| Titel: | Anwendung der färbigen Ochsenzunge (Anchusa tinctoria) in der Baumwollen-, Leinen-, Seiden- und Schafwollfärberei. Von Hrn. Dr. W. H. v. Kurrer. | 
| Fundstelle: | Band 53, Jahrgang 1834, Nr. XX., S. 111 | 
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                        XX.
                        Anwendung der faͤrbigen Ochsenzunge (Anchusa tinctoria) in der Baumwollen-,
                           Leinen-, Seiden- und Schafwollfaͤrberei. Von Hrn. Dr. W. H.
                           v. Kurrer.Wir entnehmen diese Abhandlung aus den Mittheilungen
                                    fuͤr Gewerbe und Handel, herausgegeben vom Vereine zur Ermunterung
                                    des Gewerbsgeistes in Boͤhmen 1834. Erste Lieferung, S. 13.
                                 Ueber den Zwek und Inhalt dieser Zeitschrift, deren Redacteur Herr K. J. Kreutzberg, Geschaͤftsfuͤhrer der
                                 Vereinskanzlei, ist, enthaͤlt der diesem Hefte beiliegende Anzeiger die ausfuͤhrlichen Nachweisungen.A. d. R.
                           
                        Anwendung der faͤrbigen Ochsenzunge etc.
                        
                     
                        
                           Die faͤrbende Ochsenzunge, rothe Ochsenzunge, Anchusa tinctoria L., unaͤchteAlcanna, falsche Schminkwurzel, von den Franzosen Orcannetwurzel, und in den Apotheken unter dem Namen Alcanna spuria bekannt, darf nicht mit der
                              aͤchten orientalischen Alcanna verwechselt
                              werden, da leztere aus den zubereiteten Blaͤttern der Lawsonia inermis L. besteht.
                           Die faͤrbende oder rothe Ochsenzunge waͤchst in Spanien, Frankreich,
                              Deutschland und Ungarn wild. Sie hat eine perennirende Wurzel, braunrothe Blumen,
                              die nach dem Aufbluͤhen blau werden, und stumpfe Blaͤtter, welche
                              leztere sowohl als der Staͤngel dicht mit weißem Filz bekleidet sind.
                           Die Staͤngel liegen oͤfters auf dem Boden, und sind einfach. Die
                              Wurzeln, welche in der aͤußeren Rinde allein das Pigment enthalten, sind
                              lang, duͤnn, purpurfarben oder roͤthlich. Der Kern ist weiß und
                              kraftlos, so daß man in der Faͤrberei nur die aͤußere Rinde als
                              brauchbar anerkennen kann.
                           Auch die Wurzeln der virginischen Ochsenzunge (Anchusa
                                 virginica), welche in Nordamerika unter dem Namen Puccon bekannt ist, und
                              womit sich vormals die Wilden zu bemalen pflegten, besizen ein der
                              europaͤischen Anchusa tinctoria analoges
                              Pigment.
                           Das Pigment der Anchusa ist rein harziger Natur, daher es sich auch im Wasser nur
                              durch Vermittelung anderer Bestandtheile, in Weingeist, Aether und den Oehlen
                              hingegen leicht aufloͤst.
                           Wir verdanken Dr. John die chemische Zergliederung der
                              farbestoffhaltigen Rinde der Anchusawurzel, und mehrere andere wissenswerthe
                              Beobachtungen in Beziehung des Pigments dieser aͤußeren Schale.
                           100 Theile der Anchusawurzel enthalten nach demselben:
                           
                              
                                 Faͤrbenden Stoff dem Harz verwandt,
                                    vielleicht mit Harz verbunden
                                    5,50
                                 
                              
                              
                                 Schleimtheile
                                   6,25
                                 
                              
                                 Extractivstoff
                                   1,00
                                 
                              
                                    –     unaufloͤslichen
                                 65,10
                                 
                              
                                    –     mit
                                    holzigen Theilen verbunden
                                 18,00
                                 
                              
                                 Salze und Erden
                                   5,00
                                 
                              
                           Leztere bestehen aus pflanzensaurem Kali und Kalk, phosphorsaurem Kalk, Talk, Eisen,
                              salz- und schwefelsaurem Kali und Kieselerde.
                           Das harzige Roth der Anchusa, welches John im
                              ausgeschiedenen concreten Zustande Pseudo-alcannin nennt, bereitet er folgender Gestalt: die zuvor mit
                              Wasser ausgekochte Wurzelrinde wird wiederholt durch Digestion mit Weingeist
                              ausgezogen und abgedampft, wo der Farbestoff als Ruͤkstand bleibt.
                           Pelletier zieht hingegen die Wurzel zwei Mal mit
                              kochendem absolutem Alkohol aus, dampft die Fluͤssigkeit ab, loͤst den
                              Ruͤkstand in Aether auf, der eine braungelbe bittersalzige Materie
                              unaufgeloͤst laͤßt, und dampft wieder ab, oder, was fuͤr die
                              Bereitung noch zwekfoͤrdernder ist, man zieht die Wurzel sogleich mit Aether
                              aus, und dampft die Infusion ab. Der gewonnene trokene Farbestoff ist dunkelroth ins
                              Braune uͤbergehend, von harzigem Bruch und specifisch schwerer als Wasser; er
                              unterscheidet sich nach John dadurch von den Harzen, daß
                              er bei 30 bis 80° R. nicht schmelzen soll, wogegen Pelletier gefunden hat, daß er sich in der Waͤrme erweicht, und
                              schon unter 60° R. schmelzbar wird, und in der Luft sich die Farbe nicht
                              veraͤndert.
                           Die weingeistige Anchusa-Infusion ist dunkelcarmesinroth. Salzsaures Zinn
                              faͤrbt das Pigment daraus carminroth, essigsaures Blei, besonders basisches,
                              schoͤn blau, Eisensalze dunkelviolett, salzsaures Queksilber fleischfarbig;
                              salzsaurer Baryt, salpetersaures und salzsaures Silber, salpetersaures Queksilber
                              u.s.w. bewirken gar keine Veraͤnderung; die uͤbrigen schweren
                              Metallsalze, so wie der Alaun, faͤllen die weingeistige Aufloͤsung
                              bloß durch ihren Wassergehalt, und der Niederschlag ist daher dann gaͤnzlich
                              wieder in Weingeist loͤslich. Der weingeistige Auszug wird durch die
                              Einwirkung des Lichts zersezt, und die Carmesinfarbe aͤndert sich nach und
                              nach in eine gelbe um. Eingedunstet bildet sich eine indigfarbige Masse, welche sich
                              in Weingeist nur mit truͤber carminrother Farbe aufloͤst, daher durch
                              den Proceß der Verdunstung veraͤndert (oxydirt) worden ist. Ein Zusaz von
                              Wasser macht die Farbe gruͤnlich blau; durch Zusaz
                              von essigsaurem Eisen praͤcipitiren sich einige schwarze Floken, die aber
                              weder von Gallussaͤure noch von Gerbestoff herruͤhren. Essigsaures
                              Blei bewirkt eine violette Faͤrbung. Dieselbe Veraͤnderung erleidet nach Pelletier der in Aether geloͤste Farbestoff beim
                              Kochen im Wasser, und selbst der in Masse dem Wasser dargebotene Faͤrbestoff,
                              nur daß hier stundenlanges Kochen erforderlich ist. Die alkalische Aufloͤsung
                              wird nach Pelletier nur in dem Falle durch Wasser
                              gefallt, wenn sie durch Saͤttigung des absoluten Alkohols mit
                              Faͤrbestoff erhalten wurde, wo sie ein wenig Pigment mit rosenrother Farbe
                              aufgeloͤst behaͤlt, dagegen eine schwache Tinctur durch Wasser nicht
                              getruͤbt wird.
                           Alkalien, so wie Kalk-, Strontian- und Barytwasser faͤrben die
                              weingeistige Aufloͤsung Himmel- oder lasurblau, wirken aber auf den
                              durch Abdampfung derselben erhaltenen (veraͤnderten) Farbestoff nur schwach,
                              indem sie hoͤchstens eine schmuzige Farbe damit annehmen. Die weingeistige
                              Aufloͤsung faͤrbt Terpenthinoͤhl blau, waͤhrend die
                              Wurzel demselben eine carmesinrothe Farbe ertheilt. Sauren erhoͤhen die
                              Farbe.
                           Wenn die weingeistige Aufloͤsung mit Wasser gekocht wird, so faͤrbt sie
                              sich bald blau, ins Gruͤnliche, und liefert beim Abdampfen eine dunkelblaue
                              oder schwarze Masse, welche als veraͤnderter Faͤrbestoff zu betrachten
                              ist. Dieser ist leichter im Wasser, weniger in Weingeist, und nur sehr wenig in
                              Alkalien loͤslich, weniger schmelzbar, wird durch Chlor roth, durch Alkalien blau, durch Wasser gruͤnlich blau, ohne einen Niederschlag zu bilden,
                              verhaͤlt sich jedoch nach Pelletier gegen
                              Metallsalze, wie das unveraͤnderte Pigment. Ohne zu kochen wird der in
                              Weingeist aufgeloͤste Faͤrbestoff durch das Wasser nicht
                              gefaͤllt.
                           Aether loͤst den Faͤrbestoff der Wurzel noch leichter als Alkohol auf. Terpenthinoͤhl loͤst den Faͤrbestoff
                              aus derselben mit schoͤner carmesinrother Farbe auf. Fette Oehle
                              loͤsen denselben mit rother Farbe auf.
                           Waͤsseriges Kali, Natron und Ammonium loͤsen den Farbestoff mit blauer
                              Farbe auf, bilden jedoch auch eine unaufloͤsliche Verbindung, wenn sie in zu
                              geringer Menge angewandt werden. Aus dem mit alkalischem Wasser bereiteten
                              Anchusa-Absud faͤllt Alaun einen purpurfarbigen Lak, der zum Malen gebraucht werden kann. Wenn
                              Chlorgas durch die alkoholische Loͤsung des Pigments geleitet wird, so
                              verwandelt sich nach Pelletier das Roth in schmuziggelb,
                              unter Faͤllung einer in Alkohol mit gelber Farbe loͤslichen Substanz.
                              Nach John stellt Chlor die rothe Farbe der durch Abdampfen geblauten weingeistigen
                              Loͤsung wieder her, und bildet nach laͤngerer Zeit einen wolkigen
                              flokenartigen Niederschlag. Die Blumen der Anchusa geben mit Alaun
                              saftgruͤn.
                           
                           Das Pigment der Anchusawurzel wurde schon von den Alten zum Faͤrben der
                              Schafwolle verwendet, wie uns Plinius im 22sten Buche
                              30stes Capitel zeigt. Haußmann legte in dem 60sten Bande
                              der Annales de chemie ein Verfahren nieder, der Seide
                              und Baumwolle, welche zuvor mit Alaunbasis impraͤgnirt worden, vermittelst
                              weingeistiger Anchusa-Infusion eine dauerhafte Purpurveilchenfarbe
                              (purpurviolett) mitzutheilen. Das Pigment der Anchusa dient auch zum Faͤrben
                              der Oehle, der Mundpomade, der Salben, des Kaͤses u.s.w.
                           
                        
                           Anwendung der Anchusa in der Baumwollen- und
                                 Leinenfaͤrberei.
                           Das Pigment der Anchusa durch Weingeist ausgezogen stellt eine gefaͤrbte
                              Fluͤssigkeit dar, welche mit der Baumwollen- und Leinenfaser, wenn
                              dieselbe zuvor mit thonerdehaltiger Basis impraͤgnirt worden, schoͤne
                              veilchenviolette Abstufungen, in Purpur uͤbergehend, von
                              bewunderungswuͤrdiger Dauerhaftigkeit hervorbringt. Es eignet sich
                              fuͤr die fabrikmaͤßige Darstellung dieser verschiedenen
                              Farbenschattirungen hauptsaͤchlich die essigsaure Thonerde, welche auf
                              nachstehende Weise bereitet wird.
                           Essigsaure Thonerde: 20 Pfd. eisenfreier Alaun werden in
                              80 Pfd. heißem Wasser aufgeloͤst, der Aufloͤsung unter
                              bestaͤndigem Umruͤhren 20 Loth gereinigte Soda (einfachkohlensaures Natron) nach und nach zugegeben, und zulezt 15 Pfd.
                              Bleizuker ein, geruͤhrt. Diesen Mordant laͤßt man einige Stunden
                              unausgesezt ruͤhren, und wendet die helle obenstehende Fluͤssigkeit in
                              einigen Tagen fuͤr den Gebrauch an. Ich kann hier die Bemerkung nicht
                              unberuͤksichtigt lassen, daß, je mehr freie unzersezte schwefelsaure Thonerde
                              sich in der essigsauren Basis befindet, die Anchusafarbe mehr einen Lilaston, und je
                              neutraler die essigsaure Thonerde ist, dieselbe sich mehr in purpurvioletter
                              Abstufung zeigt.
                           
                        
                           Vorbereitung der Waare fuͤr das
                                 Faͤrben.
                           Die baumwollenen und leinenen Gewebe werden vermittelst der Grundirmaschine mit der
                              essigsauren Thonerde ganz ohne Verdikungsmittel zwei Mal
                              nach einander grundirt, und zwar das erste Mal mit geringer, das andere Mal hingegen
                              mit starker Gewichtspression. Nach dem Grundiren wird die Waare sorgfaͤltig
                              aufgehangen, abgetroknet, und nach Verlauf von drei Tagen eine Stunde lang in
                              laufendes Wasser eingehaͤngt, von da ins Waschrad oder unter die
                              Pretschmaschine gebracht, gut gespuͤlt, gewunden und vollkommen
                              abgetroknet.
                           
                        
                           
                           Bereitung der weingeistigen
                                 Anchusa-Infusion.
                           In 80 Pfd. Weingeist von 34 bis 36° werden 18 Pfd. zerkleinerte Anchusawurzel
                              10 bis 12 Stunden lang wohl zugedekt stehen gelassen, damit sich kein Weingeist
                              verfluͤchtigen kann. Nach Verlauf dieser Zeit wird der Weingeist das harzige
                              Pigment ausgezogen haben. Man gießt nun die gefaͤrbte Infusion
                              sorgfaͤltig ab, bringt den Ruͤkstand mit den Wurzeln unter eine gute
                              Presse, um das ausgezogene Pigment von den Wurzeln zu trennen, wofuͤr sich
                              fuͤr die gaͤnzliche Gewinnung des an Weingeist gebundenen Pigments in
                              oͤkonomischer Beziehung eine hydraulische Presse vorzuͤglich
                              eignet.
                           Die weingeistige Infusion wird in hermetisch geschlossenen Gefaͤßen
                              fuͤr den Gebrauch aufbewahrt, jedoch ist es besser, dieselbe sobald als
                              moͤglich zu verarbeiten, weil das Pigment, in Weingeist aufgeloͤst,
                              die Eigenschaft besizt, durch Einwirkung des Lichts sich nach und nach in
                              stufenweiser Progression zu entfaͤrben, wodurch zusehends die
                              faͤrbende Kraft vermindert wird. Aus dieser Ursache lasse ich die
                              gefaͤrbte Anchusa-Aufloͤsung auch jedes Mal kurz vor ihrer
                              Anwendung bereiten. Die Farbe derselben ist im frisch bereiteten Zustande intensiv
                              dunkelroth, fast wie diker Burgunder- oder Roussillonwein.
                           
                        
                           Darstellung der dunkelvioletten purpurfarbenen Abstufungen auf
                                 baumwollene und leinene Gewebe fuͤr unigefaͤrbte
                                 Gruͤnde.
                           Die mit der essigsauren Thonerde nach der fruͤher angegebenen Vorschrift
                              impraͤgnirten Gewebe werden auf der Grundirmaschine bei sehr starker
                              Gewichtspression mit der Infusion grundirt, zum Abtroknen aufgehangen, und in einem
                              geheizten Zimmer bei 30° R. hoher Temperatur durch erwaͤrmte Luft
                              abgetroknet, nachgehends eine halbe Stunde lang in fließendes Wasser eingehangen,
                              und durch heißes Wasser bei 70° R. genommen, wodurch die ins
                              Roͤthliche schillernde Farbe erst den eigentlichen violetten Ton annimmt,
                              welcher durch nachheriges Auswaschen in reinem Wasser sich inniger fixirt
                              erhaͤlt. Bei dem Durchnehmen in siedendem Wasser werden jederzeit zwei
                              Stuͤke Waare (5/4 Calicos oder 7/4 Cambriks) an einander geknuͤpft,
                              uͤber den Haspel in das heiße Wasserbad gebracht, darinnen 8 bis 10 Touren
                              hin und wieder gegeben, herausgenommen, am Flusse oder Bache gespuͤlt,
                              ausgewunden und abgetroknet.
                           Bei dieser Methode zu coloriren, hat man es ganz in seiner Gewalt, von der hellsten
                              violetten Farbe bis in das tiefste Purpurviolett zu schattiren, wenn man in ersterem
                              Falle die essigsaure Thonerde verschwaͤcht, oder in dem angegebenen
                              Verhaͤltnisse anwendet, im zweiten hingegen das Impraͤgniren in der
                              starken essigsauren Thonerde und Durchnehmen in der Anchusa-Infusion noch ein
                              oder zwei Mal nach vorangegangener Weise wiederholt.
                           Zur Hervorbringung gleicher und dunkler Farbe ist es jedoch noͤthig, die Waare
                              jedes Mal nach dem Grundiren und Abtroknen 1/3 bis 3/4 Stunden lang im Wasser
                              einzuhaͤngen und wieder abzutroknen, bevor das Coloriren mit dem
                              Anchusa-Pigment vorgenommen wird.
                           Nach jedem Farben wird die Waare ebenfalls wieder in den Fluß eingehangen, jedoch
                              ohne die heiße Wasserpassage zu geben, welche nur nach dem lezten Faͤrben
                              erfordert wird, um den veilchenvioletten Luͤstre hervorzurufen.
                           Bei allen, sowohl vegetabilisch-animalischen, als rein animalischen Stoffen,
                              welche mit der weingeistigen Anchusa-Infusion gefaͤrbt werden, ist
                              nicht zu versaͤumen, daß die Waare, bevor man sie in die weingeistige
                              Aufloͤsung bringt, recht scharf abgetroknet werde, um derselben alle
                              Feuchtigkeit zu entziehen.
                           Wir haben in der Calicodrukerei (Kattundrukerei) bei dieser brillanten und
                              dauerhaften purpurvioletten Farbe nur zu bedauern, daß sich weder durch Oxydation,
                              Desoxydation noch Hydrogenationsmittel weiß darauf aͤzen laͤßt,
                              wenigstens boten bis zur Zeit alle damit vorgenommenen Versuche kein ersprießliches
                              Resultat dar. Durch diesen Uebelstand ist man außer Stand gesezt, Dessins mit
                              gefaͤrbten Figuren anzubringen, wie dieß so leicht bei tuͤrkisch roth
                              gefaͤrbter Waare der Fall ist, wo weiß, chromgelb
                              und chromgruͤn, ohne der anderen
                              Illuminationsfarben zu gedenken, zur Bildung und Ausschattirung mannigfaltiger
                              Muster angebracht werden koͤnnen.
                           Die purpurviolette Farbe bildet, mit der Faser der Baumwolle, Leinen, der Seide und
                              Wolle verbunden, ihrer Natur nach ein gefaͤrbtes Harz, welches im
                              aufgehaͤuften Zustande nur durch oͤftere Behandlung mit Weingeist
                              wieder abgezogen und in demselben als gefaͤrbtes Fluidum loͤsbar
                              erscheint.
                           Nach gegebener Vorschrift erhielt ich nachstehende purpurviolette Abstufungen
                              fuͤr gleichfoͤrmige (Uni) Gruͤnde:
                           Farbenabstufung Nr. 1.
                           Dieselbe wird gewonnen, wenn die Waare zwei Mal mit der essigsauren Thonerde
                              grundirt, und zwei Mal in der weingeistigen Anchusa-Infusion gefaͤrbt
                              wird.
                           Farbenabstufung Nr. 2.
                           Die Operationen des Grundirens und Faͤrbens wechselsweise drei Mal
                              wiederholt.
                           
                           Farbenabstufung Nr. 3.
                           Bei dieser mehr in einem roͤthlichen Schimmer sich zeigenden purpurvioletten
                              Farbe werden zum Grundiren zwei Theile essigsaure Thonerde und ein Theil
                              Alaunaufloͤsung verwendet, das wechselsweise Grundiren und Coloriren hingegen
                              drei Mal verrichtet. Es laͤßt sich diese Farbenabstufung auch dadurch
                              erzielen, wenn man nach dem dritten Durchnehmen in der Anchusa-Infusion die
                              Waare nur im kalten Wasser behandelt, gleich nach demselben durch ein schwach
                              gesaͤuertes, salzsaures oder schwefelsaures Bad zieht, wieder gut
                              auswaͤscht und abtroknet.
                           Bei hellen Grundfarben kann man sich mit groͤßerem Vortheile zum Coloriren der
                              Walzendrukmaschine bedienen, wogegen ich bei ganz
                              dunkeln Farben die Grundirmaschine mit starker
                              Gewichtspression vorziehe, weil durch das Beruͤhren der Waare mit der
                              gefaͤrbten Fluͤssigkeit im Troge mehr Pigment sich mit der Basis
                              verbinden kann, wodurch die Abstufung um einen Grad intensiver erscheint, und die
                              Farbe dadurch voller und satter zum Vorschein kommt. Wenn man dieselben Abstufungen
                              vermittelst der Walzendrukmaschine erzielen will, so werden immer einige Touren mehr
                              erforderlich, um gleiche Resultate zu erhalten.
                           Bei der Darstellung im Großen sezt die Farbe stets eine zwekmaͤßig
                              eingerichtete Grundirmaschine mit starker Gewichtspression voraus. Sogenannte
                              Handfaͤrberei reicht hier nicht hin, weil eines Theils zu viel Pigment
                              consumirt, anderen Theils die Farbe durch das Durchnehmen mit den Haͤnden,
                              Auswinden etc. sehr ungleich und stetig zum Vorschein kommen wuͤrde.
                           
                        
                           Helle anchusaviolette Farbenabstufungen auf baumwollene Gewebe
                                 mit illuminirter Ausarbeitung.
                           Dieses fuͤr den Calicodruk in mehrfacher Beziehung hoͤchst interessante
                              Fabrikat stelle ich auf nachstehende Weise dar.
                           Vorbereitung der Waare.
                           Die Waare lasse ich mit der essigsauren Thonerde mittelst der Grundirmaschine zwei
                              Mal impraͤgniren, das erste Mal mit geringer, das zweite Mal mit vermehrter
                              Pression. So wie eine Tour von 5 Stuͤken Calico durch die Walzen gelaufen,
                              lasse ich sie unmittelbar zum zweiten Male wieder durch die Basis mit starker
                              Pression der Drukwalzen gehen, von da in das Trokenzimmer aufhaͤngen, und
                              nach dem Abtroknen 3 Tags lang in einem temperirten Zimmer liegen. Nach Verlauf
                              dieser Zeit wird die Waare eine Stande lang im Fluß oder Bach eingehangen,
                              herausgenommen, ins Waschrad gebracht, von da am Flusse gespuͤlt, durch die
                              Auspreß- oder
                              Quetschmaschine genommen, aufgehangen, und scharf abgetroknet.
                           Faͤrben derselben.
                           Die so vorbereiteten Gewebe werden auf der Walzendrukmaschine mit einem etwas tief
                              gravirten Milles rayes oder Milles points Dessein vermittelst der weingeistigen
                              Anchusa-Infusion ohne alle Verdikung gedrukt, damit die Farbe auf dem Gewebe
                              zusammenfließen kann, und dadurch ein gleichfoͤrmiger (Uni) Grund erzielt
                              wird. Ich ziehe hier die Walzendrukmaschine der Grundirmaschine zum Coloriren aus
                              zwei wesentlich wichtigen Gruͤnden vor; ein Mal, weil dadurch viel
                              weingeistige Infusion gespart wird, das andere Mal, um weiße Figuren, die zuvor
                              vermittelst einer Reservage auf die vorbereitete Waare gedrukt werden, welche beim
                              nachherigen Farben und Auswaschen vollkommen weiß erscheinen, zu conserviren. Das
                              Erhaltene der weiß abgedrukten Stellen bleibt selbst unangetastet, wenn das
                              Coloriren mit dem ausgezogenen Anchusa-Pigment noch ein oder zwei Mal
                              wiederholt wird, welches in der Calicodrukerei fuͤr die Darstellung
                              colorirter Desseins in violetter Grundfarbe von der groͤßten Wichtigkeit
                              ist.
                           Durch diesen Weg lassen sich sehr schoͤne und mannigfaltige Erzeugnisse
                              darstellen, wenn von der hellsten bis in Mittelpurpurviolett variirt wird. Bei dem
                              oͤfteren Coloriren mit dem Anchusa-Pigment ist es nicht
                              noͤthig, mit frischer Vorbereitungsbasis zu unterstuͤzen, weil die
                              thonerdige Grundlage Anziehung genug besizt, so viel Pigment aufzunehmen und zu
                              binden, als zur Bildung einer satten Farbe erforderlich wird.
                           Nachdem die erste Colorirung gegeben, und die Waare ganz abgetroknet ist, lasse ich
                              sie ohne alle Vorbereitung noch ein Mal auf der Walzendrukmaschine, wie das erste
                              Mal, mit dem Anchusa-Pigment bedruken, und wiederhole dasselbe noch ein bis
                              zwei Mal, je nachdem die Grundfarbe dunkel ausfallen soll.
                           Wenn die verschiedenen Farbenabstufungen ganz nach Wunsch erreicht sind, wird die
                              Waare eine halbe Stunde lang in den Fluß oder Bach eingehangen, gut gewaschen, durch
                              ein heißes Wasserbad bei einer Temperatur von 60 bis 65° genommen,
                              gespuͤlt, ausgepreßt und abgetroknet.
                           Nach dieser Methode bieten sich stufenweise nachstehende Farbenabstufungen dar:
                           Nr. 1. Grundirte Waare vermittelst der Walzendrukmaschine, ein Mal colorirt.
                           Nr. 2. Deßgleichen, zwei Mal colorirt.
                           Nr. 3. Deßgleichen, drei Mal colorirt.
                           Nr. 4. Deßgleichen, vier Mal colorirt.
                           
                           Fuͤr ein einmaliges Coloriren brauche ich zu einem Stuͤk 5/4 Ellen
                              breiten und 52 Ellen langen Calico nicht ganz eine halbe Maaß, beilaͤufig 27
                              bis 28 Loth weingeistige Anchusa-Infusion, fuͤr ein zweimaliges das
                              doppelte, fuͤr ein dreimaliges das dreifache, und fuͤr ein viermaliges
                              das vierfache Quantum Farbematerial.
                           Bei dem gegenwaͤrtigen geringen Preise des Weingeistes und dem wohlfeilen
                              Preise der Anchusa erscheint selbst die dunkelste Grundfarbe auf diesem Wege nicht
                              zu kostspielig, zumal wenn man in Betracht zieht, daß nur feine Gewebe dafuͤr
                              verwendet werden, und die erzeugte Farbe durch eine bewunderungswuͤrdige
                              Dauerhaftigkeit sich auszeichnet.
                           Auch in der Baumwollensammt- (velvets) Drukerei,
                              wo zum Theil die Farben durch Wasserdaͤmpfe befestigt werden, lassen sich die
                              anchusavioletten Grundfarben mit Vortheil anwenden.
                           Ich gehe jezt zu den Drukfarben uͤber, deren man sich auf
                              anchusagefaͤrbte Gruͤnde in der Calicodrukerei zur Bildung geeigneter
                              Desseins bedienen kann.
                           
                        
                           Weiße Paste (weiße Reservage).
                           In 4 Maaß Wasser werden 10 Loth gereinigte Soda geloͤst, 8 Loth feingestoßenes
                              arseniksaures Kali, und 5 Loth Pfeifenerde hinzugebracht, das Ganze mit 2 Pfd. 16
                              Loth feingestoßenem und gesiebten Gummi verdikt, und vor dem Druke durch Beuteltuch
                              getrieben.
                           Diese Paste kann man auch, anstatt mit Gummi, mit Gummi und hellgebrannter Starke
                              verdiken, wo auf die angegebene Zusammensezung 10 Loth gebrannte Staͤrke, und
                              18 bis 20 Loth Gummi genommen wird.
                           Man drukt die Paste auf die mit essigsaurer Thonerde vorbereitete Waare, troknet sie
                              nach dem Druke, und colorirt mit dem Anchusa-Pigment. Diejenigen Stellen, wo
                              die Paste aufgedrukt ist, erscheinen nach dem Coloriren oraniengelb gefaͤrbt,
                              welche Farbe im Wasser verschwindet, und an deren Stelle reine weiße Objecte zum
                              Vorschein kommen.
                           
                        
                           Gelbe Applicationsfarbe.
                           3 Pfd. starke essigsaure Thonerde und 3 Pfd. Wasser werden mit 16 Loth Staͤrke
                              verkocht. Die Haͤlfte der Portion uͤber 1 Pfd. 16 Loth fein
                              gepulvertes salpetersaures Blei, die andere Haͤlfte uͤber 14 Loth
                              saures chromsaures Kali gegossen. Nach dem Erkalten werden beide Portionen wieder
                              zusammengemischt, und 28 Loth fein pulverisirte Weinsteinsaͤure
                              eingeruͤhrt.
                           
                        
                           
                           Gruͤne Applicationsfarbe.
                           Unter obiges Gelb so viel fein abgeriebenes Berlinerblau eingeruͤhrt, als man
                              die gruͤne Farbe Heller oder dunkler zu haben wuͤnscht.
                           Beide Farben werden auf die hellen Anchusagruͤnde gedrukt und nach 24 Stunden
                              die Waare im Fluß oder Bach ausgewaschen.
                           
                        
                           Helles Anchusaviolett in Silberfarb sich neigend auf
                                 Alaunbasis.
                           Fuͤr helle Anchusa-Abstufungen habe ich auch Versuche mit der
                              schwefelsauren Thonerde (Alaun) statt der essigsauren unternommen, wobei ich
                              folgendergestalt verfuhr. Zum Impraͤgniren auf der Grundirmaschine bediente
                              ich mich einer Alaunaufloͤsung, die aus 16 Pfd. Alaun in 80 Pfd. Wasser
                              bereitet worden. Nachdem die grundirte Waare 3 Tage hindurch in einem warmen Zimmer
                              aufgehangen, wurde sie, ohne zuvor ausgewaschen zu werden, mit der
                              Anchusa-Infusion auf der Walzendrukmaschine wie oben colorirt, eine halbe
                              Stunde lang in den Fluß eingehangen, und durch ein heißes Wasserbad bei 60°
                              R. genommen.
                           Wird die mit Alaun gebeizte Waare mehrere Mal mit der weingeistigen
                              Anchusa-Infusion grundirt, so werden dunkler gefaͤrbte Schattirungen
                              hervorgebracht, welche sich ruͤksichtlich ihres Farbentons von jenen obigen
                              mit essigsaurer Thonerde gebeizten unterscheiden.
                           
                        
                           Verfahren, Baumwollen- und Leinengarn mit dem Pigmente
                                 der Anchusa purpurviolett zu faͤrben.
                           Von großer Wichtigkeit ist die Anwendung des Anchusa-Pigments zum Farben der
                              baumwollenen und leinenen Gespinnste, wegen der ausgezeichnet schoͤnen und
                              hoͤchst dauerhaften purpurvioletten Schattirungen, welche damit erzeugt
                              werden. Es ist mir bis jezt kein anderes Pigment vorgekommen, das die Anchusa in
                              dieser Beziehung ersezen kann. Hinsichtlich der Aechtheit rivalisirt die
                              dunkelpurpurviolette Farbe mit dem tuͤrkischroth gefaͤrbten Garn, weil
                              dieselbe weder durch Alkalien noch Sauren wesentlich modificirt, die Farbe durch die
                              Einwirkung der Luft und des Lichts auf die Dauer nur schwach alterirt wird, und
                              daher als eine der dauerhaftesten betrachtet werden kann.
                           Die Prioritaͤt der Anwendung dieses Pigments auf baumwollene, leinene, seidene
                              und schafwollene Gespinnste glaube ich ebenfalls in Anspruch nehmen zu
                              koͤnnen, weil vor mir kein Garnfaͤrber auf den Gedanken gekommen ist,
                              das Pigment der Anchusa mit Vortheil zu verwenden.
                           In dieser Beziehung habe ich mich im Fruͤhjahre 1830 mit den Haͤusern
                              Marchall und Comp. und Stives Atkinson und Comp. zu
                              Leeds in England in Relation gesezt, und von den HH. Marchall und Comp. ein hoͤchst
                              schmeichelhaftes Schreiben, die Anerkennung meiner Erfindung betreffend, erhalten.
                              Mein Verfahren, Baumwollen- und Leinengarn in verschiedenen
                              Farbenschattirungen darzustellen, besteht in Folgendem:
                           Die gebleichten Garne lasse ich in der essigsauren Thonerde kalt beizen, auf den
                              Ringpfahl schlagen, auswinden, noch ein Mal beizen, wieder ausschlagen, auswinden,
                              breit auseinander gefacht auf Stangen abtroknen, und 2 bis 3 Tage warm erhalten,
                              wonach sie durch Wasser genommen, gut gereinigt und stark abgetroknet werden, um
                              alle Feuchtigkeit zu entfernen. Die Garne werden jezt in der weingeistigen
                              Anchusa-Infusion gefaͤrbt, recht tuͤchtig ausgewunden,
                              ausgepreßt, ausgebreitet, auf Stangen gebracht, und bei 30°
                              Luftheizungswaͤrme getroknet, eine halbe Stunde im Flusse oder Bache
                              eingehangen, zulezt durch ein heißes Wasserbad von 70° R. genommen,
                              gewaschen, gewunden und abgetroknet. In solchem Zustande zeigen sie eine
                              schoͤne, aber etwas helle purpurviolette Farbe, welche in ganz tiefes
                              Purpurviolett umgewandelt wird, wenn die Operation mit der essigsauren Thonerde und
                              dem Anchusa-Pigment noch ein oder mehrere Male auf dieselbe Weise wiederholt
                              wird.
                           Fuͤr ein Pfund baumwollen oder leinen Garnwaaren
                              ist fuͤr ein zweimaliges Beizen eine Maaß
                              essigsaure Thonerde, und fuͤr ein zweimaliges Coloriren eine Maaß weingeistige Anchusa-Infusion erforderlich.
                           
                        
                           Anwendung des Anchusa-Pigments in der
                                 Seidenzeug- und Seidengarnfaͤrberei.
                           In der Seidenzeug- und Seidensammtdrukerei, wo die Farben durch
                              Wasserdaͤmpfe theils entwikelt, theils mehr befestigt werden, nachdem
                              denselben zuvor eine alaunhaltige Basis dargeboten worden, lassen sich durch die
                              weingeistige Anchusa-Infusion vermittelst einer guten Grundirmaschine, oder
                              auch der Walzendrukmaschine glaͤnzend violette Grundfarben von der hellsten
                              bis in die dunkelste Abstufung darstellen, wenn bei der lezten das Coloriren
                              mittelst des Pigments mehrere Male wiederholt wird, wie ich bei der
                              Baumwollenzeugfaͤrberei gezeigt habe.
                           In der Seidenzeugdrukerei koͤnnen auch die weiße Passe so wie die chromgelben
                              und chromgruͤnen Applicationsfarben auf dieselbe Art, wie oben erwaͤhnt,
                              zur Bildung verschiedener colorirten Ausarbeitungen angewendet werden.
                           Ich habe das Pigment der Anchusa auch in der Seiden- und
                              Seidengarnfaͤrberei verwendet, und ausgezeichnet guͤnstige Resultate
                              erhalten. In diesem Gebiete der Faͤrberei nimmt die Anchusa eine vorteilhafte
                              Stelle ein, indem man dadurch alle Schattirungen von der hellsten bis in die tiefste
                              purpurviolette Farbe in moͤglichst groͤßter Dauerhaftigkeit darstellen
                              kann. Es zeichnen sich die verschiedenen Abstufungen nicht allein durch ihren
                              eigenthuͤmlichen Farbenglanz aus, sondern auch insbesondere noch dadurch, daß
                              die Farben eine große Aechtheit besizen, welche man durch kein anderes Pigment
                              solider darstellen kann. Nebenbei ist die Farbe wohlfeil, und die Bereitung nicht
                              umstaͤndlich. Als Vorbereitungsmittel eignet sich die essigsaure Thonerde,
                              und fuͤr abweichende Farbenschattirungen die schwefelsaure Thonerde (Alaun)
                              am besten.
                           
                        
                           Anwendung in der Schafwollenfaͤrberei.
                           Die Resultate, welche sich mir beim Faͤrben der schafwollenen Gespinnste und
                              Gewebe dargeboten, entsprachen zwar meiner fruͤher davon gehegten Erwartung;
                              ich bin jedoch geneigt zu glauben, daß die Anchusa gerade in diesem Zweige der
                              Farbekunst den geringsten Eingang finden wird, weil die Farbe uͤberaus
                              schwer, ganz gleichfoͤrmig durch alle Theile der Faser, und auf der
                              Oberflaͤche derselben darzustellen ist. Meine darin angestellten Versuche
                              bestehen in Folgendem:
                           Ein Pfund weißgebleichtes schafwollenes Strikgarn wurde mit 7 Loth Alaun und 3 Loth
                              Weinstein in einer angemessenen Portion Wasser angesotten, nach dem Ansieden und
                              einigem Erkalten das Garn ausgedruͤkt und gut abgetroknet. Die eine
                              Haͤlfte ließ ich auswaschen, und wieder gut abtroknen. Ich brachte nun beide
                              halbe Pfunde in die weingeistige Pigmentaufloͤsung, druͤkte sie
                              mehrere Male darin aus, um eine gleichfoͤrmige Farbenaufnahme zu bezweken,
                              und troknete sie ab. In diesem Zustande erschienen beide in einer Art Lachsfarbe, die sich einer matten ziegelrothen Farbe
                              naͤherte. Nach dem Auswaͤssern und Durchnehmen im heißen Wasserbade
                              aͤnderte sich die Schattirung in Lilasfarbe um. Wurde die Operation des
                              Ansiedens und Faͤrbens noch ein bis zwei Mal wiederholt, so erhielt ich statt
                              purpurvioletten Nuancen, Farbenabstufungen, welche mehr ins Kirschbraune
                              uͤbergingen.
                           Gebleichte schafwollene Stoffe mit der essigsauren Thonerde kalt impraͤgnirt,
                              getroknet, nachgehends gut ausgewaschen, wieder getroknet, und mit weingeistigem
                              Anchusa-Pigment colorit, erscheinen nach dem Abtroknen
                              roͤthlichviolett. Durch Auswaschen im Wasser und Durchnehmen im heißen
                              Wasserbade aͤndert sich die Farbe in ein bleibendes Purpurviolett um, welches
                              um so satter und dunkler in der Abstufung gewonnen werden kann, als das Beizen und
                              Coloriren noch ein oder zwei Mal wiederholt wird.
                           Aus diesen Versuchen geht fuͤr die Schafwollenfaͤrberei hervor:
                           1) Daß die mit der essigsauren Thonerde kalt gebeizten schafwollenen Stoffe in der
                              weingeistigen Anchusa-Infusion eine bessere violette Farbe annehmen, als die
                              mit Alaun und Weinstein angesottenen.
                           2) Daß, wenn die Stoffe eine schoͤne dunkelviolette Farbe erhalten sollen, das
                              Impraͤgniren und Farben zwei bis drei Mal wechselsweise wiederholt werden
                              muß.
                           3) In der Schafwollenfaͤrberei hat man insbesondere darauf Acht zu geben, daß
                              die Stoffe sowohl beim Grundiren als Faͤrben sehr sorgfaͤltig
                              manipulirt werden, wodurch einzig und allein eine sittenlose ganz
                              gleichfoͤrmige Farbe erzielt werden kann.
                           Ungarn und einige andere Provinzen des
                              oͤstreichischen Kaiserstaates bieten durch den Handel die Anchusa tinctoria in solcher Menge dar, daß selbst ein
                              großer Theil des Auslandes damit versehen wird. Es ist daher in
                              staatsoͤkonomischer Beziehung um so wuͤnschenswerther, jenem
                              einheimischen Landesproducte eine moͤglichst ausgedehntere Verwendung in
                              unseren eigenen Faͤrbereien zu verschaffen, wodurch die Erzeugung vermehrt,
                              und der Absaz um so dauernder gesichert wird.