| Titel: | Bericht des Hrn. Francoeur über das Compensations-Pendel des Hrn. Duchemin, Uhrmachers zu Paris, place du Châtelet. | 
| Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. I., S. 2 | 
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                        I.
                        Bericht des Hrn. Francoeur uͤber das
                           Compensations-Pendel des Hrn. Duchemin, Uhrmachers zu Paris, place du Châtelet.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. Februar 1833, S. 29. Im Auszuge.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Francoeur, uͤber das
                           Compensations-Pendel.
                        
                     
                        
                           Die Veraͤnderungen in der Laͤnge, welche die Pendel bei dem Wechsel der
                              Temperatur erleiden, beurkunden sich an Pendel-Uhren durch das abwechselnde
                              Vorgehen oder Zuruͤkbleiben derselben, durch eine Ungleichheit in der
                              Bewegung, der man lange Zeit nicht abzuhelfen im Stande war, bis man endlich auf die
                              gewiß sinnreiche Idee kam, ihr durch die Benuzung der Ausdehnung der Metalle selbst
                              zu steuern, und zwar, indem man verschiedenartige Metallstangen gehoͤrig mit
                              einander verband. Man hatte kaum gefunden, daß die Ausdehnung der Metalle bei einer
                              und derselben Temperatur verschieden ist, als man sich dieser Eigenschaft auch
                              bediente, um den Pendeln der Uhren eine fortwaͤhrend gleiche Laͤnge zu
                              sichern. Man fuͤgte senkrechte Stangen aus zwei verschiedenen Metallen,
                              welche in Form eines Rostes durch horizontale Querstangen mit einander verbunden
                              waren, so zusammen, daß die Linse durch die Verlaͤngerung des einen Metalles
                              um eben so viel emporgehoben, als durch die Verlaͤngerung des anderen
                              herabgedruͤkt wurde. Es brauchte zu diesem Behufe nichts weiter, als daß die
                              Gesammtlaͤnge der Stangen des ersten Metalles, wenn man dieselben als mit den
                              Enden an einander gefuͤgt betrachtete, sich genau so zu der
                              Gesammtlaͤnge der Stangen des zweiten Metalles verhielt, wie sich die
                              Verlaͤngerungen dieser beiden Metalle zu einander verhielten. Die beiden
                              symmetrischen und parallelen Stangen des einen Metalles duͤrfen bei dieser
                              Berechnung nur fuͤr eine einzige genommen werden in Folge dieser Vorrichtung
                              scheint das Pendel unempfindlich gegen den Wechsel der Temperatur; der Mittelpunkt
                              seiner Schwingungen bleibt genau immer in einer und derselben Entfernung von dem
                              Aufhaͤngepunkte, die Luft mag sehr heiß oder sehr kalt seyn.
                           So genau nun dieses Gesez auch in der Theorie ist, so hat dasselbe bei der Anwendung
                              doch sehr große Schwierigkeiten; man gelangt nur durch bestaͤndiges Probiren und Herumtappen,
                              durch eine kleine Verlaͤngerung der einen oder durch eine Verkuͤrzung
                              der anderen Metallstange zu dem gewuͤnschten Verhaͤltnisse, und man
                              erfaͤhrt die Mangel immer erst durch langwierige Versuche, indem man die
                              Pendel-Uhr abwechselnd einer sehr hohen oder sehr niedrigen Temperatur
                              aussezt. Man muß dann das Pendel wieder abnehmen, um einzelne Metallstangen
                              abzufeilen, und sie in anderen Verhaͤltnissen wieder zusammenzusezen: lauter
                              Dinge, die mit so viel Schwierigkeiten und Unkosten verbunden sind, daß eine gute
                              Compensations-Pendel-Uhr ein eben so theures, als schwer zu
                              verfertigendes Instrument war.
                           Die Laͤngen der Stangen des Rostes sind freilich im Voraus durch das Gesez der
                              lineaͤren Ausdehnung eines jeden Metalles bestimmt, und es gibt nichts
                              Leichteres als die Stangen so zu schneiden, daß sie diesem Geseze entsprechen. Man
                              muß sich daher gewiß wundern, daß, wo die Uhrmacherkunst doch auf einem so hohen
                              Grade von Vollkommenheit steht, und wo bekanntlich die feinsten Theile der Uhren von
                              Leuten, die oft sehr geringe Faͤhigkeiten besizen, fabrikmaͤßig
                              verfertigt werden, noch keinem der Uhrenfabrikanten die Idee kam, an ihren
                              gewoͤhnlichen Pendel-Uhren die Compensation anzubringen. Es ist dieß
                              um so auffallender, als diese Einrichtung kaum groͤßere Kosten veranlassen
                              wuͤrde, als mit der Verfertigung der Pendel mit dem gewoͤhnlichen
                              falschen und gaͤnzlich unnuͤzen Roste verbunden sind. Die Uhrmacher
                              brauchten nichts weiter, als sich Zink- oder Kupfer- und
                              Stahlstaͤbe zu verfertigen, und diese dann je nachdem es das Gesez erfordert,
                              gehoͤrig lang zu schneiden und zusammenzufuͤgen. Dieses Gesez besteht
                              nun darin, daß saͤmmtliche Eisenstaͤbe zusammengenommen sich zu den
                              kupfernen Staͤben wie 5 zu 3, und zu den zinkenen wie 6 zu 17 verhalten. Um
                              nun diesen Bedingungen zu entsprechen, muͤssen die aus Kupfer und Stahl
                              bestehenden Pendel 9, die aus Zink und Eisen bestehenden hingegen wegen der großen
                              Ausdehnung des Zinkes nur 3 oder 5 Staͤbe enthalten. Leztere Einrichtung wird
                              heut zu Tage allgemein vorgezogen.
                           Das Pendel war zwar bei der eben beschriebenen Einrichtung desselben noch kein
                              genauer Compensator, wie dieß aus den spaͤter anzugebenden Ursachen erhellen
                              wird; allein, wenn man bedenkt, daß die Uhren in unseren Wohnzimmern doch keinen gar
                              so großen Temperaturveraͤnderungen ausgesezt sind, so koͤnnte man
                              allerdings damit zufrieden seyn. Wir empfehlen daher dieses Verfahren allgemein,
                              weil es die Kosten nicht erhoͤht, und wenigstens eben so große Vortheile
                              gewaͤhrt, wie die von Bréguet erfundene
                              Compensation mit bimetallischen Bogen, deren man sich allgemein bedient, obschon deren
                              Wirkung etwas unsicher ist.
                           Wenn es sich hingegen um die Verfertigung von Compensations-Pendeln
                              fuͤr astronomische Regulatoren und andere wegen der noͤthigen
                              Gleichfoͤrmigkeit der Bewegung kostbare Uhren handelt, so kann man sich aus
                              folgenden Gruͤnden nicht mehr an die einfache, eben beschriebene Regel allein
                              halten. Die Metalle sind naͤmlich nie von ganz gleichmaͤßiger
                              Structur, und selbst die Bearbeitung, die sie erlitten, d.h. z.B. das Gießen,
                              Haͤmmern, Ziehen etc. veraͤndert den Grad ihrer Ausdehnung. Da nun
                              aber das sicherste Mittel diese Einwirkung der verschiedenen Beschaffenheit des
                              Metalles kennen zu lernen darin besteht, ein Pendel daraus zu verfertigen, es
                              schwingen zu lassen und dessen Schwingungen bei verschiedenen Temperaturen zu
                              zaͤhlen, indem sich die geringste Veraͤnderung in der Laͤnge
                              durch die Dauer der Pendel-Schwingungen zu erkennen gibt, so erhellt
                              offenbar, daß sich nur dadurch ein gutes Compensations-Pendel verfertigen
                              laͤßt, daß man dasselbe wiederholten Proben aussezt, corrigirt, wieder in
                              Thaͤtigkeit sezt u.s.w. Diesen Schwierigkeiten, diesem langsamen und
                              kostspieligen Verfahren abzuhelfen, ist es nun Hrn. Duchemin auf eine eben so sichere als einfache Weise gelungen. Sein Pendel
                              hat genau dieselbe Form, wie das gewoͤhnliche Pendel mit einem Roste aus 5
                              Zink- und Stahlstaͤben; allein er kann die Zinkstaͤbe desselben
                              durch seine Vorrichtung nach Belieben veraͤndern, so daß man aus den
                              uͤber den Gang des Pendels angestellten Beobachtungen an Ort und Stelle und
                              ohne irgend etwas abzunehmen, die absolute Compensation herzustellen im Stande ist.
                              Das Verfahren des Hrn. Duchemin, welches aus der
                              beigefuͤgten Beschreibung und Abbildung deutlich werden wird, ist so einfach,
                              daß Jedermann dasselbe in Anwendung bringen kann, ohne sich deßhalb an einen
                              Uhrmacher wenden zu muͤssen.Man hat schon seit langer Zeit beobachtet, daß sich die Metalle nicht
                                    gleichfoͤrmig ausdehnen, sondern daß deren Ausdehnung unter dem
                                    Einflusse der Temperatur rukweise erfolgt: eine Erscheinung, die sich
                                    vorzuͤglich bei den krystallisirten Metallen zu erkennen gibt. Der
                                    Zink und der Stahl scheinen also aus diesem Grunde nicht fuͤr
                                    Compensations-Pendel zu taugen, und dem Eisen und dem Kupfer
                                    nachzustehen. Wenn die Metalle jedoch gehaͤmmert, ausgewalzt und
                                    ausgezogen worden, so ist dieser Uebelstand beinahe gaͤnzlich
                                    verschwunden. Man soll daher diese Metalle immer nur dann zur Fabrikation
                                    der Compensations-Pendel verwenden, wenn sie diese Operationen, durch
                                    welche deren Molecule einander genaͤhert werden, und durch welche
                                    ihre Krystallisation zerstoͤrt wird, erlitten haben. Ein Pendel kann
                                    nur dann ein Compensator fuͤr alle einzelnen, zwischen den beiden von
                                    dem Kuͤnstler erprobten aͤußersten Temperaturgraden
                                    befindlichen Grade werden, wenn der Gang der Ausdehnung in demselben ein
                                    vollkommen gleichfoͤrmiger ist, indem die Compensation sonst nur bei
                                    den beiden aͤußersten Graͤnzen der Temperatur, denen die Uhr
                                    beinahe nie ausgesezt wird, Statt finden wuͤrde.A. d. O.
                              
                           
                        
                           
                           Beschreibung des Compensations-Pendels des Hrn.
                                 Duchemin.
                           Der Rahmen, wovon man in der Zeichnung nur den unteren Theil dargestellt sieht, ist,
                              wie gewoͤhnlich, auf messingenen Querstuͤken angebracht.
                           Bekanntlich gibt eine Pendelstange mit gewoͤhnlichem aus Zink und Stahl
                              bestehendem Roste die absolute Compensation, wenn die Laͤnge der
                              Zinkstaͤbe in gehoͤrigem Verhaͤltnisse zu jener der
                              Stahlstaͤbe steht, und wenn die Masse der beiden Mittelstaͤbe homogen
                              ist. So wie aber bei dem Gange des Pendels eine gewisse natuͤrliche
                              Compensation Statt findet, so wird die kuͤnstliche Compensation ungeachtet
                              aller oben bezeichneter Erfordernisse dennoch fehlerhaft seyn. Man muß daher die
                              Laͤnge der Zinkstaͤbe nach Belieben veraͤndern koͤnnen,
                              damit man die absolute Compensation durch Beobachtungen des Ganges des Pendels an
                              Ort und Stelle leicht finden koͤnne.
                           Der neue, hiezu bestimmte Apparat, den man in Fig. 1 im Aufrisse sieht,
                              besteht aus zwei messingenen Querstuͤken AA', in denen sich 5 Loͤcher befinden, die eben so weit von
                              einander entfernt sind, wie jene der gewoͤhnlichen Querstuͤke BB'; aus 4 Drukschrauben CC und DD, durch welche der Apparat an einem Punkte der
                              Pendelstange befestigt wird. Das untere Querstuͤk A' wird durch die Drukschrauben CC an
                              den beiden staͤhlernen Staͤben EE
                              festgehalten. Das obere Querstuͤk A' ruht
                              mittelst der senkrechten Stellschrauben FF auf dem
                              ersteren Querstuͤke, und ist an den beiden Zinkstaͤben GG und an den beiden staͤhlernen
                              Staͤben EE befestigt. Wenn sich nun Alles
                              in solchem Zustande befindet, so werden die unteren Enden der beiden
                              Zinkstaͤbe GG den Boden der Loͤcher,
                              die sich an den Punkten 1 und 2 des unteren Querstuͤkes B' befinden, nicht beruͤhren. Diese unteren Enden
                              des Zinkes koͤnnen sich also frei verlaͤngern und verkuͤrzen,
                              und sind fuͤr die Compensation null und nichtig, und zwar deßwegen, weil die
                              Zinkstaͤbe durch den Druk der Schrauben D D an
                              dem oberen Querstuͤke A fixirt werden, welches
                              selbst wieder auf dem unteren Querstuͤke A'
                              zuruͤkgehalten wird, das durch die Drukschrauben CC an den staͤhlernen Staͤben EE fixirt ist. Wenn nun der Apparat seine Stellung veraͤndern und
                              an einem anderen Punkte des Rostes festgestellt werden soll, so muß man zuerst, um
                              dem Pendel dieselbe Laͤnge zu sichern, die beiden Schrauben HH mit den unteren Enden der Zinkstaͤbe in
                              Beruͤhrung bringen, und dann die vier Schrauben CC und DD nachlassen, damit der Apparat
                              auf dem Nahmen hin und her gleiten kann. Ist dieß geschehen, so zieht man die vier
                              Drukschrauben CC und DD wieder an, um den Apparat zu fixiren, worauf man dann die
                              Beruͤhrung, in
                              welcher 1 und 2 mit den Schrauben HH stand, wieder
                              aufhebt, damit die Enden der Zinkstaͤbe neuerdings frei werden.
                           Die senkrechten Stellschrauben FF dienen zum
                              Emporheben oder Herabsenken des oberen Querstuͤkes A, damit sich die Zinkstaͤbe GG
                              verlaͤngern oder verkuͤrzen lassen, wenn nur ein geringer Raum
                              noͤthig ist, um zur absoluten Compensation zu gelangen. Vor dem Nachlassen
                              des oberen Querstuͤkes A' muß man jedoch die
                              unteren Enden der Zinkstaͤbe jedes Mal mit den oberen Enden der senkrechten
                              Schrauben HH in Beruͤhrung bringen, damit
                              dem Pendel immer die gleiche Laͤnge gesichert bleibt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
