| Titel: | Ueber einige an der Flamme wahrnehmbare Erscheinungen. Von Hrn. J. O. N. Rutter Esq. | 
| Fundstelle: | Band 53, Jahrgang 1834, Nr. XXXVI., S. 186 | 
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                        XXXVI.
                        Ueber einige an der Flamme wahrnehmbare
                           Erscheinungen. Von Hrn. J. O. N.
                              Rutter Esq.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No.
                              564.
                        Ueber einige an der Flamme wahrnehmbare Erscheinungen.
                        
                     
                        
                           Der Zwek der Abhandlung, welche ich hier vorzulegen die Ehre habe, liegt in der
                              Zusammenstellung mehrerer Versuche, welche ich mit verschiedenen Flammen anstellte,
                              und die vielleicht zur Erlaͤuterung mancher der dabei wahrnehmbaren
                              Erscheinungen beitragen duͤrften. Durch Anwendung der Lehren Newton's auf dieselben waͤre es vielleicht
                              moͤglich, daß sich manche lehrreiche und wichtige Schluͤsse daraus
                              ziehen ließen. Es ist sehr angenehm und zuweilen auch sehr geeignet, unter dem
                              Einflusse großer Namen Schuz zu suchen; allein eben dieses Verfahren fuͤhrt
                              gerade bei schwierigen Gegenstaͤnden oft Irrthuͤmer mit sich, die sich
                              dann unendlich lange fortpflanzen. Wenn man daher auf anerkannte Schwierigkeiten
                              stoͤßt, so duͤrfte es immer am besten seyn, ihnen ernstlich zu
                              begegnen, sie streng zu untersuchen, und wo moͤglich nicht eher zu ruhen, als
                              bis sie beseitigt sind. Leider wird aber selbst von großen Gelehrten gerade das
                              Gegentheil befolgt; abgesehen von den Buͤchercompilatoren, die nur zu oft die
                              Worte anderer aufnehmen, ohne sie irgend einer genaueren Pruͤfung zu
                              unterwerfen.
                           Da mir Syms und Davies
                              Abhandlungen uͤber die Flamme, auf welche sich Dr.
                                 Thompson in seinem Werke uͤber Waͤrme und Elektricitaͤt bezieht,
                              nicht zur Hand sind, so kann ich nicht ermitteln, ob nicht die einen oder die
                              anderen der Versuche, die ich folgen lassen will, bereits bekannt sind. Jedenfalls
                              hoffe ich, daß mir meine Vorgaͤnger nicht in allen Dingen vorausgeeilt seyn
                              werden.
                           1) Wenn man ein Stuͤk Drahtgitter allmaͤhlich auf die Flamme einer
                              Wachs- oder Talgkerze herabsenkt, so wird der Durchschnitt der Flamme von
                              Oben betrachtet wie ein leuchtender Ring erscheinen, der den Docht umgibt, ohne
                              jedoch mit demselben in Beruͤhrung zu stehen.
                           2) Eine Steinkohlengasstamme (coalgas-flame) wird
                              sich auf aͤhnliche Weise verhalten, und man sieht daher die Muͤndung,
                              aus welcher das Gas austritt, sehr deutlich im Inneren der Flamme.
                           3) Bringt man das Drahtgitter nach demselben Verfahren auf eine Steinkohlengasflamme,
                              die aus einem Argand'schen Brenner emporsteigt, so zeigt
                              der Durchschnitt der Flamme zwei verschiedene und getrennte Lichtringe, deren
                              Entfernung von einander durch die Dike des Brenners bestimmt wird.
                           4) Wendet man eine Argand'sche Lampe mit einem in Oehl
                              gespeisten Dochte an, so wird die Entfernung der beiden Ringe von einander durch die
                              Dike des Dochtes bestimmt werden.
                           5) Schließt man die Luft von dem Inneren eines Argand'schen Brenners ab, so wird die Flamme, sie mag durch Gas oder durch
                              Oehl unterhalten werden, wenn sie vorher cylindrisch war, nun eine
                              kegelfoͤrmige Gestalt annehmen; und wenn dann in diesem Falle das Drahtgitter
                              auf die Flamme herab bewegt wird, so wird sich, wie bei dem Versuche 1 und 2 ein
                              Lichtring zeigen, der der aͤußeren Oberflaͤche des Dochtes oder des
                              Brenners (3, 4) entspricht.
                           6) Die Weingeist- und Wasserstoffgasstamme zeigt in jeder Hinsicht dieselben
                              Erscheinungen, welche unter 1, 2, 3, 4 und 5 angegeben wurden: abgesehen jedoch von
                              der Qualitaͤt des Lichtes.
                           7) Phosphor zeigt, wenn er in Beruͤhrung mit der Atmosphaͤre
                              entzuͤndet wird, und wenn man dann das Drahtgitter auf dessen Flamme herab
                              bewegt, einen Lichtring. Dieser Versuch erfordert einige Sorgfalt und
                              Geschiklichkeit; doch kann man die Undurchsichtigkeit der Flamme sehr genau und
                              auffallend erkennen.
                           8) Wenn man ein 3/4 Zoll langes Stuͤk einer Wachskerze nimmt, dasselbe in eine
                              Gasroͤhre von gleicher Laͤnge einsezt, und als Fußgestell dieser
                              Roͤhre dann eine Korkscheibe von solcher Groͤße anwendet, als sie
                              noͤthig ist, um dem Apparate Staͤtigkeit zu geben; wenn man ferner in
                              einem Abdampfschaͤlchen einige Baumwollfaden so zusammenwindet, daß sie einen
                              Ring von 2 Zollen im Durchmesser und von 3/4 Zoll Hoͤhe bilden; wenn man
                              endlich diesen Ring mit Alkohol saͤttigt, die Wachskerze anzuͤndet, sie in die Mitte des
                              Ringes bringt, und den Alkohol nun gleichfalls entzuͤndet, so wird die
                              Wachskerze verloͤschen. Die Hize im Inneren der Alkoholflamme wird so
                              intensiv seyn, daß das Wachs verdampft, und dieser Dampf selbst wieder zersezt und
                              an der Spize der Alkoholflamme entzuͤndet wird, wodurch dann die Flamme einen
                              ganz charakteristischen Glanz mitgetheilt erhaͤlt. Dabei ist jedoch zu
                              bemerken, daß der Docht der Wachskerze selbst nicht in Entzuͤndung
                              geraͤth, wenn das ganze Verfahren gehoͤrig geleitet wird. Wenn dieser
                              Versuch gelingen soll, so muß jedoch alle Bewegung der umgebenden Atmosphaͤre
                              vermieden werden, d.h. man darf weder in dem Zimmer auf und nieder gehen, noch tue
                              Thuͤre oͤffnen oder schließen, noch in der Naͤhe der
                              Alkoholflamme zu frei und zu stark athmen. Bei allen diesen Vorsichtsmaßregeln wird
                              man uͤbrigens doch wahrscheinlich finden, daß die Flamme in Folge einer
                              Stroͤmung von verduͤnnter Luft bestaͤndig flakert, und daß sie
                              abwechselnd erlischt und wieder aufbrennt, je nachdem die Unstaͤtigkeit der
                              Flamme vorherrscht oder abnimmt.
                           9) Wenn man statt einer Wachskerze ein Stuͤkchen Phosphor in ein kleines
                              metallenes Loͤffelchen gibt, dasselbe entzuͤndet, und in das Innere
                              der Alkoholflamme bringt, so wird der Phosphor verloͤschen; zieht man ihn
                              augenbliklich wieder zuruͤk, so wird er sich wieder entzuͤnden, um,
                              wenn man ihn abermals in die Flamme bringt, neuerdings wieder zu verloͤschen.
                              Auch hier wird der Phosphor verdampfen, und dessen Dampf wird sich
                              entzuͤnden, so wie er an der Spize der Weingeistflamme mit Sauerstoff in
                              Verbindung tritt. Ist der Phosphor vorher nicht gehoͤrig getroknet worden, so
                              werden nach allen Seiten kleine Theilchen desselben geschleudert werden, und diese
                              Theilchen werden sich entzuͤnden, so wie sie mit der aͤußeren
                              Atmosphaͤre in Beruͤhrung kommen.
                           10) Man kann diesen Versuch auch so abaͤndern, daß man in das Innere der
                              Alkoholflamme (8) ein kleines metallenes Schalchen mit Alkohol, Aether oder
                              Terpenthingeist bringt. Hiebet werden sich auch diese Substanzen
                              verfluͤchtigen; allein sie werden sich in dem Schalchen gewiß so lange nicht
                              entzuͤnden, als die Flamme ihre kegelfoͤrmige Gestalt
                              beibehaͤlt.
                           11) Wenn man Phosphor (9) in den Mittelpunkt der Flamme eines Argand'schen Brenners, zu welcher die atmosphaͤrische Luft Zutritt
                              hat, bringt, so wird er sich daselbst entzuͤnden; verhindert man jedoch den
                              weiteren Zutritt der Luft, so wird die Flamme kegelfoͤrmig werden (5), und
                              der Phosphor verloͤschen.
                           12) Ein noch merkwuͤrdigeres Resultat erhaͤlt man, wenn man den lezten
                              Versuch in einem mit Steinkohlengas gespeisten Argand'schen Brenner, an welchem der Zutritt der Luft zum Inneren verhindert ist, wiederholt.
                              Entzuͤndet man naͤmlich den Phosphor und bringt man ihn in das Innere
                              der Gasflamme, so wird er verloͤschen; so wie man aber den Zutritt von Gas
                              abschließt, wird sich der Phosphor entzuͤnden, waͤhrend er neuerdings
                              wieder verloͤschen wird, wenn man wieder Gas zutreten laͤßt. Wendet
                              man Alkohol, Aether oder Terpenthingeist in einem mit Oehl oder Steinkohlengas
                              gespeisten Argand'schen Brenner an, so werden die sich
                              ergebenden Resultate aus den bei 8 angegebenen Ursachen gleichfoͤrmiger und
                              genuͤgender ausfallen, als mit einer großen Alkoholflamme.
                           13) Eine in das Innere der Flamme einer Argand'schen Lampe
                              gebrachte angezuͤndete Wachskerze wird in derselben so lange fortbrennen, als
                              die Luft Zutritt zu derselben hat; so wie man die Luft hingegen abschließt (5), wird
                              die Wachskerze augenbliklich verloͤschen. Man kann diesen Versuch auch in der
                              Art abaͤndern, daß man statt der Wachskerze einen Strom Steinkohlengas
                              anwendet; in beiden Faͤllen sind die Resultate gleich.
                           14) Wenn man einen gewundenen Platindraht uͤber eine Weingeistflamme
                              haͤlt, so wird derselbe zum Gluͤhen kommen; dieses Gluͤhen wird
                              jedoch sogleich aufhoͤren, so wie man den Draht in das Innere der Flamme
                              bringt. Noch deutlicher wird dieß, wenn man eine Weingeistlampe mit einem Argand'schen Dochte anwendet. Das Gluͤhen des
                              Drahtes kann uͤbrigens hervorgebracht oder verhindert werden, je nachdem der
                              Luft Zutritt gestattet wird oder nicht (11).
                           15) Man kann statt des Argand'schen Dochtes auch einen
                              gewoͤhnlichen, aus Baumwollfasern gebildeten Docht von 1 Zoll im Durchmesser
                              anwenden und denselben mit Talg, Oehl oder Weingeist speisen. Die Erscheinungen
                              werden bei einem solchen Dochte ganz dieselben seyn, wie die bei 5, 8, 9, 10
                              beschriebenen.
                           16) Wenn man einen Strom Sauerstoffgas von Unten in das Innere einer
                              kegelfoͤrmigen Flamme (5, 6, 15) treibt, so wird sich eine Flamme in der
                              anderen zeigen.
                           17) Ein Strom Sauerstoffgas oder atmosphaͤrische Luft erzeugt, wenn er auf
                              Phosphor, Aether, Alkohol, Terpenthingeist, Kohlengas oder eine Wachskerze getrieben
                              wird, eine Entzuͤndung, welche jedoch nur so lange waͤhrt, als das
                              Zustroͤmen dieser beiden Gasarten anhaͤlt.
                           18) Wenn man irgend eines der eben erwaͤhnten Materialien mit dem inneren oder
                              aͤußeren Theile einer Talg-, Oehl-, Alkohol- oder
                              Gasflamme in Beruͤhrung bringt, so wird sich dasselbe entzuͤnden;
                              allein deren Verbrennung wird minder vollkommen und minder kraͤftig seyn,
                              wenn man sie in die Flamme eines anderen Koͤrpers einhuͤllt, als sie ist,
                              wenn man sie unter gewoͤhnlichen Umstaͤnden und in Beruͤhrung
                              mit der atmosphaͤrischen Luft entzuͤndet.
                           19) Die Flamme eines explodirenden Gemisches aus Steinkohlen- und
                              Sauerstoffgas hat eine blaßblaue Farbe; und je groͤßer das Verhaͤltniß
                              des Sauerstoffgases innerhalb der SaͤttigungsgraͤnzenIch bediene mich dieses Ausdrukes, weil ich keinen besseren kenne, und
                                    verstehe darunter jene Verhaͤltnisse des Sauerstoffgases zum
                                    Steinkohlengase, die der Entzuͤndung oder Explosion am
                                    zutraͤglichsten sind.A. d. O., um so kleiner ist die Flamme, und um so blasser ist ihre Farbe, im
                              Vergleiche mit einem gleichen Volumen brennenden Steinkohlengases. Aehnliche
                              Erscheinungen ergeben sich auch mit einem Gemenge von Steinkohlengas und
                              atmosphaͤrischer Luft; doch ist hier die Flamme etwas dunkler.
                           20) Es ist beinahe unnoͤthig zu bemerken, daß die Flamme eines explodirenden
                              Gemenges aus Sauer- und Wasserstoffgas so blaß ist, daß man sie am Tage kaum
                              wahrnimmt.
                           21) Wenn man einen Strom Wasserstoffgas an der Spize eines Gasschnabels
                              entzuͤndet, so kann man sich, indem man wie bei 2 ein Drahtgitter auf die
                              Flamme herabsenkt, uͤberzeugen, daß sie hohl ist. Laͤßt man aus einem
                              aͤhnlichen Gasschnabel in gleicher Richtung, und in unmittelbarer
                              Beruͤhrung mit dem Wasserstoffe einen Strom Sauerstoffgas austreten, so wird
                              die Flamme ungeachtet der groͤßeren Quantitaͤt Gas, welche sie
                              erhaͤlt (indem auf 1 Volumen Wasserstoffgas 1 Volumen Sauerstoffgas kommt),
                              unmittelbar darauf bedeutend kleiner und im Inneren nicht mehr hohl erscheinen. In
                              der reinen Wasserstoffflamme befindet sich die groͤßte Hize an dem Ende oder
                              an der Spize des Kegels; nicht so verhalt es sich hingegen mit der
                              Sauerstoff-Wasserstoffstamme, deren heißeste Punkte sich in der Naͤhe
                              der Basis des Flammenkegels, d.h. da befinden, wo die groͤßten
                              Quantitaͤten der beiden Gase zuerst in chemische Verbindung mit einander
                              treten:
                           22) Aus der Analyse des Steinkohlengases ergibt sich, daß es, wenn es gut ist (d.h.
                              wenn es ein specifisches Gewicht von 475–550 hat), auf ein Volumen zur
                              vollkommenen Verbrennung beinahe 2 Volume Sauerstoffgas erfordert. Das eine Volumen
                              verbindet sich naͤmlich mit einem gleichen Volumen Kohlenstoff und erzeugt
                              Kohlensaͤure; waͤhrend sich das andere Volumen mit 2 Volumen
                              Wasserstoff (die im gekohlten Wasserstoffgase auf ein Volumen verdichtet enthalten
                              sind) verbindet und Wasser bilden.
                           23) Aus der Analyse des Steinkohlengases ergibt sich ferner die Natur mancher
                              explodirender Gasgemenge, und besonders des Gemenges von gekohltem Wasserstoffgase
                              und atmosphaͤrischer Luft.
                           
                           Wenn sich die relativen Verhaͤltnisse oder Volume von brennbarem Gase zu jenen
                              der Luft wie 1 zu 5 verhalten, so gibt das Gemenge keine Explosion; wird aber die
                              Quantitaͤt der Luft allmaͤhlich bis auf 10 oder 12 Volume vermehrt, so
                              detonirt das Gemenge bei jedem neu hinzukommenden Volumen, d.h. bis es den
                              Saͤttigungspunkt erreicht hat, mit steigender Heftigkeit.Wenn z.B. 100 Kubikzoll Kohlengas mit 500 Zoll atmosphaͤrischer Luft
                                    vermengt werden, so wird das Gemenge nicht explodiren, indem es nicht so
                                    viel Sauerstoff enthaͤlt, als zur Unterhaltung der Verbrennung
                                    erforderlich sind: denn 500 Kubikzoll atmosphaͤrische Luft enthalten
                                    bloß 100 Kubikzoll Sauerstoffgas, waͤhrend 100 Kubikzoll
                                    Steinkohlengas 200 Kubikzoll Sauerstoff zur vollkommenen Verbrennung
                                    brauchen. Werden hingegen 100 Zoll Steinkohlengas mit 1000 Theilen Luft
                                    vermengt, so wird das Gemenge explodiren, weil das zur Entzuͤndung
                                    und Explosion erforderliche Verhaͤltniß des brennbaren Gases zu jenem
                                    Gase, welches die Verbrennung unterhalt, vorhanden ist. Wenn ein Volumen
                                    Steinkohlengas oder ein Volumen explodirendes Gas der Steinkohlengruben in
                                    einem zwischen 5 und 10 Volumen wechselnden Verhaͤltnisse mit Luft
                                    vermengt wird, so wird das dadurch entstehende Gemenge explodiren)
                                    uͤbersteigt dieses Verhaͤltniß jedoch 12 bis 12 1/2 Volume, so
                                    wird die Explosionsfaͤhigkeit verschwinden, indem ein Ueberschuß an
                                    Sauerstoff zu demselben Resultate fuͤhrt, wie ein Mangel daran.A. d. O.
                              
                           24) Jene Gasgemenge, deren Verhaͤltnisse am meisten zur Bildung neuer
                              Verbindungen geeignet sind, detoniren oder explodiren mit groͤßter
                              Heftigkeit, und umgekehrt.
                           25) Explodirende Gemenge aus Kohlengas oder gekohltem Wasserstoffgase und Sauerstoff
                              sind denselben Gesezen unterworfen wie Gemenge derselben Gasarten mit
                              atmosphaͤrischer Luft. Erstere explodiren gleichfoͤrmiger und
                              schneller als leztere, indem in ersterem Falle die entzuͤndlichen Theilchen
                              in viel innigerer Beruͤhrung mit dem Sauerstoffe sind, als in lezterem, wo
                              auch noch Stikstoff dazwischen tritt.
                           26) Jene explodirenden Gasgemenge, die am meisten zur Bildung neuer Verbindungen
                              geeignet sind, entzuͤnden sich am leichtesten, wenn sie durch enge
                              Roͤhren oder durch die Zwischenraͤume eines Drahtgitters treten. Dieß
                              erklaͤrt sich auch sehr leicht dadurch, wenn man bedenkt, daß sich die
                              Elemente der Verbrennung hier unter den guͤnstigsten Verhaͤltnissen
                              befinden, so daß zu deren Verbrennung also kein neuer Sauerstoff von Außen
                              hinzuzutreten braucht.
                           27) Wenn man auf die Flamme einer Kerze, einer Lampe oder eines Kohlengasschnabels
                              ein Loͤthrohr einwirken laͤßt, so wird die Hize groͤßer seyn,
                              wenn man den Luftstrom in der Naͤhe der Basis durch die Flamme treibt, als
                              sie ist, wenn man den Luftstrom nur auf den oberen Theil oder auf die Spize der
                              Flamme wirken laͤßt. Jeder Kuͤnstler und Arbeiter, der sich des
                              Loͤthrohres zu bedienen Gelegenheit hat, wird dieß bestaͤtigen.
                           28) Wenn man ein Stuͤk Drahtgitter durch die Basis, d.h.  durch den blauen Theil der
                              Kohlengasflamme bewegt, so wird das Gas sowohl uͤber, als unter dem
                              Drahtgitter ununterbrochen fortbrennen, und an der unteren Flaͤche des
                              Gewebes kein Kohlenstoff abgesezt werden; ebensowenig wird auch die Flamme
                              uͤber dem Drahtgitter Kohlenstoff frei werden lassen. Ein ganz anderes
                              Resultat ergibt sich hingegen, wenn man das Drahtgitter nach Aufwaͤrts
                              bewegt, und in der Naͤhe der Spize der Flamme haͤlt; hier sezt sich
                              naͤmlich an der unteren Flache des Drahtgitters Kohlenstoff in Menge ab, die
                              Flamme uͤber demselben verlischt, und in dem Maße, als das Drahtgitter erhizt
                              wird, steigt ein dichter Kohlenstoffdampf, welcher entzuͤndet werden kann,
                              durch dasselbe.
                           29) Dieser Versuch kann verschieden abgeaͤndert werden, je nachdem man statt
                              der Steinkohlengasflamme eine Wachskerze, eine gewoͤhnliche Talgkerze oder
                              eine Oehllampe anwendet. Man kann in diesem Falle ein Stuͤk Schreibpapier
                              oder ein Kartenblatt durch den blauen Theil einer Flamme bewegen, ohne daß dasselbe
                              dadurch beschmuzt wird; man kann dasselbe mit gleichem Erfolge auch in der Mitte der
                              Flamme thun; allein so wie man das Papier oder das Kartenblatt in die Naͤhe
                              der Flammenspize bringt, wird es auch durch Ablagerung von freiem Kohlenstoffe
                              geschwaͤrzt werden. Wenn man das Kartenblatt endlich uͤber die Flamme
                              haͤlt, so wird es nicht schwarz werden, zum Beweise, daß kein freier
                              Kohlenstoff in die Luft entweicht. Das Papier oder das Kartenblatt darf jedoch bei
                              diesen Versuchen nur einen Augenblik lang in die Flamme gehalten werden, und ist
                              sogleich wieder zu entfernen; auch ist die Flamme so zu puzen, daß sie nicht
                              raucht.
                           30) Eine gleiche Quantitaͤt Sauerstoff verbindet sich unter sehr verschiedenen
                              Umstaͤnden mit einer gegebenen Quantitaͤt Steinkohlengas oder
                              gekohltem Wasserstoffgase, und erzeugt in dem einen Falle ein sehr schwaches, in dem
                              anderen hingegen ein sehr glaͤnzendes Licht. Wenn z.B. zwei Volume
                              Sauerstoffgas mit einem Volumen Steinkohlengas vermengt werden, und wenn man das
                              Gemenge, so wie es aus dem Schnabel entweicht, entzuͤndet, so wird die Flamme
                              klein und blaßblau seyn, und nur ein sehr schwaches Licht (19) entwikeln. Ein
                              Volumen Steinkohlengas mit 10 Volumen Luft vermengt erzeugt hingegen eine
                              aͤhnliche Wirkung; nur ist die Flamme etwas dunkler gefaͤrbt. Wenn man
                              Steinkohlengas in einer aus Sauerstoff bestehenden Luft entzuͤndet, so wird
                              die Flamme wie bekannt groͤßer und ihr Licht blendender, als
                              gewoͤhnlich, und dabei verbindet sich doch nur eben so viel Sauerstoff mit
                              einer bestimmten Menge brennbaren Gases, als sich in den beiden ersteren
                              Faͤllen damit verbindet. Die zusammengesezten Koͤrper oder
                              Verbindungen, die hiebei
                              als Resultate zum Vorscheine kommen, sind in saͤmmtlichen Faͤllen
                              gleich (22).Ich beziehe mich bei diesen Versuchen so haͤufig auf das
                                    Steinkohlengas, weil die Beleuchtung mit diesem Gase selbst in den kleineren
                                    Provincialstaͤdten Englands von Tag zu Tag mehr zunimmt; ich verwahre
                                    mich uͤbrigens gegen, die Anwendung des Namens gekohltes
                                    Wasserstoffgas als synonym von Steinkohlengas.A. d. O. Die Erscheinungen, welche bei der Verbrennung des Steinkohlengases unter den
                              gewoͤhnlichen Umstaͤnden Statt finden, sind Jedermann bekannt.
                           31) Wenn man mit einem explodirenden Gemenge von Steinkohlengas und Sauerstoff oder
                              atmosphaͤrischer Luft dieselben Versuche mit dem Drahtgitter und dem
                              Kartenblatte wiederholt, die oben bei 28 und 29 angegeben wurden, so wird man
                              finden, daß in keinem Theile der Flamme, weder innerhalb noch uͤber
                              derselben, freier Kohlenstoff abgesezt wird.
                           32) Wenn auf eine Steinkohlengasflamme ein starker Luftstrom geleitet wird, so wird
                              sich die Groͤße der Flamme alsogleich vermindern; auch wird dieselbe dann
                              alle die Eigenschaften der Flamme eines explodirenden Gasgemenges (19, 31)
                              beurkunden.
                           33) Bei aufmerksamer Beobachtung der Verbrennung eines explodirenden Gasgemenges von
                              Steinkohlengas oder gekohltem Wasserstoffgase und atmosphaͤrischer Luft in
                              einer Sicherheitslampe wird man bemerken, wie schnell die Flamme des Dochtes
                              erlischt; und man wird, wie ich uͤberzeugt bin, nicht laͤugnen, daß
                              dieß durch den Mangel an Sauerstoffgas bewirkt wird.
                           34) Man kann sich schon durch das Gesicht allein uͤberzeugen, daß die Flamme
                              des Gemenges innerhalb der Lampe hohl ist. Die Flamme wird zwar gegen die Spize der
                              Lampe zuweilen glaͤnzender werden, als an irgend einem anderen Theile; allein
                              weit haͤufiger wird sich aus der Spize der Lampe freier Kohlenstoff oder
                              Rauch entwikeln.
                           35) Auf die Frage, woher der Glanz der Flamme an dem oberen Theile der Lampe, oder in
                              Ermangelung derselben der freie Kohlenstoff oder Rauch komme, antworte ich, daß,
                              waͤhrend das explodirende Gemenge innerhalb des Gehaͤuses brennt, die
                              entwikelte Hize zur Verdampfung des Oehles in dem Behaͤlter der Lampe
                              hinreichen wird. Dieser Dampf nimmt wenigstens zum Theil das Innere der Flamme ein,
                              und wird in Oehlgas verwandelt; und wenn in dem explodirenden Gemenge eine große
                              Quantitaͤt Sauerstoff enthalten ist, so wird ein Theil des Gases zersezt
                              werden und dadurch den eigenthuͤmlichen Glanz der Flamme erzeugen. Ist
                              hingegen nur eine geringe Quantitaͤt Sauerstoff gegenwaͤrtig, so wird
                              das frei werdende
                              Oehlgas, obschon es zersezt wird, nicht leuchten, und hieraus wird die Abscheidung
                              von freiem Kohlenstoffe oder die Erzeugung von Rauch folgen.
                           36) Daß die hier aufgestellte Ansicht von der Verdampfung des Oehles richtig ist,
                              davon kann man sich leicht uͤberzeugen, wenn man bei einem aͤhnlichen
                              Gemenge explodirender Gasarten zwei Sicherheitslampen anwendet, an deren einer der
                              Docht und der Oehlbehaͤlter auf die gewoͤhnliche Weise angebracht
                              sind, waͤhrend die andere mit einem temporaͤren Wachsdochte, der sich
                              an dem Behaͤlter (in welchem jedoch kein Oehl enthalten) befindet,
                              ausgestattet ist. Die Wiederentzuͤndung des Dochtes bei dem abermaligen
                              Zutritte des Sauerstoffgases zu der mit Oehl gefuͤllten Lampe wird unter
                              diesen Umstaͤnden vollkommen verstaͤndlich seyn (16, 17).
                           37) Ein explodirendes Gasgemenge wird innerhalb einer Sicherheitslampe so lange ruhig
                              brennen, und ohne das Drahtgitter auf einen Grad zu erhizen, bei welchem die
                              umgebende explodirende Luft entzuͤndet wird, als die Atmosphaͤre ruhig
                              und unbewegt bleibt; wird die Lampe hingegen einem Strome explodirender Gase
                              ausgesezt, so wird die Flamme innerhalb der Lampe gegen das Drahtgitter der
                              entgegengesezten Seite getrieben, wo dann dasselbe so stark erhizt wird, daß die
                              Flamme hindurchtreten und die aͤußere atmosphaͤrische Luft
                              entzuͤnden kann.
                           38) Jene explodirenden Gasgemenge, deren Mischungsverhaͤltnisse zwei Volumen
                              Wasserstoff und einem Volumen Sauerstoff am naͤchsten kommen, geben bei der
                              Verbrennung und bei einem bestimmten Volumen des Gemenges die groͤßte Hize.
                              Hieraus erhellt also von selbst, daß die relativen Verhaͤltnisse eines
                              dritten Elementes, wie z.B. jenes des Kohlenstoffes in dem gekohlten
                              Wasserstoffgase, jenes des Stikstoffes in der atmosphaͤrischen Luft die
                              specifische Temperatur der Gasgemenge, in welchen sie enthalten sind, bestimmen
                              werden.
                           39) Die Sicherheit, die die Anwendung eines aus Drahtgitter verfertigten
                              Gehaͤuses gegen die Explosionen gewaͤhrt, ist nicht bloß dem
                              Ausstrahlungsvermoͤgen des Metalles zuzuschreiben. Die Temperatur irgend
                              eines Theiles einer großen cylindrischen Flamme eines detonirenden Gemenges, welches
                              ruhig im Inneren einer Sicherheitslampe brennt, wird viel geringer seyn, als jene,
                              die sich bei der Verbrennung derselben Materialien unter verschiedenen
                              Umstaͤnden ergibt. Die Verdampfung des Oehles (35) wird einen Theil der Hize,
                              die durch die Verbindung der Gase entwikelt wird, verzehren. Uebrigens verdient aber
                              auch noch ein anderer Umstand besondere Beruͤksichtigung. Waͤhrend
                              naͤmlich ein Strom explodirenden Gases durch die Zwischenraͤume des Drahtgitters an der
                              Basis des Gehaͤuses eintritt, ein Strom, der sowohl wegen seiner Temperatur,
                              als wegen seiner Richtung, die umgebende Luft nicht wohl entzuͤnden kann
                              –, muß in der Naͤhe des Scheitels der Lampe nothwendig ein
                              aͤhnlicher Strom von nicht explodirenden Substanzen, naͤmlich von
                              Wasserdampf, kohlensaurem Gase, freiem Kohlenstoffe und Stikstoff
                              ausstroͤmen.Die verhaͤltnismaͤßig niedrige Temperatur der Flamme der
                                    explodirenden Gasgemenge in den Steinkohlengruben ist ohne Zweifel großen
                                    Theils den großen Quantitaͤten Stikgas, die in diesen Gemengen
                                    enthalten ist, zuzuschreiben.A. d. O. Nur wenn diese beiden ruhigen Stroͤmungen durch ein
                              ploͤzliches Eindringen und durch eine staͤrkere Bewegung der
                              explodirenden Atmosphaͤre oder einer verhaͤltnißmaͤßig
                              kuͤhlen Luft gestoͤrt werden, wird eine Explosion erfolgen.
                           40) Die Erscheinungen, die sich bei der ruhigen Verbindung explodirender Gemenge bei
                              einer Temperatur, welche zu deren Entzuͤndung nicht hinreicht, ergeben, sind
                              so zahlreich und so interessant, daß sie eine eigene Beruͤksichtigung
                              verdienen, besonders wenn man sie in Verbindung mit Faraday's neuesten Versuchen uͤber die Wirkung des Platins auf
                              gasartige Koͤrper betrachtet.
                           41) Nachdem ich nun mehrere auf die Flamme bezuͤgliche Phaͤnomene mit
                              einer Genauigkeit und Kleinlichkeit erwogen, die vielleicht Manchem unnoͤthig
                              vorkommen duͤrfte, will ich nun betrachtend in wie fern diese Thatsachen die
                              von Davy und anderen beruͤhmten Schriftstellern
                              uͤber die Flamme aufgestellten Theorien unterstuͤzen und
                              erlaͤutern.
                           42) Davy sagt in seiner Abhandlung uͤber die
                              Sicherheitslampe S. 46: „Die Flamme der brennbaren Stoffe muß in allen
                                 Faͤllen als eine Verbrennung eines explodirenden Gemenges aus
                                 entzuͤndbarem Gase oder Dampf und Luft betrachtet werden; denn man kann
                                 dieselbe unmoͤglich fuͤr eine bloße Verbrennung an der
                                 Beruͤhrungsoberflaͤche der entzuͤndbaren Substanz halten.
                                 Ein Beweis hiefuͤr ist, daß, wenn man eine Wachskerze oder ein
                                 Stuͤk brennenden Phosphor in eine große Weingeiststamme haͤlt, die
                                 Flamme der Kerze sowohl, als des Phosphors im Inneren der Weingeistflamme
                                 sichtbar seyn wird: zum offenbaren Beweise, daß selbst im Inneren der Flamme
                                 Sauerstoff enthalten ist.“
                              Dr. Ure fuͤhrt in der vierten, 1831 erschienenen
                              Ausgabe seines Dictionary of Chemistry unter dem Artikel
                              Combustion S. 357 denselben Saz woͤrtlich auf
                              und gibt ihm seine Zustimmung. Ebendieß thut auch Graham
                              in der zweiten Ausgabe seines Chemical Catechism S. 589
                              mit folgendem Beisaze: „. Die Flamme hat eine kegelfoͤrmige
                                 Gestalt, weil die groͤßte Hize im Mittelpunkte des entzuͤndbaren Gemenges
                                 Statt findet.“
                              Dr. Thompson sagt S. 309 in seiner Abhandlung
                              uͤber Waͤrme und Elektricitaͤt: „Die Flamme besteht
                                 in einer raschen Verbrennung einer verfluͤchtigten Substanz. Der Talg
                                 oder das Wachs wird geschmolzen und in die Spize des Kerzendochtes emporgezogen,
                                 um dort in Dampf verwandelt zu werden, und dann als solcher in Form einer
                                 Saͤule emporzusteigen. Dieser Dampf wird so stark erhizt, daß er sich
                                 schnell mit dem Sauerstoffe der ihn umgebenden Luft verbindet; und die hiedurch
                                 entwikelte Hize ist so groß, daß der Dampf bis zum Weißgluͤhen kommt. Die
                                 Flamme ist also bloß eine bis zum Weißgluͤhen erhizte, fluͤchtige,
                                 brennende Substanz. Die Verbrennung kann bloß in jenem Theile der heißen
                                 Dampfsaͤule, der mit der Atmosphaͤre in Beruͤhrung kommt,
                                 naͤmlich an der aͤußeren Oberflaͤche Statt finden. Die
                                 Flamme des Kerzenlichtes ist mithin bloß eine duͤnne Schichte eines
                                 weißgluͤhenden Dampfes, innerhalb welcher eine Quantitaͤt heißen
                                 Dampfes, der aus Mangel an Sauerstoff nicht verbrennen kann, enthalten
                                 ist.“
                              Dr. Lardner scheint in seiner Abhandlung uͤber
                              Waͤrme, die sich in seiner Cabinet Cyclopaedia
                              befindet, den Ansichten Thompson's beizustimmen.
                           43) Wenn wir die Flamme eines brennbaren Koͤrpers, mit dessen Verbrennung wir
                              innig vertraut sind, z.B. einer gewoͤhnlichen Talgkerze, aufmerksam
                              betrachten, so werden sich folgende Erscheinungen ergeben. Der Talg steigt, nachdem
                              er durch die Annaͤherung eines brennenden Koͤrpers geschmolzen worden,
                              durch die Haarroͤhrchenthaͤtigkeit zwischen den Fasern des Dochtes
                              empor, und wird, so wie er sich der Flamme naͤhert, in Dampf verwandelt, aus
                              welchem Zustande er dann bald in den gasfoͤrmigen uͤbergeht. Da die
                              Flamme nicht in wirklicher Beruͤhrung mit dem Dochte steht (1), so geht die
                              Verdampfung des Talges an jedem Theile des von der Flamme umgebenen Dochtes
                              gleichzeitig von Statten. Der blaue, an der Basis befindliche Theil der Flamme, so
                              wie der blaͤssere blaue Hauch, der die anderen Theile der Flamme umgibt,
                              deutet die chemische Verbindung des gekohlten Wasserstoffgases und Sauerstoffgases
                              (19, 30, 31) an. Da diese Verbindung ein ununterbrochen fortwaͤhrender und
                              mit Waͤrmeentwikelung verbundener Proceß ist, so erreicht man schnell eine
                              Temperatur von solcher Intensitaͤt, daß ein großer Theil des sich bildenden
                              brennbaren Gases entzuͤndet wird. Durch diese Zersezung werden nach einander
                              mehrere Portionen Kohlenstoff von dem Wasserstoffe abgeschieden; der Wasserstoff
                              verbindet sich mit dem Sauerstoffe und bildet Wasser; der Kohlenstoff wird bei
                              dieser hohen Temperatur leuchtend, und gibt, indem er sich gleichfalls mit
                              Sauerstoff verbindet, kohlensaures Gas (22).
                           
                           44) Man sieht hieraus, daß ich nicht mit Dr. Thompson
                              uͤbereinstimme, wenn derselbe behauptet, die Flamme eines Kerzenlichtes sey
                              bloß eine duͤnne Schichte weißgluͤhenden Dampfes. Man sagt
                              gewoͤhnlich, daß der Dampf gewisser Substanzen, wie z.B. jener des Alkohols
                              oder des Aethers, entzuͤndlich ist; allein mir scheint die
                              Entzuͤndbarkeit dieser Dampfe ganz von der Leichtigkeit, mit welcher sie sich
                              unter gewissen specifischen Bedingungen und unter dem Einfluͤsse einer
                              gewissen Temperatur in Gase verwandeln lassen, bedingt zu seyn.Einige Schriftsteller haben behauptet, daß die Substanzen, die wir hier als
                                    Gase auffuͤhren, nichts als Daͤmpfe sind, ich spreche jedoch
                                    von diesen Dingen hier nur so, wie ich sie finde. Wenn diese Gase
                                    Daͤmpfe sind, so sind sie, was die Anordnung und Eigenschaften ihrer
                                    Theilchen betrifft, gewiß anders und so zu sagen mehr verfeinert, als man
                                    sie in den gewoͤhnlich sogenannten Dampfen findet. Sollte man dagegen
                                    einwenden, daß die Dampfe gewisser brennbarer Koͤrper, wenn man sie
                                    mit Sauerstoff vermengt, eben so gut detoniren, wie explodirende Gasgemenge,
                                    so habe ich darauf bloß zu erwiedern, daß die Detonation das Resultat der
                                    ploͤzlichen und freiwilligen Gasentwikelung und dessen
                                    Wiedervereinigung mit dem vorhandenen Sauerstoffgase ist. Diese Processe
                                    sind das Werk von 1/100 oder 5/100 einer Secunde.A. d. O.
                              
                           45) Wenn meine Ansicht (43) richtig ist, so scheint der Proceß, der beim Brennen
                              eines Kerzenlichtes Statt findet, ein etwas complicirter, bei genauerer Untersuchung
                              aber sehr schoͤner zu seyn. Die Kerzenflamme ist naͤmlich eine
                              kegelfoͤrmige Schichte einer leuchtenden Substanz (1), deren Farbe von Unten
                              nach Aufwaͤrts hin allmaͤhlich vom Blauen ins Weiße uͤbergeht.
                              Sie enthaͤlt im Inneren frei werdendes brennbares Gas, aber keinen Sauerstoff
                              (15, 16). An der Basis dieser Flammenschichte kann man bei einer Temperatur, die man
                              ihre eigenthuͤmliche, specifische nennen kann, Zeichen einer vor sich
                              gehenden chemischen Verbindung des gekohlten Wasserstoffgases mit dem Sauerstoffgase
                              bemerken, indem an diesem Theile der Flamme Wasserdampf und kohlensaures Gas
                              entwikelt wird.Dieß laͤßt sich durch folgendes einfaches Experiment ermitteln. Wenn
                                    man ein Stuͤk kaltes Glas oder ein kaltes polirtes Metall an den
                                    blauen Theil der Flamme haͤlt, so wird sich Wasserdampf darauf
                                    absezen. Haͤlt man einen Tropfen Kalkwasser an der Spize eines
                                    Glasstabes an die blaue Flamme, so wird das Wasser truͤb werden,
                                    indem sich das kohlensaure Gas mit dem Kalke verbindet. Dieser lezte Versuch
                                    darf jedoch nur einen Augenblik dauern, weil man sonst durch die Verdampfung
                                    des Wassers irre gefuͤhrt werden koͤnnte. A. d. O. Da der Zufluß von brennbarem Gase aus dem Inneren constant und
                              regelmaͤßig ist, und da durch die Verduͤnnung jenes Theiles der Luft,
                              die sich unmittelbar in der Nahe der Flamme befindet, auch ein ununterbrochener
                              Zufluß von Sauerstoff Statt findet, so wird die Waͤrme, die durch die
                              ploͤzliche Verbindung eines Theiles des brennbaren Gases mit dem Sauerstoffe
                              frei wird, zur Zersezung einer groͤßeren Quantitaͤt dieses Materiales
                              hinreichen. Diesem lezteren Theile des Processes verdanken wir das Leuchten der Flamme, und
                              darauf beruhen auch die wichtigen, in verschiedenen Theilen derselben Flamme (30)
                              bemerkbaren Unterschiede.
                           46) Die Flamme der brennbaren Koͤrper laͤßt sich daher
                              unmoͤglich in allen Faͤllen als eine Verbrennung eines explodirenden
                              Gemenges aus brennbarem Gase oder Dampfe und Luft betrachten; sondern im Gegentheile
                              vielmehr als eine ruhige und progressive Verbindung von brennbarem Gase mit
                              Sauerstoffgas. Die Verbrennung explodirender Gemenge unterscheidet sich von jener
                              eines Kerzenlichtes oder von jener des Steinkohlengases (19, 20, 30, 31, 43, 44, 45)
                              dadurch, daß in dem einen Falle eine unmittelbare Verbindung all des brennbaren
                              Gases mit dem Sauerstoffgase Statt findet, waͤhrend sich in dem anderen Falle
                              nur ein Theil auf diese Weise damit verbindet, und der groͤßere Theil vor
                              seiner endlichen Verbindung (29) eine Zersezung erleidet. Die Resultate sind in
                              beiden Faͤllen dieselben; die Bedingungen, unter welchen sie entstehen,
                              weichen jedoch wesentlich von einander ab.
                           47) Was hier von der Kerzenflamme gesagt worden, kann sehr leicht auch auf die Flamme
                              jener brennbaren Koͤrper, mit denen man es im Leben gewoͤhnlich zu
                              thun hat, angewendet werden. Die Flamme einer Talgkerze, einer Oehllampe und eines
                              Kohlenfeuers zeigt nicht bloß aͤhnliche, sondern vollkommen identische
                              Erscheinungen. Die Flamme des Steinkohlengases unterscheidet sich jedoch hievon; bei
                              den drei ersteren findet eine Verdampfung der Elemente des brennbaren
                              Koͤrpers, ein spontaner oder, wenn ich so sagen darf, ein unvorbereiteter
                              Uebergang dieses Dampfes in Gas Statt, worauf dann Entzuͤndung, Zersezung und
                              Wiederverbindung folgt. Im lezteren Falle hingegen ist die Verbrennung, nachdem das
                              Gas vorher erzeugt worden, das erste Stadium des Processes; die uͤbrigen
                              darauf folgenden Stadien sind dieselben.Die Qualitaͤt des Achtes verschiedener Koͤrper haͤngt,
                                    bei uͤbrigens ganz gleichen Umstaͤnden, von den Eigenschaften
                                    des brennbaren Koͤrpers ab. Das intensivste weiße Licht
                                    enthaͤlt offenbar eine groͤßere Menge oͤhlerzeugendes
                                    Gas, als in einem dunkelgelben Lichte enthalten ist. Doch kommt hier sehr
                                    viel auf die Behandlung der Materialien an; eine Talgkerze mit einem kleinen
                                    compacten Dochte wird z.B. ein weit glaͤnzenderes Licht geben, als
                                    eine uͤbrigens ganz gleiche Kerze mit einem großen faserigen Dochte.
                                    Was man gewoͤhnlich unter vollkommener Verbrennung der Substanzen
                                    versteht, ist in der That nur ein anderer Name fuͤr die vollkommene
                                    Verbindung saͤmmtlicher entzuͤndbarer Elemente mit
                                    Sauerstoffgas.A. d. O.
                              
                           48) Daß, ausgenommen unter besonderen Umstaͤnden, nicht aller aus einem
                              brennbaren Koͤrper entwikelter Dampf in Gas verwandelt wird, erhellt aus dem
                              freien Kohlenstoffe oder Rauche, der von einem Kerzenlichte, einer Lampe und einem
                              Kohlenfeuer emporsteigt Eben so offenbar ist aber auch, daß gewisse Bedingungen noͤthig sind, um
                              die Verbindung all der Elemente eines vorher erzeugten gasartigen Koͤrpers
                              mit Sauerstoff zu bewirken; man sieht dieß schon daraus, daß auch dann Rauch
                              entweicht, wenn man zu viel Steinkohlengas in den Brenner der Lampe treten
                              laͤßt.
                           49) Jene Koͤrper, die im Verhaͤltnisse zu ihren uͤbrigen
                              Bestandtheilen eine große Menge Kohlenstoff enthalten, fordern eine andere
                              Behandlung, als jene, deren brennbare Elemente sich in genaueren
                              Verhaͤltnissen mit einander verbinden. Ich brauche zur Erlaͤuterung
                              hier nur folgende neben einander zu stellen:
                           
                              
                                 Aether
                                 Terpenthingeist
                                 
                              
                                 Wallrath
                                 Steinkohlentheer
                                 
                              
                           Im Aether und im Wallrath sind der Wasserstoff und der Kohlenstoff in solchen
                              Verhaͤltnissen enthalten, daß diese Koͤrper leicht die beschriebenen
                              Stadien (47) durchlaufen und mit dem Sauerstoffe neue Verbindungen bilden.Zu bemerken ist, daß, wenn in einem brennbaren Koͤrper, wie z.B.
                                    Alkohol und Aether, Wasserdampf enthalten ist, nothwendig auch Aether
                                    zugegen seyn muß. Wird jedoch der Dampf dieses Koͤrpers in Gas
                                    verwandelt (44), so wirkt der Sauerstoff nicht als Traͤger der
                                    Verbrennung, sondern es verbindet sich ein halbes Volumen Sauerstoff mit
                                    Kohlenstoff zu Kohlenstoffoxyd, welches unter guͤnstigen
                                    Umstaͤnden durch ein weiteres halbes Volumen Sauerstoff in
                                    Kohlensaͤure verwandelt wird.A. d. O. Der Terpenthingeist und der Steinkohlentheer hingegen, in welchen ein großer
                              Ueberschuß von Kohlenstoff enthalten ist, erfordert eine ganz andere Behandlung, um
                              dessen gaͤnzliche Verbindung mit Sauerstoff zu bewirken.
                           50) Es ist unbegreiflich, warum Davy bei seinen Versuchen
                              lieber eine große statt einer kleinen Weingeistflamme anwendete, da mit erster nur
                              sehr schwer schoͤne und genaue Resultate zu erzielen sind, waͤhrend
                              sie bei lezterer so gleichfoͤrmig und entscheidend (8, 12) ausfallen. Ich
                              konnte mit groͤßter Leichtigkeit ermitteln, daß die Flamme hohl ist (1, 2, 3,
                              4, 5, 6, 7); ich erhielt die sprechendsten Beweise, daß im Inneren der Flamme kein
                              Sauerstoff enthalten ist (8, 9, 10, 12, 13, 14, 15, 16, 17), ja nicht ein Mal im
                              Inneren der Flamme der explodirenden Gemenge (33). Ebenso gewiß ist es, daß sich die
                              explodirenden Gemenge unter den gewoͤhnlichen Umstaͤnden ganz anders
                              verhalten, als sich brennbare Koͤrper verhalten (19, 20, 21, 23, 30, 31). Man
                              kann sich ferner auf diese Weise nicht nur uͤberzeugen, daß die Flamme einer
                              Kerze oder einer Lampe kegelfoͤrmig und hohl ist, sondern man wird auch
                              finden, daß sie nicht bloß aus einer duͤnnen Schichte leuchtender Substanz
                              besteht, und daß die Verbrennung bloß an der Oberflaͤche, wo das brennbare
                              Gas mit dem Sauerstoffe in Beruͤhrung kommt. Statt findet. So ist die Flamme einer Argand'schen Lampe, in deren Inneres Luft eintreten kann,
                              nicht bloß cylindrisch, sondern hohl; d.h. sie besteht aus zwei concentrischen
                              Cylindern einer leuchtenden Substanz (3, 4), waͤhrend die Flamme derselben
                              Lampe, wenn keine Luft zutreten kann, nur aus einem einzigen Cylinder besteht. So
                              unerklaͤrlich es ist, wie ein so großer Geist wie Davy in Betreff des fraglichen Gegenstandes so sehr in Irrthum verfallen
                              konnte, so muͤssen wir meiner Ueberzeugung nach doch seine Theorie der Flamme
                              als gaͤnzlich ungegruͤndet und den Thatsachen widersprechend
                              verwerfen; ich bin uͤberzeugt, daß dieß Jedermann thun wird, der meine
                              Versuche ohne vorgefaßte Meinung und ohne von dem großen Namen Davy's bestochen zu seyn, wiederholen wird.