| Titel: | Ueber neue Verfälschungen des Sazmehls und die Methoden sie zu entdeken; von Hrn. Payen. | 
| Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. XXIX., S. 129 | 
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                        XXIX.
                        Ueber neue Verfaͤlschungen des Sazmehls
                           und die Methoden sie zu entdeken; von Hrn. Payen.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. Oktober 1833, S. 349.
                        Payen, neue Verfaͤlschungen des Sazmehls.
                        
                     
                        
                           Seit einiger Zeit kommt die Verfaͤlschung des Sazmehls viel haͤufiger
                              vor und einige Fabrikanten von Sazmehlsyrup und Staͤrkmehlzuker haben dadurch
                              betraͤchtlichen Verlust erlitten; wenn so verfaͤlschtes Sazmehl dem
                              Mehl beigemengt wuͤrde, so koͤnnte dieß fuͤr die Gesundheit
                              sehr nachtheilige Folgen haben. Gluͤklicher Weise ist es sehr leicht diesen
                              Betrug zu entdeken und man braucht die Mittel hierzu nur bekannt zu machen, um die
                              groͤßten Consumenten zu veranlassen das Product, welches man ihnen liefert,
                              haͤufig zu untersuchen.
                           Wir haben schon fruͤher ein Mal ein Verfahren hierzu angegeben, welches darin
                              besteht, daß man in einem rothgluͤhenden Platin- oder Porcellantiegel
                              20 Gramme Sazmehl einaͤschert. Sazmehl, welches nicht absichtlich
                              verfaͤlscht wurde und auch solches, das noch so schlecht ausgewaschen wurde,
                              hinterlaͤßt dabei weniger als einen Decigramm, also ein halbes Procent seines
                              Gewichts, Sand und Asche im Ruͤkstand und das reinste gibt kein halbes
                              Tausendstel desselben Ruͤkstandes. Bei dieser Operation kann die sehr
                              langsame Verbrennung der Staͤrkmehlkohle in dem Platintiegel durch Zusaz von
                              Salpetersaͤure beschleunigt und erleichtert werden.
                           Eine andere sehr leicht ausfuͤhrbare Methode, durch welche die Natur und
                              Quantitaͤt einer dem Sazmehl beigemengten fremdartigen Substanz leicht
                              ausgemittelt werden kann, selbst wenn sie eine organische und im Feuer
                              zerstoͤrbar ist, vorausgesezt jedoch, daß sie in Wasser unaufloͤslich
                              ist, besteht darin, das Sazmehl mit einer ungereinigten Aufloͤsung von
                              Diastase zu behandeln.Ueber die Eigenschaften der Diastase und das Verfahren sie rein darzustellen,
                                    findet man das Ausfuͤhrliche im Polyt. Journal Bd. L. S. 195. Das Verfahren dabei ist folgendes: Man wiegt 25 Gramme von blassem Malz
                              (gekeimter, gedarrter und gemahlener Gerste), so wie es die Braͤuer zur
                              Bereitung des weißen Bieres anwenden, ab; dieses wird zuerst mit lauwarmem Wasser
                              (von 32 bis 48° R.) ausgezogen, indem man es zuerst befeuchtet, in einen
                              Trichter schuͤttet, dessen Schnabel unten mit Werg leicht verstopft ist und
                              dann auf fuͤnf oder sechs Mal ungefaͤhr 200 Gramme oder 2 Deciliter
                              Wasser zusezt.
                           Die Fluͤssigkeit, welche aus dem Trichter abfloß, wird in einem Marienbade auf 57 bis 60°
                              R. erhizt; durch Papier filtrirt, bildet sie dann die Probefluͤssigkeit.
                           Leztere bringt man dann in das vorher gereinigte Marienbad, weicht darin 25 Gramme
                              Staͤrkmehl ein und erhizt das Gemenge unter bestaͤndigem
                              Umruͤhren auf 57 bis 60° R.; diese Temperatur unterhaͤlt man 30
                              bis 50 Minuten lang, filtrirt dann das Ganze und suͤßt den
                              unaufloͤslichen Theil mit kaltem oder warmem Wasser aus; er muß dann auf
                              einem flachen Gefaͤße in einer Trokenstube oder auf der Platte eines Ofens
                              bei demselben Temperaturgrade oder wenigstens unter denselben Umstaͤnden wie
                              das zur Probe angewandte Sazmehl getroknet werden.
                           Das Gewicht dieses Ruͤkstandes gibt sehr nahe den Gehalt des Sazmehls an
                              fremdartiger Beimengung: wenn lezteres unverfaͤlscht ist, so
                              hinterlaͤßt es hoͤchstens ein Procent seines Gewichtes
                              Ruͤkstand; ist es sehr rein, so liefert es nur 4 bis 5 Tausendtheile seines
                              Gewichtes unaufgeloͤster Substanz.
                           Den Ruͤkstand kann man dann mit verschiedenen Reagentien untersuchen, um zu
                              erfahren woraus er besteht: unter den Mustern, welche mir mehrere Fabrikanten von
                              Sazmehlsyrup und Bierbraͤuer zur Untersuchung uͤbergaben, fand ich
                              bisher drei Substanzen, die in betraͤchtlicher Quantitaͤt zugesezt
                              waren, naͤmlich Kreide oder kohlensaurer Kalk, Gyps oder schwefelsaurer Kalk und ein weißlicher Thon. Das Sazmehl enthielt von diesen Substanzen 15 bis
                              30 Procent.
                           Die Natur des Ruͤkstandes, welchen jede dieser Beimengungen liefert,
                              laͤßt sich auf folgende Art am leichtesten erkennen.
                           Die Kreide, mit Salzsaͤure, welche mit ihrem vierfachen Gewichte Wasser
                              verduͤnnt ist, uͤbergossen, braust sehr stark auf, loͤst sich
                              großen Theils auf und hinterlaͤßt einen thonigen Ruͤkstand, als feines
                              Pulver, das decantirt, 1 bis 2 Procent Sand liefert.
                           Die Ruͤkstaͤnde von den beiden anderen Verfaͤlschungen brausten
                              mit Saͤuren nicht merklich auf.
                           Als der schwefelsaure Kalk zwei bis drei Minuten lang in einem kaum braunroth
                              gluͤhenden Platintiegel gelassen wurde und man ihn hierauf einen Augenblik
                              erkalten ließ, dann mit Wasser zu einem diken Breie anruͤhrte, erstarrte er
                              nach Verlauf von fuͤnfzehn Minuten.
                           In demselben Tiegel eine Stunde lang mit ungefaͤhr dem vierten Theile seines
                              Volumens Sazmehl der Hellrothgluͤhhize ausgesezt, dann mit Wasser
                              angeruͤhrt, erstarrte er nicht mehr; auf Zusaz einiger Tropfen Saͤure
                              entwikelte er nun Schwefelwasserstoffgas, welches man an seinem Geruch nach faulen
                              Eiern erkennt.
                           Wird der Ruͤkstand von der dritten Verfaͤlschung in Teigform zu kleinen
                              Kugeln geknetet, getroknet, in einem Tiegel der Hellrothgluͤhhize ausgesezt, so bakt er stark
                              zusammen, ohne seine Form zu veraͤndern, hat die Consistenz schwach
                              gebrannter Baksteine, weicht sich in Wasser nicht auf, braust mit Saͤuren
                              nicht auf und entwikelt damit auch nicht merklich Schwefelwasserstoffgas.
                           Dieselbe Pruͤfungsart mittelst ungereinigter Diastase ließe sich auch ohne
                              alle Abaͤnderung zur Untersuchung des im Handel vorkommenden Amidons
                              anwenden.
                           Man koͤnnte dadurch auch, wie ich bereits an einem anderen Orte es schon
                              bemerkt habeMan vergleiche die vorhergehende Anmerkung. A. d. R., in dem Mehl, der Kleie, dem Kleienmehl und sogar im gebakenen Brod den
                              Gehalt an Kleber, holzigen Ueberresten und verschiedenen anderen Beimengungen
                              ausmitteln: in diesen verschiedenen Faͤllen sind freilich einige andere
                              Manipulationen nothwendig, welche ein in organischen Analysen gewandter Chemiker
                              leicht auffinden wird.
                           Zum Schlusse wollen wir noch die einfachste und schleunigste Pruͤfungsart des
                              mit den fraglichen Beimengungen verfaͤlschten Sazmehls anfuͤhren. Sie
                              besteht darin, auf einer kleinen Glasplatte eine aͤußerst geringe Menge
                              trokenes Sazmehl in einer so duͤnnen Schichte auszubreiten, daß sie durch
                              ihre Dike nicht undurchsichtig wird, dieselbe auf das von Unten erleuchtete
                              Tischchen eines Mikroskops zu legen und sie durch dieses Instrument zu
                              betrachten.Man erhaͤlt jezt bei Hrn. Vincent Chevalier, quai de l'Horloge No. 69 in
                                    Paris, dessen unermuͤdlichem Eifer die Wissenschaft so gute
                                    Instrumente verdankt, ziemlich wohlfeile Mikroskope, wodurch alle Kaufleute
                                    in Stand gesezt werden, dergleichen Beobachtungen anzustellen. A. d. O.
                              
                           Wenn das Sazmehl frei von jeder Beimengung ist, zeigt es nur zugerundete,
                              durchscheinende, weiße Koͤrner; enthaͤlt es aber eine der drei
                              Substanzen, womit es jezt so haͤufig verfaͤlscht wird, so sieht man
                              zwischen seinen Koͤrnern deutlich undurchsichtige, braune oder flekige,
                              ekige, unregelmaͤßige Koͤrper: in lezterem Falle liegt nicht viel
                              daran, den Gehalt des Sazmehls an fremdartiger Substanz zu wissen, da ein
                              verfaͤlschtes Product geradezu zu verwerfen ist.