| Titel: | Englische Geseze zum Schuze der Gießer, Modellirer, Calicodruker etc. | 
| Fundstelle: | Band 53, Jahrgang 1834, Nr. L., S. 301 | 
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                        L.
                        Englische Geseze zum Schuze der Gießer,
                           Modellirer, Calicodruker etc.
                        Englische Geseze zum Schuze der Gießer, Modellirer etc.
                        
                     
                        
                           Das Edinburgh New Philosophical Journal for April 1834
                              enthaͤlt eine Uebersezung der hoͤchst interessanten Notiz, welche Herr
                              Dr. Friedenberg seiner deutschen Bearbeitung von Babbage's juͤngstem Meisterwerke uͤber die
                              wahrhaft ausgezeichneten Berliner Gußwaaren beifuͤgte. Diese Uebersezung ging
                              nicht nur in das Repertory of Patent-Inventions,
                              Junius 1834 S. 384 uͤber, sondern die lezteren Stellen dieses Artikels (in
                              welchen Hr. Dr. Friedenberg klagt, daß die Eisengießerei
                              nothwendig wieder ruͤkwaͤrts schreiten muͤsse, weil die aus
                              einer Gießerei hervorgegangenen Artikel, zu denen man sich die Model mit großem
                              Aufwande an Arbeit und Geld verschaffte, von jedem anderen Fabrikanten gleich zur
                              Bildung eines gleichen Models und zum Nachmachen desselben Gegenstandes benuzt
                              wuͤrden, und weil hiedurch nicht nur die Reinheit und Schaͤrfe der
                              Formen leide, sondern auch jeder Fabrikant bei dieser Schuzlosigkeit gegen diese Art
                              von Plagiaten von der Verfertigung neuer Model zuruͤkgeschrekt werden
                              muͤsse), veranlaßten den Redacteur der leztgenannten Zeitschrift, Juliusheft
                              S. 34, einen Artikel uͤber die Geseze, welche den Fabrikanten Englands in
                              dieser Hinsicht schuͤzen, aufzunehmen. Da dieser Gegenstand von so hohem
                              Interesse, und die englische Legislatur in dieser Hinsicht in Deutschland wenig oder
                              gar nicht bekannt ist, so nehmen wir keinen Anstand, Einiges aus diesem Aufsaze
                              mitzutheilen. Im 38sten Jahre der Regierung Georgs III., sagt der Verfasser, ging
                              eine Acte zum Schuze und zur Aufmunterung der Kunst neue Model zu verfertigen und
                              Buͤsten und andere Dinge zu gießen durch. Da sich diese Acte jedoch in der
                              Praxis mangelhaft zeigte, so ging im 54sten Jahre der Regierung desselben Monarchen
                              eine andere Parliamentsacte durch, durch welche erstere erlaͤutert und
                              wirksamer gemacht werden sollte. Durch diese leztere ist das Eigenthumsrecht von
                              Modeln der Bildhauerkunst und von solchen Guͤssen dem ersten, der sie
                              verfertigt, vollkommen gesichert, und die Artikel, auf welche sich das Gesez
                              bezieht, sind in demselben folgender Maßen aufgezaͤhlt: „Von dem
                                 Tage des Durchganges dieser Acte an ist Jeder, der eine neue und originelle
                                 Bildhauerarbeit oder ein solches Modell, oder eine solche Copie oder einen Guß
                                 einer oder mehrerer menschlicher Figuren oder Buͤsten, oder eines oder
                                 mehrerer Theile des menschlichen Koͤrpers, dieselben moͤgen was
                                 immer fuͤr eine Bekleidung haben, so wie auch jeder, der auf gleiche Weise
                                 Thiere oder Theile derselben in Verbindung mit menschlichen Figuren oder nicht,
                                 oder uͤberhaupt irgend einen Gegenstand, der eine Erfindung in der
                                 Bildhauerkunst ausmacht, oder irgend ein Alto- oder Basso-relievo,
                                 welches einen der erwaͤhnten Gegenstaͤnde vorstellt, oder endlich
                                 einen Guß von irgend einem der erwaͤhnten Gegenstaͤnde, dieselben
                                 moͤgen einzeln fuͤr sich bestehen oder mit einander verbunden
                                 seyn, verfertigt oder verfertigen laͤßt, fuͤr 14 Jahre vom Tage
                                 der ersten Bekanntmachung an der alleinige Eigenthuͤmer dieser
                                 Gegenstaͤnde.“ Unter dieses Gesez ließen sich sehr viele der
                              Berliner Gußeisenwaaren bringen, wie z.B. die kleinen Figuren und Buͤsten der
                              Koͤnige Preußens, Napoleons, Goethe's etc.; nicht sowohl waͤre dieß
                              jedoch mit verschiedenen Spielwaaren moͤglich, die gleichfalls in großer Zahl
                              und Mannigfaltigkeit verfertigt werden. Allein auch diesem waͤre leicht
                              abgeholfen; denn man brauchte an den einzelnen Artikeln nur gewisse und deutliche
                              Privatzeichen anzubringen, indem durch ein anderes Gesez die Benuzung aller dieser
                              Privatzeichen von anderen, als jenen, denen sie zukommen, streng untersagt ist. Wenn
                              z.B. ein Stahlfabrikant in England seinen Stahl oder sein Eisen mit einer Krone,
                              einem Kreuze oder irgend einem anderen, ihm eigenthuͤmlichen Zeichen
                              bezeichnet, so hat Niemand anderer das Recht, sich desselben Zeichens zu bedienen,
                              um dadurch allenfalls seiner Waare besseren Absaz zu verschaffen. Dieses leztere
                              Gesez wurde in neueren Zeiten zu Gunsten der Fabrikanten sehr weit ausgedehnt, wie
                              folgendes Beispiel zeigen wird. Ein Fabrikant hatte in gewissen Zeugen, die er an
                              die Goldkuͤste sandte, daselbst großen Credit und großen Absaz gewonnen;
                              seine Zeuge waren in einem eigens gefaͤrbten Canevaßumschlag gewikelt,
                              welchen die Eingebornen aus der Erfahrung kannten, und nach welchem sie das Fabrikat
                              beurtheilten, oder wonach sie sich wenigstens auf die Qualitaͤt des in dem
                              Umschlage enthaltenen Zeuges verließen. Dieß veranlaßte mehrere Fabrikanten sich
                              desselben Umschlages zu bedienen, d.h. denselben nachzumachen, und dadurch entstand
                              eine Klage des ersteren Fabrikanten gegen die lezteren, in Folge deren das
                              Kanzleigericht (court of chancery) entschied, daß
                              lezteren das Nachmachen dieses Umschlages durchaus verboten sey. Dergleichen
                              Entscheidungen kamen in lezter Zeit mehrere vor. Daß kein Fabrikant seine Fabrikate
                              mir dem Namen eines anderen bezeichnen duͤrfe, ausgenommen er hat von diesem
                              die Erlaubniß dazu, ist bekannt, und so viel wir wissen, uͤberall angenommen;
                              wir wollen daher nur noch von den auf den Calicodruk bezuͤglichen Gesezen
                              sprechen. Im 27sten Jahre der Regierung Georgs des III. ging eine Parliamentsacte
                              durch, durch welche den Leinen-, Baumwoll-, Calico- und Musselindrukern
                              fuͤr jedes neue Muster, welches sie drukten, fuͤr zwei Monate, vom
                              Tage der ersten Ausgabe desselben an, das ausschließliche Eigenthumsrecht
                              zugesichert wurde; und im 34sten Jahre der Regierung desselben Monarchen wurde
                              dieser Schuz sogar auf 3 Monate vom Tage der ersten Ausgabe eines Musters
                              ausgedehnt. Zu dem Ende mußte auf jedes Stuͤk Calico, Leinenzeug etc. der
                              Namen des Drukers und das Datum der ersten Ausgabe gedrukt werden; diese lezte
                              Vorsicht war, wie sich spaͤter zeigte, auch bei den Modeln und bei den
                              Gußwaaren noͤthig, um den Verfaͤlschungen des Datums vorzubeugen. Ein
                              Schuz von drei Monaten war hinreichend, die Fabrikanten immer zur Erfindung neuer
                              Model und Muster aufzumuntern, indem ein Muster ohnedieß selten laͤnger als
                              einen Sommer in vollem Flor ist. und die Anlokung zur Nachmachung eines Musters,
                              welches nach dieser Zeit ohnedieß schon um 25 Procent wohlfeiler zu seyn pflegt,
                              nicht mehr so groß ist.
                           Der Verfasser versichert endlich, sich durch genaue Erforschung aller hierauf
                              bezuͤglichen Daten und durch die Angaben vieler Fabrikanten uͤberzeugt
                              zu haben, daß die lezt erwaͤhnte schuͤzende Maßregel ganz
                              vorzuͤglich zu dem großen Aufschwunge beigetragen habe, dessen sich die
                              englischen Drukereien erfreuten; er versichert, daß durch sie nicht nur der Erfinder
                              eines neuen Musters den gehoͤrigen Schuz erhielt, sondern daß auch der
                              Erfindungsgeist saͤmmtlicher Fabrikanten dadurch rege erhalten und immer neu
                              angespornt wurde.