| Titel: | Ueber die Fabrikation der Schwefelsäure und die weiße krystallinische Substanz, welche sich während dieses Processes bildet. Von S. L. Dana, Med. Dr. | 
| Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. XCIIXCI., S. 438 | 
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                        XCIIXCI.
                        Ueber die Fabrikation der Schwefelsaͤure
                           und die weiße krystallinische Substanz, welche sich waͤhrend dieses Processes
                           bildet. Von S. L.
                              Dana, Med. Dr.
                        Aus dem Philosoph. Magazine and Journal of Science.
                              August 1833, S.
                                 115.
                        Dana's Fabrikation der Schwefelsaͤure.
                        
                     
                        
                           Die feste, weiße Substanz, welche sich bei Bereitung der englischen
                              Schwefelsaͤure in den Bleikammern erzeugt, ist verworren in Nadeln
                              krystallisirt oder bildet ein Aggregat von kristallinischen Koͤrpern. Ich
                              fand sie auch in geraden vierseitigen Prismen von 1 1/2 Zoll Laͤnge, und in
                              Fasern von 3 bis 5 Zoll Laͤnge.
                           1) Loͤst man sie in einer kleinen Quantitaͤt Wasser auf, so braust sie
                              heftig auf, indem rothe Daͤmpfe aus dem Wasser entweichen. Dieselbe
                              Erscheinung findet Statt, wenn man sie in einer großen Menge Wasser aufloͤst,
                              nur entbinden sich die rothen Daͤmpfe dann nicht so reichlich: das Wasser
                              wird zuerst dunkelblau, dann gruͤn und endlich gelblich. Wenn die
                              Aufloͤsung der krystallinischen Substanz stark mit Wasser verduͤnnt
                              wird, so verschwindet die Farbe, aber immer erst, nachdem die feste Substanz ganz
                              aufgeloͤst ist; wenn die feste Substanz bloß noch mit dem Wasser in
                              Beruͤhrung ist, ist die Farbe im Augenblik der Gasentweichung von der
                              krystallinischen Substanz blau. Die gruͤn gefaͤrbte Aufloͤsung
                              braust bei fernerer Verduͤnnung mit Wasser stark auf, indem sie
                              Stikstoffoxydgas entwikelt und wird blaugruͤn.
                           2) Alle oben angegebenen Erscheinungen finden auch Statt, wenn der Versuch in einer
                              Atmosphaͤre von Wasserstoff, Stikstoff, oder kohlensaurem Gas gemacht wird,
                              nur sind die rothen Daͤmpfe weniger reichlich.
                           3) Wenn man die krystallinische Substanz auf Schnee legt, so faͤrbt sie ihn
                              augenbliklich dunkelblau. Dabei entweicht kein Gas. Sie schmilzt den Schnee und
                              sinkt wie heißes Eisen in ihn, wobei die Temperatur faͤllt. Von + 30°
                              F. (– 0,89° R.) bis – 16° F. (– 21,5° R.)
                              schmilzt sie den Schnee am staͤrksten; bei – 16° F. scheint
                              aber die feste Substanz gar nicht angegriffen zu werden und die blaue
                              Faͤrbung verschwindet allmaͤhlich.
                           4) Die Aufloͤsung in Wasser bestand aus Schwefelsaͤure, salpetriger
                              Saͤure und Stikstoffoxyd.
                           5) Die feste Substanz loͤst sich sehr langsam in Schwefelsaͤure von
                              1,84 spec. Gewicht auf; es entweichen nur wenige Luftblasen. Die Aufloͤsung
                              enthaͤlt salpetrige Saͤure, welche durch Sieden nicht ausgetrieben
                              werden kann.
                           
                           6) Sie loͤst sich mit mehr oder weniger Aufbrausen je nach der Dichtigkeit des
                              Vitrioloͤhls auf. Das Aufbrausen ist rasch, wenn das Vitrioloͤhl 1,35
                              bis 1,45 specifisches Gewicht hat. In Vitrioloͤhl von 1,60 bis 1,70
                              specifischem Gewicht ist sie schwer aufloͤslich und es entweicht sehr wenig
                              Salpetergas; die Aufloͤsung wird blaßgelb wie salpetrige Saͤure. Bei +
                              60° F. entweicht theilweise Gas und dieses wird wieder absorbirt, wie die
                              Temperatur faͤllt. Bei + 35° F. (+ 1,33° R.) bis 20° F.
                              (– 5,33° R.) entweicht kein Gas aus der Aufloͤsung, noch kann
                              man durch Concentriren der Aufloͤsung alle salpetrige Saͤure
                              austreiben.
                           7) Wenn die feste Substanz in Vitrioloͤhl von 1,060 specifischem Gewicht
                              aufgeloͤst wird, so wird die augenblikliche Zersezung der salpetrigen
                              Saͤure verhindert; der Proceß geht langsam vor sich. Ungefaͤhr
                              vierzehn Tage sind zur gaͤnzlichen Entbindung alles bei dieser Zersezung
                              entstehenden Stikstoffoxyds noͤthig; Gasblasen entweichen waͤhrend der
                              ganzen Zeit; wenn diese aber aufhoͤren, findet man salpetrige Saͤure
                              in der Aufloͤsung; durch Schuͤtteln wird sie nicht ausgetrieben und
                              durch schwefligsaures Gas auch nicht zersezt.
                           8) Leitet man einen Strom von schwefligsaurem Gas durch eine
                              gruͤngefaͤrbte Aufloͤsung der krystallinischen Substanz in
                              Wasser, so verschwindet diese Farbe und die Aufloͤsung wird blaßgelb: es
                              findet durch die ganze Fluͤssigkeit ein Aufbrausen Statt und es entweicht nur
                              Stikstoffoxyd.
                           Die Wirkung des Wassers bei Bildung der Schwefelsaͤure scheint mir niemals
                              richtig verstanden worden zu seyn. Bekanntlich kann die weiße Substanz durch
                              Salpetergas und schwefligsaures Gas, selbst bei Gegenwart von Wasser, nicht erzeugt
                              werden. Worin besteht nun die Wirkung des Wassers? Ich vermuthe, daß durch dasselbe
                              das rothe Salpetergas in Salpetersaͤure und untersalpetrige Saͤure
                              zersezt wird. Die Salpetersaͤure wird sogleich durch das schwefligsaure Gas
                              zersezt, wodurch Schwefelsaͤure und untersalpetrige Saͤure entstehen;
                              diese verbinden sich mit dem Wasser und bilden die weiße krystallinische Substanz.
                              Ich erklaͤre die obigen Erscheinungen und einige Thatsachen, welche bei der
                              Schwefelsaͤure-Fabrikation vorkommen, folgender Maßen:
                           Aus dem Versuch (2) geht hervor, daß das Aufbrausen zum Theil von der Entweichung von
                              Salpetergas herruͤhrt; Stikstoffoxydgas, welches durch die Zersezung der
                              untersalpetrigen Saͤure vermittelst der Einwirkung des Wassers entsteht,
                              entweicht ebenfalls. Im Vitrioloͤhl wird diese Zersezung entweder verhindert
                              oder verzoͤgert; daher erscheinen je nach der Dichtigkeit des
                              Vitrioloͤhls wenige rothe Daͤmpfe und in concentrirter
                              Schwefelsaͤure gar keine. Im Augenblike wo sich die feste Substanz in Wasser aufloͤst,
                              ertheilt ihm die untersalpetrige Saͤure eine blaue Farbe; diese Saͤure
                              wird aber sogleich in Salpetersaͤure, salpetrige Saͤure und
                              Stikstoffoxyd zersezt. Da die salpetrige Saͤure gelb ist, so verwandelt sie
                              das Blau in Gruͤn, und leztere Farbe wird wahrscheinlich durch die Gegenwart
                              von Stikstoffoxyd dunkler (denn so lehrt es die Erfahrung, wenn man salpetrige
                              Saͤure mit Stikstoffoxyd saͤttigt). Die salpetrige Saͤure ist
                              aber gelb; und da diese vorwaltet, so wird die Aufloͤsung endlich
                              gelblich.
                           Die Salpetersaͤure und ein Theil des Stikstoffoxyds werden von dem Wasser
                              zuruͤkgehalten. Wenn man daher eine neue Bleikammer ansezt und jedes Mal,
                              wenn frisches Wasser angewandt wird, wird auf ein Mal ein
                              großer Theil des Elementes, welches zur Saͤuerung des schweflig sauren Gases
                              unumgaͤnglich noͤthig ist, entzogen; es kommt entweder als
                              Salpetersaͤure oder als Stikstoffoxyd weg. So wie das Wasser in der
                              Bleikammer durch Schwefelsaͤure schwach gesaͤuert wird, haͤlt
                              es auch einen Theil der salpetrigen Saͤure (7) zuruͤk, die keine
                              fernere Zersezung erleidet. Sobald das Kammerwasser schwefligsaures Gas absorbirt,
                              wirkt dieses auf das Stikstoffoxyd und dadurch entsteht StikstoffoxydulDaß eine solche Veraͤnderung eintritt, vermuthe ich aus einigen im
                                    Großen erhaltenen Resultaten. Einige behaupten, daß dieß wirklich geschieht,
                                    und schreiben es der zu heftigen Wirkung des Wassers zu. Bei meinem
                                    Aufenthalt in London habe ich kuͤrzlich erst erfahren, daß Gaultier de Claubry ebenfalls Versuche
                                    uͤber die weiße Substanz anstellte (Polyt. Journal, Bd. XL., S. 192), wobei er fand, daß
                                    bei Entstehung der festen Substanz immer ein wenig Stikstoffgas entwikelt
                                    wird: ohne Zweifel ruͤhrt es von der oben angegebenen Ursache her.
                                    Daruͤber sollten fernere Versuche angestellt werden: seine Entstehung
                                    haͤngt wahrscheinlich mit besondern Umstaͤnden zusammen und
                                    verursacht die oft wandelbaren Resultate hinsichtlich des
                                    Schwefelsaͤure-Quantums, das man in den Fabriken
                                    erhaͤlt.A. d. O.; es wirkt auch auf die Salpetersaͤure, wobei die gewoͤhnliche
                              Zersezung Statt findet; so daß wir als Producte Salpetersaͤure, salpetrige
                              Saͤure und Stikstoffoxyd haben. In dem Maße als das gesaͤuerte Wasser
                              der Bleikammer an Dichtigkeit zunimmt, wird weniger schweflige Saͤure
                              absorbirt und die salpetrige Saͤure zuruͤkgehalten, ohne eine fernere
                              Zersezung zu erleiden. Daraus erklaͤrt sich die Thatsache, daß man bei
                              Anwendung von frischem Wasser in den Kammern wenig Schwefelsaͤure erhalten
                              kann, ganz gut. Das Salpetergas wird entzogen, indem es sich in
                              Salpetersaͤure, Stikstoffoxyd und Stikstoffoxydul verwandelt, zum Theil auch
                              unveraͤndert zuruͤkgehalten.
                           Die weiße Substanz bildet sich meiner Meinung nach in jedem Theil einer Bleikammer
                              und faͤllt wie Hagel in das Wasser oder die Saͤure auf den Boden.
                              Kaͤlte verdichtet die Feuchtigkeit der Bleikammer, und ich habe immer bemerkt, daß
                              sich diese Substanz erst bei einer Temperatur von + 40° F. + 3,56° R.)
                              an dem Ventil oder an den Seiten der Bleikammer bildet. Wenn das Thermometer auf 0
                              (– 14° R.) sinkt, erzeugt sie sich sehr schnell; und wenn auf lange
                              Zeit kalte Witterung eintritt, sammelt sie sich an den Waͤnden der Bleikammer
                              in 1/2 bis 1 Zoll diken Massen. Anfangs bemerkt man in der großen Masse Wasser auf
                              dem Boden der Bleikammer kein Aufbrausen, weil in dem Maße, als sich die salpetrige
                              Saͤure zersezt, das Stikstoffoxyd zuruͤkgehalten wird; wenn aber die
                              Dichtigkeit der Fluͤssigkeit zunimmt, beginnt das Aufbrausen. Bei einem
                              specifischen Gewicht von 1,29 ist es sehr merklich und bei 1,33 am
                              staͤrksten. Das gesaͤuerte Wasser enthaͤlt dann viel salpetrige
                              Saͤure und Stikstoffoxyd. Gießt man es von einem Gefaͤße in ein
                              anderes, so schaͤumt es wie Bier. Es zischt und siedet in der Bleikammer, die
                              Oberflaͤche der Fluͤssigkeit ist mit Schaum uͤberzogen und die
                              ganze Masse scheint sich in Gaͤhrung zu befinden (wie in dem Versuch 8). Der
                              Schwefelsaͤurefabrikant kann aber Verlust erleiden, wenn er das specifische
                              Gewicht der Kammersaͤure zu hoch steigen laͤßt, naͤmlich auf
                              1,60. Man ersieht dieß aus dem Versuch (6); denn wenn das specifische Gewicht des
                              Kammerwassers diesen Grad erreicht, so erleidet die feste Substanz, wenn sie
                              hineinfaͤllt, nur noch eine theilweise Zersezung. Die salpetrige
                              Saͤure wird zuruͤkgehalten, und da wenig schwefligsaures Gas
                              verschlukt wird, so kann auch nur wenig salpetrige Saͤure zersezt werden; sie
                              wird also mit der Schwefelsaͤure abgezogen und verlaͤßt diese nie mehr
                              ganz, es sey denn, daß man sie mit einer Basis saͤttigt. Wenn man die
                              Saͤure aus den Bleikammern bei einem specifischen Gewicht von 1,25 bis 1,30
                              abzieht, so stoͤßt sie reichliche Daͤmpfe von schwefliger Saure aus,
                              weil nicht genug von der festen Substanz in sie praͤcipitirt wurde, um die
                              absorbirte schweflige Saͤure in Schwefelsaͤure zu verwandeln; es ist
                              auch nicht wahrscheinlich, daß genug Salpetergas als solches aus der schon mit
                              schwefligsaurem Gas gefuͤllten Kammer absorbirt werden kann, um diese
                              Umaͤnderung zu bewirken: leztere kann nur dadurch erzielt werden, daß die
                              weiße Substanz in sie gebracht wird. Zieht man Saͤure aus der Kammer bei
                              einem specifischen Gewicht von 1,35 bis 1,40 ab, so enthaͤlt sie viel
                              Stikstoffoxyd und Salpetergas; man bemerkt dieß an ihrem Geruch, wenn sie gekocht
                              wird. Zieht man die Saͤure aus der Kammer bei einem specifischen Gewicht von
                              1,60 und daruͤber ab, wo dann sehr wenig feste Substanz zersezt wurde, so
                              fuͤllt sich der Retortenhals beim Concentriren derselben mit rothen
                              Daͤmpfen; wir riechen sie aber nicht beim Kochen der Saͤure im
                              Bleikessel (der Bleipfanne), weil die salpetrige Saͤure wahrscheinlich
                              erst bei einem hoͤheren Hizgrade als im Bleikessel Statt findet, ausgetrieben
                              wirb; sie wird aber selbst bei der Concentration nicht ganz ausgeschieden.
                           Aus den Versuchen (3 und 6) ergibt sich auch, daß die untersalpetrige Saͤure
                              bei niedrigen Temperaturen nicht zersezt wird, oder, wenn sie sich zersezt, das
                              erzeugte Gas von der Fluͤssigkeit zuruͤkgehalten wird. Daher sammelt
                              sich bei sehr kaltem Wetter ein Theil der krystallinischen Substanz an den Seiten
                              der Bleikammer; diejenige, welche in die Fluͤssigkeit faͤllt, wird
                              nicht so leicht zersezt und wenn sie sich zersezt, werden ihre Gasarten leichter
                              zuruͤkgehalten. Dieß ist der Grund, warum der Fabrikant Verlust erleidet; er
                              erhaͤlt weniger Saͤure, weil das schwefligsaure Gas sich nicht mit
                              Salpetergas vermischen und niederschlagen konnte, sondern troken und fast unsichtbar
                              entweicht. Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, daß man bei der
                              Schwefelsaͤure-Fabrikation, immer Verlust erleidet, wenn nur reines
                              Wasser in der Bleikammer angewandt wird, oder die Witterung sehr kalt oder das
                              specifische Gewicht der Kammersaͤure zu groß ist. Die besten Resultate
                              erhaͤlt man bei einer gleichfoͤrmigen Temperatur von 50° F. (+
                              8° R.) Durch Dampf kann man dem nachteiligen Einfluß der kalten Witterung
                              nicht begegnen, es sey denn, daß man durch ihn das Sauerwasser auf dem Boden der
                              Kammer erhizt; denn so lange die Temperatur von diesem nicht erhoͤht wird,
                              ist das bloße Erwaͤrmen der Waͤnde unwirksam, wenn man auch viel Dampf
                              in die Kammer jagt, denn er wirkt natuͤrlich wie frisches Wasser und macht
                              das Salpetergas unnuͤz.
                           Nach obiger Ansicht von der Bildung der Schwefelsaͤure sollte in der
                              Fluͤssigkeit, welche man aus den Bleikammern abzieht, gar keine
                              Salpetersaͤure enthalten, sondern durch die schweflige Saͤure
                              gaͤnzlich zersezt seyn. Bekanntlich findet man aber in der
                              Kammersaͤure Salpetersaͤure – und nach Gay-Lussac's Theorie muß sie auch darin vorkommen. Dieß ist jedoch
                              zufaͤllig; man kann sie immer vermeiden. Um die gaͤnzliche Zersezung
                              aller Salpetersaͤure zu bewirken, ist nur Zeit noͤthig; – unter
                              Zeit meine ich, daß man den Proceß so lange fortsezt, daß bestaͤndig
                              schweflige Saͤure in der Kammer vorhanden ist und daß das specifische Gewicht
                              der Kammersaͤure nicht zu niedrig ist. Bei geringem specifischen Gewicht kann
                              die gebildete Salpetersaͤure natuͤrlich nur sehr schwach seyn, und es
                              fragt sich dann, ob das schwefligsaure Gas diese schwache Salpetersaͤure
                              zersezen wird. Ich destillirte 1/2 Unze salpetersaures Kali mit 1/4 Unze
                              Schwefelsaͤure von 1,84 specifischem Gewicht, die mit ihrem gleichen Volumen
                              Wasser verduͤnnt war. Die sauren Daͤmpfe wurden in 2 1/2 Unzen Wasser
                              aufgefangen. Das gesaͤuerte Wasser wirkte rasch auf Kupfer; ich leitete einen
                              Strom
                              schwefligsauren Gases durch dasselbe, wobei wenige Gasblasen, wahrscheinlich
                              Stikstoffoxyd, entwichen. Nachdem die Fluͤssigkeit mit schwefligsaurem Gas
                              gesaͤttigt war, wirkte sie nicht mehr auf Kupfer; ich versezte sie nun mit
                              einer geringen Menge Schwefelsaͤure von 1,84 specifischem Gewicht; es
                              entstand ein heftiges Aufbrausen, es entwich schwefligsaures Gas und gleich daraus
                              Salpetergas. Die Fluͤssigkeit erhielt nun eine dunkelgelbe Farbe und griff
                              Kupfer schnell an. Die Salpetersaͤure wurde also in diesem Fall nicht
                              zersezt, bis ihr das zugesezte Vitrioloͤhl einen Theil Wasser entzog, wodurch
                              sie concentrirt wurde. Ich wiederholte diesen Versuch mit unverduͤnnter
                              Schwefelsaͤure. Das Gas aus 1 Unze Salpeter und 1/2 Unze
                              Schwefelsaͤure von 1,84 specifischem Gewicht wurde in 4 Unzen Wasser
                              aufgefangen; lezteres erhielt 1,036 specifisches Gewicht, und war schwach gelb
                              gefaͤrbt. Als ich schwefligsaures Gas durch dasselbe leitete, entstand ein
                              lebhaftes Aufbrausen von entweichendem Stikstoffoxydgas; die gelbe Farbe verschwand.
                              Das Aufbrausen hoͤrte in ungefaͤhr vier Stunden auf. Die
                              Fluͤssigkeit wurde mit schwefligsaurem Gas gesaͤttigt und hatte 1,060
                              specifisches Gewicht. Der Apparat stand einige Tage; schwefligsaures Gas wurde
                              endlich zu wiederholten Malen durch die Fluͤssigkeit bei verschiedenen
                              Temperaturen von 32 bis 212° F. geleitet. Sie verhielt sich nun gegen Kupfer
                              ganz so wie oben angegeben ist: ein Theil der Fluͤssigkeit, mit reiner
                              Salzsaͤure vermischt, loͤste Gold rasch auf; die Salpetersaͤure
                              war also unzersezt. Gewoͤhnliches Scheidewasser, auf 1,08 specifischen
                              Gewichtes verduͤnnt, und wie oben mit schwefliger Saͤure behandelt,
                              zersezte sich nicht.
                           Das Aufbrausen, welches man bei diesen Versuchen beobachtete, ruͤhrt von der
                              Zersezung von salpetriger Saͤure her; denn wenn
                              die Fluͤssigkeit gekocht wird, entweicht rothes Salpetergas und schweflige
                              Saͤure verursacht dann gar kein Aufbrausen mehr. Waͤhrend des
                              Aufbrausens entweicht nur Stikstoffgas; und waͤhrend des Kochens erscheinen
                              keine rothen Daͤmpfe, wenn man den Zutritt der Luft von dem Gefaͤße
                              ausschließt. Obige Versuche wurden auch umgekehrt angestellt, indem man den Dampf
                              von Schwefelsaͤure und Salpeter uͤber eine schwache Aufloͤsung
                              von schwefliger Saͤure in Wasser leitete. Es fand kein Aufbrausen Statt,
                              ausgenommen wenn ein Tropfen starker Salpetersaͤure aus dem Retortenschnabel
                              in die Fluͤssigkeit fiel. Die dampffoͤrmige Salpetersaͤure
                              wurde von der aufgeloͤsten schwefligen Saͤure rasch verschlukt und
                              alle durch die Einwirkung des Wassers gebildete Salpetersaͤure blieb
                              unzersezt.
                           Es ist also erwiesen, daß wenn man schwacher Salpetersaͤure in einer
                              Aufloͤsung von schwefligsaurem Gas in Wasser, concentrirte Schwefelsaͤure
                              beifuͤgt, die Salpetersaͤure zersezt werden kann. Nun wird aber bei
                              der Schwefelsaͤure-Fabrikation, sowohl mit unterbrochener als mit
                              fortwaͤhrender Verbrennung, Salpetersaͤure durch die Einwirkung des
                              Kammersaͤure-Wassers auf die weiße Substanz oder das absorbirte
                              Salpetergas gebildet. Wenn die Kammersaͤure an specifischem Gewicht zunimmt,
                              so hat dieß denselben Erfolg, wie wenn man schwache Salpetersaͤure mit
                              Vitrioloͤhl versezt: wird daher der Proceß lange genug fortgesezt, so muß
                              alle Salpetersaͤure zersezt werden: das hiezu geeignete Mittel ist, nur
                              Schwefel zu verbrennen, also nur schwefligsaures Gas in die Kammer zu leiten. Die
                              Zerlegung der Salpetersaͤure scheint beendigt zu seyn, wenn die
                              Kammersaͤure dunkelbraun gefaͤrbt ist; diese Farbe ruͤhrt
                              naͤmlich von der Absorption von schweflig saurem Gas her. Ich bereitete eine
                              Aufloͤsung der krystallinischen Substanz in Wasser und leitete einen Strom
                              schwefligsaures Gas hindurch, um mich von der Wahrheit obiger Ansicht zu
                              uͤberzeugen. Als ich das schwefligsaure Gas so lange einstroͤmen ließ,
                              bis alles Aufbrausen voruͤber war, wurde die anfangs gruͤne
                              Fluͤssigkeit braun und man konnte darin keine Spur von Salpetersaͤure
                              entdeken. Blaßgelbe Saure erhaͤlt man haͤufig in den Bleikammern. Ich
                              erhielt auch dunkelgruͤne und dunkelgelbe. Bei einem specifischen Gewicht von
                              1,58 oder 1,53 brausen alle diese gefaͤrbten Saͤuren rasch auf: leitet
                              man einen Strom schwefligsauren Gases durch sie, so wird ihre Farbe heller, dann
                              weiß und endlich veraͤndert sie sich schnell in Braun, wo man sodann keine
                              Spur von Salpetersaͤure mehr in ihnen findet. Die dunkle Farbe der
                              Kammersaͤure ruͤhrt also offenbar von verschlukter schwefliger
                              Saͤure her. Wenn alle Salpetersaͤure zersezt ist, hat die
                              Saͤure in den Kammern nur eine braune Farbe und durch Kochen wird das
                              schwefligsaure Gas, welches sie aufgeloͤst haͤlt, ausgetrieben,
                              wodurch die Fluͤssigkeit hell wird (die Arbeiter sagen, „der Kessel
                                 klaͤrt sich“). So lange die Fluͤssigkeit aus den
                              Kammern noch Blasen hat, ist die Salpetersaͤure nicht gaͤnzlich
                              zersezt, so daß also ihre Farbe und Aussehen dem Fabrikanten einen wichtigen
                              Leitfaden geben, zu welcher Periode er seine Saͤure abzuziehen hat. Eine
                              ruhige blaßbraune Fluͤssigkeit ist der erwuͤnschte Punkt. Wenn man die
                              Saͤure aus der Bleikammer abzieht, nachdem einige Tage gebrannt wurde,
                              entbindet sie im Kochen Stroͤme von schwefligsaurem Gas: die
                              Salpetersaͤure ist naͤmlich hier zu schwach, um das schwefligsaure
                              Gas, welches von dem Wasser in der Kammer verschlukt wurde, zu zersezen. Wenn man
                              mit W die weiße Kammersaͤure, mit D die dunkle, mit X Spuren
                              von Salpetersaͤure und mit A ihre Abwesenheit
                              bezeichnet, so ersieht man aus Untenfolgendem, wie viele Bleikessel voll
                              Saͤure ich aus den unter meiner Leitung stehenden Kammern abzog. Ich untersuchte
                              die Schwefelsaͤure von jedem Abzug auf Salpetersaͤure.
                           
                              
                                 11
                                 Mal
                                 
                                        W
                                    
                                 und
                                 
                                    X
                                    
                                 
                              
                                   1
                                   –
                                 
                                        W
                                    
                                   –
                                 
                                    A
                                    
                                 
                              
                                 10
                                   –
                                 
                                        D
                                    
                                   –
                                 
                                    A
                                    
                                 
                              
                                   2
                                   –
                                 
                                        D
                                    
                                   –
                                 
                                    X
                                    
                                 
                              
                           
                              
                                 Eine Kammer gab
                                 7 D und A
                                    
                                 
                              
                                 
                                 4 W und X; sie lieferte 2,78 Pfund
                                    Schwefelsaͤure auf ein Pfund verbrannten Schwefels.
                                 
                              
                           Eine andere Kammer gab immer W und
                              X; sie lieferte 2,67 Pfd. Schwefelsaͤure auf
                              ein Pfund Schwefel.