| Titel: | Ueber die Eigenschaften, Bestandtheile und chemische Verbindung der hydraulischen Mörtel. Eine gekrönte Preisschrift vom Akademiker und Conservator Dr. J. N. Fuchs in München. | 
| Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. LIII., S. 271 | 
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                        LIII.
                        Ueber die Eigenschaften, Bestandtheile und
                           chemische Verbindung der hydraulischen Moͤrtel. Eine gekroͤnte
                           Preisschrift vom Akademiker und Conservator Dr. J. N. Fuchs in Muͤnchen.
                        Aus den Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche
                                 Maatschappy der Wetenschappen te Haarlem XX. Deel Bl.
                              173–218.
                        Uebersezt von Dr. C. G. Kaiser in Landshut.
                        Dr. Fuchs, uͤber den hydraulischen
                           Moͤrtel.
                        
                     
                        
                           Die hollaͤndische Société des
                                 Sciences zu Haarlem hat im Jahre 1830 folgende Preisfrage zur Beantwortung
                              ausgeschrieben:
                           
                              
                                 „Quels sont les caractères, auxquels on
                                    réconnaîtra les Ciments, qui s'endurcissent sous l'eau? Quels
                                    en sont les principes constituans et quelle est la combinaison chimique, qui
                                    s'opère pendant leur solidification?“
                                 
                              
                           Der geistreiche Hr. Verfasser, beruͤhmt als unermuͤdet eifriger
                              Murforscher durch die Genauigkeit seiner Versuche und Beobachtungen, so wie durch
                              die Klarheit und Deutlichkeit seiner Abhandlungen, hat die vorstehende Frage,
                              nachdem Er schon ein Jahr vorher in Erdmann's Journal fuͤr technische und oͤkonomische
                              Chemie Bd. VI. Heft 1 S. 1–26 und Bd. VI. Heft 2 S. 132–162 eine
                              hoͤchst interessante Abhandlung uͤber denselben Gegenstand geliefert
                              haͤtte, binnen 2 1/2 Monaten unter nachstehendem Motto auf eine so
                              gruͤndliche Weise geloͤst, daß die genannte Gesellschaft bei ihrer
                              79sten Versammlung am 19. Mai 1832 Ihm den Preis, bestehend in einer goldenen
                              Medaille, zuerkannt, und die Beantwortung in den oben angefuͤhrten
                              Verhandlungen in hollaͤndischer Sprache bekannt gemacht hat. Wenn es dem
                              Uebersezer auch immer erfreulich war, dem deutschen Publikum aus
                              franzoͤsischen und hollaͤndischen Zeitschriften interessante Notizen
                              auf dem Gebiete der Chemie etc. mitzutheilen, so ist es demselben beim Empfange der
                              naturwissenschaftlichen Verhandlungen der Haarlemer Gesellschaft doppelt erfreulich,
                              daß er der Erste seyn kann, der die lichtvolle Darstellung dieses wichtigen
                              Gegenstandes, wofuͤr der hochgelehrte Hr. Verfasser, auf welchen Bayern stolz
                              seyn kann, einst den Dank vieler Nationen genießen wird, auf deutschem Boden
                              verbreitet, und dadurch Gelegenheit findet. Demselben als seinem hochgeachteten
                              Lehrer seine innigste Verehrung oͤffentlich auszudruͤken.
                           
                        
                           Involuta latet in alto veritas.
                           Das Wort Cement wird nicht immer in derselben Bedeutung
                              aufgefaßt; bald versteht man darunter das Materiale (den Zuschlag), welches mit dem Kalk den im
                              Wasser erhaͤrtenden Moͤrtel (hydraulischen oder Wassermoͤrtel)
                              darstellt, bald bezeichnet man damit diesen Moͤrtel selbst. In dem lezteren
                              Sinne ist dieses Wort wahrscheinlich in der vorliegenden Preisfrage genommen; ich
                              werde es aber hier durchgaͤngig in dem ersteren Sinne nehmen und daher unter
                              Cementen alle diejenigen Substanzen verstehen, welche geeignet sind, mit Kalk ein in
                              Wasser erhaͤrtendes Product zu bilden, was immer wohl unterschieden werden
                              muß von seinen Factoren. Da aber das Cement nur Bezug auf diese Art von
                              Moͤrtel hat, nur dadurch als solches bestimmt und erkannt wird, so ergibt
                              sich von selbst, daß der hydraulische Moͤrtel den Hauptgegenstand ausmachen
                              muͤsse von dem, was hier verhandelt werden soll.
                           Das Erste, was in Betrachtung kommen muß, ist der Proceß des Erhaͤrtens des
                              hydraulischen Moͤrtels. Obschon hieruͤber sehr viele Versuche gemacht
                              wurden, so wurde diese Sache doch bis jezt noch nicht in das gehoͤrige Licht
                              gesezt, und es herrschen uͤber diesen Punkt verschiedene Ansichten. Einige
                              sind der Meinung, daß das Erhaͤrten bloß eine Wirkung der
                              Adhaͤsionskraft sey; Andere glauben, daß es auf einer chemischen Anziehung
                              beruhe, sezen aber Dieses nicht gehoͤrig auseinander, und zeigen nicht
                              deutlich, welche Substanzen dabei vorzuͤglich wirksam sind, welches die
                              Umstaͤnde sind, unter denen sie chemisch auf einander wirken, und geben
                              uͤberhaupt zu erkennen, daß ihnen das Wesentliche von dem ganzen Vorgange
                              noch verborgen ist. Bisweilen wird so davon gesprochen, daß man glauben
                              moͤchte, es muͤsse ein eigenthuͤmliches hydraulisches Princip
                              geben.
                           In dem Nachfolgenden wird man, wie ich glaube, genuͤgende Beweise finden, daß das Erhaͤrten des hydraulischen Moͤrtels im
                                 Wesentlichen auf einer chemischen Verbindung der Kieselerde und des Kalkes,
                                 welche sich auf dem nassen Wege allmaͤhlich herstellt, beruhe, und daß es
                                 folglich kein Cement ohne Kieselerde geben koͤnne.
                           Ehevor ich die Beweise fuͤr diesen Saz anfuͤhre, muß ich auf einige der
                              vorzuͤglichsten, zum Theil schon lange bekannten, zum Theil von mir
                              ausgemittelten Verhaͤltnisse der Kieselerde aufmerksam machen, welche wohl
                              beachtet werden muͤssen, wenn man das Verhalten dieser Erde zum Kalk und
                              ihrer Verbindungen auf nassem Wege gehoͤrig beurtheilen will.
                           Die Kieselerde spielt in ihren Verbindungen die Rolle
                              einer Saͤure, und diese werden daher Silicate
                              genannt. Mit den Basen vereinigt sie sich in mehreren quantitativen
                              Verhaͤltnissen, und sie hat ein vorzuͤgliches Bestreben, mehrere Basen
                              zugleich in sich aufzunehmen. Die Zahl der Silicate ist daher sehr groß; es
                              laͤßt sich da gar
                              keine Graͤnze bestimmen, und es gibt keine so fixen Saͤttigungspunkte,
                              wie bei anderen Koͤrpern. Die meisten bekannten Silicate sind auch so
                              zusammengesezt, daß unter guͤnstigen Umstaͤnden noch basische
                              Koͤrper in groͤßerem oder geringerem Maße damit in Verbindung treten
                              koͤnnen.
                           Von den meisten Silicaten macht die Thonerde einen
                              wesentlichen Bestandtheil aus, und, obschon diese Erde zu den schwaͤchsten
                              Vasen gehoͤrt, so bildet sie doch mit der Kieselerde mehrere schwer zu
                              zersezende Verbindungen, wie uns unter Anderen der Andalusit,
                                 Disthen und mehrere Sorten von Thon beweisen. Besonders auffallend ist, daß
                              kein Thonerdesilicat in Kali aufgeloͤst werden kann, da doch jede dieser
                              beiden Erden fuͤr sich darin aufloͤslich ist. Bringt man daher die
                              Aufloͤsungen beider zusammen, so scheiden sie sich wieder mit einander
                              vereinigt in Form einer schleimigen Masse ab, und es bleibt in der
                              Fluͤssigkeit fast gar nichts zuruͤk, wenn nicht die eine oder die
                              andere in zu großer Quantitaͤt vorhanden war. Dieser Niederschlag ist aber
                              nicht, wie Guyton Morveau geglaubt hat, eine bloße
                              Verbindung von Kieselerde und Thonerde, sondern enthaͤlt, wie ich schon bei
                              einer anderen Gelegenheit gesagt habe, eine betraͤchtliche Quantitaͤt
                              Kali chemisch gebunden, und naͤhert sich in Hinsicht seiner chemischen
                              Constitution oft dem Leucit. Wenn ein Thonerdesilicat.
                              z.B. Porcellanthon, anhaltend mit Kalilauge gekocht wird, so nimmt es ebenfalls viel
                              Kali in sich auf und verbindet sich chemisch damit. Es hat uͤberhaupt den
                              Anschein, als ob die Thonerde gleichsam ein Band ausmache, wodurch in den meisten
                              Faͤllen die uͤbrigen Basen (die Bittererde vielleicht ausgenommen)
                              kraͤftiger mit der Kieselerde vereinigt werden, als sie sich fuͤr sich
                              mit ihr verbinden. Da die Thonerde unter gewissen Umstaͤnden sich auch wie
                              eine schwache Saͤure verhaͤlt und gleichsam ein amphoterischer
                              Koͤrper ist, so kann man, wenigstens in manchen Faͤllen, das
                              Thonerdesilicat wie eine Doppelsaͤure betrachten, d.h. mit staͤrkerer
                              Aciditaͤt begabt, als jeder dieser beiden Erden fuͤr sich
                              eigenthuͤmlich ist. Daher geben auch die Silicate, welche Thonerde enthalten,
                              bessere Cemente ab, als diejenigen, welche davon frei sind, wenn auch in beiden
                              Faͤllen die Kieselerde gleich gut aufgeschlossen ist, wovon sogleich die Rede
                              seyn wird.
                           Was die Verwandtschaftsordnung anbelangt, in welcher die Basen in Bezug auf die
                              Kieselerde stehen, so laͤßt sich darauf nicht aus der Ordnung schließen,
                              welche die meisten Basen, gegen die anderen Sauren betrachtet, beobachten; denn es
                              kann beinahe als ausgemacht angenommen werden, daß z.B. der Kalk den Alkalien und
                              die Bittererde dem Kalk in der Verwandtschaft zur Kieselerde vorgeht. Ueberhaupt hat
                              diese Erde ein von den meisten anderen Koͤrpern abweichendes Verhalten; das Auffallendste
                              aber ist, daß diese schwach Saͤure aus vielen ihrer Verbindungen durch die
                              staͤrksten Saͤuren nicht abgeschieden werden kann. Der Grund hievon
                              kann in nichts Anderem liegen, als in der verschiedenen Cohaͤrenz, welcher
                              die Kieselerde faͤhig ist, und die sie in verschiedenen Graden auf ihre
                              Verbindungen uͤbertragt, so daß mehrere derselben von den Saͤuren gar
                              nicht, einige schwach, und manche stark angegriffen werden, und gewisse dadurch
                              sogar vollkommen zersezt werden koͤnnen, wobei wieder der Unterschied Statt
                              findet, daß sich die Kieselerde aus einigen pulverfoͤrmig oder schleimartig,
                              aus anderen als eine steife Gallerte abscheidet, nachdem sie vorher selbst in die
                              Aufloͤsung uͤbergegangen war.
                           Diejenigen Silicate, welche mit Sauren geradezu keine Gallert bilden, werden in
                              diesen Zustand versezt, wenn sie mit einem feuerbestaͤndigen Alkali oder
                              Baryt gehoͤrig gegluͤht oder geschmolzen werden. Durch diese
                              Operation, welche man ganz schiklich das Ausschließen
                              nennt, wird ein Theil des Aufschließungsmittels mit den Silicat, oder vielmehr mit
                              der Kieselerde des Silicates in Verbindung gebracht, und ein neues Product gebildet;
                              wobei zugleich die Cohaͤrenz derselben so geschwaͤcht wird, daß sich
                              das Ganze, die Kieselerde mit den vorhandenen Basen, in den geeigneten
                              Saͤuren aufloͤst, und wenn die Fluͤssigkeit nicht zu sehr
                              verduͤnnt ist, eine steife zitternd Gallerte bildet. Das Naͤmliche,
                              was die Chemiker aus guten Gruͤnden gewoͤhnlich nur mit den
                              angefuͤhrten Aufschließungsmitteln zu erreichen suchen, kann man auch durch
                              andere basische Koͤrper bezweken und insbesondere eignet sich dazu der Kalk,
                              wodurch die Silicate in gehoͤriger Hize eben so gut aufgeschlossen werden,
                              als durch die Alkalien und den Baryt, so daß sie dann ebenfalls mit Saͤuren
                              gelatiniren. Auf aͤhnliche Weise wirkt auch das Eisenoxyd und die Bittererde, und wenn auch
                              dadurch nicht alle Silicate in den Zustand versezt werden, daß sie mit
                              Saͤuren eine Gallerte bilden, so wird die Cohaͤrenz der Kieselerde
                              doch so geschwaͤcht, daß sie dem leicht durch Sauren zersezt werden
                              koͤnnen.
                           Es ist nicht nothwendig, allen Silicaten einen Zuschlag zu geben, um sie
                              aufzuschließen; ich habe schon vor mehreren Jahren die Entdekung gemacht, daß
                              mehrere, welche geradezu von den Saͤuren nur schwach oder gar nicht
                              angegriffen werden, durch Gluͤhen oder Schmelzen sich so veraͤndern, daß sie dann mit Saͤuren eine ausgezeichnete Gallerte bilden, und
                              durch dieselben vollkommen zersezt werden. Dazu gehoͤren z.B. der Zoisit, Pistacit (Epidot),
                              Vesuvian, der edle und gemeine Granat, der Prehnit etc. Viele andere, wie der Glimmer, die
                              Hornblende, der Turmalin, mehrere Sorten von Thon etc. werden zwar nach dem
                              Gluͤhen in den
                              Saͤuren nicht aufloͤslich, aber doch viel staͤrker von ihnen
                              angegriffen und groͤßten Theils zersezt.
                           Die Cohaͤrenz der Kieselerde in den Silicaten wird also
                                 auch durch das Gluͤhen oder Schmelzen fuͤr sich
                                 geschwaͤcht, und so wie dann auf sie die Sauren leichter einwirken,
                              so muͤssen sie auch anderen chemischen Agentien zugaͤnglicher
                              werden.Man koͤnnte vielleicht auch annehmen, daß die Kieselerde im Feuer eine
                                    aͤhnliche Veraͤnderung erleide, wie die Phosphorsaͤure,
                                    welche in Pyrophosphorsaͤure umgewandelt wird.Anmerk. d. Verf. Dieses ist in Bezug auf den hydraulischen Moͤrtel von großer
                              Wichtigkeit.
                           Noch weit wichtiger aber ist das, daß der Kalk auf nassem Wege
                                 auf sehr viele Silicate, besonders auf die gegluͤhten und mehrere
                                 geschmolzene fast eben so wirkt, wie auf trokenem Wege.
                           Dieses geht unwiderleglich daraus hervor, daß solche Silicate, welche fuͤr
                              sich mit Sauren keine Gallerte geben, wenn sie mit Kalk gemengt laͤngere Zeit
                              hindurch unter Wasser liegen, dann mit Saͤuren ebenso ausgezeichnet
                              gelatiniren, wie wenn sie mit Kalk im Feuer waͤren behandelt worden. Darin
                              liegt der Beweis fuͤr meinen vorhin aufgestellten Saz; auf diesem Processe,
                              den ich wegen seiner Aehnlichkeit mit der Cementation auf trokenem Wege nasse Cementation nennen will, beruht das Erhaͤrten des hydraulischen Moͤrtels.
                              Aus dem Erhaͤrten laͤßt sich daher auch umgekehrt auf die gegenseitige
                              chemische Einwirkung des Kalkes und der Sillicate schließen, denn Beides steht in
                              nothwendiger Verbindung, wie Ursache und Wirkung.
                           Wenn ein Silicat schon, bevor es der nassen Cementation mit Kalk unterworfen worden,
                              mit Saͤuren eine Gallerte bildet, so kann man dann nur aus dem
                              Erhaͤrten der Masse abnehmen, daß darin ein chemischer Proceß Statt findet,
                              was auch vollkommen genuͤgt, weil bei den uͤbrigen Silicaten das
                              Erhaͤrten mit Kalk und das Gelatiniren stets zugleich Statt hat. Indessen
                              werde ich, um in dieser Hinsicht gar keinem Zweifel Raum zu lassen, in der Folge
                              doch noch ein anderes, fuͤr die chemische Einwirkung des Kalkes auf die
                              Kiesels eck und Silicate auf nassem Wege sprechendes Factum darlegen.
                           Ueberhaupt werde ich noch Manches in Bezug auf diesen Proceß in ein besseres Licht
                              sezen, wenn ich von den einzelnen Versuchen sprechen werde, welche ich
                              hieruͤber angestellt habe. Zuvor noch Folgendes im Allgemeinen
                              daruͤber:
                           Wenn die Versuche gelingen sollen, so ist vor Allem nothwendig, daß die Silicate oder Cemente zu einem feinen Pulver zerrieben
                              
                              werden. Auf grobes Pulver, was dem Kalk nur wenige
                              Beruͤhrungspunkte darbietet, wirkt es nur aͤußerst langsam und
                              schwach, so daß man leicht auf die Vermuthung kommen koͤnnte, daß gar keine
                              Einwirkung Statt faͤnde. Ich habe daher, um ganz sicher zu gehen, die meisten
                              Koͤrper zu diesen Versuchen durch Schlammen in das feinste Pulver verwandelt.
                              Dabei erlangte ich den Vortheil, daß ich fast immer nach wenigen Tagen schon sehen
                              koͤnnte, ob ein guͤnstiges oder unguͤnstiges Resultat zu
                              erwarten war. Um den Proceß zu beschleunigen, sezte ich auch bisweilen die mit Kalk
                              gut gemengten und in das Wasser versenkten Proben einer gelinden
                              Digestionswaͤrme aus.
                           Auf vier bis fuͤnf Theile Cement wurde gewoͤhnlich ein Theil Kalk, in
                              trokenem Zustande gewogen, genommen. Dieser muß vollkommen geloͤscht seyn,
                              wenn die Probe sogleich unter Wasser gut stehen soll.
                           Zum Anmachen der Proben wird nur so viel Wasser genommen, daß sie einen ziemlich
                              steifen Teig bilden, welcher mit einem Pistill oder mit der Hand gut durchgearbeitet
                              werden muß. Wenn aber zu viel Wasser hinzugekommen ist, so muß man den Ueberfluß
                              mittelst eines absorbirenden Koͤrpers wieder zu entfernen trachten, und dabei
                              die Masse gut zusammen druͤken; denn je naͤher die Theile einander gebracht werden, desto
                                 schneller und kraͤftiger wirken sie auf einander ein. Bei
                              uͤbrigens ganz gleichen Umstaͤnden bleibt diejenige Masse, auf welche
                              kein Druk ausgeuͤbt wird, stets weit hinter derjenigen zuruͤk, welche
                              comprimirt wird. Ein auffallender Unterschied ist auch dann schon zu bemerken, wenn
                              die Masse, bevor sie in das Wasser gebracht wird, nur einige Tage in feuchtem
                              Zustande unter einer Presse gelegen hat. Dadurch koͤnnen auch mit Cementen,
                              welche nur schwach anziehen, gute Resultate erzielt werden. Dieser Umstand kommt
                              sehr in Anschlag, wenn mit hydraulischem Moͤrtel Mauern aufgefuͤhrt
                              werden, wobei er durch den Druk der Bausteine zusammengedruͤkt und zu einem
                              bedeutenden Grab von Haͤrte gebracht wird, wenn er auch nicht von bester
                              Qualitaͤt ist. Auch ein sehr schwacher Druk vermehrt die Consistenz schon
                              merklich, was ich daraus schließe, weil meine frei in Wasser liegenden Proben an den
                              unteren Theilen harter wurden, als an den oberen. Der mit gebranntem Dolomit
                              bereitete Wassermoͤrtel erlangt durch Compression eine ungewoͤhnliche
                              Harte, so daß man daraus sehr gute Steine verfertigen koͤnnte.
                           Wenn man dieses Alles beobachtet, so ist es in den meisten Faͤllen nicht
                              noͤthig, die Masse in ein Gefaͤß hineinzudruͤken, sondern man
                              kann ihr eine beliebige Form geben, und sie frei in das Wasser legen. Mir ist selten eine Probe
                              zerfallen, wenn ich es auch mit einem sehr langsam anziehenden Cemente zu thun
                              hatte.
                           Nach Verlauf eines Monates ist der Proceß gewoͤhnlich schon so weit
                              vorgeruͤkt, daß die Masse eine betraͤchtliche Consistenz erhalten hat,
                              und mit Salzsaͤure eine Gallerte bildet, wobei man jedoch nicht erwarten
                              darf, daß sich Alles in der Saͤure aufloͤse. Um die Gallerte deutlich
                              zu bekommen, muß man die Masse pulverisiren, mit maͤßig verduͤnnter
                              Salzsaͤure uͤbergießen, einige Minuten unter bestaͤndigem
                              Umruͤhren gelinde erwaͤrmen und dann in einem offenen Gefaͤße
                              eine Zeit lang ruhig stehen lassen. Sie zeigt sich manchmal erst am zweiten oder
                              dritten Tage, so daß man das Gefaͤß umkehren kann, ohne daß etwas
                              herauslaͤuft.
                           Die wenigsten natuͤrlichen Silicate sind, mit
                                 Ausnaͤhme einiger vulkanischen Producte, so beschaffen, daß der Kalk auf
                                 nassem Wege ohne weitere Behandlung darauf einwirken kann; sie muͤssen
                                 fast alle durch das Feuer und einige sogar zugleich mit etwas Kalk
                                 aufgeschlossen werden, wenn man je ein gutes Resultat erhalten will. Selbst
                              die meisten derjenigen Silicate, welche fuͤr sich gekannt Cemente abgeben,
                              werden durch Aufschließen mit etwas Kalk noch besser. – Bei einigen ist ein
                              gelindes Gluͤhen schon hinreichend; andere aber muͤssen sehr stark
                              gegluͤht und manche sogar geschmolzen werden. Starkes Gluͤhen fand ich
                              fast nie nachteilig; man soll es aber doch nicht anwenden, wenn es nicht
                              unumgaͤnglich nothwendig ist, weil dadurch die Koͤrper zu compact
                              werden, und sich dann nur mit Schwierigkeit in ein feines Pulver verwandeln lassen.
                              Uebrigens ist es ganz gleichguͤltig, ob diese Koͤrper mit oder ohne
                              Zutritt der Luft gegluͤht werden, wenn man sie nachher nur stets sein
                              pulverisirt. Es haben zwar einige behauptet, daß dieß einen wesentlichen Unterschied
                              ausmache, und daß die beim Zutritte der Luft gegluͤhten Cemente viel besser
                              seyen, als die in verschlossenen Raͤumen gegluͤhten; allein sie haben
                              dieselben im ersten Falle ohne Zweifel bloß schwaͤcher gegluͤht als im
                              zweiten, und auf das Zerreiben der stark gegluͤhten nicht die noͤthige
                              Sorgfalt verwendet. Am sorgfaͤltigsten muͤssen die geschmolzenen oder
                              verglasten Koͤrper zerrieben werden; sie ziehen auch dann in der Regel mit
                              Kalk nur langsam an, geben. aber gar oft viel haͤrtere Producte als die
                              uͤbrigen nicht geschmolzenen.
                           Auf diesen Proceß hat auch, abgesehen von der Cohaͤrenz der Kieselerde, die
                              chemische Constitution der Silicate einen großen Einfluß, und es kommt viel auf die
                              Quantitaͤt und Qualitaͤt der Basen an, mit welchen die Kieselerde
                              verbunden ist. Ich mußte daher meinen Versuchen eine große Ausdehnung geben, und
                              dabei insbesondere auf
                              solche Stoffe Ruͤksicht nehmen, welche am oͤftesten als Bestandtheile
                              derjenigen Koͤrper vorkommen, die gewoͤhnlich als Cemente zum
                              hydraulischen Moͤrtel in Anwendung gebracht werden. Es duͤrfte auch
                              nicht uͤbersehen werden, daß der Kalk nicht selten mit fremdartigen!
                              Substanzen gemengt ist, wodurch ebenfalls die Resultate modificirt werden
                              koͤnnen.
                           Nun will ich die Versuche anfuͤhren, welche das bisher Vorgetragene
                              bestaͤtigen, und daruͤber, wie ich glaube, noch mehr Licht verbreiten
                              werden.
                           Da die Kieselerde und der Kalk die beiden Hauptfactoren des hydraulischen
                                 Moͤrtels sind, so muß es vor Allem interessiren, das gegenseitige
                              Verhalten dieser beiden Koͤrper auf nassem Wege kennen zu lernen. Das, was
                              ich schon oben von der Cohaͤrenz der Kieselerde gesagt habe,
                              bestaͤtigt sich hier auf eine sehr auffallende Weise, und es zeigt sich
                              deutlich, daß die chemisch zubereitete Kieselerde, wie
                              man sie bei Analysirung der Silicate, oder durch Praͤcipitation aus dem
                              Kieselkali mit Salmiak nach dem gehoͤrigen Aussuͤßen und Troknen in
                              Form eines hoͤchst feinen Pulvers erhaͤlt, sehr verschieden ist von
                              der des reinen Quarzes oder Bergkrystalles, wenn dieser
                              durch Reiben und Schlammen auch in das feinste Pulver
                              verwandelt worden ist.Der Unterschied zwischen der chemisch praͤparirten Kieselerde und im
                                    Quarzpulver gibt sich auch dadurch kund, das jene nach dem Ausgluͤhen
                                    schnell 18–20 Procent Wasser aus der Luft anzieht, dieses aber keines
                                    aufnimmt; – ferner daß jene sich schon bei der gewoͤhnlichen
                                    Temperatur in Kali aufloͤst, dieses zuvor damit geschmolzen werden
                                    muß. Anmerk. d. Verf. Auf dieses Pulver wirkt der Kalk nicht im Mindesten ein, waͤhrend er
                              sich mit jener zu einem sehr consistenten Product verbindet, welches mit
                              Salzsaͤure eine ausgezeichnete Gallerte bildet. Man erhaͤlt dasselbe,
                              wenn man einen Theil Kalk mit zwei Theilen Kieselerde gut mengt und die Masse vier
                              bis fuͤnf Wochen lang im Wasser liegen laͤßt.
                           Auffallend verschieden von dem Quarz verhaͤlt sich der Opal, welcher nichts Anderes als Kieselerde mit etwas Wasser ist, aber
                              eine viel geringere Cohaͤrenz besizt, als der Quarz, und sich daher schon bei
                              gewoͤhnlicher Temperatur langsam in Kalilauge aufloͤst.Siehe die geistreiche Abhandlung des Hrn. Verfassers „uͤber den Opal und den Zustand der
                                          Gestaltlosigkeit (Amorphismus) fester Koͤrper“ in Schweigger-Seidel neuem Jahrb. der Chem.
                                    und Ph. Bd. VII. Heft 7 und 8 S. 418–434; oder in den bayerischen
                                    Annalen 1833 No. 51, S. 345–351.Anmerk. d. Uebers. Er zieht zwar mit Kalk langsamer unter Wasser an, gibt aber zulezt ein
                              merklich konsistenteres Product als die chemisch praͤparirte Kieselerde, was
                              ebenfalls die Eigenschaft zu gelatiniren besizt.
                           Da der Quarz bloß seiner Cohaͤrenz wegen auf nassem Wege so sehr dem Kalk widersteht, so
                              kann man ihm dadurch beikommen, daß man ihn zuerst mit etwas Kalk im Feuer
                              aufschließt, und erst dann, indem man ihm noch etwas Kalk zugesezt, im Wasser
                              behandelt. Auf diese Weise erhielt ich auch wirklich eines der besten Producte dem
                              wenig andere gleich gekommen sind. Ich habe dazu drei Theile fein pulverisirten
                              Quarz und einen Theil Kalk gemengt, und vor dem Geblaͤse einer so starken
                              Hize ausgesezt, daß die Theile anfingen zusammenzusintern und sich zu verglasen.
                              Diese Masse wurde wieder sehr sein zerrieben, und mit Kalk im Verhaͤltniß = 6
                              : 1 gemengt und unter Wasser gebracht.
                           Obwohl sie anfangs nur langsam anzog, so war sie doch nach Verlauf von fuͤnf
                              Monaten so hart geworden, daß sie beinahe dem Marmor gleichkam. Ein anderer Versuch,
                              wobei die Masse keinem so hohen Hizgrade ausgesezt worden war, so daß die Theile nur
                              schwach zusammenballen, hat mir bei weitem kein so gutes Resultat gegeben; denn die
                              Probe war, nachdem sie fuͤnf Monate lang im Wasser gelegen haͤtte,
                              kaum merklich haͤrter als Gyps (Alabaster).
                           Der mit Kalk gehoͤrig aufgeschlossene Quarz koͤnnte demnach ein sehr
                              gutes Cement abgeben zur Verfertigung von allerlei Gegenstaͤnden der Kunst
                              und der Zierde; denn diese Masse ist weiß, sehr compact und haͤlt sich gut in
                              der Luft, was mit derjenigen, welche die chemisch praͤparirte Kieselerde
                              gibt, nicht der Fall ist.
                           Man koͤnnte vielleicht dem Quarz etwas mehr Kalk zusezen, als ich angegeben
                              habe; allein man muß sich doch sehr in Acht nehmen, daß ein gewisses Maß nicht
                              uͤberschritten wird, weil die Kieselerde, wenn sie vor der nassen Cementation
                              zu viel Kalk aufgenommen hat, dann mit diesem im Wasser nicht mehr gut bindet.
                              Dieses bewies mir sehr augenfaͤllig der Wollastonit (Tafelspath), welcher aus 2 Atomen Kieselerde und 1 Atom Kalk
                              besteht.Procentgehalt = Kieselerde 52, Kalkerde 48. Dieses Silicat, dessen Kieselerde schon voraus so aufgeschlossen ist, daß es
                              mit Saͤuren eine Gallerte bildet, bindet mit Kalk auf nassem Wege gar nicht.
                              Wird es geschmolzen, wodurch die Eigenschaft zu gelatiniren bei demselben noch mehr
                              erhoͤht wird, so verhalt es sich merklich besser, liefert aber doch kein sehr
                              gutes Product. Die Kieselerde scheint demnach auf nassem Wege nicht gern mehr Kalk
                              aufnehmen zu wollen, als im Wollastonit damit verbunden ist.
                           Etwas Anderes ist es, wenn ein Theil des Kalkes durch Thonerde ersezt wird. Es kann
                              dann selbst verhaͤltnißmaͤßig weniger Kieselerde vorhanden seyn, ohne
                              daß der Koͤrper aufhoͤrt als Cement zu dienen. Einen Beleg dazu gibt
                              uns unter anderen der Prehnit.
                           
                           Dieser enthaͤlt in 100 Theilen 44 Kieselerde, 27,2 Kalk, 24,5 Thonerde und 4,3
                              Wasser, und ist daher beinahe ein neutrales Silicat. Den Saͤuren widersteht
                              er hartnaͤkig; wenn er aber stark gegluͤht oder geschmolzen worden
                              ist, so loͤst er sich vollkommen in Salzsaͤure auf und bildet eine
                              Gallerte. Mit Kalk erhaͤrtet er dann stark im Wasser, zieht aber damit fast
                              gar nicht an, wenn er nicht zuvor durchs Feuer gegangen ist. –
                           Wenn das Verhaͤltniß der Kieselerde groͤßer ist als im Prehnit und ihre
                              Cohaͤrenz einen gewissen Punkt nicht uͤbersteigt, so faͤllt das
                              Resultat noch guͤnstiger aus, wie mir der Desmin
                              (Stilbit) bewies, welcher auch im ungebrannten Zustande ein gutes Cement abgibt.
                           Der Feldspath muͤßte seiner chemischen Constitution
                              gemaͤß zu den besten Cementen gehoͤren, wenn er kein so
                              cohaͤrenter Koͤrper waͤre;Er wird selbst von der Schwefelsaͤure in der Siedhize nicht merklich
                                    angegriffen.Anmerk. d. Verf. so aber steht er auf der niedrigsten Stufe. Daß jedoch der Kalk nicht ohne
                              alle Wirkung auf ihn ist, ersah ich daraus, daß er damit doch in Zeit von 10 Monaten
                              beinahe die Consistenz des Gypses angenommen haͤtte, und mit
                              Salzsaͤure eine Gallerte bildete, was mich wirklich sehr uͤberraschte.
                              Wird er geschmolzen, so bindet er weit schneller und starker mit Kalk und kann zu
                              den Cementen von mittlerer Guͤte gerechnet werden. Wollte man ihn noch mehr
                              verbessern, so muͤßte man ihn wie den Quarz mit etwas Kalk im Feuer
                              aufschließen.
                           Fast eben so wie der geschmolzene Feldspath verhaͤlt sich der Pechstein und der Bimsstein,
                              und da der leztere sich um so wirksamer zeigt, je feiner er zerrieben wird, so
                              widerlegt sich dadurch von selbst die Meinung derjenigen, welche die
                              Porositaͤt der Cemente als vorzuͤglich wirksam beim Erhaͤrten
                              des hydraulischen Moͤrtels betrachten.
                           Das gemeine Glas uͤbertrifft die ebengenannten
                              Koͤrper noch etwas an Guͤte; es zieht zwar langsam an, gibt aber
                              zulezt ein Product, welches dem Marmor an Harte beinahe gleichkommt. Da jedoch das
                              Glas weder in Hinsicht der Cohaͤrenz noch der chemischen Constitution immer
                              gleich ist, so will ich hiemit nicht behauptet haben, daß jede Sorte das
                              naͤmliche Resultat geben werde, welches ich erhalten habe.
                           Da die Thonerde fast von allen denjenigen Koͤrpern,
                              welche beim Bauwesen als Cemente in Anwendung kommen, einen wesentlichen
                              Bestandtheil ausmacht, so mußte ich auf sie ein besonderes Augenmerk richten. Daß
                              sie in betraͤchtlicher Menge vorhanden seyn kann, ohne zu schaden, ist schon vorhin
                              dargethan worden; aber es ist noch ausfindig zu machen, ob die reine Thonerde mit dem Kalk auf nassem Wege sich chemisch verbinde und
                              damit erhaͤrte, und wie sich die Silicate verhalten, worin sie in sehr großer
                              Menge oder mehr als die Kieselerde angetroffen wird.
                           Die reine Thonerde geht mit den feuerbestaͤndigen
                              Alkalien auf nassem Wege Verbindungen ein, was allerdings zu dem Schlusse
                              berechtigen kann, daß sie sich auf aͤhnliche Weise zum Kalk verhalten
                              muͤsse. Allein ich habe es bis jezt noch nicht so gefunden; wenigstens
                              laͤßt sich nach meinen bisherigen Erfahrungen mit dieser Erde und dem Kalk
                              kein im Wasser erhaͤrtendes Product darstellen.
                           Von den wenigen Silicaten, welche die Thonerde vorwaltend uͤber die Kieselerde
                              enthalten, waͤhlte ich den Disthen (Cyanit),
                              welcher aus 1 Atom Kieselerde und 2 Atomen Thonerde besteht. Las unter Wasser
                              gebrachte Gemenge von diesem Minerale und Kalk fand ich nach 4 Monaten noch so
                              weich, wie es anfangs war; ich gab daher nach Verlauf dieser Zeit die Hoffnung auf,
                              mit diesem Koͤrper ein erhaͤrtendes Product zu erhalten. Da jedoch die
                              Cohaͤrenz desselben auch Ursache seines Widerstandes gegen den Kalk auf
                              nassem Wege seyn koͤnnte, so beschloß ich ihn mit etwas Kalk im Feuer
                              aufzuschließen und dann wieder der nassen Cementation zu unterwerfen. Auf 5 Theile
                              Disthen nahm ich 1 Theil Kalk und ließ ein sehr starkes und anhaltendes Feuer darauf
                              wirken. Die Masse kam zusammengebaken aus dem Feuer, und koͤnnte nur mit
                              Muͤhe zu einem feinen Pulver zerrieben werden. Fuͤnf Theile dieses
                              Pulvers gaben nun mit 1 Theil. Kalk unter Wasser ein Product von
                              mittelmaͤßiger Consistenz. Daraus geht so viel hervor, daß ein Uebermaß von
                              Thonerde fuͤr die nasse Cementation eher etwas nachtheilig als vortheilhaft
                              ist. Uebrigens kommt dieses Verhaͤltniß der Kiesel- und Thonerde
                              ohnehin aͤußerst selten vor, und in allen den Koͤrpern, welche als
                              Cemente gebraucht werden, waltet mehr oder weniger die Kieselerde vor, und ein
                              solches Gemisch von Kiesel- und Thonerde, worin jene vorwaltet, fand ich
                              immer besser als Kieselerde allein, wenn sie sich auch vollkommen in dem Zustande
                              befindet, daß sie dem Kalk auf nassem Wege zugaͤnglich ist. Dazu
                              gehoͤrt vorzuͤglich der Thon, der Traß, die Puzzolana etc.,
                              woruͤber ich Einiges sagen muß.
                           Die unter dem Namen Thon begriffenen Mineralsubstanzen
                              sind bekanntlich von sehr verschiedener chemischer Constitution; Kieselerde und
                              Thonerde sind die stets darin sich einfindenden Bestandtheile, und zwar in
                              verschiedenem quantitativen Verhaͤltnisse, jedoch so, daß meines Wissens nie
                              die Thonerde uͤber die Kieselerde vorwaltet. Die leztere uͤberwiegt
                              die erstere manchmal so sehr, daß der Thon bloß als ein feines mit etwas Thonerde
                              verunreinigtes Quarzpulver betrachtet werden kann. Er ist nicht ganz frei von
                              Eisenoxyd und fuͤhrt nicht selten kohlensauren Kalk und kohlensaures
                              Eisenoxydul etc. mit sich. Es kann daher auch nicht jede Sorte gleich gut zum
                              hydraulischen Moͤrtel seyn; mir ist aber noch keine unter die Haͤnde
                              gekommen, welche dazu ganz untauglich waͤre, oder nicht durch schikliche
                              Behandlung in ein brauchbares Cement haͤtte verwandelt werden koͤnnen.
                              Fast aller Thon muß zu diesem Zwek mehr oder weniger stark, mancher selbst bis zur
                              anfangenden Verglasung gegluͤht werden; und demjenigen, welcher ein großes
                              Uebermaß von Kieselerde enthaͤlt und gleichsam ein zermalmter Quarz ist, muß
                              man zugleich etwas Kalk zusezen, um ihn aufzuschließen. Man hat zwar die Ansicht aufgestellt, daß der Thon und
                              andere Silicate, wenn damit Kalk auf trokenem Wege verbunden worden, im Wasser
                              dadurch hart werden, daß sie Krystallisationswasser aufnehmen. Allein diese Ansicht
                              wird dadurch widerlegt, daß von den natuͤrlichen wasserhaltigen Silicaten
                              – den sogenannten Zeolithen – keines nach
                              dem Ausgluͤhen sein Krystallisationswasser wieder aufnimmt, noch weniger
                              unter Wasser hart wird. Hievon uͤberzeugte ich mich durch mehrere Versuche,
                              welche ich mit diesen Mineralien angestellt habe. Es enthaͤlt allerdings
                              jeder erhaͤrtete Wassermoͤrtel chemisch gebundenes Wasser, allein
                              dieses wird von ihm stets nur gleichzeitig mit dem Kalk waͤhrend des
                              Cementations-Processes aufgenommen, worauf sich lediglich das
                              Erhaͤrten gruͤndet. Uebrigens bliebe es bei dieser Ansicht
                              unerklaͤrt, warum fuͤr sich (ohne Kalk) gebrannter Thon mit Kalk im
                              Wasser erhaͤrtet, – warum er (so wie auch andere Silicate) nachher mit
                              Saͤuren eine Gallerte bildet, – warum waͤhrend des
                              Erhaͤrtens die in den Cementen vorhandenen Alkalien zum Theil freigemacht
                              werden, – warum die mit Kalk oder anderen Vasen bis auf einen gewissen Punkt
                              gesaͤttigte Kieselerde mit Kalk unter Wasser nur noch schwach oder gar nicht
                              mehr anzieht etc.
                           Es wuͤrde zu weitlaͤuftig und von keinem Nuzen seyn, wenn ich von allen
                              den Versuchen sprechen wollte, welche ich mit verschiedenen Sorten von Thon gemacht
                              habe; ich fuͤhre daher nur folgende als Beispiele an:
                           Ein Porcellanthon (Porcellanerde), dessen Bestandtheile
                              bloß Kiesel- und Thonerde waren im Verhaͤltnisse von 14:11, gab,
                              gelinde gegluͤht, ein vortreffliches Cement, und der damit gebildete
                              hydraulische Moͤrtel gab mit Salzsaͤure eine ausgezeichnete Gallerte.
                              Im ungebrannten Zustande erhaͤrtete er mit Kalk nur wenig, erlangte aber doch
                              die Eigenschaft mit Saͤuren zu gelatiniren.
                           
                           Ein sehr fetter und feuerfester Thon, worin sich Kiesel,
                              und Thonerde ungefaͤhr im Verhaͤltnisse = 2 : 1 nebst etwas Eisenoxyd
                              fanden, wurde durch gelindes Gluͤhen in ein Cement von vorzuͤglicher
                              Guͤte verwandelt, welches einen hydraulischen Moͤrtel lieferte, der
                              nach 5 Wochen nur mit Muͤhe schwache Eindruͤke vom Fingernagel annahm.
                              Dieser Moͤrtel gelatinirte ebenfalls mit Sauren. Es schadete diesem Thon auch
                              nicht, wenn er sehr stark gebrannt wurde.
                           Eine Sorte von Thon, die viel Eisenoxyd enthielt, und eine gelbe Farbe haͤtte,
                              mußte bis zur anfangenden Verschlakung gegluͤht werden, um die Eigenschaft zu
                              erlangen, mit Kalk im Wasser zu binden. Darauf werde ich nachher wieder
                              zuruͤkkommen.
                           Der Traß und die Puzzolana sind laͤngst als gute
                              Cemente bekannt, und seit undenklichen Zeiten mit Vortheil zum Wasserbau verwendet
                              worden. Zu diesem Zwek hat man sie oft in weit von ihrer Lagerstaͤtte
                              entfernte Gegenden verfahren, weil man glaubte, daß in diesen nichts Aehnliches zu
                              finden waͤre. Man hat sie gleichsam fuͤr, dem Schoͤße der Erde
                              entstiegene, Wunderdinge angesehen, und sich, ich weiß nicht was fuͤr,
                              sonderbare Vorstellungen von ihrem inneren Wesen gemacht. Gegenwaͤrtig, da
                              wir wissen, woraus diese Koͤrper bestehen, da wir von den Modificationen,
                              welche die Silicate, zu denen sie gehoͤren, im Feuer erleiden, Kenntniß
                              haben, und uns nicht mehr verborgen ist, was beim Erhaͤrten des hydraulischen
                              Moͤrtels vorgeht, – haben diese natuͤrlichen Feuerproducte auch
                              nichts Raͤthselhaftes fuͤr uns, und wir sind im Stande, sie vollkommen
                              durch andere Koͤrper zu ersezen. Da sie, wie die Thone, denen sie
                              uͤberhaupt sehr aͤhnlich sind, verschiedene chemische Constitution
                              haben, und nicht auf alle gleich starkes Feuer gewirkt hat, so koͤnnen sie
                              auch nicht ein ganz gleiches Verhalten zum Kalk haben. Diejenigen, welche lange dem
                              Einfluß der Atmosphaͤrilien ausgesezt waren, konnten auch wieder eine
                              ruͤkgaͤngige Veraͤnderung erlitten, und die ihnen durch das
                              unterirdische Feuer ertheilten Eigenschaften zum Theil wieder verloren haben; diese
                              werden sich daher auch durch Ausgluͤhen als Cemente um Vieles verbessern
                              lassen. Ich habe nicht versaͤumt, auch mit diesen Koͤrpern Versuche
                              anzustellen, welche mir das bestaͤtigten, was laͤngst von ihnen
                              bekannt ist; und da ich mich uͤber den Proceß des Erhaͤrtens schon
                              hinlaͤnglich erklaͤrt habe, so halte ich es fuͤr
                              unnoͤthig, hier laͤnger zu verweilen.
                           Ich habe bisher bloß von den Hauptagentien bei diesem Processe gesprochen, und alle
                              anderen Dinge, die dabei noch in's Spiel kommen, außer Acht gelassen; es
                              muͤssen nun auch noch diese, um feine Luͤke zu lassen, zur Sprache
                              gebracht werden. Dazu gehoͤren Eisenoxyd, Titanoxyd, Bittererde, Alkalien,
                              Schwefelsaͤure, Krystallisationswasser und Kohlensaͤure.
                           Ueber das Eisenoxyd als Agens beim hydraulischen
                              Moͤrtel ist sehr verschieden geurtheilt worden. Einige haben es fuͤr
                              die conditio eine qua non
                              betrachtet; Andere Haben es fuͤr indifferent oder gar fuͤr nachtheilig
                              angesehen. Die Wahrheit liegt in der Mitte, wie ich glaube darthun zu
                              koͤnnen. Keines der Eisenoxyde – das Oxydul, das Oxyd und
                              Oxyd-Oxydul – wirkt auf nassem Wege chemisch auf die Kieselerde oder
                              den Kalk ein, wie ich mich durch eigens deßhalb angestellte Versuche
                              uͤberzeugt habe. Auf trokenem Wege verbindet sich aber damit die Kieselerde
                              und wird dadurch so aufgeschlossen, daß sie mit Saͤuren eine Gallerte bildet;
                              und in diesem Zustande habe ich sie auch in manchen Eisenschlaken angetroffen. So ist sie ebenfalls im Lievrit enthalten – naͤmlich aufgeschlossen durch
                              Eisenoxydul, zum Theil aber auch durch Kalk. Im edlen
                                 Granat (Almandin) bewirke das Eisenoxyd nebst einer Portion Thonerde, daß
                              er nach dem Schmelzen fuͤr sich in Salzsaͤure sich vollkommen
                              aufloͤst und damit gelatinirt, was im gemeinen
                                 gruͤnen Granat ebenso der Kalk bewirkt. Hieraus – und wenn
                              man zugleich das oben schon Gesagte in Erwaͤgung zieht – laͤßt
                              sich leicht beurtheilen, was fuͤr eine Rolle das Eisenoxyd im Cemente spielt,
                              und was es fuͤr einen Einfluß auf den hydraulischen Kalk haben koͤnne.
                              Es schließt naͤmlich die Kieselerde auf wie andere Basen, oder haͤlt
                              sie, um mich so auszudruͤken, offen, so daß sie dem Kalk auf nassem Wege
                              zugaͤnglich wird. Es darf aber doch ein gewisses Maß nicht
                              uͤbersteigen, und nicht in so großer Menge vorhanden seyn, wie es z.B. im Lievrit enthalten ist, der aus 32,2 Kieselerde, 56,5
                              Eisenoxydul und 11,3 Kalk besteht. Dieses Silicat gibt auch, wenn es geschmolzen
                              wird, kein gutes Cement ab. Eben dasselbe gilt von den Eisenschlaken, welche sehr
                              viel Eisenoxyd enthalten. Diejenigen aber, worin die Kieselerde vorwaltend ist, sind
                              sehr gute Cemente, besonders wenn sie wenig oder gar keinen Kalk enthalten. Hiebei
                              muß ich erinnern, daß sich die Kieselerde immer lieber mit zwei oder mehreren Basen
                              verbindet, als mit einer, und lieber noch von einer anderen etwas aufnimmt, als von
                              derjenigen, mit welcher sie schon verbunden und bis auf einen gewissen Punkt
                              gesaͤttigt ist. Es ist daher nicht gleichguͤltig, ob im Cemente mit
                              einer gewissen Quantitaͤt Kieselerde ein gewisses Quantum Kalk oder statt
                              desselben ein aͤquivalenter Antheil Eisenoxyd verbunden ist. Im ersteren
                              Falle wird die Verbindung ein minder gutes Cement abgeben, als im zweiten, wobei
                              jedoch das Quantitaͤtsverhaͤltniß wohl zu beruͤksichtigen ist.
                              Wuͤrde man z.B. dem Kalk des Wollastonits
                               Eisenoxyd substituiren,
                              so wuͤrde er ohne Zweifel in ein gutes Cement verwandelt werden.
                           Sind Eisenoxyd und Thonerde zugleich vorhanden und in einem solchen
                              Verhaͤltnisse, daß die Kieselerde das Uebergewicht uͤber beide bleibt,
                              so ist das Gemisch stets geeignet bei gehoͤriger Behandlung ein gutes Cement
                              zu geben. Dieses beweisen mir mehrere sehr eisenhaltige Thonsorten und absichtlich
                              gemachte Gemenge von feuerfestem Thone und Eisenoxyd, welche, gehoͤrig
                              gebrannt und mit Kalk angemacht, fast ohne Ausnahme einen hydraulischen
                              Moͤrtel lieferten, der nichts zu wuͤnschen uͤbrig ließ.
                              – In Betreff der eisenhaltigen Thone ist noch zu bemerken, daß das Eisenoxyd
                              groͤßten Theils nicht chemisch gebunden, sondern bloß eingemengt ist –
                              gewoͤhnlich als gelbes Hydrat oder zuweilen auch als kohlensaures Oxydul.
                              Wird ein solcher Thon nicht so stark gebrannt, daß nicht wenigstens ein Theil des
                              Eisenoxydes mit der Kieselerde in chemische Verbindung gebracht wird, so gibt er
                              selten ein gutes Cement ab, und ist manchmal als solches gar nicht zu gebrauchen.
                              Dieses trifft besonders dann zu, wenn wenig Thonerde und sehr viel Kieselerde
                              vorhanden ist, wie es gerade bei den sehr eisenhaltigen Thonsorten fast immer der
                              Fall ist. Dergleichen Thone muͤssen oft bis zur anfangenden Verschlakung
                              gegluͤhet werden, wenn sie mit Kalk im Wasser gut binden sollen. Dabei
                              aͤndert sich ihre Farbe in's Graue, oder, wenn sie sehr eisenhaltig sind,
                              in's Braune oder Schwarze um, in dem das Eisenoxyd mit der Kieselerde chemisch sich
                              verbindet, und sie ausschließt. Geschieht dieses nicht, so versagt mancher
                              eisenhaltige Thon als Cement seinen Dienst, und man kann leicht auf den Gedanken
                              verfallen, es sey das Eisenoxyd Schuld daran, welches doch gewiß in diesem Falle
                              hoͤchst unschuldig ist.
                           Die meisten Bauleute ruͤhmen das Pulver von Ziegelsteinen, die
                              gewoͤhnlich aus sehr eisenhaltigem Thon verfertigt werden, als ein
                              vorzuͤgliches Cement. Ich habe gefunden, daß es manchmal sehr gut, oft aber
                              auch ganz verwerflich ist, besonders wenn es von schlecht gebrannten Ziegeln kommt,
                              da diese naͤmlichen Ziegel starker gebrannt oder geschmolzen immer ein
                              brauchbares Cement geben. Der Schluß aus Allem, was nun in Betreff des Eisenoxyds
                              gesagt worden ist, ist: daß dasselbe fuͤr die nasse Cementation nachtheilig
                              ist, wenn es sich in zu großer Menge im Cemente einfindet, dagegen aber in den
                              meisten Faͤllen vortheilhaft, wenn es in geringerem Maße vorhanden ist, und
                              daß es sich ganz indifferent verhalt, wenn es bloß einen Gemengtheil des Cementes
                              ausmacht, oder, was auf das Naͤmliche hinauskommt, wenn es mit dem Kalk
                              hinzukommt. Ebendasselbe gilt auch von dem Manganoxyde.
                           
                           Das Titanoxyd findet sich oͤfters auch unter den Bestandtheilen derjenigen
                              Materialien, welche als Cemente gebraucht werden, und ich habe es sogar in einigem
                              Mergel angetroffen. Daher glaubte ich auch das Verhalten dieses Metalloxydes zum
                              Kalk und einigen Silicaten auf nassem Wege pruͤfen zu muͤssen, um
                              nichts unversucht zu lassen, was einen Einfluß auf den Cementationsproceß
                              ausuͤben oder die Resultate desselben modificiren kann.
                           Da das Titanoxyd sich mehr wie eine Saͤure als wie eine Basis verhaͤlt
                              und im Sphen (Titanic) mit Kalk und Kieselerde ein
                              Product von bedeutender Cohaͤrenz darstellt, so war vorauszusehen, daß es
                              sowohl mit Kalk allein, als auch mit Kalk und Silicaten consistente Producte geben
                              werde, was auch die damit angestellten Versuche vollkommen bestaͤtigten.
                              Diese wurden damit angefangen, daß ich ein Gemeng von 6 Theilen Titanoxyd mit 2
                              Theilen Kalk gelinde gluͤhete, dann dasselbe noch mit 1 Theil Kalk versezte
                              und der nassen Cementation unterwarf. Nach Verlauf von 6 Wochen haͤtte diese
                              Masse eine solche Consistenz erlangt, daß sie nur mit Muͤhe Eindruͤke
                              annahm. Spaͤterhin wurde sie noch etwas haͤrter.
                           Die Versuche, welche ich hierauf mit Gemengen von Kalk und verschiedenen Thonsorten,
                              denen etwas Titanoxyd beigegeben wurde, machte, gaben alle gute Resultate, und
                              dieses Oxyd schien sich da besonders wirksam zu zeigen, wo nur wenig Thonerde
                              vorhanden war, welche uͤbrigens immer als der wirksamste Nebenbestandtheil
                              der Cemente betrachtet werden muß. Daraus ergibt sich der Schluß: daß die Gegenwart
                              des Titanoxydes in den Cementen nicht nur nicht nachtheilig ist, sondern in manchen
                              Faͤllen sogar sehr vorteilhaft seyn kann.
                           Um die Wirkung der Bittererde bei der nassen Cementation
                              gehoͤrig zu beurtheilen, muß man voraus wissen, daß diese Erde eine starke
                              Verwandtschaft zur Kieselerde hat, und hoͤchst wahrscheinlich sogar eine
                              staͤrkere als der Kalk, daß sie auch von der Thonerde stark angezogen wird,
                              und mit dieser und der Kieselerde sehr innige und schwer zu zersezende Verbindungen
                              bildet; was Alles aus der analytischen Chemie und Mineralogie hinlaͤnglich
                              bekannt ist. Sie laͤßt sich auch unter den gehoͤrigen
                              Umstaͤnden auf nassem Wege mit der Kieselerde in Verbindung bringen. Es
                              entsteht mithin hier die doppelte Frage: wie verhaͤlt sich der Kalk zu den
                              bittererdehaltigen Silicaten, und wie der bittererdehaltige Kalk zu den Silicaten
                              uͤberhaupt?
                           Die bittererdehaltigen Silicate zeigten sich gegen den Kalk auf nassem Wege am
                              allerwiderspenstigsten, und die feinsten Pulver von Diopsid,
                                 Tremolit, Talk und Spekstein bekamen mit
                              demselben im Wasser
                              nicht den mindesten Zusammenhang, weder vor noch nach dem Gluͤhen. Daraus zog
                              ich den Schluß, daß der Kalk auf diese Koͤrper darum nicht einwirken
                              koͤnne, weil die Bittererde mit der Kieselerde zu nahe verwandt und zu innig
                              mit ihr verbunden sey. Indessen gab ich doch die Hoffnung nicht auf, dieses Band, um
                              mich so auszudruͤken, durch ein heftiges Feuer lokerer zu machen, und somit
                              dem Kalk Eingang zu verschaffen. Dieses gelang mir auch wirklich mit dem Spekstein, den ich vor dem Geblaͤse einer so
                              starken Hize aussezte, als ich nur hervorzubringen im Stande war. Er verhielt sich
                              mm wie ein gutes Cement, was um so merkwuͤrdiger ist, da er durch das Brennen
                              eine solche Haͤrte erlangt haͤtte, daß er lebhafte Funken mit dem
                              Stahle gab.Haͤrte und chemische Cohaͤrenz halten nicht immer gleichen
                                    Schritt, und muͤssen daher wohl unterschieden werden. Ich habe
                                    Truͤmmer von alten Glashaͤfen gesehen, welche fast so hart
                                    waren wie Feuerstein, und den Sauren, selbst den vegetabilischen nicht
                                    widerstanden.Anmerk. d. Verf.
                              
                           Auch der geschmolzene Tremolit, welcher nebst Bittererde
                              auch Kalk enthaͤlt, zeigte sich nicht ganz schlecht.Ein merklich besseres Resultat hat die geschmolzene Hornblende gegeben.Anmerk. d. Verf. Es moͤchten jedoch auf keinem Falle die Silicate, welche viel
                              Bittererde enthalten, als Cemente sehr zu empfehlen seyn, weil ihnen immer schwer
                              beizukommen seyn wird.
                           Wegen dieses Widerstandes der bittererdehaltigen Silicate gegen den Kalk, ließ sich
                              im Voraus vermuthen, daß, wenn die Bittererde den Silicaten gegenuͤber
                              gestellt wird, wie es geschieht, wenn zur Cementation bittererdehaltiger Kalk angewendet wird, die Resultate noch besser
                              ausfallen werden, als mit reinem Kalk, und dieses bestaͤtigten mir auch
                              zahlreiche Versuche, welche ich mit gebranntem Dolomit
                              angestellt habe.Zu dem Bittererde- und Kalk-Carbonat (Dolomit, Bitterkalk)
                                    gesellt sich auch oft Mangan und Eisenoxydul-Carbonat mehr oder
                                    weniger, und dieses Gemisch wird von den Mineralogen Braunspath genannt. Dieses Gestein war es ohne Zweifel, was Bergmann zum hydraulischen Moͤrtel
                                    empfohlen hat. Allein ohne Cement kann es doch keinen solchen Moͤrtel
                                    geben, wohl aber einen sehr guten gewoͤhnlichen Moͤrtel, wie
                                    ihn auch der reine Dolomit gibt, wenn er durch starkes Brennen seiner
                                    Kohlensaͤure voͤllig beraubt worden. Er loͤscht sich
                                    dann mit Wasser fast eben so gut, als der reine Kalk und verwandelt sich in
                                    einen eben so feinen und fetten Brei wie dieser. Diejenigen haben daher sehr
                                    Unrecht, welche meinen, daß die Bittererde den Kalk mager mache, oder gar
                                    den Thon beim hydraulischen Moͤrtel ersezen koͤnne.Anmerk. d. Verf. Die meisten Proben zogen schneller an, und viele bekamen eine
                              groͤßere Haͤrte, als mit Kalk, und selbst einiger ungebrannter Thon,
                              namentlich der Porcellanthon, bekamen nach laͤngerer Zeit eine nicht
                              unbedeutende Consistenz. Auch auf das Glas und den ungebrannten Feldspath wirkte der
                              gebrannte Dolomit viel staͤrker ein, als der Kalk. Die bittererdehaltigen Silicate
                              widerstanden ihm aber eben so hartnaͤkig wie diesem.
                           Diejenigen Silicate, welche ein Alkali – Kali,
                              Natron oder Lithion – enthalten, haben außerdem, daß sie, wenn sie
                              gehoͤrig aufgeschlossen sind, in der Regel gute Cemente abgeben, noch ein
                              eigenes sehr merkwuͤrdiges Verhalten bei der nassen Cementation. Wenn
                              naͤmlich ein solches Silicat diesem Processe unterworfen wird, so wird durch
                              den Kalk ein nicht unbedeutender Theil des Alkali allmaͤhlich ausgeschieden
                              und geht in das Wasser uͤber. Der gebrannte Dolomit zeigt sich dabei noch
                              viel wirksamer als der reine Kalk. Dieses in mancher Hinsicht interessante Factum
                              liefert auch noch einen unumstoͤßlichen Beweis, daß der Kalk auf nassem Wege
                              chemisch auf die Kieselerde einzuwirken faͤhig ist. Das Alkali kommt nicht in
                              den ersten Tagen, sondern immer erst nach einigen Wochen zum Vorschein. Anfangs
                              bildet sich, wie bei jeder anderen Probe, auf der Oberflaͤche des Wassers ein
                              Kalkrahm. Wenn man diesen nach einiger Zeit entfernt, oder in der
                              Fluͤssigkeit niederdruͤkt, so zeigt er sich nicht wieder, und die
                              Fluͤssigkeit faͤhrt doch fort, alkalisch zu reagiren, was ein sicherer
                              Beweis ist, daß das Wasser schon etwas Alkali aufgenommen hat, womit sich der Kalk
                              im Wasser nicht vertraͤgt. Der Alkaligehalt des Wassers nimmt dann Immer mehr
                              zu, und verraͤth sich auch sehr deutlich durch den Geschmak, so wie durch
                              Truͤbung des Kalkwassers. Wie weit es aber geht, und ob alles Alkali auf
                              diese Weise aus den Silicaten ausgeschieden werden kann, habe ich noch nicht
                              untersucht. So viel ist aber gewiß, daß alle, welche ein Alkali enthalten, es mag
                              viel oder wenig seyn, einen Theil davon fahren lassen, und so hat sich mir in
                              manchem Thone die Gegenwart eines Alkali kund gethan,
                              worin ich es vorher gar nicht vermuthet haͤtte. Auch der Pechstein und Bimsstein,
                              welche nur 2–3 Procent Kali oder Natrum enthalten, ließen es auf diese Weise
                              deutlich wahrnehmen; es vergingen aber beinahe 3 Monate, bis es bemerkbar wurde. Der
                              geschmolzene Feldspath entließ es ebenfalls nur
                              langsam; viel schneller und betraͤchtlicher entwikelte es sich aus dem Leuzit und vorzuͤglich aus dem Analzim und Natrolith, welche
                              auch im gebrannten Zustande als Cemente zu gebrauchen waͤren, wenn sie nicht
                              so selten vorkamen.
                           Der geschmolzene Lithionglimmer, der auch mit Kalk gut
                              bindet, gab Kali und Lithion
                              zugleich von sich.
                           Den Alkalien kann man keinen directen Einfluß auf das
                              Erhaͤrten des Wassermoͤrtels zuschreiben, weil sie sich nicht chemisch
                              mit dem Kalk verbinden. Da sie aber die Kieselerde in einem gewissen
                              aufgeschlossenen Zustande erhalten und ihren Plaz allmaͤhlich dem Kalk
                              uͤberlassen, so
                              moͤchte ihre Gegenwart in so fern als vortheilhaft zu betrachten seyn.
                           Zu den Ingredienzien des hydraulischen Moͤrtels gesellt sich auch bisweilen
                              Schwefelsaͤure, indem sie entweder schon mit
                              Kalk vereinigt oder mit anderen Basen – Thonerde, Eisenoxyd etc. –
                              verbunden hinzukoͤmmt, wie es z.B. der Fall ist, wenn man geroͤsteten
                              Alaunschiefer als Cement anwendet. Auf jeden Fall
                              wird dann Gyps gebildet, wenn er nicht schon vorher vorhanden war, und dieser
                              befoͤrdert sehr das Anziehen der Masse. Dieses geschieht auch, wenn man zum
                              Anmachen derselben anstatt des Wassers eine verduͤnnte Aufloͤsung von
                              Eisenvitriol nimmt; und ich glaubte fruͤher, daß man dieses mit großem
                              Vortheil thun koͤnne. Allein spaͤter habe ich mich uͤberzeugt,
                              daß kein Gewinn dabei ist, indem ich fand, daß der hydraulische Moͤrtel durch
                              dieses Mittel selten eine betraͤchtliche Haͤrte erlangt, und
                              gewoͤhnlich in der Folge wieder nachlaͤßt und weicher wird.
                           Als Agentien beim Erhaͤrten des hydraulischen Moͤrtels kommt auch noch
                              das Wasser und die Kohlensaͤure in Betrachtung. Das Wasser
                              ist fuͤr's Erste das Medium, in welchem der Proceß vorgeht. Wird es entfernt,
                              und dringt die Luft zwischen die Theile der Masse, so tritt Stillstand ein. Das
                              Wasser ertheilt auch den Theilen einen gewissen Grad von Geschmeidigkeit, wodurch
                              einiger Maßen der Zustand der Fluͤssigkeit ersezt wird, in welchem sonst
                              gewoͤhnlich nur der chemische Proceß Statt findet. Anfangs entzieht es immer
                              der Masse etwas Kalk, und es entsteht Kalkwasser und Kalkrahm; und dieses dauert um
                              so langer, je schwacher und langsamer das Cement und der Kalk auf einander wirken.
                              Solche Massen zerfallen auch manchmal ganz im Wasser, was leicht auf den Gedanken
                              bringen kann, daß man es mit einem unwirksamen Cement zu thun habe, wenn es auch
                              wirklich ein gutes ist. Dieses geschieht am oͤftesten bei verglasten
                              Cementen, die stets langsam anziehen, besonders wenn sie nicht sehr sein pulverisirt
                              sind, und ihnen zu viel Kalk beigesezt worden ist. Las Wasser dringt dann, vom Kalke
                              angezogen, in die Masse ein verwandelt ihn in einen duͤnnen Brei, bringt ihn
                              außer die Anziehungssphaͤre der Theile des Cementes, und so kann der
                              chemische Proceß gar nicht beginnen. Dieses findet noch um so mehr Statt, wenn der
                              Kalk noch nicht vollkommen geloͤscht war.
                           Waͤhrend sich der Kalk mit dem Cemente verbindet, wird auch ein Theil des
                              Wassers in den festen Zustand versezt, und es entsteht gleichsam eine zeolithartige
                              Zusammensezung, und das Wasser ist mithin als Krystallisationswasser auch ein Ingredienz des hydraulischen
                              Moͤrtels. Man kann sich davon leicht uͤberzeugen, wenn man einen alten
                              hydraulischen Moͤrtel, nachdem er gut ausgetroknet worden, in einer Retorte bis zum
                              Gluͤhen erhizt; es kommt dabei stets eine nicht unbedeutende
                              Quantitaͤt Wassers zum Vorschein. Die Menge des Krystallisationswassers ist
                              verschieden nach der verschiedenen chemischen Constitution des Moͤrtels,
                              haͤngt aber auch zum Theil von seiner Dichtigkeit so wie von der Dichtigkeit
                              und Cohaͤrenz des Cementes ab. Die mit verglasten Cementen bereiteten
                              Moͤrtelsorten, welche die dichtesten und schwersten sind, enthalten in der
                              Regel das wenigste Krystallisationswasser.
                           Da der Kalk sich nie sehr schnell mit dem Cemente vereiniget, so findet er auch
                              leicht Gelegenheit, Kohlensaͤure anzuziehen, was
                              besonders dann geschieht, wenn das Wasser oft gewechselt wird. Es gesellt sich somit
                              zum Silicat auch Kalkcarbonat, welches leztere oft ziemlich tief in das Innere der
                              Masse eindringt, besonders wenn sie nur langsam anzieht. Das Aeußere bekommt dadurch
                              in kuͤrzerer Zeit eine groͤßere Consistenz als das Innere, was den
                              Vortheil gewaͤhrt, daß das Wasser nicht weiter stoͤrend auf das Innere
                              einwirken kann, und Kalk und Cement dort ihre gegenseitige Thaͤtigkeit ruhig
                              fortsezen koͤnnen. Nimmt man nach einiger Zeit – nach 6 bis 8 Monaten
                              – die aͤußere Kruste weg, und bringt die Masse wieder in's Wasser, so
                              entsteht gewoͤhnlich von Neuem wieder Kalkwasser, zum Beweise, daß noch
                              freier Kalk vorhanden, und der Proceß noch nicht beendigt ist. – Diese
                              Bildung von basischem Kalkcarbonat findet auch Statt, wenn man den Kalkstein in
                              maͤßiger Rothgluͤhhize brennt, wobei er ungefaͤhr nur die
                              Haͤlfte seiner Kohlensaͤure verliert, oder wenn man Aezkalk zwischen
                              Kohlen eine Zeit lang gelinde gluͤht, wobei er nahe halb so viel
                              Kohlensaͤure auf: nimmt. Wird dieses pulverisirt und mit Wasser angemacht, so
                              zieht es fast ebenso an wie der gebrannte Gyps, indem sich eine eigene Verbindung
                              von Kalkcarbonat und Kalkhydrat darstellt. Befindet sich dieses basische Carbonat in
                              einer hydraulischen Masse, wie es bei schwach gebranntem Mergel gar oft der Fall
                              ist, so bewirke es, daß diese bei weitem schneller anzieht, als sie sonst anzuziehen
                              pflegt. In diesem Falle hat man zwei Acte wohl zu unterscheiden, den ersten eben
                              genannten und den darauf folgenden, naͤmlich den Act der Silicatbildung oder
                              Cementation, wobei sich der Kalk des Hydrates allmaͤhlich mit der Kieselerde
                              vereinigt, und erst der eigentliche hydraulische Moͤrtel entsteht, von
                              welchem das vorhandene Kalkcarbonat eingehuͤllt wird.
                           Hr. Vicat hat behauptet, daß
                              der in der Luft zerfallene Kalk hydraulische Eigenschaften besize; allein die
                              Versuche, welche ich damit angestellt habe, haben mir das Gegentheil bewiesen, was
                              auch nicht auffallen kann, wenn man weiß, was beim Zerfallen des Kalkes vorgeht, und was fuͤr
                              eine chemische Constitution er hat, wenn er laͤngere Zeit in einem trokenen
                              Orte der Luft ausgesezt war. Der Kalk zieht naͤmlich aus der Luft
                              Kohlensaͤure und Wasser zugleich an, was anfangs ziemlich rasch von Statten
                              geht, dann aber immer abnimmt, bis endlich Stillstand eintritt. Untersucht man ihn
                              in diesem Zustande, so findet man ihn zusammengesezt aus Kalk-Hydrat und
                              Kalkcarbonat, was in trokener Luft keine weitere Veraͤnderung erleidet. Daß
                              dieser Koͤrper mit Wasser nicht mehr binden kann, scheint mir eben so
                              begreiflich zu seyn, als es klar ist, daß der gebrannte Gyps seine bindende Kraft
                              verloren haben muß, wenn er sein Krystallisationswasser aus der Luft wieder
                              angezogen hat.
                           Hier muß ich noch bemerken, daß man das Zusammenbaken pulverfoͤrmiger
                              Koͤrper unter Wasser, wobei das Ganze bloß durch Annaͤherung und
                              Adhaͤsion der Theile eine gewisse Consistenz bekommt, wie es z.B. bei der
                              Kreide der Faͤll ist, nicht verwechseln darf, mit dem eigentlichen Anziehen,
                              wobei die Theile durch chemische Verwandtschaft und Cohaͤsion vereinigt
                              werden. Dieses scheint Hr. Vicat uͤberhaupt nicht gehoͤrig beachtet und
                              unterschieden zu haben.
                           Uebrigens kann die Kohlensaͤure auch zersezend auf den hydraulischen
                              Moͤrtel einwirken, und das vorzuͤglich dann, wenn ein sehr lokeres
                              Cement dazu genommen worden ist, womit sich selten ein sehr cohaͤrentes
                              Product bildet, wie es z.B. der Fall ist, wenn man sehr feine und lokere chemisch
                              praͤparirte Kieselerde als Cement anwendet. Die Kohlensaͤure
                              bemaͤchtigt sich allmaͤhlich des Kalkes und die Kieselerde wird
                              ausgeschieden, und somit der Zusammenhang ganz aufgehoben, wie es mit dem unter dem
                              Namen Laumonit bekannten Mineral geschieht, wenn es der
                              Luft ausgesezt wird. Auch bei dem hydraulischen Moͤrtel erfolgt diese
                              Zersezung gewoͤhnlich nur in der Luft, weßwegen man dazu auch nur compacte
                              Cemente waͤhlen soll, wenn er mit der Zeit in die Luft kommen soll.
                           Ich glaube mich nun hinlaͤnglich uͤber das verbreitet zu haben, was
                              beim Erhaͤrten des hydraulischen Moͤrtels vorgeht, und was darauf
                              einen naͤheren oder entfernteren Einfluß hat. Es hat sich dabei ergeben, daß
                              nur solche Koͤrper als Cemente dienen, welche eine betraͤchtliche
                              Quantitaͤt von Kieselerde enthalten, uͤbrigens aber sehr
                              verschiedenartig seyn koͤnnen.Außer den schon angefuͤhrten Koͤrpern koͤnnen zu
                                    (Zementen benuzt werden verschiedene Abfaͤlle in Gewerben und
                                    Haushaltungen, als: zerbrochene und durch Verschlakung zum
                                    gewoͤhnlichen Zwek unbrauchbar gewordene Ziegelsteine, Scherben von
                                    Glas und Toͤpfergeschirren, Steinkohlenasche, Torfasche,
                                    ausgelaugte Holzasche etc. Dabei ist aber immer wohl zu
                                    bedenken, daß dergleichen Substanzen, welche gleiche Namen fuͤhren,
                                    gar oft nicht von gleicher Qualitaͤt sind, und daher nicht immer
                                    gleiche Dienste leisten koͤnnen. Anmerk. d. Verf. Wenn man also einen Koͤrper als Cement gebrauchen will, so muß man vor
                              Allem uͤberzeugt seyn, daß er zu den Silicaten gehoͤrt. Aeußere oder
                              physische Charaktere lassen sich im Allgemeinen dafuͤr nicht angeben, weil
                              sehr heterogene Silicate als Cemente dienen koͤnnen. Man muß eben die
                              einzelnen Silicate kennen und wissen, wie sie sich auf nassem Wege verhalten, und
                              wenn man es mit einem Gemenge zu thun hat, so wird man sein Verhalten ziemlich
                              richtig nach seinen Gemengtheilen beurtheilen koͤnnen. Der Basalt z.B. ist
                              ein feines Gemenge von Augit, einer Art Feldspath und Magneteisenstein. Daraus
                              laͤßt sich schließen, daß er nur dann ein gutes Cement abgeben koͤnne,
                              wenn er zuvor einer starken Gluͤhhize ausgesezt und das Eisenoxyd mit den
                              beiden anderen Gemengtheilen in chemische Verbindung gebracht worden ist.
                           Deßhalb glaube ich dieser Sache auch dadurch einigen Dienst erwiesen zu haben, daß
                              ich das Verhalten mehrerer Silicate zum Kalk kennen gelehrt habe; und ich darf nicht
                              fuͤrchten getadelt zu werden, weil ich zu meinen Versuchen auch solche
                              gewaͤhlt habe, welche nur sparsam in der Natur vorkommen. Dieses war
                              nothwendig, um die Theorie zu begruͤnden, und die Umstaͤnde kennen zu
                              lernen, welche dieselbe modificiren. Ist das Mischungsverhaͤltnis eines
                              Koͤrpers constant, und ist sein Verhalten ein Mal ausgemittelt, so weiß man
                              auch, daß es fuͤr alle Mal das naͤmliche ist, wenn die
                              Umstaͤnde die naͤmlichen sind. Anders ist es bei denjenigen
                              Koͤrpern, welche unbestimmt gemischtSo lange man sich nur mit solchen und nicht mit Koͤrpern von
                                    bestimmter und konstanter Mischung beschaͤftigte, konnte man auch
                                    nicht in's Reine kommen.Anmerk. d. Verf. oder gemengt sind. Diese muͤssen, wenn man wissen will, ob sie als
                              Cemente zu gebrauchen sind, stets untersucht und unter verschiedenen
                              Umstaͤnden – vor und nach dem Gluͤhen oder Schmelzen –
                              der Cementation unterworfen werden, wie ich oben schon angegeben habe. Hiebei muß
                              ich noch ein Mal erinnern, daß man sich die Muͤhe ja nicht verdrießen lasse,
                              die Koͤrper so fein als moͤglich zu zerreiben, besonders die
                              geschmolzenen. Will man etwas schneller zum Ziele gelangen, so seze man die Proben
                              einer Temperatur von 30° – 40° R. aus. Wenn sie ein Mal
                              angezogen haben, so kann man sie auch noch staͤrker erwaͤrmen, und
                              dadurch den Proceß der Cementation noch mehr beschleunigen.
                           Nach Hrn. Vicat sollen
                              kraͤftige Cemente aus dem Kalkwasser den Kalk abscheiden und absorbiren.
                              Dieses hat sich mir nur bei der chemisch praͤparirten Kieselerde
                              bewaͤhrt und besonders dann, wenn ich sie im schleimartigen Zustande
                              anwendete.
                           Sehr vorteilhaft ist es immer, wenn man die chemische Constitution des Koͤrpers kennt, mit
                              dem man zu thun hat; allein ich wuͤrde mich, wenn ich von der Ausmittelung
                              derselben sprechen wollte, zu weit von meinem Gegenstande entfernen. Jedoch kann ich
                              nicht umhin ein leichtes und einfaches Verfahren anzugeben, den Bittererdegehalt
                              ausfindig zu machen, weil die bittererdehaltigen Silicate es vorzuͤglich
                              sind, welche der Einwirkung des Kalkes am hartnaͤkigsten widerstehen, und es
                              daher, wenn man einen widerspenstigen Koͤrper vor sich hat, interessiren muß
                              zu wissen, ob er Bittererde enthaͤlt, um ihn, falls es so ist, auf eine
                              angemessene Weise behandeln zu koͤnnen. Das bittererdehaltige Silicat wird
                              fein pulverisirt, ein Theil davon mit sechs Theilen saurem schwefelsaurem Kali gut
                              gemengt, und in einem geraͤumigen Platintiegel 1–1 1/2 Stunden bei
                              maͤßigem Feuer im Flusse erhalten, bis sich keine schwefelsauren Dampfe mehr
                              entwikeln. Die geschmolzene Masse wird mit einer reichlichen Menge kochenden Wassers
                              behandelt und filtrirt. In der Aufloͤsung befindet sich alle Bittererde
                              (bisweilen mit etwas Eisenoxyd und Kalk), und sie kann daraus mit kohlensaurem Kali
                              in der Siedhize praͤcipitirt werden.
                           Ich muß nun noch von einem Koͤrper sprechen, welcher oft sehr geeignet ist zum
                              hydraulischen Moͤrtel. Dieses ist der Mergel, welcher auch von Einigen hydraulischer Kalk genannt wird.
                           Der Mergel ist ein Gemenge von kohlensaurem Kalk und Thon, fuͤhrt aber auch
                              oͤfters kleine Quarzkoͤrner, Glimmerschuppen, kohlensaures Eisenoxydul
                              etc. mit sich, und ist fast nie ganz frei von kohlensaurer Bittererde. Er ist,
                              abgesehen von den seltenen in ihm vorkommenden Substanzen, sehr verschieden in
                              Hinsicht des Thongehaltes und der physischen und chemischen Beschaffenheit des
                              Thones. Den Thongehalt erfahrt man, wenn man den Kalk mit verduͤnnter
                              Salzsaͤure auszieht, den Ruͤkstand, welcher der Thon ist, gut
                              ausfuͤßt, und wenn er scharf ausgetroknet oder schwach gegluͤht worden
                              ist, sein Gewicht bestimmt. Das Wenige, was sich von Thonerde und Eisenoxyd
                              bisweilen in Salzsaͤure aufloͤst, kommt hier nicht in Anschlag. Der
                              Thon des Mergels mag wie immer beschaffen seyn, so enthaͤlt er nach dem, was
                              ich daruͤber erfahren habe, immer so viel Kieselerde, daß er als Cement
                              dienen kann; ja manchmal ist er fast nichts als feines Quarzpulver. Cement und Kalk
                              sind also hier schon zugleich vorhanden. Wird der Mergel gebrannt, so verbindet sich
                              der Kalk zum Theil mit dem Thon, und wenn er nachher mir Salzsaͤure behandelt
                              wird, so bildet er eine Gallerte. Im starken Feuer verschlakt oder verglast er sich
                              mehr oder weniger leicht. Die Beschaffenheit des gebrannten Mergels und sein
                              Verhalten zum Wasser kann sehr verschieden seyn; er modificirt sich nach dem
                              verschiedenen Thongehalt, nach dem verschiedenen quantitativen Verhaͤltnisse
                              der Kiesel- und
                              Thonerde im Thone, und darnach, je nachdem der Thon groͤber oder feiner,
                              cohaͤrenter oder minder cohaͤrent, inniger oder weniger innig mit dem
                              kohlensauren Kalk gemengt ist. Einen vorzuͤglichen Einfluß hat darauf die
                              Staͤrke und Dauer der Hize, welcher der Mergel beim Brennen ausgesezt wird.
                              Derselbe Mergel kann darnach sehr verschiedene Resultate geben, indem sich mehr oder
                              weniger Kalt auf trokenem Wege mit dem Thone chemisch verbindet, der Kalk seine
                              Kohlensaͤure voͤllig oder nur zum Theil verliert, und ein basisches Kalkcarbonat sich bildet, welches auch die
                              Eigenschaft besizt, im Wasser fuͤr sich eine gewisse Consistenz anzunehmen.
                              Daß auch andere Substanzen – Eisenoxyd, Bittererde etc. – das Resultat
                              merklich abaͤndern koͤnnen, wenn sie in bedeutender Menge im Mergel
                              vorhanden sind, versteht sich von selbst.
                           Aus allem dem geht hervor, daß sich uͤber die Guͤte und Tauglichkeit
                              des Mergels zum hydraulischen Moͤrtel uͤberhaupt wenig sagen
                              laͤßt, und daß man keine allgemeinen Regeln aufstellen kann, wie er zu diesem
                              Zweke im Feuer zu behandeln sey. Man muß sich eben mit der zu Gebote stehenden Sorte
                              durch mehrere Versuche vertraut machen, wobei es immer gut ist, wenn man weiß, was
                              er enthaͤlt, und in welchem Verhaͤltnisse die verschiedenartigen
                              Substanzen darin zu einander stehen. Ich will nur Weniges noch daruͤber
                              sagen.
                           Wenn der Mergel nur 18–20 Procent Thon enthaͤlt, und so gebrannt wird,
                              daß er alle, oder fast alle Kohlensaͤure verliert, so bleibt stets so viel
                              freier Kalk uͤbrig, daß er sich mit Wasser gut loͤscht. Er bildet aber
                              bei weitem keinen so zarten und voluminoͤsen Brei, wie der reine (fette)
                              Kalk, und erhaͤrtet fuͤr sich ziemlich gut unter Wasser. Man kann ihm
                              auch noch etwas Cement zusezen, und ich fand, daß das Erhaͤrten dann fast
                              immer besser von Statten ging. Einen Zusaz von Cement fordert er besonders dann,
                              wenn der Thongehalt geringer, oder wenn er bloß ein sogenannter magerer Kalk ist.
                              Steigt der Thongehalt auf 25–30 Procent, so erwaͤrmt er sich nur mehr
                              oder weniger mit Wasser, zerkluͤftet sich und zerfallt bloß in Stuͤke
                              und muß daher pulverisirt werden, wenn man ihn zum Moͤrtel gebrauchen will.
                              Er zieht oft sehr schnell und stark an, und gibt ein gutes Product. Erhebt sich der
                              Thon bis auf 40 Procent und daruͤber, und wird er stark und anhaltend
                              gebrannt, so wird fast aller Kalk vom Thon verschlukt, und er erhaͤrtet nur
                              dann mehr oder weniger gut unter Wasser, wenn ihm etwas Kalk beigegeben wird. Durch
                              maͤßigen und nicht zu lange andauernden Brand haben mir oft dergleichen
                              Mergelsorten Producte gegeben, welche, nachdem sie pulverisirt und mit Wasser
                              angemacht worden, fuͤr sich sehr gut erhaͤrteten, und vortrefflichen
                              hydraulischen Moͤrtel abgaben. Merkwuͤrdig war mir besonders eine Sorte,
                              welche 33 Procent sehr groben Thones hatte, und worin sich auch kleine
                              Glimmerschuppen wahrnehmen ließen. Im raschen Feuer kurze Zeit gebrannt,
                              loͤschte er sich groͤßten Theils ziemlich gut mit Wasser und gab
                              fuͤr sich einen guten hydraulischen Moͤrtel, weil sich wegen der
                              kurzen Dauer des Brandes nur wenig Kalk mit dem Thone vereinigen konnte; starker und
                              laͤnger gebrannt, so daß er anfing sich zu verschlaken, konnte er nur mehr
                              wie ein Cement gebraucht werden, indem er nur mit Kalk wieder einen guten
                              Moͤrtel bildete. Dieser so wie mancher andere mit Mergel bereitete
                              Moͤrtel sezte Kali an das Wasser ab, zum Beweise daß der Thon des Mergels
                              manchmal dieses Alkali, bisweilen vielleicht auch Natrum enthaͤlt. Der
                              hydraulische Moͤrtel aus Mergel wird in der Regel sehr compact und
                              haͤlt sich immer sehr gut, wenn er nach dem Erhaͤrten im Wasser der
                              Luft ausgesezt wird; er verdient daher vorzuͤglich beruͤksichtigt zu
                              werden.
                           In Ermangelung des Mergels kann man sich auch durch Vermengung von Thon und Kalk oder
                              Kreide und gehoͤriges Brennen dieses Gemenges (kuͤnstlichen Mergel)
                              einen sehr guten hydraulischen Moͤrtel verschaffen, wie zuerst die HH.
                              John und Vicat
                              Der franzoͤsische Ingenieur en chef Hr.
                                    Vicat hat
                                    uͤberhaupt uͤber den Moͤrtel sehr viele lehrreiche
                                    Versuche angestellt, und daruͤber sehr werthvolle Erfahrungen
                                    gemacht, die ihm einen großen Ruf verschafften, den er auch vollkommen
                                    verdient. Allein es hat ihm nicht gegluͤkt, eine Theorie uͤber
                                    das Erhaͤrten des Wassermoͤrtels aufzustellen, welche die
                                    Bahn, die er uͤbrigens mit so vielem Gluͤk betreten hat,
                                    erleuchtet hatte. Wir duͤrfen uns daher nicht wundern, wenn wir ihn
                                    manchmal auf Irrwegen antreffen. Es ist, indem ich dieses bemerke, nicht
                                    meine Absicht, die Verdienste des Hrn. Vicat, welche kaum Jemand hoͤher
                                    achten wird als ich, herabzusezen, sondern ich sage es nur, um den vorlauten
                                    Aeußerungen derjenigen zu begegnen, welche behaupten, durch Hrn. Vicat sey in Betreff dieser
                                    Materie schon langst Alles erschoͤpft worden, und nichts mehr zu
                                    entdeken uͤbrig geblieben, wonach also meine Arbeit ganz
                                    uͤberfluͤssig waͤre, indem ich nichts Neues mehr zu
                                    Tage foͤrdern koͤnnte. Dieses wird gewiß Hr. Vicat selbst nicht
                                    behaupten, der in seinem neueren Werke: „Resumé sur les mortiers et ciments
                                          calcaires“
                                    pag. 131 sagt: „Nous pensons avec M. Girard, qu'il est
                                          impossible de méconnaître une action chimique dans la
                                          solidification des ciments: mais nous pensons aussi, que la
                                          question, qui a pour objet de déterminer comment et entre
                                          quels principes s'opère particulièrement cette
                                          combinaison, est encore é résoudre.“
                                    Anmerk. d. Verf. gezeigt haben.
                           Hr. Vicat ruͤhmt dieses
                              Verfahren sehr, und es wird in Frankreich nach seiner Angabe sehr viel hydraulischer
                              Moͤrtel auf diese Art im Großen bereitet. Dagegen laͤßt sich nichts
                              einwenden; es moͤchte aber doch nur dann nothwendig seyn, so zu verfahren,
                              wenn der zu Gebote stehende Thon, fuͤr sich gebrannt, kein gutes Cement
                              abgibt, sondern zuvor durch Kalk im Feuer aufgeschlossen werden muß.
                           Der auf was immer fuͤr eine Weise dargestellte hydraulische Moͤrtel vertraͤgt auch
                              einen ziemlich großen Zusaz von Sand (Kalk-, Quarz- oder
                              Feldspathsand), wodurch nicht nur bezwekt wird, daß man mit der hydraulischen Masse
                              viel weiter reicht, sondern auch daß dieselbe dem Froste viel besser widersteht, was
                              ein wohl zu beachtender Umstand ist. Keine der Proben, welche ich mit Sand gemengt
                              habe, (ich habe von zuͤglich den Kalksand dazu geeignet gefunden), bekam
                              Risse, wenn ich sie im Wasser einfrieren ließ, waͤhrend mehrere andere, denen
                              kein Sand beigemengt worden war, nach verschiedenen Richtungen zerkluͤftet
                              wurden.
                           Geschrieben den 2. December 1830.