| Titel: | Einiges über die lithographische Kreide. Von Hrn. Gaultier de Claubry. | 
| Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. XLIII., S. 227 | 
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                        XLIII.
                        Einiges uͤber die lithographische Kreide.
                           Von Hrn. Gaultier de
                              Claubry.
                        Aus dem Journal des connaissances usuelles. Junius
                              1833, S. 341.
                        Gaultier de Claubry, uͤber lithographische
                           Kreide.
                        
                     
                        
                           Die wesentlichste Eigenschaft der lithographischen Kreide ist das Eindringen
                              derselben in die Poren der Steine. Zu diesem Resultate fuͤhrt die Anwendung
                              des Fettes und der Seife; nimmt man aber zu viel Fett, so dringt die Kreide zu tief
                              in den Stein ein, und die Zeichnung wird zu schwer. Eben diesen Nachtheil bringt
                              auch ein Ueberschuß an Seife unter dem Einfluͤsse der Feuchtigkeit hervor.
                              Kreide, zu deren Bereitung Gummilak, Mastix oder Wachs verwendet worden, verschmiert
                              sich zwar nicht so, wie die vorhergehende, dringt aber dafuͤr nicht tief
                              genug in den Stein ein.
                           Einer unserer besten Lithographen, Hr. Lemercier, der bereits seit laͤngerer Zeit lithographische
                              Kreide bereitet, die von den gewandtesten Kuͤnstlern geschaͤzt und
                              gesucht ist, ist gegenwaͤrtig in Hinsicht auf die Bereitung dieser Kreide,
                              bei Verhaͤltnissen stehen geblieben, welche allen Anforderungen
                              Genuͤge zu leisten scheinen.Hr. Lemercier legte bei
                                    dem auf das Jahr 1832 von der Société
                                    
                                    d'encouragement ausgeschriebenen Concurse
                                    fuͤr die beste lithographische Kreide eine solche Kreide vor,
                                    fuͤr die er jedoch keinen Preis in Anspruch nahm, da dieselbe nicht
                                    lediglich seine Erfindung ist. Sie stammt naͤmlich, wie im Berichte
                                    der Pruͤfungs-Commission (Bulletin de
                                       la Société d'encouragement December 1832, S. 476)
                                    gesagt ist, von einem Deutschen, der laͤngere Zeit bei einem
                                    Lithographen zu Paris arbeitete, und der deren Recept, als er Paris verließ,
                                    an mehrere Kuͤnstler verkaufte, unter denen sich auch Hr. Lemercier befand. Hr.
                                    Lemercier hat
                                    daher nur das Verdienst, an diesem Recepte einige geeignete Verbesserungen
                                    angebracht, und dasselbe je nach dem Grade der Harte, den man der Kreide
                                    geben will, verschieden modificirt zu haben. Ob nun diese im Berichte der
                                    Preis-Commission angefuͤhrte Lemercier'sche Kreide dieselbe ist, die hier beschrieben ist,
                                    wissen wir nicht, da Hr. Gaultier
                                       de Claubry, welcher sowohl den Bericht erstattete, als auch
                                    diesen Aufsaz anfertigte, nichts hieruͤber bemerkt. Wahrscheinlich
                                    duͤrfte es jedoch seyn.A. d. Ueb.. Er verfertigt dieselben naͤmlich aus:
                           
                           
                              
                                 32
                                 Theilen
                                 gelbem Wachse,
                                 
                              
                                 24
                                    –
                                 weißer Marseiller Seife,
                                 
                              
                                   4
                                    –
                                 gereinigtem Hammelfette,
                                 
                              
                                   1
                                    –
                                 Salpeter in 7 Theilen Wasser aufgeloͤst,
                                 
                              
                                   7
                                    –
                                 Schwaͤrze.
                                 
                              
                           Die zur Verfertigung der Kreide aus diesen Bestandtheilen noͤthigen
                              Geraͤthschaften bestehen aus einer gußeisernen Casserole mit Dekel, aus einer
                              Spatel und aus einem eisernen Loͤffel. Man laͤßt das Wachs und den
                              Talg zergehen, und sezt dann die Seife nach und nach in kleinen Quantitaͤten
                              zu, indem sich die Masse bei einem groͤßeren Zusaze aufblaͤhen und
                              leicht uͤberlaufen wuͤrde. Ist dieß Gemenge gehoͤrig
                              geschmolzen, so sezt man nach und nach die gehoͤrig erhizte
                              Salpeteraufloͤsung zu, worauf man so lange feuert, bis sich die Masse
                              entzuͤndet. In diesem Zustande nimmt man sie von Feuer, um sie zwei Minuten
                              lang brennen zu lassen. Hat man die Ingredienzien in den oben angegebenen
                              Verhaͤltnissen zu Unzen genommen, so dekt man die Masse dann mit dem Dekel
                              zu, und sezt hierauf die Schwaͤrze zu, wobei man dieselbe, damit die Mischung
                              so innig als moͤglich erfolge, so lange umruͤhrt, bis sie kalt
                              geworden. Dann dringt man die Mischung wieder auf das Feuer, laͤßt sie 20
                              Minuten lang bei einer gelinden Hize kochen, und gießt sie dann bei einer solchen
                              Temperatur, bei welcher die Masse weder Kuͤgelchen bildet, noch auch Risse
                              oder Spruͤnge bekommt, aus.
                           Die Kreide vom ersten Gusse ist weicher und zarter, als die spaͤter gegossene,
                              weßwegen man dieselbe bei Seite legt. Der Schaum und die Abfalle werden
                              zusammengeschmolzen, denn sie geben noch sehr gute Kreide.
                           Wenn man sich zu einer lithographischen Zeichnung verschiedener Arten von Kreiden
                              bedient, zu welchen die Ingredienzien in verschiedenem Verhaͤltnisse genommen
                              wurden, so geschieht es oͤfter, daß die feineren Striche beim Abziehen der
                              Probeabdruͤke verschwinden.
                           Auf welche Art man die Kreide auch bereitet, so darf die Caserole doch nie weiter, als bis zum
                              dritten Theile gefuͤllt seyn, weil sich die geschmolzene Masse stark
                              aufblaͤht, und leicht uͤbergehen koͤnnte.
                           Eine andere Bereitung der Kreide hat kuͤrzlich Hr. Tudot
                              Hr. Tudot, dessen
                                    Leistungen in der Lithographie wir schon mehrere Male zu erwaͤhnen
                                    Gelegenheit hatten, und der erst im Jahre 1831 von der Société d'encouragement
                                    fuͤr die von ihm entdekte Schwarzkunst auf Stein und fuͤr
                                    seine Walze den Preis erhielt, gab kuͤrzlich auch einen Manuel pratique de la Lithographie heraus, der
                                    sehr gepriesen wird, und um den aͤußerst billigen Preis von 2 Franken
                                    zu haben ist.A. d. Ueb. angegeben; nach dieser kommen gar keine fetten oder oͤhligen
                              Substanzen zu deren Bereitung, denn er bedient sich zu derselben nur des gereinigten
                              Talges, der beinahe ganz als aus Stearine und Wachs, welches zum Theil verseift
                              wird, bestehend, betrachtet werden kann. (?) Die Verhaͤltnisse, die Hr.
                              Tudot angibt,
                              beduͤrfen einiger Modificationen, da er dieselben nur approximativ andeutet.
                              Zu bemerken ist jedoch, daß die von ihm verfertigte Kreide von den ausgezeichnetsten
                              Kuͤnstlern, die sie auf Verlangen der Société d'encouragement versuchten, als der besten bekannten
                              Kreide vergleichbar erklaͤrt wurde; sie schien denselben nur etwas hart.Hr. Tudot erhielt
                                    fuͤr die von ihm verbesserte Bereitungsart der lithographischen
                                    Kreide, auf den Gericht einer Commission (Bulletin de
                                       la Société d'encouragement. December 1832, S. 477),
                                    einen Preis von 300 Franken. Die Commission glaubte naͤmlich, daß die
                                    Tudot'sche Formel bei einigen Modificationen,
                                    deren sie faͤhig seyn duͤrfte, noch zu sehr
                                    schaͤzenswerthen und Aufmunterung verdienenden Resultaten
                                    fuͤhren koͤnne.A. d. Ueb.
                              
                           Das von Hrn. Tudot angegebene
                              Verhaͤltniß ist nun:
                           
                              
                                 Reines gelbes Wachs
                                 30
                                 Theile,
                                 
                                 
                              
                                 Wachsseife mit Soda
                                   8
                                    –
                                 
                                 
                              
                                 Talgseife mit Soda
                                 17
                                    –
                                 
                                 
                              
                                 Salpeter
                                   1
                                    –
                                 in 7 Theilen Wasser aufgeloͤst,
                                 
                              
                                 Calcinirter Kienruß
                                   7
                                    –
                                 
                                 
                              
                           Anstatt der Talgseife koͤnnte man auch schoͤne Seife aus thierischem
                              Fette anwenden.Wir wissen nicht recht, was der Verfasser hiemit sagen will; denn nach dem
                                    einfachen Sinne dieses Sazes kaͤme es heraus, als waͤre der
                                    Talg kein thierisches Fett. Vielleicht wollte Hr. Gaultier de Claubry, dessen Schreibart
                                    uͤberhaupt etwas verworren ist, statt Talgseife Wachsseife sagen. A.
                                    d. Ueb. Die im Handel vorkommenden rohen Substanzen sind nicht immer von gleicher
                              Beschaffenheit; so ist z.B. das Wachs sehr oft mit Staͤrkmehl
                              verfaͤlscht. Bedenkt man nun noch, wie schwierig es ist, immer eine
                              vollkommen gleiche Kochung zu erhalten, so wird man sich die Verschiedenheit der
                              Kreide, selbst wenn sie nach einer und derselben Formel bereitet worden, leicht
                              erklaͤren. Man soll daher, wenn man gute und gleiche Kreide erhalten will,
                              immer mit einer großen Menge auf ein Mal arbeiten.
                           Hr. Tudot hat eine Menge
                              interessante Beobachtungen uͤber die Bereitung der lithographischen Kreide angestellt, von
                              denen wir hier nur einige anfuͤhren wollen.
                           Das Wachs verhindert, daß die Seife vom Wasser aufgeloͤst werde, und
                              conservirt die Striche des Kuͤnstlers. Die Stearine ist noͤthig, um
                              ein festeres Ankleben zu erzielen; die Oehle hingegen schaden der Wirkung des
                              Wachses bedeutend, woher es denn auch kommt, daß der Talg um so weniger
                              schaͤdlich wirkt, je weniger Oleine er enthaͤlt. Eine zu große Menge
                              Stearine zerstoͤrt die Zaͤhigkeit, die das Wachs gibt, waͤhrend
                              ein Ueberschuß an Wachs dem Ankleben nachtheilig wird. Wuͤrden diese beiden
                              Substanzen, wenn sie auch unter sich im gehoͤrigen Verhaͤltnisse
                              stuͤnden, in Bezug auf die Seife in zu großer Menge genommen, so
                              wuͤrden die Abdruͤke nicht genug Durchsichtigkeit erhalten, indem die
                              Saͤure die Kreide nicht durchdringen koͤnnte. Ein Ueberschuß von Seife
                              hingegen bewirkt, daß die Kreide zu tief in den Stein eindringt, wenn derselbe vor
                              dem Saͤuren etwas befeuchtet wird, wo dann die Zuͤge aus einander
                              stießen. Kreiden, in denen das Fett vorherrscht, haben den Nachtheil, daß die
                              Schmierfleken, die sie auf dem Steine lassen, beim Abziehen der Abdruͤke
                              gleichfalls zum Vorschein kommen, in dem sie durch das Saͤuren nicht
                              vollstaͤndig zerstoͤrt werden konnten. Eine hoͤhere Temperatur
                              veranlaßt ein Auseinanderfließen der Zuͤge, wo ihnen dann die
                              gehoͤrige Durchsichtigkeit fehlt. Bei einer trokenen und laͤnger
                              fortgesezten Temperatur von 20 bis 25° dringt die Oleine fortwaͤhrend
                              in den Stein ein; die Zeichnung reinigt sich, kann eine starke Saͤuerung
                              vertragen, und gibt dann Abdruͤke von ausgezeichneter Schoͤnheit. Die
                              geringste Feuchtigkeit hingegen bewirkt, daß die Seife tiefer in den Stein
                              eindringt, daß die Zuͤge zerfließen, und daß man nur mittelst einer sehr
                              starken Saͤuerung Abdruͤke erhaͤlt, wobei die Zeichnung schnell
                              erschoͤpft wird. Die besten Abdruͤke geben immer jene Zeichnungen, die
                              nur mit einer Kreide gezeichnet werden.
                           Was die Bereitungsart der Tudot'schen Kreide betrifft, so
                              ist sie ganz so, wie die bei der Lemercier'schen Methode
                              angegebene.