| Titel: | Ueber eine neue, von Hrn. Harel in Paris errichtete Dampfwäscherei. | 
| Fundstelle: | Band 52, Jahrgang 1834, Nr. VI., S. 39 | 
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                        VI.
                        Ueber eine neue, von Hrn.
                           Harel in Paris errichtete
                           DampfwaͤschereiVergl. Polyt. Journ. Bd.
                                    XL. S. 178, wo die Apparate zur Dampfwaschung
                                 abgebildet und beschrieben sind. A. d. R..
                        Im Auszuge aus dem Recueil de
                                 la Société polytechnique, No. 1.
                              Januar 1834, S. 11.
                        Harel's neu errichtete Dampfwaͤscherei
                           in Paris.
                        
                     
                        
                           Waͤhrend beinahe alle Kuͤnste und Gewerbe in
                              bestaͤndigem Forts schreiten begriffen sind, hat die
                              Waͤscherei, die doch gewiß nicht unbedeutend ist, da nach
                              Chabrol's Statistik des
                              Departements der Seine die Kosten des Wascherlohnes daselbst
                              jaͤhrlich gegen 30 Mill. Franken betragen, in Paris, und
                              wie wir hoͤren, auch anderwaͤrts in den
                              groͤßeren Staͤdten bedeutende Ruͤkschritte
                              gemacht. Gewiß und allgemein anerkannt ist es, daß in
                              aͤlteren Zeiten zu Paris besser gewaschen wurde, als
                              dermalen. Der Grund hievon duͤrfte großen Theils darin zu
                              suchen seyn, daß man ehemals uͤberall Holz brannte,
                              welches nicht getriftet und ausgewaschen worden; daß sich die
                              Waͤscher also leicht den gehoͤrigen Bedarf an
                              guter Asche, deren Gehalt an Laugensalz sie kannten, verschaffen
                              konnten. Gegenwaͤrtig hingegen, wo sie sich der
                              kaͤuflichen Potasche oder Soda bedienen, sind sie wegen
                              der haͤufigen und zahllosen Verfaͤlschungen dieser
                              beiden Substanzen, die sie wegen Mangel an chemischen
                              Kenntnissen nicht zu entdeken im Stande sind, ihrer Resultate
                              nicht mehr gewiß; taͤglich sind sie daher in Gefahr, ihre
                              Waͤsche durch ein zu starkes Alkali zu verbrennen, oder,
                              was noch weit haͤufiger der Fall ist, eine zu schwache
                              Lauge zu erhalten. Man nimmt daher in diesem lezten Falle zu
                              groben Buͤrsten, starker Javell'scher Lauge seine Zuflucht, oder man
                              schlaͤgt oder klopft die Waͤsche um das
                              laͤnger, und welche Wirkung dieß auf die Waͤsche
                              hat, weiß Jedermann, der nur einige Zeit uͤber zu Paris
                              oder einem anderen Orte, wo man nach demselben Verfahren
                              arbeitet, gelebt hat.
                           Das beste Mittel zur Abhuͤlfe dieser schaͤdlichen
                              Praxis und zur Abstellung dieser Mißbraͤuche, ja man kann
                              sagen, eine der schoͤnsten Erfindungen im Bereiche der
                              Hauswirthschaft, ist die Dampfwaͤscherei. Der Beweis
                              hiefuͤr ergibt sich aus folgender vergleichender
                              Zusammenstellung der Waͤscherei mit Dampf mit jener Art
                              von Waͤscherei, die gegenwaͤrtig zu Paris
                              betrieben wird.
                           
                        
                           
                           1. In Hinsicht auf
                                 die Gesundheit, – eine der
                                 wichtigsten Ruͤksichten.
                           Alte Waschmethode. Die Hize steigt am
                              Grunde und in der Mitte des Waschbottiches, wo man gerade die
                              Hemden und jene Theile der Waͤsche, die unmittelbar auf
                              der Haut liegen, und welche folglich am meisten von den
                              Krankheitsstoffen aufnehmen, hinzulegen pflegt, kaum
                              uͤber 55° des hundertgradigen Thermometers. Da die
                              Lauge wenigstens die Haͤlfte ihres Waͤrmestoffes
                              verliert, ehe sie durch die oberen Schichten der Waͤsche
                              in den Waschbottichen (die uͤberdieß zur
                              Beguͤnstigung der Verdampfung und folglich der
                              Abkuͤhlung gewoͤhnlich offen sind) dringt, so
                              koͤnnen die in der Waͤsche enthaltenen
                              Krankheits- und Anstekungsstoffe nicht gehoͤrig
                              zerstoͤrt werden. Dieß ist nicht nur ekelhaft, sondern
                              gewiß wurden auf diese Weise schon oͤfter die
                              Kraͤze sowohl, als andere Hautkrankheiten verbreitet.
                           Dampfwaͤscherei. Hier wird
                              alle Waͤsche durch und durch mittelst des Dampfes auf
                              eine gleichmaͤßige Hize von 100° des
                              hundertgradigen Thermometers, naͤmlich auf die Siedhize
                              des Wassers, gebracht: ein hoͤherer Hizgrad ist nicht
                              moͤglich, weil kein Druk auf den Dampf angebracht wird.
                              Um den Nuzen dieses Grades von Hize zu erweisen, brauche ich
                              bloß folgende Worte eines unserer beruͤhmtesten Chemiker
                              und verdientesten Maͤnner, des sel. Grafen Chaptal, in Erinnerung zu
                              bringen:
                           
                              „Die Waͤrme, der die Waͤsche in dem
                                 Dampfapparate ausgesezt wird, bewirkt, daß das Gewebe
                                 derselben dergestalt von der alkalischen Fluͤssigkeit
                                 durchdrungen wird, daß die von ihm aufgenommenen Substanzen,
                                 wie z.B. die Ausduͤnstung, die Krankheitsstoffe, die
                                 verschiedenen Thierchen etc., unmoͤglich der Wirkung
                                 dieser Fluͤssigkeit entgehen koͤnnen, sondern
                                 nothwendig zerstoͤrt oder wenigstens gaͤnzlich
                                 veraͤndert werden muͤssen. Die Aerzte, welche
                                 wissen, wie leicht sich die Miasmen und Contagien mancher
                                 Krankheiten fortpflanzen, und wie wenig die
                                 gegenwaͤrtig uͤblichen Waschmethoden diese
                                 Stoffe zu zerstoͤren im Stande sind, werden die
                                 Vortheile der Dampfwaͤscherei ganz besonders zu
                                 wuͤrdigen wissen.“
                              
                           
                        
                           2. In Hinsicht auf
                                 Reinlichkeit.
                           Alte Waschmethode. Ein Waschhaus
                              laͤßt sich gewisser Maßen mit einer Kuͤche
                              vergleichen; wuͤßte man, wie unrein es in manchen
                              Kuͤchen zugeht, so wuͤrde man vor vielen
                              Gastmaͤhlern mit Ekel zuruͤkschreken. Eben so
                              unangenehm wuͤrde man aber auch ergriffen werden, wenn
                              man saͤhe, wie in Folge der Manscherei, die man in den
                              Waschkuͤchen mit der Lauge treibt, der Schmuz und der Unrath, welcher aus den Kuͤchenfezen und anderen
                              schmuzigen Waͤschstuͤken abfließt, auf die Hemden,
                              Halstuͤcher etc. gegossen wird. Die Waͤsche wird,
                              nachdem sie auf diese Weise durch die Lauge schmuziger geworden,
                              als sie vorher war, nur mehr aͤußerlich von dem Schmuze
                              gereinigt, den sie in dem Waschbottiche aus der Lauge
                              aufnahm.
                           Dampfwaͤscherei. Hier findet
                              zwischen der groben schmuzigen Waͤsche und der feineren,
                              minder schmuzigen Waͤsche durch keine Fluͤssigkeit
                              eine Communication Statt. Die geringe Quantitaͤt Lauge,
                              welche abtropfen koͤnnte, kann keinen Schaden bringen,
                              weil die Waͤsche je nach ihrer Grobheit und ihrem Schmuze
                              in den Bottich gerichtet wird, und weil sich die feinere,
                              reinere Waͤsche immer oben befindet. Die Weiße, die die
                              Waͤsche bei dieser Waschmethode erhaͤlt, geht
                              durch und durch, waͤhrend sie sich bei der alten Methode
                              nur auf die Oberflaͤche derselben erstrekt, und
                              eigentlich nur den im Inneren angehaͤuften Schmuz
                              verbirgt. Ein Beweis fuͤr diese Behauptung ist der
                              uͤble Geruch, den diese Waͤsche von sich gibt,
                              wenn sie einige Zeit uͤber nicht getragen worden, und das
                              Gelbwerden derselben in den Waͤschkasten.
                           
                        
                           3. In Hinsicht auf
                                 die Dauer der Waͤsche.
                           Gewoͤhnliche Waschmethode. Da
                              sich die Waͤscher fuͤr die grobe sowohl, als
                              fuͤr die feine, fuͤr die schmuzige sowohl, als
                              fuͤr die minder schmuzige Waͤsche einer und
                              derselben Lauge bedienen, so ist diese Lauge, wenn sie
                              fuͤr die groͤbere und schumzigere Waͤsche
                              eben stark genug ist, fuͤr die feinere und reinere
                              Waͤsche viel zu stark. Ist die Lauge hingegen fuͤr
                              die groͤbere und schmuzigere Waͤsche nicht
                              kraͤftig genug, so hilft man dem Mangel an Alkali durch
                              die Buͤrste, den Blaͤuet oder die Javell'sche Lauge ab, welche ihre
                              nachtheilige Einwirkung auf folgende Weise aͤußern:
                           Wirkung der Buͤrste. Die
                              Faͤden, aus denen die Zeuge gesponnen sind, bestehen aus
                              einzelnen Fasern. Die Wirkung der Buͤrste besteht darin,
                              daß sie einzelne, an der Oberflaͤche der Zeuge
                              befindliche Fasern wegschafft; hat die Waͤsche also
                              Fleken, die nur diese aͤußern Fasern verunreinigen, so
                              kann man diese Fleken durch Entfernung dieser Fasern mittelst
                              der Buͤrste zwar verschwinden machen; allein die
                              Waͤsche wird dadurch auch jedes Mal am Staͤrke
                              verlieren, und durch die Wirkung der Buͤrste endlich ganz
                              in Lumpen oder in Charpie verwandelt werden.
                           Wirkung des Blaͤuels. Die Luft
                              und das Wasser, welche die durch das Zusammenlegen der
                              Waͤsche gebildeten hohlen Raͤume erfuͤllen,
                              werden durch das Auffallen des Blaͤuels ploͤzlich
                              nach Außen getrieben, und muͤssen sich
                              also durch das Gewebe der Zeuge einen Weg bahnen. Die Maschen
                              werden also dadurch erweitert, die Faͤden, aus denen die
                              Zeuge gewebt sind, erleiden eine bedeutende Spannung, und sind
                              die Faͤden nicht stark genug, um dieser Spannung
                              widerstehen zu koͤnnen, so muͤssen die Zeuge
                              nothwendig Risse bekommen.
                           Wirkung der Javell'schen Lauge. Die Javell'sche Lauge, ein Chlorpraͤparat, ist ein
                              chemisches Agens, welches in den Haͤnden
                              unverstaͤndiger oder unerfahrner Leute um so
                              nachtheiliger fuͤr die Waͤsche werden kann, als
                              sie im Handel sehr verschieden bereitet und verfaͤlscht
                              vorkommt.
                           Dampfwaͤscherei. Jedes
                              Stuͤk Waͤsche wurde, bevor es der Einwirkung des
                              Dampfes ausgesezt wird, mit einer Lauge getraͤnkt, die
                              der Feinheit und der Unreinheit desselben angemessen ist; daher
                              wirkt auf die feine Waͤsche keine zu starke, und auf die
                              grobe keine zu schwache Lauge. Man braucht hier weder
                              Buͤrsten noch Blaͤuel, und zwar um so weniger, da
                              die Verseifung der fetten Substanzen bei der Temperatur des
                              Dampfes ohnehin gehoͤrig von Statten geht. Wer da glaubt,
                              daß die Waͤsche durch die Hize des Dampfes, die hier nie
                              groͤßer ist, als jene des siedenden Wassers, Schaden
                              leiden koͤnnte, darf nur bedenken, daß man die feinsten
                              Baumwoll- und Leinenzeuge in Seifenwasser aussiedet, und
                              daß dieses Wasser durch die groͤßere Dichtheit, die es
                              durch die Aufloͤsung der Seife erlangt, bei der Siedhize
                              heißer ist, als der reine Wasserdampf ohne Druk. Uebrigens hat
                              auch bereits die Erfahrung uͤber die
                              Zwekmaͤßigkeit der Dampfwaͤscherei entschieden,
                              und selbst jene Dampfwaͤschereien, die so schlecht
                              gelegen und so schlecht eingerichtet sind, wie die auf dem
                              Schiffe der Sirenen zu Paris, liefern weißere Waͤsche,
                              und verderben die Waͤsche nicht so sehr, wie die
                              gewoͤhnlichen Waͤscher. Im Spitale
                              Saint-Louis, wo hauptsaͤchlich die mit
                              Hautkrankheiten Behafteten behandelt werden, bedient man sich
                              der Dampfwaͤscherei schon seit 20 Jahren mit bestem
                              Erfolge, und ohne daß irgend eine Klage dagegen vorgekommen
                              waͤre. Die Zahl der Dampfwaͤschereien ist in
                              Frankreich bereits auf 200 gestiegen, und viele groͤßere
                              Familien oder Besizer von Gasthaͤusern etc. haben sich
                              bereits ihre eigenen Anstalten eingerichtet.
                           Die Waͤscherei des Hrn. Harel
                              hat in ihrer Einrichtung nichts Neues; wir bemerken nur, daß die
                              Waͤsche nicht ausgewunden, sondern ausgepreßt wird,
                              wodurch sie gleichfalls weniger Schaden leidet, und daß mit der
                              Anstalt auch sehr gute Mangen verbunden sind. Wer naͤhere
                              Aufschluͤsse uͤber die ganze Anstalt will,
                              erhaͤlt sie von dem Director der Société polytechnique
                              zu Paris, rue
                                 Neuve-des-Capucines No. 13 bis mitgetheilt.
                           Wir schließen mit dem Wunsche, daß diese Notiz dazu beitragen
                              moͤge, die alte schlechte Waschmethode immer mehr und
                              mehr zu verdraͤngen, und die Dampfwaͤscherei, die
                              so große Vortheile gewaͤhrt, allgemeiner in Aufnahme zu
                              bringen.