| Titel: | Versuche, welche an dem Forth- und Clyde-Canale in Schottland zur Ermittelung der besten Form der Boote für Canäle angestellt wurden. Von Hrn. J. Robison Esq., Secretär der Royal Society zu Edinburgh. | 
| Fundstelle: | Band 52, Jahrgang 1834, Nr. IV., S. 15 | 
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                        IV.
                        Versuche, welche an dem
                           Forth- und Clyde-Canale in Schottland zur Ermittelung
                           der besten Form der Boote fuͤr Canaͤle angestellt
                           wurden. Von Hrn. J. Robison Esq., Secretaͤr der Royal
                              Society zu EdinburghDer verdiente Hr. Verfasser erhielt von der Society
                                    of arts zu London
                                 fuͤr diese seine Abhandlung die große silberne
                                 Medaille zuerkannt..
                        Aus den Transactions of the
                                 Society of Arts 1833 im Mechanics'
                                 Magazine, No. 550. S. 340.
                        Robison's Versuche an dem Forth- und
                           Clyde-Canale in Schottland.
                        
                     
                        
                           Die Methode, deren man sich bisher gewoͤhnlich bediente,
                              um zu ermitteln, in welcher Form schwimmende Koͤrper den
                              geringsten Widerstand darbieten, erforderte, wenn ihre Resultate
                              von einigem Werthe seyn sollten, einen so kostspieligen Apparat,
                              so große Genauigkeit, und so seltenen Beobachtungsgeist, daß
                              verhaͤltnißmaͤßig nur wenige Personen im Stande
                              waren, sich mit solchen Versuchen zu beschaͤftigen,
                              obschon der Vortheil, der vorzuͤglich fuͤr die bei
                              der Canalschifffahrt Betheiligten aus einer genauen Kenntniß der
                              zwekmaͤßigsten Form der Schiffe fuͤr gewisse
                              gegebene Faͤlle erwachsen muͤßte, offenbar und
                              laͤngst allgemein anerkannt war.
                           Die außerordentliche Zunahme an Geschwindigkeit, welche in lezter
                              Zeit in der Dampfwagenfahrt erzielt wurde, erforderte, daß man
                              auch an dem Transporte der Guͤter und Waaren auf den
                              Canaͤlen auf entsprechende Verbesserungen denke, und es
                              lag daher im Interesse der Canaleigenthuͤmer in dieser
                              Hinsicht Alles aufzuwenden, was in ihrer Macht stand. Besonders
                              bereitwillig zeigten sich die Direktoren des beruͤhmten
                              Forth and Clyde-Canales zur Unterstuͤzung der
                              Versuche, die die Vervollkommnung der Canalschifffahrt
                              bezwekten; sie verwendeten einen großen Theil ihrer
                              Einkuͤnfte auf den Bau von Dampfbooten, die zum Versuche
                              bestimmt waren, so wie auch auf die Verbesserung der Ufer des
                              Canales, und die Folge hiervon war, daß nun große Schiffe mit
                              einer Geschwindigkeit getrieben werden konnten, die man bisher
                              auf Canaͤlen fuͤr unthunlich hielt.
                           Damit man nun mit der zum Betriebe dieser Dampfboote
                              erforderlichen Kraft die groͤßte Wirkung zu erzielen im
                              Stande sey, mußte man nothwendig so genau als moͤglich
                              ausmitteln, welche Form dem Rumpfe dieser Schiffe gegeben werden
                              soll. Es herrschte natuͤrlich eine große
                              Meinungsverschiedenheit uͤber diesen Punkt, und ich
                              erlaubte mir daher den Direktoren den Vorschlag zu machen zur
                              endlichen Aufklaͤrung dieses wichtigen Gegenstandes eine
                              Reihe von Versuchen anzustellen, und zwar mit Modellen von
                              solcher Groͤße, daß man aus den Resultaten dieser
                              Versuche auch richtige Schluͤsse zu ziehen berechtigt
                              sey.
                           In Folge dieses meines Vorschlages wurden nun folgende vier
                              Modelle erbaut:
                           
                              
                                 No. 1 war
                                 8 Fuß
                                 3 Zoll lang,
                                 2 Fuß breit
                                 und 1 Fuß tief;
                                 
                              
                                  –   
                                    2  –
                                 8  –
                                 3      –
                                 2    
                                    –
                                   –  
                                    1   –   6 Zoll
                                    tief;
                                 
                              
                                  –   
                                    3  –
                                 8  –
                                 5      –
                                 2    
                                    –
                                   –  
                                    1   –  
                                    6     –
                                 
                              
                                  –   
                                    4  –
                                 9  –
                                 1      –
                                 1    
                                    –
                                   –  
                                    1   –   tief.
                                 
                              
                           Jedes dieser Modelle wog 187 1/2 Pfd. No. 1 war am Boden ganz flach, an den Raͤndern
                              abgerundet; die Seitenwaͤnde waren in einem durch die
                              Mitte genommenen Durchschnitte senkrecht, jedoch mit einer
                              leichten Einbiegung und Ausschweifung. No. 2 war wie ein gewoͤhnlicher
                              Kuͤstenfahrer gebaut. No. 3
                              hatte die Form eines scharf gebauten Schooners. No. 4 endlich war ein Zwillingsboot,
                              welches in seinen Durchschnitten dem Boote No. 1 aͤhnlich war; nur
                              betrug die Breite jedes einzelnen Theiles die Haͤlfte der
                              ganzen Breite des ersten Bootes; die Tiefe war dieselbe.
                           Da alle diese Modelle ein gleiches Gewicht hatten, so trieben sie
                              auch eine gleiche Quantitaͤt Wasser aus der Stelle,
                              obschon sie nothwendig auf verschiedene Tiefe in das Wasser
                              einsanken.
                           Die gewoͤhnliche Methode den Widerstand zu bemessen,
                              welchen schwimmende Koͤrper bei der Bewegung im Wasser
                              leisten, besteht darin, daß man sie durch einen
                              Wasserbehaͤlter zieht, indem man einen an ihnen
                              befestigten Strik, an welchem gewisse Gewichte angehaͤngt
                              sind, uͤber Rollen laufen laͤßt, welche an einem
                              hohen Maste sehr leicht beweglich aufgezogen sind, und indem man
                              die Zeit, die jeder Koͤrper zum Zuruͤklegen einer
                              bestimmten Streke braucht, genau beobachtet. Nach diesen
                              Elementen berechnet man dann den
                              verhaͤltnißmaͤßigen Widerstand. Diese Methode hat
                              mehrere Schwierigkeiten und auch manche Nachtheile; ich
                              entschloß mich daher zu einer anderen, bei welcher jeder Versuch
                              in einem weit groͤßeren Raume ausgefuͤhrt werden
                              konnte, als dieß mittelst der Strike und Rollen moͤglich
                              war. Meine erste Absicht war, jedes Modell mittelst einer langen
                              duͤnnen Leine an dem Hintertheile eines leichten
                              Dampfbootes, welches beilaͤufig mit einer Geschwindigkeit
                              von 7 engl. Meilen in der Stunde auf dem Canale fuhr,
                              anzuhaͤngen, und an dieser Linie einen hydrostatischen
                              Kraftmesser oder Dynamometer anzubringen, so daß auf diese Weise
                              die Zugkraft, die bei jeder verschiedenen Geschwindigkeit auf
                              jedes der Modelle ausgeuͤbt wurde, ziemlich der Wahrheit
                              gemaͤß abgeschaͤzt werden konnte. Einer meiner
                              Freunde, der gelehrte Hr. Oldham, an
                              der irlaͤndischen Bank, gab mir jedoch spaͤter die
                              Idee zu einer weit kuͤrzeren und entsprechenderen Methode
                              vergleichsweise den Widerstand, den die verschiedenen Modelle
                              leisten, zu bemessen; und da es sich eigentlich nur um die
                              Ermittelung dieses vergleichsweisen Widerstandes handelte, so
                              sah ich keinen Grund, warum ich die langweilige Methode jeden
                              Widerstand einzeln zu bemessen einschlagen, und mich hierbei
                              uͤberdieß der Gefahr aussezen sollte, beim Ablesen der
                              Angaben des Dynamometers Irrthuͤmer zu begehen.
                           Ich verschaffte mir also einen Sparren oder eine Schicht (yoke) von 16 Fuß 8 Zoll
                              Laͤnge, der in 100 Theile von 2 Zollen eingetheilt war,
                              und an dessen beiden Enden sich ein kleiner Oehr- oder
                              Augenbolzen befand, waͤhrend ich an dem mittleren Theile
                              desselben einen verschiebbaren Haken anbrachte. Mit diesem
                              Sparren nun stellte ich meine Versuche an, und zwar nach
                              folgendem Verfahren. Ich hing an jedem Oehrbolzen mittelst einer
                              duͤnnen Zugleine ein Modell ein; befestigte den Haken
                              genau in der Mitte des Sparrens; kettete hierauf diesen an einen
                              aus dem Dampfboote hervorstehenden Balken, und sezte das Boot
                              mit der verlangten Geschwindigkeit in Thaͤtigkeit. Zeigte
                              sich hierbei, daß das eine Modell wegen des geringeren
                              Widerstandes, den es darbot, dem anderen voreilte, so schob ich
                              den Haken laͤngs des Sparrens gegen das schwerere Boot,
                              bis die Widerstaͤnde einander gleichkamen, und bis sich
                              beide Boote in gleicher Richtung mit einander bewegten. Die
                              relative Laͤnge der Arme des Sparrens gab hier also ein
                              umgekehrtes Maß von dem vergleichsweisen Widerstande der Modelle
                              bei dieser Geschwindigkeit des Dampfbootes. Nachdem dieß Maß
                              notirt worden, wurde der Haken neuerdings wieder in die Mitte
                              des Sparrens gebracht, und das Modell, welches weniger
                              Widerstand angedeutet hatte, so lange mit Gewichten belastet,
                              bis es neuerdings wieder dem anderen das Gleichgewicht hielt,
                              und in gleicher Richtung mit demselben schwamm. Der Betrag
                              dieser Gewichte, welcher gleichfalls aufgezeichnet wurde, gab
                              dann ein zweites Maß fuͤr den Unterschied, der zwischen
                              dem Widerstande der beiden Modelle Statt fand.
                           Diese beiden Arten von Versuchen wurden nun mit den verschiedenen
                              Arten von Modellen angestellt, und haͤufig lange Streken
                              entlang auf dem Canale wiederholt, indem es sich zeigte, daß
                              verschiedene Umstaͤnde den Widerstand ungleich machten.
                              So zeigte sich z.B. eine Verschiedenheit, wenn die Modelle dem
                              einen oder dem anderen Ufer des Canales naͤher kamen,
                              wenn sie an einem beladenen Fahrzeuge voruͤber kamen,
                              oder wenn sie eine Wendung um einen Vorsprung des Dammes
                              machten.
                           Anfangs wurden die Modelle bei den Versuchen
                              ruͤkwaͤrts an dem Hinterheile des Dampfbootes
                              angehaͤngt; allein bald zeigte sich, daß die von dem
                              Dampfboote erzeugte Spur die Gleichmaͤßigkeit des
                              Widerstandes der Modelle beeintraͤchtigte. Ich versuchte
                              daher mancherlei Modificationen, und zwar mit besserem Erfolge,
                              bis ich endlich bei folgender Methode stehen blieb. Ich ließ
                              etwas uͤber dem Niveau des Wassers aus dem Buge oder
                              Bauche des Dampfbootes einen beilaͤufig 20 Fuß langen und
                              einem Bugspriet aͤhnlichen Balken hervorragen, und
                              befestigte den Haken des Sparrens an der Spize dieses Balkens,
                              so daß die Modelle auf diese Weise immer in glattem Wasser
                              erhalten, und von der Spur des Bootes oder den Wogen nicht im
                              Geringsten beeintraͤchtigt wurden.
                           Die Resultate, die sich nun aus diesen Versuchen ergaben, ersieht
                              man aus den beigefuͤgten Tabellen, aus denen sich der
                              gewiß hoͤchst merkwuͤrdige Schluß ziehen
                              laͤßt, daß es keine Form gibt, die unter allen
                              Umstaͤnden den geringsten Widerstand leistet; und daß
                              jene Form, die bei einer geringeren Geschwindigkeit am
                              leichtesten gezogen werden kann, bei einem hoͤheren Grade
                              von Geschwindigkeit nicht dieselben Vortheile
                              gewaͤhrt.
                           Aus einem Blike auf den ersten Versuch in der Tabelle A ersieht man, daß, obschon sich der
                              Widerstand des Modelles No. 1 bei
                              einer Geschwindigkeit von 3 Meilen in der Stunde zu dem
                              Widerstande von No. 2 wie 13 zu 12
                              verhaͤlt, doch der Vortheil, den No. 2 hiernach vor No. 1
                              voraus hat, gaͤnzlich verschwindet, wenn die
                              Geschwindigkeit auf 6 Meilen erhoͤht wird. In der Tabelle
                              B hingegen sieht man, daß No. 2 bei einer Geschwindigkeit von
                              3 Meilen in der Stunde einen gleichen Widerstand wie No. 1 leistet, wenn dasselbe auch
                              ein um 2/9 groͤßeres Gewicht fuͤhrt, als das
                              Modell No. 1; daß die Belastung aber
                              an beiden Modellen gleich seyn muß, wenn der Widerstand auch bei
                              einer Geschwindigkeit von 6 Meilen noch gleich seyn soll.
                           Aus den zahlreichen, bei intermediaͤren Geschwindigkeiten
                              angestellten Versuchen scheint hervorzugehen, daß diese
                              Veraͤnderung in dem relativen Widerstande progressiv
                              erfolgt. Es laͤßt sich daher mit Grund schließen, daß,
                              wenn die Umstaͤnde gestattet haͤtten, die
                              Geschwindigkeit noch hoͤher als auf 6 Meilen in der
                              Stunde zu treiben, das flacher gebaute Modell wahrscheinlich den
                              Vorzug vor den schaͤrfer gebauten errungen haͤtte.
                              Dieser Schluß erhaͤlt noch dadurch Bestaͤtigung
                              und Kraft, daß die schnellsten Dampfboote, die bisher in
                              Schottland erbaut wurden, den groͤßeren Theil ihrer
                              Laͤnge hindurch am Boden beinahe ganz flach sind.
                           Aus diesen Versuchen ergeben sich also folgende praktische
                              Schluͤsse und Regeln: 1) handelt es sich um Fahrzeuge,
                              welche nur mit geringer Geschwindigkeit auf Canaͤlen
                              gezogen, oder durch Maschinen getrieben werden sollen, so sollen
                              sie am Boden so scharf als moͤglich gebaut werden,
                              obschon sie hierdurch nothwendig tiefer im Wasser gehen. 2)
                              Sollen sich die Schiffe mit einer Geschwindigkeit bewegen,
                              welche uͤber 6 Meilen in der Stunde betraͤgt, so
                              muß deren Boden im Allgemeinen beinahe flach gebaut seyn.
                           
                           Tabelle A.Versuche bei gleichen Lasten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 52, S. 19
                              Angabe der
                                 Modelle; Gesammtgewicht des Fahrzeuges in der Belastung;
                                 Eintheilungen oder Grade an den Armen des Sparrens bei einer
                                 Geschwindigkeit von 3 Meilen per Stunde; Differenz; Grade an
                                 den Armen des Sparrens bei einer Geschwindigkeit von 6
                                 Meilen per Stunde; Flaches Fahrzeug u. Kuͤstenfahrer;
                                 Flaches Fahrzeug und Schooner; Flaches Fahrzeug u.
                                 Zwillingsfahrzeug
                              
                           
                           Tabelle B.Versuche mit gleichen Armen des Sparrens
                                 bei 3 Meilen in der Stunde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 52, S. 20
                              Verglichene
                                 Modelle; Tiefe der Tauchung in Zollen; Gewicht der Fahrzeuge
                                 mit ihren Lasten; Differenz; Flaches Fahrzeug;
                                 Kuͤstenfahrer; Schooner; Zwillings-Fahrzeug;
                                 Bei dieser Geschwindigkeit findet keine Verschiedenheit
                                 statt
                              
                           Anmerkung. Die
                              Tiefe der Tauchung wurde im Ruhestande der Fahrzeuge beobachtet,
                              und schien sich bei der Bewegung nicht zu veraͤndern.
                           Tabelle C.Versuche mit gleichen Armen des Sparrens
                                 bei 6 Meilen in der Stunde.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 52, S. 20
                              Verglichene
                                 Modelle; Tauchung in Zollen; Gewicht der belasteten Modelle;
                                 Differenz; Flaches Fahrzeug; Kuͤstenfahrer; Schooner;
                                 Zwillingsboot; Die hier angegebene Tauchung ist jene, die
                                 die Modelle vor dem Beginne eines jeden Versuches im
                                 Ruhestand hatten; die wirkliche Tauchung waͤhrend der
                                 Versuche schien bedeutend geringer, besonders an dem
                                 Modelle. Diese Tauchung konnte jedoch auf keine Weise genau
                                 gemessen werden.