| Titel: | Bemerkungen über Hrn. de la Giraudière's Theorie über die Wirkung des Düngers. Von Hrn. Boutigny. | 
| Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. LX., S. 313 | 
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                        LX.
                        Bemerkungen uͤber Hrn. de la Giraudière's
                           Theorie uͤber die Wirkung des Duͤngers. Von Hrn. Boutigny.Wir haben Hrn. de la Giraudière's Versuche und die von ihm ausgestellte
                                 Theorie im polyt. Journale, Bd. XLVIII. S.
                                    456 mitgeteilt. A. d. R.
                           
                        Aus dem Journal des connaissances usuelles.
                              Maͤrz 1833, S. 138.
                        Bemerkungen uͤber die Wirkung des
                           Duͤngers.
                        
                     
                        
                           Hr. de la Giraudière zog aus verschiedenen
                              Versuchen, welche er anstellte, den Schluß, daß das Gewicht der geernteten
                              Fruͤchte mit dem Gewichte des angewendeten Duͤngers in genauem
                              Verhaͤltnisse stehe; und daß die Erden, von welcher Natur und Beschaffenheit
                              sie auch seyn moͤgen, nur mechanisch zur Vegetation beitragen, und keine
                              andere Rolle spielen, als die der Traͤger der Pflanzen.
                           Der erste dieser Schluͤsse scheint uns alle Beruͤksichtigung zu
                              verdienen, und die Landwinde sind Hrn. de la Giraudière fuͤr die Mittheilung dieser eben so wichtigen,
                              als sonderbaren Thatsache großen Dank schuldig. Der Schluß, daß hie Ernte mit dem
                              Duͤnger im Verhaͤltnisse stehe, hieße mit anderen Worten eben so viel,
                              als: Vermehrt euren Viehstand, um auf diese Weise die Menge Duͤngers zu
                              vermehren, und dadurch eure Ernten zu verdoppeln und verdreifachen. Gewiß gibt es
                              keinen bessern Rath als diesen, und Niemand kann denselben mit mehr Zuversicht
                              geben, als Hr. de la Giraudière, dem sich derselbe
                              als das Resultat positiver Versuche ergab.
                           Was aber die Wirkungsart des Bodens und jene des Duͤngers betrifft, so bin ich
                              nichts weniger, als mit der Theorie des Herrn de la Giraudière einverstanden. Nach dieser Theorie wirken
                              naͤmlich die kalkigen, thonigen, eisenschuͤssigen, sandigen Erden
                              gleich Schwaͤmmen, gleich gepulvertem Glase etc. nur als Traͤger. Dieß
                              ist aber irrig, und nicht leicht wird Jemand, wie ich glaube, die Wirkung, welche
                              der Boden auf die Vegetation ausuͤbt, in Zweifel ziehen. Wer wuͤßte
                              nicht, daß ein aus gleichen Theilen Quarzsand, Thon und kohlensaurem Kalke
                              bestehendes Erdreich, wenn es gehoͤrig begossen wird, selbst dann noch sehr
                              fruchtbar ist, wenn auch gar leine vegetabilischen Abfaͤlle in demselben
                              enthalten sind? Allein wie laͤßt sich diese Erscheinung erklaͤren?
                              Wenn man annimmt, daß der Thon das Wasser zuruͤkhaͤlt, von welchem
                              jedoch ein Theil verdampft, so daß eine elektrische Stroͤmung entsteht; wenn
                              man, was unbestreitbar ist, annimmt, daß der kohlensaure Kalk einen Theil seiner
                              Kohlensaͤure an die Pflanze abgibt, und dafuͤr wieder eine neue Menge
                              Kohlensaͤure aus der ihn umgebenden Luft anzieht, wodurch eine neue elektrische
                              Stroͤmung entsteht, unter der vielleicht kein Leben moͤglich ist.
                              Wirkt der Sand etwa, indem er die anderen Koͤrper trennt, indem er die
                              Beruͤhrungspunkte und die Zahl der atomischen Saͤulen vermehrt?
                           Mehrere Versuche, die ich noch weiter ausdehnen werde, und welche ich spaͤter
                              mit allen sich daraus ergebenden Resultaten bekannt machen werde, berechtigen mich
                              jezt schon zu folgenden Schluͤssen: 1) daß die Duͤngmittel nur eine
                              elektrisch-chemische Wirkung auf die Vegetation ausuͤben, und 2) daß
                              jene Duͤngerarten die besten sind, welche sich am schnellsten zersezen, indem
                              diese die staͤrksten und zahlreichsten elektrischen Stroͤmungen
                              erzeugen.
                           Diese Ansichten moͤgen zwar auf den ersten Blik paradox erscheinen; geht man
                              jedoch ohne Vorurtheil und ohne vorgefaßte Meinung in eine ruhige Eroͤrterung
                              derselben ein, so wird man finden, daß sie durchaus nicht so unstatthaft sind, als
                              man glauben moͤchte. Es gibt wohl nicht leicht Jemanden, der nicht den
                              Einfluß einer Bruͤkenden, heißen, feuchten, gewitterbringenden, oder kurz mit
                              Elektricitaͤt uͤberladenen Atmosphaͤre auf die Vegetation
                              kennte; man braucht bei einem solchen Wetter nur alle zwei Tage in einen Garten zu
                              gehen, um sich von diesem Einfluͤsse zu uͤberzeugen. Eben so wenig
                              zweifelt Niemand an der Energie und Kraft der animalischen Duͤngmittel, und
                              gerade diese sind es, welche zur Entstehung der groͤßten Menge neuer
                              Verbindungen und folglich zur Entwikelung der staͤrksten und zahlreichsten
                              elektrischen Stroͤmungen Anlaß geben.
                           Man weiß, daß der Sauerstoff zur Vegetation und hauptsaͤchlich zum Keimen
                              unumgaͤnglich nothwendig ist. Auch hier wirkt nun der Sauerstoff auf dieselbe
                              Weise, indem er sich mit dem Kohlenstoff oder einem der verschiedenen Elemente der
                              Pflanze des Samens verbindet, und indem er eine elektrische Stroͤmung
                              erzeugt, welche erst dann aufhoͤrt, wenn die Pflanze saͤmmtliche
                              Phasen ihrer Existenz durchlaufen hat. Wirkt der Sauerstoff unter diesen
                              Umstaͤnden nicht ebenso, wie bei der Gaͤhrung? Ich glaube, daß, wenn
                              man dieß auch noch nicht bejahen kann, doch auch keine Verneinung moͤglich
                              ist.
                           Was die Aufsaugung des Duͤngers durch die Pflanzen betrifft, so brauche ich
                              nur an einen von Saussure angestellten Versuch zu
                              erinnern, um diese Meinung zu widerlegen. Dieser gelehrte Physiker hat
                              naͤmlich beobachtet, daß eine Sonnenblume nur den 20sten Theil ihres
                              Gewichtes Duͤnger absorbirte. Nach dieser positiven und genau beobachteten
                              Thatsache bleibt nichts weiter hieruͤber zu sagen.
                           Die Wirkungsart des Gypses auf die kuͤnstlichen Wiesen ist noch wenig bekannt.
                              Ich habe jedoch Grund zu vermuthen, daß der Gyps ohne allen Nachtheil und sehr gut
                              durch gepulverten Mergel, welcher bloß an der Sonne oder in einem Bakofen nach dem Baken des
                              Brodes getroknet worden, ersezt werden koͤnnte. Welchen Vortheil dieß dem
                              Landmann bringen wuͤrde, wird Jedermann einsehen; uͤbrigens muß hier
                              die Erfahrung erst noch die Theorie bestaͤtigen.
                           Bisher kann man noch uͤberall und allgemein mit Hrn. de la Giraudière ein reichliches Duͤngen
                              empfehlen, denn die Zeit, in welcher zuviel geduͤngt werden wuͤrde,
                              ist wenigstens jezt noch sehr weit entfernt.