| Titel: | Einige Gedanken über die Verbesserung der Landstraßen in Deutschland durch die Anlegung von festen und dauerhaften Geleisen auf denselben, statt der jezt so beliebten Eisenbahnen. | 
| Fundstelle: | Band 53, Jahrgang 1834, Nr. XV., S. 82 | 
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                        XV.
                        Einige Gedanken uͤber die Verbesserung der
                           Landstraßen in Deutschland durch die Anlegung von festen und dauerhaften Geleisen auf
                           denselben, statt der jezt so beliebten Eisenbahnen.
                        Verbesserung der Landstraßen in Deutschland statt der jezt so
                           beliebten Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           Viele unserer Landstraßen, besonders in Suͤddeutschland, gehoͤren
                              wahrscheinlich zu den besten in Europa; dessen ungeachtet werden unsere
                              spaͤteren Nachkommen sich wundern, daß man sich in einer Zeit, wo die
                              Baukunst und die damit verwandten Gewerbe wieder der Dauerhaftigkeit, dem Glanze und
                              dem guten Geschmake, welche diese in den Zeiten der Griechen und Roͤmer
                              auszeichneten, sich naͤhern, mit den gegenwaͤrtigen Straßen behelfen
                              konnte.
                           Eine neue angelegte oder neu uͤberfuͤhrte Straße ist besonders in jenen
                              Gegenden, wo man keinen feinkoͤrnigen Kies hat, sondern das Dekungsmaterial
                              aus verklopften harten Steinen, z.B. Granit, Sieuit, Porphyr, Basalt u. dergl.
                              besteht, eine wahre Satyre auf die Straßenbaukunst. Es ist kaum zuzusehen, wie das
                              arme Zugvieh sich abmartern muß, um die schweren Fuhrwerke uͤber dieses
                              Geroͤll zu schleifen, dessen Theile oft so scharfkantig sind, als wenn sie
                              aus Glasscherben bestuͤnden.
                           Das Ebenmachen der Fahrbahn wird an den meisten Orten dem Zugviehe durch
                              Huͤlfe der Raͤder auf Kosten des Beschlags uͤberlassen. Wenn
                              nun diese, fuͤr die Fuhrleute sehr kostspielige, und fuͤr das Zugvieh
                              hoͤchst beschwerliche Operation beendigt ist, so sind die benannten Straßen,
                              besonders bei trokenem Wetter, wirklich gut zu nennen, und auf jenen Streken, wo man
                              harten Kies hat, oft so eben und glatt, daß man sich auf eine Eisenbahn versezt
                              glaubt. Dieser gluͤkliche Mittelzustand dauert aber nur so lange, bis
                              besonders in nassen Wintern die Bedekung sich in Koth verwandelt hat. Manche selbst
                              sehr hart scheinende Steine, in kleine Broken verklopft, loͤsen sich durch
                              Huͤlfe des Regens und Schneewassers und die heftige Reibung, die durch die
                              schweren Guͤterwagen entsteht, sehr bald in einen zaͤhen Koth auf, so
                              daß Menschen und Vieh so lange in einem seichten Moraste waten muͤssen, bis
                              die Straße wieder mit grob verklopften Steinbroken uͤberschuͤttet
                              wird, und der Uebelstand von Vorne anfaͤngt. Da das Dekungsmaterial sich
                              ungleich abnuͤzt,
                              so entstehen sehr bald Geleise von ungleicher Tiefe, und das Fahren wird immer
                              beschwerlicher. Die Angabe von Sachkennern hat viele Wahrscheinlichkeit, daß selbst
                              auf fuͤr gut erklaͤrten Straßen das Jahr hindurch, im Durchschnitt
                              genommen, zwei Drittel der Zugkraͤfte bloß auf Ueberwindung der Reibung
                              vergeudet werden. In einigen Gegenden wird zwar die Beschwerlichkeit der neu
                              uͤberfuͤhrten Straßen dadurch vermindert, daß man mit dem Ausbessern
                              nicht wartet, bis das Dekungsmaterial ganz zu Staub zermalmt ist. Dieses wird
                              naͤmlich, so bald es etwa den Zustand von feinem Kies erreicht hat, auf
                              Haufen zusammengescharrt, die grob verklopften Steine werden auf der Straße
                              verbreitet, und das fein zusammengefuͤhrte Material wieder darauf
                              gefuͤhrt. Dem Zugvieh wird dadurch die Last sehr erleichtert, aber der Koth
                              und die Geleise von ungleicher Tiefe entstehen auch bei dieser, uͤbrigens bei
                              den gegenwaͤrtigen Verhaͤltnissen sehr zu empfehlenden Methode,
                              beinahe in der naͤmlichen Zeit. In andern Gegenden pflegt man alte Straßen
                              der Laͤnge nach nur zur Haͤlfte oder zu zwei Drittheilen zu
                              uͤberfuͤhren; dieß hat aber den Nachtheil, daß auf Straßen, die nicht
                              uͤbermaͤßig breit sind, ein Rad auf ebener Bahn, das andere
                              uͤber das holperichte Geroͤlle fahren muß.
                           Die Verbesserung der Landstraßen, eine der kostbarsten Anstalten eines jeden Landes,
                              indem des Flikens und Ausbesserns gar kein Ende ist, hat schon seit laͤnger
                              als ein Paar Menschenaltern beinahe in allen cultivirten Staaten die Aufmerksamkeit
                              der Staatsmaͤnner und der Besizer großer Gewerbsanstalten, besonders der
                              Kohlengruben in England, in Anspruch genommen.
                           Das Belegen der Fuhrgeleise mit Schienen von Eisen auf festen Unterlagen von Stein,
                              Holz oder Gußeisen, nahm bei englischen Kohlengruben und Eisenwerken seinen Anfang.
                              Die Eigenthuͤmer wollten sich den Weg bis zum naͤchsten Canal oder
                              Fluß so bequem und fest als moͤglich machen, um Zugkraͤfte zu sparen,
                              und die Arbeit schneller zu vollenden. Da man bald bemerkte, daß man auf diese Weise
                              mit einem Pferde so viel ausrichtete, als auf den alten Straßen mit sechs bis acht,
                              so lag der Gedanke sehr nahe, auch die Geleise sehr stark besuchter Landstraßen auf
                              diese Weise fest und unwandelbar zu machen. Dieß konnte in England leichter als in
                              jedem anderen Lande bewerkstelligt werden, weil dort wegen der Menge der besten
                              Steinkohlen das Eisen wohlfeiler als in irgend einem Lande dargestellt werden kann,
                              und der Zug von Wagen und Reisenden Alles uͤbertrifft, was in anderen
                              Gegenden, selbst in den volkreichsten, beobachtet wird.
                           
                           So entstanden nun die sogenannten Eisenbahnen. Die dazu
                              gehoͤrigen Vorrichtungen sind aber noch weit von der Vollendung entfernt; die
                              Vortheile, die sie gewaͤhren, naͤmlich eine große Ersparung der
                              Zugkraͤfte, sind sehr bedeutend, aber die Kosten der Anlage und der
                              Unterhaltung gehen fuͤr die Verhaͤltnisse der meisten Laͤnder
                              auf dem Festlande ins Ungeheure. Man kann diese Eisenbahnen, die aus vier Reihen
                              Geleisen fuͤr das Hin- und Herziehen der Fuhrwerke bestehen, nur in
                              seltenen Fallen auf den vorhandenen Landstraßen befestigen, weil das fuͤr die
                              Landwirthschaft und den gewoͤhnlichen Verkehr bestimmte Fuhrwerk der
                              besondern Form der Schienen wegen diese sonst nicht mehr benuzen koͤnnte.
                              Eine neue sehr feste Fahrbahn muß erst mit großen Kosten fuͤr den Ankauf des
                              Feldes und den Bau der Straßen mit Ueberwindung von Schwierigkeiten aller Art
                              angelegt werden. Die eisernen Geleise, so wie sie seither beinahe uͤberall,
                              selbst in England, der Ersparung wegen angelegt werden, sind nicht nur allein sehr
                              wandelbar, sondern dem Abschleifen der Schienen bei starkem Gebrauche sehr
                              ausgesezt. Man wird wohl annehmen koͤnnen, daß innerhalb acht bis zehn Jahren
                              durch Ausbessern und theilweises Ersezen die ganze Anstalt sich erneuert, folglich
                              das ganze urspruͤngliche Capital in dieser Zeit doppelt verbraucht ist. Des
                              Flikens und Auswechselns der Schienen, des Erneuerns der haͤufig aus Holz
                              bestehenden Unterlagen, ist kein Ende, und die so beruͤhmte Anstalt wird
                              wahrscheinlich von unseren Nachkommen, nebst den Kettenbruͤken, unter die
                              eleganten modernen Pfuschereien der Baukunst gerechnet werden, die ungeheure
                              Capitalien verschlangen, ohne dem Staate, gleich den Bauwerken der alten
                              Voͤlker, wie z.B. die Flaminische Straße bei Rom, oder die erst im
                              verflossenen Jahre von den Franzosen bei Hippo in Afrika entdekte noch brauchbare
                              Straße, deren Truͤmmer wir noch anstaunen, Jahrhunderte hindurch dauernde
                              Vortheile verschafft zu haben.
                           Ich muß noch auf einen Umstand aufmerksam machen, der, so viel ich weiß, von
                              Niemanden noch beachtet wurde, wahrscheinlich weil bisher bloß Englaͤnder und
                              Franzosen sich mit dieser Bauart abgegeben haben, und die Ersteren wohl nie, und die
                              Zweiteren nur in hoͤchst seltenen Faͤllen Ruͤksicht darauf zu
                              nehmen brauchten. Man kann in Deutschland im Durchschnitt auf jedes Menschenalter
                              einen Krieg rechnen. In solchen Zeiten wuͤrden Eisenbahnen nur so lange
                              liegen bleiben, als der Troß der Heere kein Eisen brauchte. In kurzer Zeit
                              wuͤrden alle Schienen von den Marquetendern geraubt, und wenn ein Mal ein
                              guter Anfang damit gemacht worden ist, von dem Janhagel unter den Bewohnern des
                              Landes auf Rechnung der Soldaten gestohlen werden. Man haͤtte nichts gethan,
                              als ein Eisenmagazin
                              fuͤr die benannten angelegt, welche wohl wenig mehr fuͤr das
                              Beschlaͤg ihres Fuhrwerkes ausgeben wuͤrden. Jeder, der, wie der
                              Verfasser dieses Aufsazes, den groͤßeren und besseren Theil seines Lebens in
                              einem mehr als zwanzigjaͤhrigen Kriege hat verrinnen sehen, wird
                              uͤberzeugt seyn, daß in jener Zeit von allen Eisenbahnen und auch von
                              Kettenbruͤken kaum noch eine Spur uͤbrig geblieben waͤre, und
                              wenn man auch eine kleine Armee zu deren Bewachung haͤtte aufstellen
                              koͤnnen.
                           Alles oͤffentliche bewegliche Eigenthum ist in Kriegszeiten Preis gegeben. So
                              wurden, um nur ein Beispiel anzufuͤhren, die beiden großen
                              Schiffbruͤken von Mannheim mehrmals beraubt,
                              vernichtet, und die einzelnen Theile gestohlen. Eine Kettenbruͤke
                              wuͤrde das naͤmliche Schiksal gehabt haben; jeder fluͤchtige
                              Haufe wuͤrde, um seinem Feinde das Nachsezen zu erschweren, mit leichter
                              Muͤhe die Hauptaufhaͤngketten zersprengt, und so das ganze Werk
                              vernichtet haben.
                           Die steinernen Bruͤken in Heidelberg und Dresden, die mir gerade einfallen,
                              sind ungeachtet mehrerer Versuche sie zu zerstoͤren, noch im besten Stande
                              vorhanden; diese herrlichen Bauwerke werden wohl alle Eisenbahnen und
                              Kettenbruͤken in gutem Zustande uͤberleben. Bei diesen Aussichten, und
                              dem Umstande, daß eine der ersten Eisenbahnen, die in Deutschland angelegt worden
                              ist (naͤmlich eine in Boͤhmen), oͤffentlichen Nachrichten zu
                              Folge, so wenig rentirt, daß die Aktionaͤre sie einer oͤffentlichen
                              Versteigerung aussezten, und kaum ein Gebot erhalten konnten, das dem sechsten Theile der auf den Bau verwendeten Summe gleich
                              gekommen waͤre, werden wohl die meisten Regierungen Bedenken tragen, ehe die
                              ganze Einrichtung ihrer Vollkommenheit naͤher gebracht wird, die
                              Kraͤfte des Staates darauf zu verwenden, oder die Capitalisten zur Theilnahme
                              daran aufzumuntern.
                           Es waͤre aber sehr zu wuͤnschen, daß die Landstraßen auf eine so
                              dauerhafte Weise hergestellt werden koͤnnten, daß die enorme Vergeudung von
                              Zugkraft von 1/3, wie Sachkenner behaupten, verhindert, die vortheilhaften
                              Ergebnisse der Eisenbahnen erreicht, und die Staatskassen in Ruͤksicht der
                              sehr theuren Unterhaltung bei der bisherigen Bauweise fuͤr die Zukunft so
                              viel moͤglich erleichtert wuͤrden.
                           Der Verfasser dieses Aufsazes glaubt, daß der Zwek, den man durch Eisenbahnen
                              erreichen will, in einem großen Theile von Deutschland auf eine wohlfeilere und
                              dauerhaftere Weise hergestellt werden kann, und legt seine fluͤchtigen
                              Gedanken bloß deßwegen vor, damit Maͤnner, die in dem Straßenbau und
                              Steinhaugewerbe hinreichend bewandert sind, diese pruͤfen, und durch
                              Versuche, die der Verfasser nicht anstellen kann, zur Reife bringen moͤchten.
                              In dem Neckarthale bei Heidelberg und in vielen Gegenden von Deutschland besteht das
                              Gebirg aus dem haͤrtesten Granit. Die Gassen von Mannheim und Heidelberg
                              werden in neuerer Zeit beinahe ausschließlich mit dieser Steinart gepflastert.
                              Ehemals geschah dieses wenigstens theilweise, so daß man in beiden Staͤdten
                              Granitsteine findet, die aller Wahrscheinlichkeit nach hundert und mehrere Jahre im
                              Pflaster liegen, ohne verwittert, oder nur auffallend auf der Oberflaͤche
                              abgeschliffen zu seyn.
                           Bei dem Umpflastern der Straßen in Mannheim fand man, nach der Aussage des
                              Pflaͤsterermeisters, mehrere Granitsteine, welche, mit Roͤthel
                              beschrieben, an dem im Boden befindlichen Theile eine Jahrzahl enthielten. Dieser zu
                              Folge lag der Stein 80 Jahre im Boden. Seine Oberflaͤche war wenig
                              abgenuͤzt, und da er fuͤr die neue Art zu pflastern zu groß war, so
                              wurde er zerschlagen, und die ganz gefundenen Truͤmmer gaben beinahe noch
                              einen Schubkarren voll Pflastersteinen, die so fest als die neueren waren. Die
                              Festigkeit dieser Steinart ist jener des Gußeisens beinahe gleich. Wenn uͤber
                              das neue sehr gut gefertigte Pflaster der genannten Staͤdte ein mit sechs
                              Pferden bespannter, oͤfters mit mehr als 120 Centner beladener
                              Guͤterwagen faͤhrt, so sieht man deutlich, besonders beim
                              Bergauffahren, wie in Heidelberg an der Bruͤke, in Weinheim in der Gegend des
                              Marktes, daß nicht die Steine, sondern die Reifen der Raͤder sich bedeutend
                              abnuͤzen, denn ein blaugrauer eisenfarbiger Streif bezeichnet
                              gewoͤhnlich die Bahn der Raͤder. Der Erfahrung der hiesigen
                              Pflastermeister zu Folge dauert es, selbst in sehr stark befahrenen Straßen, 10 bis
                              12 Jahre, bis die durch bloßes Schlagen mit Haͤmmern zurecht gemachten
                              Pflastersteine eine ganz glatte Oberflaͤche bekommen.
                           Auf dem Felsberg im Bensheimer Thale, bei dem Dorfe Reichenbach im Großherzogthume
                              Hessen, nahe an der Bergstraße, befindet sich im Granitsienitgebirge ein Steinbruch,
                              den, aller Wahrscheinlichkeit nach, die alten Roͤmer in jener Zeit benuzten,
                              in welcher wenigstens ein Theil des Neckarstromes laͤngs der Bergstraße
                              hinfloß. Man findet außer einem unvollendeten Saͤulenschafte von 32 Fuß
                              Laͤnge und 4 1/2 Fuß Durchmesser – Riesensaͤule genannt
                              – einen Granitblok, welcher offenbar zu dem Capital und dem Sokel dieser
                              Saͤule bestimmt war. Diese Steine liegen, aller Wahrscheinlichkeit nach,
                              uͤber 1500 Jahre jeder Witterung bloßgestellt, im Freien, und wie der
                              Einsender dieses sich durch mehrmalige Besuche uͤberzeugt hat, ohne daß die
                              geringsten Spuren von Verwitterung sichtbar waͤren. An jenem Bloke, der in
                              etwa ein bis zwei fußdike Tafeln gespalten werden sollte, sieht man noch eine Art von Politur, welche durch
                              die Wirkung der Steinsaͤge entstanden ist. Die Einschnitte sollten dem
                              Spalten durch Keile die Richtung geben.
                           Wir haͤtten also im Badischen und wahrscheinlich in vielen Gegenden
                              Deutschlands einen Baustoff zu unserem Zweke, in jeder Hinsicht dauerhafter als
                              Eisen, der ganz vortrefflich waͤre, um in jeder Jahreszeit dauerhafte und
                              feste Geleise herzustellen, um den Zwek und die Wirkung der Eisenbahnen zu
                              erreichen.
                           Es sieht wohl Jedermann ein, daß die gewoͤhnlichen zum Baue verwendeten
                              Sand- und Kalksteine zu diesem Zweke ganz unbrauchbar sind, weil sie viel zu
                              leicht sich abnuͤzen, und viel zu schnell verwittern. Man duͤrfte
                              daher nur eine Art Balken von Granit, etwa einen Fuß kantig, gleich jenen starken
                              Thorgewaͤnden aus Sandsteinen, welche haͤufig an steinernen
                              Gebaͤuden in unserer Gegend sich befinden, etwa 3 bis 4 Fuß lang, verfertigen
                              lassen. Diese waͤren sodann auf Grundmauern, welche bei dem festen Zustande
                              der alten Straßen wohl im Vergleiche nicht einen Fuß Tiefe zu haben brauchten, und
                              an manchen besonders festen Stellen vielleicht ganz entbehrt werden koͤnnten,
                              so wagerecht als moͤglich in vier Reihen, zwei fuͤr jeden Wagen, nach
                              der landesuͤblichen Spur der Raͤder, einlegen zu lassen, und wir
                              wuͤrden Landstraßen von einer Dauer und Festigkeit besizen, wie keine sich im
                              neueren Europa befinden. Man brauchte keinen neuen Straßenzug anzulegen, folglich
                              keine Grundstuͤke anzukaufen, keine neuen Bruͤken und Stollen zu
                              erbauen, keine neuen Lagerhaͤuser zu errichten, keine Entschaͤdigungen
                              an Hauderer, Fuhrleute, Schiffer und Posthalter zu bezahlen, da alles vorhandene
                              leichte und schwere Fuhrwerk darauf mit der groͤßten Leichtfertigkeit fahren
                              und nach Belieben auf der Granitbahn bleiben oder diese verlassen
                              koͤnnte.
                           Jedem, der nur einige Kenntniß von der Bearbeitung der Steine hat, wird nun der
                              Einwand beifallen, daß der Granit und alle aͤhnlichen harten Steine entweder
                              gar nicht, oder doch nur mit unverhaͤltnißmaͤßigen Kosten zu
                              bearbeiten sind. Waͤre die Rede davon, Bildhauerarbeiten von diesem Stoffe zu
                              verfertigen, so haͤtte man ganz recht. Nach der Erfahrung geschikter
                              Bildhauer legen sich die besten englischen Werkzeuge, wenigstens auf dem Granit des
                              Neckarthales, so um, als wenn sie von Blei, statt von Stahl verfertigt
                              waͤren. Diese Steinart war bisher nur durch das Sprengen mit Schießpulver
                              mittelst Bohrloͤcher, durch Schlaͤge mit schweren langstieligen
                              Haͤmmern, durch das hoͤchst muͤhsame Bearbeiten mit sogenannten
                              Spizeisen, und durch das noch muͤhsamere Schleifen zu baͤndigen. Es
                              ist aber hier nicht von Bildhauerarbeiten, sondern bloß vom Verfertigen von
                              Bloͤken die Rede, die bei einem Durchmesser von hoͤchstens einem Fuß
                              und einer beliebigen Laͤnge nur auf einer Seite, naͤmlich jener der
                              Fahrbahn eine ganz ebene Flaͤche zu haben brauchen.
                           Das gewoͤhnliche Sprengen mit Schießpulver ist zu unserem Zweke nicht
                              anwendbar, da man dadurch wohl unregelmaͤßige Broken, die zum Pflastern
                              brauchbar sind, aber keine zum Belegen der Geleise tauglichen Quadersteine erhalten
                              wuͤrde. Die alten Voͤlker kannten das Schießpulver nicht, und haben
                              doch, wie wir oben gesehen haben, Granitbloͤke von 32 Fuß Laͤnge und 4
                              bis 8 Fuß Dike zu bearbeiten verstanden. An jenem Bloke, der zu Tafeln bestimmt war,
                              sieht man ganz deutlich die Einschnitte der gewoͤhnlichen Steinsaͤge,
                              und laͤngs diesen Schnitten von Streke zu Streke Loͤcher eingemeißelt,
                              welche offenbar bestimmt waren, Keile aufzunehmen. Eine naͤhere Untersuchung
                              von Sachkennern angestellt, wuͤrde vielleicht lehren, ob man sich zum
                              Sprengen eiserner Keile bediente, die durch gleichzeitiges Schlagen mit schweren
                              Haͤmmern eingetrieben wurden, oder ob man Keile von hartem trokenem Holze
                              anwendete, die mit Wasser begossen durch ihr Aufquellen im Stande waren, Steine in
                              bestimmte, regelmaͤßige Richtungen zu sprengen.
                           In jenen Schriften, die uns von den alten Voͤlkern noch uͤbrig sind,
                              findet man Spuren, daß sich die Steinmezen jener Zeit dieser Methode bedienten. Daß
                              diese heftige Wirkung des quellenden Holzes nicht unmoͤglich ist, kann man in
                              Waͤldern, deren Boden groͤßten Theils aus Felsen besteht, und an den
                              Mauern alter Bergschloͤsser, die viel haͤrter als die Felsen sind, aus
                              denen sie ehemals gebaut wurden, leicht bemerken. Die Wurzeln der Baͤume
                              draͤngen sich so lange sie duͤnn und zart sind, in die feinsten, dem
                              Auge unsichtbaren Rizen der Felsen und Mauern ein, weil die darin sich
                              laͤnger erhaltende Feuchtigkeit ihnen Nahrung gibt. Nach und nach werden die
                              Baͤume und ihre Wurzeln staͤrker und zersprengen in der Folge die
                              staͤrksten Felsen und die dichtesten Mauern.
                           Versuche, die man von gutwilligen und gewandten Arbeitern in irgend einem
                              Granitbruch, vorzuͤglich aber in jenem oberhalb Heidelberg anstellen ließe,
                              wuͤrden auf jeden Fall nicht viel kosten, da man die unregelmaͤßig
                              abgesprengten Steine noch recht gut zum Pflastern verwenden koͤnnte.
                              Haͤtte man auf diese Weise Bloͤke etwa von 7 bis 8 Fuß
                              Maͤchtigkeit abgesprengt, so konnte man zum Spalten derselben in Balken jene
                              Schrauben anwenden, welche der Schottlaͤnder Robert Malet erfunden, und mit Gluͤk zum regelmaͤßigen Zersprengen
                              auch der haͤrtesten Steine angewendet hat. Das ganze hoͤchst einfache
                              Verfahren ist sehr deutlich in Dingler's polytechn.
                              Journ. vom Jahre 1833
                              Bd. XLVIII. H. 4, S. 279 beschrieben,
                              und die Schrauben sind in ziemlich deutlichen Abbildungen dort zu sehen. Sie
                              koͤnnen von jedem geschikten Zeugschmied leicht verfertigt werden.
                           Sollte das Sprengen der rohen Bloͤke mit hoͤlzernen Keilen und Wasser
                              nicht gelingen, so koͤnnte man die Schrauben auch zu diesem
                              vorlaͤufigen Zweke benuzen. Jeder, der nur einige Kenntniß der mechanischen
                              Kraͤfte hat, wird einsehen, daß man mit einigen 3–4 Zoll diken
                              eisernen Schrauben, die von Hebeln von 10 oder mehr Fuß Laͤnge in Bewegung
                              gesezt werden, eine ungeheure, nicht stoßweise, sondern gleichmaͤßig wirkende
                              Kraft erzeugen kann. Sollte die konische Form der Schrauben und die in
                              Stuͤken zerschnittenen Muttern derselben der Arbeit bedeutende Hindernisse in
                              den Weg legen, so wuͤrde man wohl den Zwek erreichen, wenn man die Schrauben
                              auf stark verstaͤhlte eiserne Keile in einem Gestell von diken Balken
                              einwirken ließ, um durch das gleichfoͤrmige
                              Eindringen der Keile die Sprengung zu bewirken.
                           Die Oberflaͤche dieser Granitbalken oder Geleise muͤßten nun so glatt
                              als moͤglich abgearbeitet werden, auf daß dieselben keine bedeutend
                              groͤßere Reibung hervorbraͤchten, als die Schienen von Guß-
                              oder Schmiedeisen, die man bisher zum Belegen der Geleise benuzt hat. Es
                              wuͤrde viel zu theuer kommen, wenn man diese Arbeit von Steinhauern mit dem
                              sogenannten Spizhammer wollte besorgen lassen. Man koͤnnte diese Arbeit
                              vielleicht durch Maschinen bewirken. Die von einem Wasserfalle oder einer
                              Dampfmaschine in Bewegung gesezten Stampfen, die jener der Oehlmuͤller
                              gleichen, wuͤrden in leichterem Maßstabe und mit den noͤthigen
                              Abaͤnderungen ausgefuͤhrt, wahrscheinlich den Zwek wohl erreichen. Die
                              Theile der Stampfen, die auf die Steine auffallen, muͤßten mit einer
                              Stahlplatte versehen seyn, die an ihrer Oberflaͤche so gestaltet
                              waͤre, daß sie eine ganze Sammlung von stumpfen Spizen, gleich jenen
                              Spizhaͤmmern der Steinhauer, die zum Bearbeiten des Granits und anderer
                              Steine von aͤhnlicher Haͤrte bestimmt sind, bildete. Wenn nun an der
                              Stelle des Trogs, in welchem die Samen ausgepreßt werden, eine Art von Schlitten
                              sich befaͤnde, auf welchem jene Granitbalken befestigt waͤren, und
                              dieser Schlitten durch die Maschine selbst langsam oder geschwinder nach
                              Beduͤrfniß hin oder her geschoben werden koͤnnte, damit die
                              Haͤmmer auf jede beliebige Stelle eine laͤngere oder kuͤrzere
                              Zeit fielen, so wuͤrde allem Vermuthen nach die Arbeit auf eine
                              verhaͤltnißmaͤßig wohlfeile Weise bald beendigt seyn.
                           Ich halte selbst dafuͤr, daß die vorgeschlagene Bauart bei guͤnstigen
                              Verhaͤltnissen wohlfeiler, als die bisherige dem Staate zu stehen kommen wuͤrde, wenn man
                              nur die Ausgaben, die man 4–5 Jahre auf das Beifuͤhren und Verklopfen
                              der harten Steine verwendet, auf ein Mal zur Verfertigung der Granitgeleise benuzen
                              wollte.
                           Diese fluͤchtigen Gedanken sollen zu nichts dienen, als Sachkenner aufmerksam
                              zu machen und zu Versuchen aufzumuntern. Da gegenwaͤrtig in manchen Gegenden,
                              z.B. in Sachsen, in den Niederlanden ein reger Eifer entstanden ist, die Landstraßen
                              zu verbessern und Eisenbahnen anzulegen, so hat der vorstehende Aufsaz seinen Zwek
                              erreicht, wenn diejenigen, die mit der Leitung dieser großen Arbeiten beauftragt
                              sind, einige Ruͤksicht darauf nehmen.
                           Da das vorgeschlagene rohe Material an den meisten Orten wenig kostet, und das Eisen
                              in Deutschland theuer und bei großen Anlagen kaum in vielen Jahren darzustellen
                              waͤre, so scheint der Vorschlag allerdings die Aufmerksamkeit der
                              Actiengesellschaften zu verdienen, da der wohlthaͤtige und große Zwek auf
                              eine wohlfeilere und fuͤr die Theilhaber weit sichere
                                 Weise als durch Eisenbahnen, wie sie bis jezt angelegt werden, erreicht
                              werden koͤnnte.
                           In Ruͤksicht der Fuhrwerke, die durch Dampfmaschinen getrieben werden, scheint es fuͤr die Unternehmer in
                              Deutschland sehr raͤthlich zu seyn, wenigstens noch ein Jahrzehent
                              zuzuwarten, und ein reicheres Volk die Versuche bezahlen zu lassen. In Deutschland
                              sind die Steinkohlen weit theurer, und das Pferdefutter viel wohlfeiler als in
                              England. Die Erfindung selbst ist noch freilich in einer viel versprechenden
                              Kindheit. Da aber den besten Nachrichten zu Folge das Abnuͤzen dieser
                              Maschinen in kurzer Zeit so viele Ausbesserungen erfordert, daß der
                              urspruͤngliche Anschaffungspreis in wenigen Monaten auf Flikerlohn verwendet
                              werden muß, so koͤnnte es dieser Erfindung gehen wie jenen Wunderkindern, die
                              in der ersten Jugend viel versprechen, und in der Zeit, wo man ihre Reife erwartet,
                              als unbrauchbare Dummkoͤpfe sich darstellen.