftgießereien befindet sich uͤber dem
                              Kessel ein Hut von Pappendekel, Eisenblech etc. in der Form
                              eines Kegels, aus dessen oberer Spize ein Rohr die aus dem
                              Kessel aufsteigenden und unter dem Hut sich haͤufenden
                              Metallduͤnste abfuͤhren soll. Wie wenig jedoch
                              diese Vorrichtung ihrem Zweke entspricht, wissen nicht allein
                              die Schriftgießer, sondern empfand wohl Jeder, der sich schon in
                              einer Schriftgießerei befand. Zu Folge ihrer Schwere
                              vermoͤgen diese Metallduͤnste nur bis zu einer
                              gewissen Hoͤhe zu steigen, werden, je mehr sie sich
                              haͤufen, endlich unter dem Hut hervortreten
                              muͤssen, und das ganze Gießlocal erfuͤllen.
                           Wenn man dagegen unter genannten Hut ein Rohr leitet, das von
                              einer Stelle hergefuͤhrt wurde, an welcher stets
                              kuͤhle Luft vorhanden ist, z.B. einem Hausgange, aus dem
                              Keller, einer Cisterne etc., so wird, wenn die unter dem Hut
                              befindliche Luft durch die Waͤrme der Ausduͤnstung
                              des Schriftmetalls ebenfalls erwaͤrmt wurde, durch dieses
                              Rohr kuͤhle Luft zustroͤmen, bis das Gleichgewicht
                              der warmen und kalten Luft sich wird hergestellt haben. Dieses
                              findet nur dann Statt, wenn das Ausstroͤmen von
                              Waͤrme und warmen Duͤnsten aus dem
                              fluͤssigen Metalle aufhoͤrt, oder wenn das leztere
                              kalt geworden ist, wo dann eine Erwaͤrmung der Luft unter
                              dem Hut, wie aber auch ein Entstehen von Metallduͤnsten
                              aufhoͤrt. Steht das Rohr des Hutes mit dem
                              Feuerungs- oder Rauchrohr in Verbindung, und reicht das
                              Rohr, welches die kalte Luft zufuͤhrt, bis zum Anfange
                              des Hutrohres im Inneren des Hutes, so wird die zutretende
                              kuͤhle Luft durch dieses Rohr in das Rauchrohr um
                              deßwillen zu dringen sich bemuͤhen, weil die in lezterem
                              befindliche Luft noch bei weitem mehr durch die entweichende
                              Waͤrme des Feuers ausgedehnt ist, also ein
                              groͤßeres Bestreben zur Herstellung des Gleichgewichts
                              der warmen und kalten Luft Statt findet. Dieser entstehende
                              starke Luftzug ist die mechanische Ursache zur Ableitung der
                              Metallduͤnste.
                           F ist der Hut, der mittelst eines
                              Rohrs bei l mit dem Rauchrohr E in Verbindung steht. Er ruht auf
                              einem den Rand des Kessels umschließenden Blechcylinder, der mit
                              so vielen Oeffnungen bmc, um
                              mit dem Gießloͤffel in den Kessel gelangen zu
                              koͤnnen, versehen ist, als Arbeiter am Ofen
                              beschaͤftigt seyn sollen. Dieser Cylinder kann eine
                              beliebige Hoͤhe haben, die aber doch nicht so niedrig
                              seyn darf, daß genannte Oeffnungen zu klein wuͤrden, und
                              deßhalb den Gießer am schnellen Metallschoͤpfen aus dem
                              Kessel hinderten. Er kann aber wahrscheinlich ganz weggelassen
                              werden, wenn die Groͤße der Peripherie des Hutes jener
                              des ganzen Herdes gleich gefertigt wird,
                              wodurch er also die Groͤße des Kessels, mithin die
                              Flaͤche der Metalldaͤmpfe-Entstehung
                              uͤberreicht.
                           G ist das die kuͤhle Luft
                              zufuͤhrende Rohr, es endigt sich dasselbe unter dem Hut
                              F bei n so, daß es das Hutrohr nicht verschließt. Der
                              Durchmesser dieses Luftrohrs betraͤgt 1 1/2 Zoll und ist
                              von verzinntem Blech von einem Klempner gefertigt.
                           Noch erlaube ich mir, Sachverstaͤndige darauf aufmerksam
                              zu machen, daß in vielen Faͤllen eine aͤhnliche
                              Luftzug-Vorrichtung bei sogenannten rauchenden
                              Kuͤchen, Kaminen etc. von ersprießlichem Nuzen seyn
                              moͤchte, namentlich bei allen jenen, in welchen jenes
                              Rauchen nur durch Offenerhalten eines Fensters oder der
                              Kuͤchenthuͤre vermieden werden kann.
                           Hinsichtlich des Bedarfs, an Brennmaterial in diesen Oefen
                              bemerke ich noch schließlich, daß solcher an
                              TorfstuͤkenEin solches
                                             Torfstuͤk ist ungefaͤhr6 Zolllang3
                                               –hoch3
                                               –breit,enthaͤlt also 54 Kubikzolle. fuͤr die Feuerung eines ganzen Tages, 12
                              Arbeitsstunden, 20 bis 25 Stuͤke betraͤgt; da nun
                              in hiesiger Gegend das 1000 Torfstuͤke nebst Fuhrlohn 4
                              fl. 10 kr. kostet, so betraͤgt die taͤgliche
                              Ausgabe fuͤr Brennmaterial im hoͤchsten Fall 6 1/4
                              kr. fuͤr einen Ofen. Nur zum Anmachen des Feuers am
                              Morgen werden Holzkohlen verwendet, um den Torf rascher in Brand
                              zu bringen.
                           Das Benuzen des Torfs zu solchem Zweke ist nicht allein des
                              bedeutend geringeren Kostenaufwandes halber, sondern auch
                              deßwillen zu empfehlen, weil er, einmal in Gluth, eine
                              gleichfoͤrmige Hize verbreitet, was bei dem Brande mit
                              Buchenholz, welches allgemein in den Gießereien zu Frankfurt a.
                              M. benuzt wird, in dieser Gleichfoͤrmigkeit nicht Statt
                              findet.
                           Darmstadt im Maͤrz 1833.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
