| Titel: | Ueber die leichten und schnellfahrenden Boote auf dem Paisley-Canale. Von Hrn. James Whiteland. | 
| Fundstelle: | Band 53, Jahrgang 1834, Nr. LXXI., S. 423 | 
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                        LXXI.
                        Ueber die leichten und schnellfahrenden Boote auf
                           dem Paisley-Canale. Von Hrn. James Whiteland.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No. 555. S.
                              423.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Ueber leichte und schnellfahrende Boote auf dem
                           Paisley-Canale.
                        
                     
                        
                           Da ich von mehreren Seiten den Wunsch vernommen habe, daß eine etwas
                              ausfuͤhrlichere Beschreibung der leichten geigenfoͤrmigen (gigshaped) Boote, die in den lezten Jahren auf dem
                              Canale von Paisley eingefuͤhrt wurden, mitgetheilt werde, so fuͤhle
                              ich mich zur Bekanntmachung folgender Notiz veranlaßt. Man wird hieraus auch
                              ersehen, daß die schnelle Fahrt dieser Boote mit dem von Hrn. Macneill aufgestellten Principe, nach welchem die Boote so viel als moͤglich an
                              die Oberflaͤche des Wassers gebracht werden sollen, durchaus nichts zu
                              schaffen hat.Vergl. Polyt. Journal Bd. L. S.
                                       326.
                              
                           Die ganze Laͤnge eines solchen Bootes betraͤgt 70 Fuß; seine Breite
                              mißt 6 Fuß, und seine Tiefe 1 Fuß 10 Zoll. Bei einer Anzahl von 90 Passagieren,
                              welches die groͤßte Zahl ist, die ein derlei Boot fuͤglich einnehmen
                              kann, geht es 19 1/4 Zoll tief im Wasser; ohne Belastung hingegen betraͤgt
                              die Wassertracht nur 5 1/2 Zoll. Das Ruder hat 2 Fuß Laͤnge und 20 Zoll
                              Tiefe; sein Grund befindet sich in einer Linie mit der unteren Seite des Kieles. Das
                              Eisenwerk, aus welchem das Boot gebaut ist, wiegt 17 Centner, das ganze Boot
                              hingegen wiegt ganz fertig 33 Centner.
                           Fig. 18 gibt
                              eine Seitenansicht eines dieser Boote; die vorderen Fenster dienen zur Erleuchtung
                              der Cajuͤte, die Hinteren hingegen zur Steuerung. Der an dem sogenannten Buge
                              mit 8 Fuß bezeichnete Theil ist ein Verdek fuͤr die Reisenden; rings um den
                              mit 6 Fuß bezeichneten Theil laufen Size. Der am Hintertheile mit 6 angedeutete
                              Theil dient zu demselben Zweke, waͤhrend jene Stelle, die mit 7 Fuß
                              bezeichnet ist, das Verdek fuͤr den Steuermann vorstellt.
                           Unter jedem Verdeke befindet sich Raum zur Unterbringung von leichtem Gepaͤke.
                              Der Kiel ist 35 Fuß lang; uͤbrigens hat weder der vordere mit 16 Fuß, noch
                              der Hintere mit 19 Fuß bezeichnete Theil einen Kiel, und dadurch wird es
                              moͤglich, daß sich das Boot schneller umdrehen kann. Eine von dem
                              hoͤchsten Punkte in dem Buge an den hoͤchsten Punkt in dem
                              Hintertheile gezogene Linie erhebt sich beilaͤufig um 6 Zoll uͤber den
                              untersten Theil der Seitenausschweifung. Die Tiefe des Kieles betraͤgt 5
                              Zoll, und diese Tiefe ist in der oben angegebenen Wassertracht des Bootes nicht mit
                              eingerechnet. Das Eisenblech, woraus das Boot verfertigt ist, hat das 16 er
                              Drahtmaaß. Die Rippen bestehen aus leichtem Flintenlaufeisen, und ein Rand von
                              gleicher Dike laͤuft um die innere Seite des oberen Randes des Bootes, woran
                              mittelst Schrauben der hoͤlzerne Umschweif befestigt ist. Innenwendig in dem
                              Boote sind leichte hoͤlzerne Rippen gelegt, auf welche der Boden aufgenagelt
                              ist, und zwischen den Sizen und den Fenstern laͤuft ein breiter
                              hoͤlzerner Streifen, an welchen sich die Reisenden mit dem Ruͤken
                              lehnen koͤnnen. Der Baumwollzeug, womit die Cajuͤte und der Raum
                              fuͤr den Steuermann bedekt ist, erfordert drei sehr duͤnne Schichten
                              gekochtes Oehl, um wasserdicht zu werden; er soll, wo moͤglich, an der Sonne
                              getroknet werden, wird von leichten, gebogenen, beilaͤufig 2 Fuß weit von einander
                              entfernten Rippen getragen, und an den Fensterrahmen sowohl als an den
                              Seitenwaͤnden des Bootes befestigt. Ein Boot dieser Art kann in einem sehr
                              bequemen und zwekmaͤßigen Style fuͤr 130 Pfd. gebaut werden; das
                              Eisenwerk kommt naͤmlich auf 70 Pfd., das Holz und der Zimmerlohn, so wie der
                              uͤbrige Apparat, auf 60 Pfd. Sterl. zu stehen.
                           Die Haken, an welchen das Zugseil befestigt wird, und dergleichen sich an jeder Seite
                              einer befindet, sind an dem Seitenrande des Bootes in einer Entfernung von
                              beilaͤufig 15 Fuß von dem Buge angebracht. Ist das Boot nicht sehr stark
                              beladen, so wird das Tau an diesen Haken befestigt; fuͤhrt es hingegen eine
                              sehr große Anzahl von Reisenden, so wird dasselbe beilaͤufig um 3 Fuß 6 Zoll
                              naͤher an dem Buge angebracht, wodurch auch die Umwendungen des Bootes
                              erleichtert werden. Die Form, welche diese Haken haben, ersieht man aus Fig. 19, und
                              ich bemerke nur, daß das Tau bei dieser Form der Haken nicht bei jedesmaligem
                              Erschlaffen ausgleiten kann.
                           Da der Canal von Paisley sehr viele Windungen hat, so ist das laͤngste
                              Zugseil, dessen man sich bedienen kann, dem in Fig. 20 abgebildeten
                              aͤhnlich, a ist naͤmlich das Ende, welches
                              an dem Boote festgemacht wird; b das Ende, an welchem
                              das eine, und c das Ende, an welchem das andere Pferd
                              angespannt wird. Waͤre das Tau laͤnger, als es in dieser Figur
                              angedeutet ist, so wuͤrde das Boot bei jeder schnellen Kruͤmmung des
                              Canales gegen die eine oder die andere Seite gezogen werden. Das vordere Pferd hat
                              Blenden; auf dem zweiten hingegen reitet ein Reitknecht; das Geschirr ist so leicht
                              als moͤglich. Wenn die Pferde taͤglich 12 engl. Meilen laufen, so
                              erhalten sie sich vortrefflich; 16 engl. Meilen des Tages sind zu viel. Alle 4
                              Meilen sollen die Pferde gewechselt werden. Pferde, von halbem Gebluͤte oder
                              von einer Race, die zwischen halbem und ganzem Gebluͤte steht, eignen sich am
                              besten.
                           Der Canal ist 30 Fuß breit, mit Ausnahme der Bruͤten, an denen seine Breite
                              nur 11 Fuß betraͤgt, und mit Ausnahme einiger Stellen, die noch
                              schmaͤler sind. Seine Seitenwaͤnde bestehen aus senkrechten Mauern,
                              welche aus sehr kleinen Steinen gebaut sind, und welche 10 bis 11 Zoll unter die
                              Wasserflaͤche und eben so viel uͤber dieselbe emporreichen. Die
                              Entfernung zwischen Glasgow und Paisley betraͤgt auf dem Canale 7 3/4 Meilen,
                              jene zwischen Glasgow und Johnstone uͤber 11 Meilen. Erstere Streke legen die
                              Boote bei oͤfterem Anhalten zum Einnehmen und Aussezen von Reisenden in 50
                              Minuten zuruͤk, waͤhrend sie die Streke von Paisley bis Johnstone in
                              einer verhaͤltnißmaͤßig kurzen Zeit durchfahren. Das Fuhrlohn, welches die Person
                              fuͤr die Fahrt von Glasgow bis Paisley bezahlt, betraͤgt in der
                              Cajuͤte 9 Den. (27 kr.), im Hintertheile des Schiffes hingegen nur 6 Den. (18
                              kr.); fuͤr die Fahrt von Glasgow bis Johnstone hingegen zahlt man in der
                              Cajuͤte 1 Schill. (36 kr.), auf dem Hintertheile des Schiffes aber nur 9 Den.
                              (27 kr.)
                           Die vortheilhafteste Geschwindigkeit fuͤr die auf dem Paisley-Canale
                              fahrenden Boote betraͤgt uͤber 9 engl. Meilen in der Stunde, und diese
                              Geschwindigkeit erzeugt in dem Canale nur ein sehr geringes und gradweises Schwellen
                              oder Steigen, welches nicht uͤber 7 Zoll ausmacht. An oder vor dem Buge des
                              Bootes bemerkt man gar keine Welle, im Gegentheile steht das Wasser hier etwas
                              tiefer, als die Wasserflaͤche unmittelbar hinter dem Buge steht; von hier aus
                              beginnt die Wasserflaͤche aber zu steigen; die groͤßte Hoͤhe
                              erreicht die Welle ungefaͤhr in einer Entfernung von 2/3 von dem Buge; am
                              Hintertheile ist die Hoͤhe der Welle beinahe nichtig, und das Wirbeln hinter
                              dem Boote wird bloß durch die Wirkung des Ruders beim Wenden des Bootes erzeugt. Bei
                              dieser Geschwindigkeit haben die Pferde keinen schweren Zug; betraͤgt die
                              Geschwindigkeit hingegen nur 6 bis 7 Meilen in der Stunde, so ist die Spannung des
                              Zugseiles sehr groß; die Wellen erheben sich vor dem Boote auf mehr dann 18 Zoll
                              Hoͤhe, und schlagen dabei uͤber die Ufer des Canales. Da die Boote so
                              leicht sind, so koͤnnen sie von dem Maximum ihrer Geschwindigkeit in den
                              Ruhestand versezt werden, ohne daß sich vor denselben eine Welle erhebt, und aus
                              ebendemselben Grunde koͤnnen die Boote auch aus dem Stillstande in die
                              groͤßte Geschwindigkeit versezt werden, bevor noch eine große Woge entstehen
                              kann. An den Bruͤken hat die Welle an den Seiten des Bootes etwas
                              uͤber 9 Zoll Hoͤhe, wenn sich das Boot mit der vortheilhaftesten
                              Geschwindigkeit bewegt; und wenn zwei Boote in vollem Laufe an einander
                              voruͤberfahren, so ist die dadurch entstehende Woge auch nicht
                              groͤßer. Wenn zwei Boote einander begegnen, so werden die Pferde des einen
                              unmittelbar, bevor sie den Pferden des anderen Bootes gegenuͤber zu stehen
                              kommen, angehalten, ein Bootsknecht hebt das Zugtau aus seinem Haken, und
                              haͤlt dasselbe fest, fuͤr den Fall, daß es mit dem Boden des anderen
                              Bootes, welches mit seiner vollen Geschwindigkeit voruͤberfaͤhrt, in
                              Beruͤhrung kommt. – So viel ich weiß, hat sich waͤhrend der
                              ganzen Zeit, waͤhrend welcher diese Boote eingefuͤhrt sind, auch nicht
                              ein einziger Unfall ereignet, wohl aber hat sich seit dieser Zeit der Handel
                              bedeutend gehoben.
                           Ist die Geschwindigkeit des Bootes gering, so erheben, und sammeln sich die Wogen eine
                              große Streke vor demselben; erhoͤht man dessen Geschwindigkeit bis auf einen
                              gewissen Grad, so haͤlt das Boot, wenn man so sagen darf, mit der Woge
                              Schritt; und erhoͤht man die Geschwindigkeit noch mehr, so geht der Bug vor
                              der Woge her, und die Hoͤhe dieser Woge selbst vermindert sich im
                              Verhaͤltnisse der Geschwindigkeit: wenigstens ist dieß bei der
                              hoͤchsten Geschwindigkeit, die ich bisher noch erreichen sah, der Fall.
                              Hienach scheint es, daß die Wogen gleich den Schwingungen, die den Schall
                              hervorbringen, eine bestimmte Geschwindigkeit haben; in jedem Falle haben sie ein
                              Maximum der Geschwindigkeit, und wenn der Grund zur Bildung der Woge auch noch
                              fortwaͤhrt, wenn sich das Boot schneller bewegt, als die Woge, so muß diese
                              leztere hinter das Boot fallen. Es wird aber gegen den Hintertheil eines jeden in
                              Bewegung befindlichen Bootes hin ein leerer Raum gebildet; und dieser Raum zugleich
                              mit der Hoͤhe der Woge uͤber der Wasserflaͤche des Canales und
                              mit der Bewegung der Welle in der Richtung des Bootes ist es, wodurch die Woge
                              veranlaßt wird, gegen den Hintertheil des Bootes einzufallen, und auf dessen
                              schiefgeneigte Seiten zu wirken, wodurch, wenn das Boot gehoͤrig geformt ist,
                              ein großer Theil der Kraft, die zur Bildung der Woge noͤthig war, wieder
                              gewonnen wird. Das Wasser, welches durch die Neigung des Buges gegen die
                              Seitenwaͤnde des Canales getrieben wird, wird von den senkrechten
                              Waͤnden desselben wieder zuruͤkgeworfen werden, und auf gleiche Weise
                              wirken. Die seitliche Mittheilung der Bewegung zwischen Theilchen, die sich nach
                              verschiedenen Richtungen bewegen, koͤnnen eine Tendenz haben, die Welle
                              niederzudruͤken. Ist diese Erklaͤrung richtig, so versteht sich, daß
                              die Dimensionen des Bootes sowohl, als ihre Gestalt der Breite des Canales und der
                              Geschwindigkeit, mit der sich die Fahrzeuge bewegen sollen, entsprechen
                              muͤssen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
