| Titel: | Versuche und Beobachtungen über die Wirkung des Wassers und der Luft auf das Blei. Von Hrn. Capitän Philipp Yorke. | 
| Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. VII., S. 21 | 
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                        VII.
                        Versuche und Beobachtungen uͤber die
                           Wirkung des Wassers und der Luft auf das Blei. Von Hrn. Capitaͤn Philipp Yorke.
                        Aus dem London and Edinburgh Philos. Mag. August 1834,
                              S. 81.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Yorke's Versuche und Beobachtungen uͤber die Wirkung des
                           Wassers und der Luft auf das Blei.
                        
                     
                        
                           1) Obschon bereits mehrere chemische und andere Schriftsteller uͤber die
                              Wirkung des Wassers auf das Blei geschrieben haben, so hoffe ich doch, daß die
                              Versuche, welche ich hier bekannt machen will, noch einige neue Thatsachen zu Tage
                              foͤrdern, und vielleicht zur Berichtigung mehrerer, aus fruͤheren
                              Beobachtungen gezogenen, aber falschen Schluͤssen beitragen
                              duͤrften.
                           2) Meine Versuche begannen mit der Untersuchung eines Quellwassers, welches etwas
                              uͤber 100 Yards weit in bleiernen Roͤhren geleitet wurde. Dieses
                              Wasser zeigte naͤmlich, wenn es frisch aus dem Wasserbehaͤlter
                              genommen wurde, bei der Pruͤfung mit einer Aufloͤsung von
                              geschwefeltem Wasserstoffgase eine hellbraune Faͤrbung; die Quantitaͤt
                              Bleioxyd, welche auf diese Weise aus 14 1/2 Unze Wasser niedergeschlagen wurde,
                              mochte 1/62000 betragen. So wie das Wasser hingegen 2 oder 3 Tage in einem offenen
                              Gefaͤße an der Luft gestanden, wurde es durch dasselbe Reagens nicht mehr
                              braͤunlich gefaͤrbt; wohl aber wurden einige in der
                              Fluͤssigkeit schwebende, weiße Theilchen dadurch schwarz.
                           3) Dieser Umstand machte mich auf die von Guyton de
                                 Morveau beobachteten Resultate aufmerksam, uͤber welche Berzelius im dritten Bande seiner Chemie S. 178 sagt:
                              „Bleioxyd ist in reinem Wasser aufloͤslich;
                                 unaufloͤslich ist es hingegen, wenn das Wasser nur die geringste Spur von
                                 Salz enthaͤlt. Wenn man destillirtes Wasser einige Zeit uͤber in
                                 einem bleiernen Gefaͤße stehen laͤßt, so wird das Blei angegriffen;
                                 das Wasser uͤbt danach auf geroͤthetes Lakmuspapier eine schwache
                                 alkalische Wirkung aus, wird von geschwefeltem Wasserstoffgase braun
                                 gefaͤrbt, und durch Zusaz von Schwefelsaͤure
                                 truͤbe.“
                              
                           4) Da ich diese Thatsachen in keinem anderen chemischen Werke angegeben fand, so
                              stellte ich, um mich von deren Richtigkeit zu uͤberzeugen, folgende Versuche
                              an. Ich goß etwas destillirtes Wasser in ein Glas, welches ich, um den Staub
                              abzuhalten, leicht bedekte, und fuͤllte ein glaͤsernes, mit einem
                              eingeriebenen Stoͤpsel versehenes Flaͤschchen gleichfalls mit
                              destillirtem Wasser. Zwei aͤhnliche Gefaͤße fuͤllte ich mit
                              Quellwasser, und in jedes dieser Gefaͤße brachte ich ein Stuͤk reines,
                              frisch abgeschnittenes Blei.
                           Das Quellwasser, welches ich zu diesem Versuche verwendete, enthielt in einem Gallon
                              von 10 Pfunden 1,21 Gran Natrium- und Calciumchloruͤr, und 6,4 Gran
                              kohlensauren Kalk, welcher durch uͤberschuͤssige Kohlensaͤure
                              aufgeloͤst erhalten wurde.
                           5) Das zu obigen Versuchen verwendete Quellwasser wurde nach drei Tagen, nach drei
                              Wochen und nach einem Jahre mit geschwefeltem Wasserstoffgase gepruͤft,
                              zeigte jedoch nie eine Spur von aufgeloͤstem Blei. Das Blei wurde zulezt an
                              der Oberflaͤche wie gewoͤhnlich dunkel und matt, und endlich in der
                              Naͤhe der Oberflaͤche des Wassers mir roͤthlichem und braunem
                              Oxyde uͤberzogen, welches wohl der Farbe, aber nicht der Dike nach mit jenem
                              Aehnlichkeit hatte, welches Faraday im Journal of science vol. XVI. S. 163 als an den
                              Bleikugeln vorkommend beschrieb. Das in dem destillirten Wasser und in dem offenen
                              Gefaͤße (a) befindliche Blei war in der
                              Naͤhe der Oberflaͤche des Wassers schon am fuͤnften Tage mit
                              zarten, weißen, flokigen, strahlenfoͤrmig von dem Bleie ausgehenden
                              Krystallen bedekt, und nahm bei der Pruͤfung mit geschwefeltem
                              Wasserstoffgase eine braͤunliche Faͤrbung an. Dieselbe Wirkung, jedoch
                              in weit geringerem Grade, zeigte sich auch an dem Wasser des verschlossenen
                              Flaͤschchens. In dem offenen Gefaͤße hatte sich nach Ablauf von drei
                              Wochen am Boden des Glases eine Quantitaͤt der weißen krystallinischen
                              Substanz angesammelt; und eben so hatte sich an der Oberflaͤche des Wassers
                              eine Zone von perlartig krystallinischen Floken derselben Substanz, welche leicht an
                              dem Glase und an dem Bleie hing, gebildet. Ein Theil dieser Substanz wurde gesammelt
                              und bei 212° getroknet; sie loͤste sich in verduͤnnten
                              Saͤuren auf, wobei ich jedoch kein Aufbrausen bemerkte; in einer
                              Glasroͤhre erhizt gab sie einen Theil Wasser von sich und wurde gelblich.
                           6) Das verschlossene Flaͤschchen zeigte, nachdem es ein Jahr lang gestanden,
                              folgende Erscheinungen. Der Boden des Flaͤschchens war beinahe 1/4 Zoll tief mit
                              der erwaͤhnten weißen, krystallinischen Substanz bedekt. Das Blei selbst war
                              beilaͤufig in 2/3 seiner Laͤnge von dem unteren Ende her mit
                              glaͤnzenden blaͤtterigen Krystallen, welche 1/30, Zoll uͤber
                              das Blei herausragten, uͤberzogen. Wenn man diese Krystalle von dem Bleie
                              abbrach und gegen das Licht betrachtete, so war ihre Farbe gruͤnlichgrau, so
                              daß sie manchen Glimmervarietaͤten aͤhnlich waren; unter dem
                              Mikroskope erschienen sie gelblich.
                           7) Um zu ermitteln, ob auch eine derlei Wirkung Statt fand, wenn der Zutritt der Luft
                              gaͤnzlich verhindert wuͤrde, fuͤllte ich eine kleine Retorte
                              mit destillirtem Wasser, welches ich eine Zeit lang auskochte, und in welches ich
                              hierauf einige frisch abgeschnittene Bleistreifen brachte. Der Schnabel der Retorte,
                              welcher ganz mit Wasser gefuͤllt war, wurde unter Queksilber getaucht. Als
                              ich diese Vorrichtung nach drei Wochen untersuchte, zeigte sich nicht das kleinste
                              Blaͤschen Gas; das Blei war noch glaͤnzend, und nur an einigen Stellen
                              weißlich; das Wasser wurde durch Zusaz von Schwefelwasserstoff sehr
                              blaßbraͤunlich. Die Retorte blieb hierauf halb gefuͤllt und offen
                              uͤber Nacht stehen, worauf sich schon den Tag darauf eine merkliche
                              Quantitaͤt der weißen Substanz gebildet hatte, und das Wasser bei der Probe
                              mit Schwefelwasserstoff dunkelbraun wurde. Aus diesem Versuche ergab sich also
                              offenbar, daß das Blei seinen Sauerstoff nicht aus dem Wasser, sondern aus der in
                              ihm enthaltenen Luft entnimmt, obschon es gleich wie das Eisen ein zartes Reagens
                              fuͤr den im Wasser aufgeloͤsten Sauerstoff ist.
                           8) Um mir das Product der Einwirkung von Luft und Wasser auf das Blei in
                              groͤßeren Quantitaͤten zu verschaffen, fuͤllte ich eine
                              Quartflasche auf 2/3 mit destillirtem Wasser, welches ich lebhaft mit Luft
                              abschuͤttelte, und in welches ich eine Quantitaͤt reiner
                              Bleispaͤne gab. Schon nach einigen Minuten waren weiße Nebel in dem Wasser
                              sichtbar, und nach 4taͤgigem ruhigem Stehen zeigten sich die
                              glaͤnzenden grauen Krystalle. Nach einem Monate war die Oberflaͤche
                              des Wassers mir einer Schichte einer schwach zusammenhaͤngenden
                              krystallinischen Substanz uͤberzogen, und zugleich hatte sich auch ein
                              aͤhnlicher Bodensaz gebildet. Das Blei selbst war mit glaͤnzenden
                              grauen Krystallen bedekt. Eine Quantitaͤt dieser lezteren, welche von dem
                              Bleie abgebrochen worden, loͤste sich ruhig in Essigsaͤure auf. 91/100
                              Gran davon wurden in einem Stuͤke einer Glasroͤhre, welches an dem
                              einen Ende verschlossen war, uͤber einer Weingeistlampe zum
                              Rothgluͤhen erhizt; hiebei verdichtete sich in dem kalten Theile der
                              Roͤhre eine kleine Quantitaͤt Wasser, welche dem entstandenen
                              Gewichtsverluste gemaͤß 1/100 Gran betrug. Die Substanz selbst war durch das
                              Gluͤhen gelb geworden, ohne uͤbrigens eine sichtbare
                              Veraͤnderung der
                              Structur erlitten zu haben. Bei einem anderen Versuche dieser Art wurde kein Wasser
                              ausgetrieben, wonach es schiene, daß diese blaͤtterigen Krystalle aus
                              wasserfreiem Bleiprotoxyde bestuͤnde. Ich fand jedoch, daß sich außer diesen
                              blaͤtterigen Krystallen auch noch viele andere viel kleinere Krystalle an dem
                              Bleie gebildet hatten, welche sich unter dem Mikroskope farblos und halb
                              durchsichtig, mit sehr glaͤnzenden Flaͤchen zeigten. Mehrere dieser
                              Krystalle waren vollkommene Rhomboidal-Dodekaëder; an anderen war
                              diese Grundform dadurch modificirt, daß statt der spizigen Winkel tangentale
                              Flaͤchen zum Vorscheine gekommen waren. Der Durchmesser dieser Krystalle
                              wechselte von 1/200 bis zu 1/1000 Zoll. Durch Erhizen wurden dieselben
                              undurchsichtig und orangegelb, ohne jedoch ihre Gestalt und ihren Glanz, dadurch zu
                              verlieren. Houton Labillardière erhielt, wie es
                              heißt, dodekaëdrische Krystalle von wasserfreiem Protoxyd als Bodensaz aus
                              einer Aufloͤsung von Bleioxyd in Aeznateon; und Becquerel erhielt Wuͤrfel, indem er das Oxyd mit reinem Kali
                              erhizte.Annales de Chimie, Tom. LI. S. 104.
                              
                           9) Das im Handel vorkommende Blei enthaͤlt bekanntlich immer etwas Kupfer und
                              Eisen; ich fand durch Versuche, daß auch das Blei, welches ich zu meinen Versuchen
                              genommen hatte, gleichfalls etwas von diesen Metallen, aber kein Silber enthielt;
                              ich konnte selbst in den grauen Krystallen des Oxydes Spuren von Kupfer entdeken,
                              nachdem dieselben vor dem Loͤthrohre in der reducirenden Flamme mit Borax
                              geschmolzen worden. Um zu erfahren, ob die Einwirkung des Wassers und der Luft
                              allenfalls von dem Vorhandenseyn dieser Legirungen abhinge, suchte ich mir einige
                              Stuͤke ganz reines Metall zu verschaffen, womit ich meine Versuche
                              wiederholte.
                           10) Ich ließ zu diesem Behufe salpetersaures Blei so oft krystallisiren, bis die
                              Mutterlauge bei Zusaz von kohlensaurem Ammoniak keine Spur von Kupfer mehr zeigte;
                              das Oxyd, welches ich durch Calcination dieses gereinigten salpetersauren Salzes
                              erhielt, wurde in einem hessischen Tiegel mit schwarzem Flusse reducirt, und hierauf
                              in einem Tiegel aus Wedgwood bei einer schwachen Rothgluͤhhize eine Zeit lang
                              in Fluß erhalten, um allen etwa darin enthaltenen Kohlenstoff zu beseitigen. Das
                              Blei, welches ich mir auf diese Weise verschaffte, enthielt zwar kein Kupfer, wohl
                              aber eine Spur von Eisen, welches wahrscheinlich von der Einwirkung des Flußmittels
                              auf den hessischen Tiegel herruͤhrte. Ein glaͤnzender Streifen dieses
                              Bleies wurde wie zuvor mit destillirtem Wasser behandelt, und zwar mit gleichem
                              Erfolge; zuerst bildete sich die weiße krystallinische Substanz, und nach beilaͤufig einem
                              Monate zeigten sich auch die glaͤnzenden grauen Krystalle von wasserfreiem
                              Protoxyde, welche dieß Mal hoͤchstens einen schwaͤcheren Stich in's
                              Gruͤne hatten, als fruͤher.
                           11) In einer Aufloͤsung von Bleioxyd in Kalkwasser, welche ein Jahr
                              uͤber in einer mit einem Korkstoͤpsel verschlossenen Flasche
                              gestanden, hatten sich einige krystallinische, sehr duͤnne, biegsame und
                              elastische Blaͤttchen von beilaͤufig 1/2 Zoll im Querdurchmesser,
                              welche mit ihren oberen Raͤndern von der Oberflaͤche der
                              Fluͤssigkeit herabhingen, gebildet. Bei reflectirtem Lichte betrachtet, war
                              ihre Farbe und ihr Glanz dem blau angelaufenen Stahle aͤhnlich; sie
                              loͤsten sich in Essigsaͤure ruhig auf, wurden durch Erhizen gelb, und
                              schienen mit den oben (8) beschriebenen krystallinischen Blaͤttchen von
                              wasserfreiem Protoxyde identisch.
                           12) Ich trieb einen blanken eisernen Nagel in einen reinen Bleistreifen, und brachte
                              beide, mit einander in Verbindung, in die mit destillirtem Wasser gefuͤllte
                              Flasche. Schon den naͤchsten Tag darauf hatte sich auf dem Bleie die weiße
                              krystallinische Substanz und auf dem Kopfe des Nagels etwas Rost gebildet,
                              waͤhrend jener Theil des Nagels, der mit dem Bleie in Beruͤhrung
                              stand, mehrere Tage hindurch blank blieb. Ein anderer eiserner Nagel, den ich des
                              Versuches halber in eine aͤhnliche Flasche mir destillirtem Wasser brachte,
                              uͤberzog sich nach drei Tagen mit braunem Eisenoxydhydrat. Als ich die erste
                              Vorrichtung nach 7 monatlichem ruhigem Stehen untersuchte, war der Nagel in der
                              Naͤhe des Bleies noch immer zum Theil blank; der Kopf war mit Rost
                              uͤberzogen, und sowohl auf der Oberflaͤche des Bleies, als auf jener
                              des Eisens waren graue blaͤtterige Krystalle von Bleioxyd und kleine
                              dodekaëdrische Krystalle angesammelt. Das Wasser selbst gab mit
                              Schwefelwasserstoff eine dunkelbraune Faͤrbung.
                           13) Ein Streifen Blei, welcher die matte und dunkle Farbe hatte, die dieses Metall
                              gewoͤhnlich hat, wenn es eine Zeit lang der Luft ausgesezt gewesen, wurde in
                              eine Flasche destillirten Wassers, welches mit Luft geschuͤttelt worden,
                              gebracht; das Wasser wurde nach Ablauf einer Woche mit Schwefelwasserstoff
                              gepruͤft, zeigte aber keine Spur eines Bleigehaltes.
                           
                        
                           Ueber die weißen flokigen Krystalle.
                           14) Bevor ich in eine Betrachtung der Natur dieser Substanz eingehe, muß ich
                              bemerken, daß ich, als ich meine ersten Versuche uͤber diesen Gegenstand
                              anstellte, mit Dr. Christison's Forschungen hieruͤberSiehe dessen Treatise on Poisons. 2. edit. S. 458. noch nicht bekannt war, daß ich jedoch meinen eigenen Beobachtungen
                              gemaͤß nicht zweifelte, daß Guyton Morveau die
                              tragliche Substanz ganz richtig fuͤr ein Hydrat hielt. Dr. Christison hingegen behauptet, daß sowohl die weißen
                              Krystalle, deren Aeußeres er eben so beschreibt, wie ich es oben gethan, als das in
                              dem destillirten Wasser aufgeloͤst enthaltene Blei, Carbonate oder
                              kohlensaure Verbindungen seyen. Die meisten der nun folgenden Versuche wurden
                              demnach angestellt, um zu ermitteln, ob die Wahrheit auf Guyton Morveau's und meiner oder auf Christison's Seite gelegen sey.
                           15) Ich verschaffte mir die zu untersuchenden Koͤrper auf die bei 8 angegebene
                              Weise. Die gesammelte weiße Substanz wurde im luftleeren Raͤume mit
                              Schwefelsaͤure getroknet, und brauste, wenn sie mit verduͤnnter
                              Schwefelsaͤure behandelt wurde, hoͤchst schwach auf. 2,67 Grane wurden
                              in eine gebogene, an dem einen Ende geschlossene Roͤhre aus gruͤnem
                              Glase gebracht, das offene Ende derselben ward in eine andere Roͤhre
                              eingepaßt; beide Roͤhren waren mit Korkstoͤpseln versehen und wurden
                              vorher gegen einander abgewogen. Hierauf wurde die weiße Substanz in der
                              retortenartigen Roͤhre zum Rothgluͤhen erhizt, wobei sich, in der
                              Recipientenroͤhre etwas Wasser verdichtete; nachdem die Roͤhren dann
                              verschlossen, wurden sie kalt gewogen, wobei sich fand, daß die
                              Retortenroͤhre 0,28 Gran verloren hatte, waͤhrend das Wasser in dem
                              Recipienten nur 0,06 Gran wog.
                           16) Bei einem zweiten Versuche wurde eine offene Probirroͤhre, in welcher sich
                              eine Aufloͤsung von Aezkali befand, mit dem Bleie und dem Wasser in die
                              Flasche gebracht. Die fragliche weiße Substanz, die sich bildete, wurde wie
                              fruͤher im luftleeren Raume getroknet. 1,688 Gran davon wurden in eine 3 1/2
                              Zoll lange glaͤserne Roͤhre a, Fig. 13,
                              gebracht, in welche hierauf eine kleine, an beiden Enden offene, mit Calciumchlorid
                              gefuͤllte Roͤhre b eingerieben ward; das
                              Ende der Roͤhre c, welches mit Huͤlfe
                              eines Halsringes aus Kautschuk an der Roͤhre a
                              befestigt worden, ward unter Queksilber geleitet. Als nun die Roͤhre a erhizt wurde, entwichen 0,42 Kubikzoll Gas, wovon 0,16
                              Kubikzoll von Aezkali aufgesaugt wurden. Die Roͤhre b hatte 0,05 an Gewicht gewonnen; die Roͤhre a hingegen hatte nach dem Erkalten 0,158 Gran verloren; der
                              Ruͤkstand bestand aus gelbem Bleioxyde.
                           17) Bei einem zweiten, mit demselben Apparate vorgenommenen Versuche gaben 1,314 Gran
                              eine Portion Gas von sich, welche von Kali absorbirt wurde, die aber zufaͤllig nicht
                              bestimmt ward. Das Calciumchlorid hatte 0,36 Gran an Gewicht zugenommen, und die
                              Roͤhre a hatte 0,154 Gran verloren.
                           18) Wenn man den ganzen Verlust weniger der Quantitaͤt des gesammelten Wassers
                              als Kohlensaͤure annimmt, so geben die beiden lezteren Versuche folgende
                              Resultate:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 54, S. 26
                              2ter Versuch; 3ter Versuch;
                                 Bleioxyd; Wasser; Kohlensaͤure
                              
                           oder in 100 Theilen:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 54, S. 26
                              2ter Versuch; 3ter Versuch; 1ster
                                 Versuch; Bleioxyd; Kohlensaͤure; Wasser
                              
                           19) Diese Versuche sind hinreichend mit einander in Einklang; auch waren die
                              Quantitaͤten, mit denen sie angestellt wurden, nicht groß genug, um bestimmen
                              zu koͤnnen: ob die auf die fragliche Weise erhaltene Substanz eine bestimmte
                              Verbindung oder ein Gemenge ist; wenn jedoch 223,4 zwei Aequivalente Bleioxyd, 22,1
                              Kohlensaͤure und 9 Wasser repraͤsentirt, so wuͤrde eine
                              Substanz, welche aus 2 b +  + Aq besteht, in 100 Theilen
                              enthalten:
                           
                              
                                 BleioxydKohlensaͤureWasser
                                   87,9    8,6
                                        3,5
                                 
                                    
                                    
                                 12,1
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                                 
                                 
                              
                           so daß sie durch die Formel (b + ) + (b +
                              Aq) bezeichnet werden koͤnnte.
                           20) Wenn eine Portion dieser Substanz mit destillirtem Wasser in ein verschlossenes
                              Flaͤschchen gebracht, und wenn das Wasser nach einigen Tagen mit
                              Schwefelwasserstoff gepruͤft wurde, so erhielt es eine kaum merkliche
                              braͤunliche Faͤrbung. Wurde etwas von der Substanz schwach befeuchtet
                              2–3 Stunden lang der freien Luft ausgesezt, so loͤste sie sich dann
                              wie gewoͤhnliches kohlensaures Blei unter lebhaftem Aufbrausen in
                              Saͤuren auf.
                           
                        
                           Von der Aufloͤsung des Bleies in destillirtem
                                 Wasser.
                           21) Um die alkalische Wirkung der waͤsserigen Aufloͤsung des Bleioxydes
                              zu zeigen, braucht man bloß einen frisch abgeschnittenen Bleispan in ein
                              Flaͤschchen mit destillirtem Wasser, welches mit Luft geschuͤttelt
                              worden, zu bringen, und zugleich mit demselben ein Stuͤkchen Curcumepapier einzutragen. Schon
                              nach 2–3 Stunden wird dieses Papier hiedurch bleibend geroͤthet
                              werden.
                           22) Die nach dem Versuche 8 bereitete Fluͤssigkeit hat folgende Eigenschaften:
                              1) roͤthet sie Curcumepapier leicht, und stellt die Farbe des
                              geroͤtheten Lakmuspapieres wieder her; 2) wird sie mit einer
                              Aufloͤsung von Schwefelwasserstoffgas dunkelbraun, und es sezt sich bald ein
                              schwarzer Niederschlag aus ihr ab; 3) wird sie durch Zusaz von Schwefelsaͤure
                              augenbliklich truͤb; ebendieß erfolgt 4) auf Zusaz von Kohlensaͤure;
                              5) wird sie durch eine Aufloͤsung von schwefelsaurem Natron getruͤbt,
                              und die Truͤbung wird durch Zusaz von Schwefelsaͤure vermehrt; 6)
                              gleicher Erfolg zeigt sich auch durch Zusaz von saurem schwefelsaurem Kali. Mit
                              einem Tropfen einer Aufloͤsung von Kaliumjodid entsteht eine weiße
                              Truͤbung, welche durch Zusaz eines Tropfens sehr verduͤnnter Salzsaure
                              orangegelb wird, und einen gelben Niederschlag von Bleijodid absezt. Mit einer
                              Aufloͤsung von gewoͤhnlichem Kochsalze wird sie augenbliklich
                              truͤb, und eben so mit einer Aufloͤsung von schwefelsaurem Kalke, wenn
                              dieselbe auch nur 1/1000 dieses Salzes enthaͤlt. Mit
                              Salpeteraufloͤsung erfolgt eine leichte Truͤbung; auf Zusaz von
                              neutralem chromsaurem Ammoniak bleibt sie klar; so wie jedoch nur ein Paar Tropfen
                              Essigsaͤure hinzugegossen werden, erfolgt ein gelber Niederschlag.
                              Schuͤttelt man sie in einem nur zur Haͤlfte gefuͤllten
                              Flaͤschchen, so wird sie truͤb; was auch dann geschieht, wenn man sie
                              in einem glaͤsernen Flaͤschchen siedet. Frei der Luft ausgesezt
                              scheidet sich alles oder beinahe alles darin enthaltene Oxyd in Form der weißen,
                              oben beschriebenen Substanz ab.
                           23) Becquerel hat gezeigt, daß, wenn Blei- oder
                              Manganaufloͤsungen durch eine Volta'sche Batterie
                              zersezt werden, und die Leitungsdraͤhte aus Platin bestehen, die Peroxyde
                              dieser Metalle sich an dem positiven Pole abscheiden. Dieß ist auch der Fall mit dem
                              Bleie, man mag essigsaures oder salpetersaures Blei, oder eine Aufloͤsung von
                              Bleioxyd in Kalkwasser anwenden. Zersezte ich hingegen die waͤsserige
                              Bleiaufloͤsung auf gleiche Weise, so wurde der negative Pol von metallischem
                              Blei schwach geschwaͤrzt, waͤhrend der positive Pol schoͤn
                              bronzegelb gefaͤrbt wurde, und ein damit in Beruͤhrung gebrachtes
                              Stuͤkchen Lakmuspapier bleichte.
                           24) Bei meinen ersten Versuchen, welche ich unternahm, um die Quantitaͤt des
                              im destillirten Wasser aufgeloͤsten Bleioxydes zu bestimmen, filtrirte ich
                              die nach §. 8 erhaltene Fluͤssigkeit; die Fluͤssigkeit wurde
                              jedoch gerade hiedurch truͤb; und als ich sie, um sie klar zu machen, noch
                              ein Mal filtrirte, fand sich, daß sie kein Blei mehr enthielt. Ich wiederholte diesen
                              Versuch mehrere Male mit ganz gleichem Erfolge.
                           25) Um die in dem Wasser aufgeloͤste Quantitaͤt Bleioxyd zu bestimmen,
                              wurden die Bleistangen sorgfaͤltig aus dem Flaͤschchen genommen, der
                              Stoͤpsel wieder an Ort und Stelle gebracht, und die Fluͤssigkeit mit
                              einem Heber klar abgenommen. 3000 Gran dieser Aufloͤsung mit einem Tropfen
                              Salpetersaͤure abgedampft, in ein schwefelsaures Salz umgewandelt und
                              gegluͤht, gaben 0,33 Gran = 0,242 Bleioxyd. 3000 Gran Aufloͤsung mit
                              einem Tropfen Salpetersaͤure abgedampft, und zulezt in einem Platintiegel
                              gegluͤht, gaben 0,245 Gran Bleioxyd. 5000 Gran Aufloͤsung wurden in
                              zwei Theile getheilt, der eine Theil wurde zu einem weiteren Versuche aufbewahrt,
                              der andere auf die zulezt angegebene Weise abgedampft, wobei 0,244 Gran zum
                              Vorschein kamen. Bei den beiden ersten Versuchen betrug also die Quantitaͤt
                              Bleioxyd beilaͤufig 1/12300, bei dem dritten hingegen 1/10250.
                           26) Es ist jedoch moͤglich, daß reines Wasser eine weit groͤßere Menge
                              Bleioxyd aufgeloͤst halten kann, als sich hier ergab; denn es ist schwer, wo
                              nicht ganz unmoͤglich, diese Aufloͤsungen zu behandeln, ohne daß sich
                              ein Theil des Oxydes in Form eines weißen Pulvers abscheidet; so z.B. ist schon das
                              Herausnehmen der Bleistaͤbe aus der Fluͤssigkeit hiezu hinreichend.
                              Ich kann nicht sagen, ob dieß dadurch, daß die Fluͤssigkeit mit der in der
                              atmosphaͤrischen Luft enthaltenen Kohlensaͤure in Beruͤhrung
                              kommt, oder aus irgend einer anderen Veranlassung geschieht, und ob die Substanz,
                              die sich hiebei abscheidet, mit dem beschriebenen, weißen, krystallinischen
                              Koͤrper identisch ist; allein es scheint nur, daß diese Erscheinung
                              hauptsaͤchlich auf Rechnung der Bewegung der Fluͤssigkeit geschrieben
                              werden duͤrfte, indem hiedurch in einer gesaͤttigten Aufloͤsung
                              allerdings schnell eine Krystallisation bedingt wird.
                           Bei einem Versuche, zu dem ich frisch destillirtes Wasser, welches ich mit reinem
                              Sauerstoffgase schuͤttelte, nahm, und bei welchem ich, nachdem ich blanke
                              Bleispaͤne in das Flaͤschchen gebracht, durch den
                              durchloͤcherten Korkstoͤpsel eine offene, mit gebranntem Kalke
                              gefuͤllte Roͤhre einfuͤhrte, zeigte sich die
                              Fluͤssigkeit, als ich sie nach drei Wochen untersuchte, als die
                              staͤrkste waͤsserige Bleiaufloͤsung, die ich noch je erhalten
                              hatte. Der weiße Bodensaz in dem Flaͤschchen hingegen war weit weniger, und
                              nicht so voluminoͤs; auch hatte er nichts von dem fruͤher beobachteten
                              krystallinischen Charakter. Er zeigte weder feucht, noch nachdem er im Vacuum
                              getroknet worden, bei der Behandlung mit verduͤnnter Salpetersaͤure
                              auch nur das geringste Brausen.
                           
                           27) Ich bemerkte schon oben, daß Christison behaupte, das
                              in Wasser aufgeloͤste Blei befinde sich in kohlensaurem Zustande. Folgende
                              Versuche werden, wie mir scheine, beweisen, daß dieß bei meinem Verfahren wenigstens
                              nicht der Fall ist, und daß das kohlensaure Blei in weit geringerem Grade
                              aufloͤslich ist, als das reine Bleioxyd.
                           28) Ich bereitete mir eine Aufloͤsung von Kohlensaͤure, indem ich
                              kohlensaures Gas, welches ich durch verduͤnnte Salpetersaͤure aus
                              Kalkspath entband, in destillirtes Wasser leitete, welches unter maͤßigem
                              Druke mit dem Gase geschuͤttelt werden konnte. Ich erhielt auf diese Weise
                              eine Ausloͤsung, in der keine andere Saͤure enthalten war, und welche
                              beim Kochen beilaͤufig 2/3 ihres Volumens kohlensaures Gas von sich gab. Wenn
                              nun diese Aufloͤsung von Kohlensaͤure in eine nach §. 8.
                              bereitete Aufloͤsung von Bleyoxyd in destillirtem Wasser gegossen wurde, so
                              entstand ein Niederschlag, welcher sich in einem bedeutenden Ueberschusse von
                              Kohlensaͤure wieder aufloͤste. Eine Aufloͤsung von
                              gesaͤttigtem kohlensaurem Kali erzeugte jedoch wieder eine
                              Truͤbung.
                           29) Ich ließ durch die zweite Haͤlfte der in §. 22. erwaͤhnten,
                              2500 Gran betragenden Bleiaufloͤsung Kohlensaͤure stroͤmen,
                              welche durch verduͤnnte Salpetersaͤure aus Kalkspath ausgetrieben
                              wurde; es entstand augenbliklich eine Truͤbung, und als sich der Niederschlag
                              abgeschieden, wurde die klare Fluͤssigkeit durch Zusaz von
                              Schwefelwasserstoff nur mehr schwach braͤunlich gefaͤrbt. Die aus dem
                              Niederschlage erhaltene Quantitaͤt Bleioxyd betrug 0,132 Gran; ein Theil war
                              jedoch verloren gegangen.
                           30) Ich brachte etwas reines Bleiprotoxyd, welches ich mir durch Gluͤhen von
                              basischem salpetersaurem Blei in einem Platintiegel verschaffte, in ein mit einer
                              Aufloͤsung von Kohlensaͤure gefuͤlltes Flaͤschchen. In
                              ein anderes, mit destillirtem Wasser gefuͤlltes Flaͤschchen gab ich
                              gleichfalls etwas von demselben Protoxyde; beide Flaͤschchen wurden mit
                              eingeriebenen Stoͤpseln verschlossen und verlittet. In dem destillirten
                              Wasser bildete sich nach einiger Zeit uͤber dem gelben Oxyde eine weiße
                              flokige Substanz, waͤhrend in der kohlensauren Aufloͤsung keine
                              Veraͤnderung bemerkbar war; erst nach Ablauf eines Monates war hier unter dem
                              gelben Oxyde eine geringe Menge weißer Substanz sichtbar. Als beide
                              Fluͤssigkeiten nach einiger Zeit mit Schwefelwasserstoff gepruͤft
                              wurden, zeigte die kohlensaure Aufloͤsung keine Veraͤnderung,
                              waͤhrend in dem destillirten Wasser, welches das Curcumepapier
                              roͤthete, alsogleich eine dunkelbraune Faͤrbung entstand; lezteres gab
                              auch mit schwefelsaurem Kali und mit einer Aufloͤsung von Kohlensaͤure
                              Niederschlaͤge.
                           
                           31) Ich brachte blanke Bleistreifen in eine Aufloͤsung von Kohlensaͤure
                              (a); und um uͤberzeugt zu seyn, daß der
                              Unterschied der Wirkung von keiner anderen Substanz, als von der Kohlensaͤure
                              herruͤhren konnte, wurde ein Theil der Aufloͤsung (b) eine Zeit lang ausgekocht, bevor ich auch in diese
                              blankes Blei brachte. Den Tag darauf war die Fluͤssigkeit (b) milchig, waͤhrend das Blei in a laͤnger dann eine Woche blank blieb; in
                              ersterer bildeten sich weiße krystallinische Floken, welche den fruͤher
                              beschriebenen aͤhnlich waren; die Fluͤssigkeit a hingegen nahm durch Zusaz von Schwefelwasserstoff eine kaum merkliche
                              braune Faͤrbung an.
                           32) Ich bereitete mir kohlensaures Blei, indem ich eine Bleizukeraufloͤsung
                              mittelst eines durchgeleiteten Stroms kohlensauren Gases faͤllte, und den
                              Niederschlag gut auswusch. Das Waschwasser zeigte bei der Probe mit
                              Schwefelwasserstoff immer noch eine geringe Menge Blei an, und durch laͤnger
                              fortgeseztes Auswaschen verschwand auch diese Wirkung nicht; denn, selbst wenn sie
                              ihr Minimum erreicht hatte, faͤrbte der Schwefelwasserstoff die
                              Fluͤssigkeit noch sehr blaß braun, waͤhrend eine Aufloͤsung von
                              neutralem kohlensaurem Kali nach einiger Zeit eine schwache weißliche
                              Truͤbung hervorbrachte. Wenn ich eine Aufloͤsung von
                              Kohlensaͤure auf ein Filtrum goß, auf welchem sich kohlensaures Blei befand,
                              so wurde die filtrirte Fluͤssigkeit durch Zusaz von neutralem, kohlensaurem
                              Kali sogleich milchig; Schwefelwasserstoff erzeugte eine deutliche braune
                              Faͤrbung, die jedoch bei Weitem nicht so deutlich war, als in destillirtem
                              Wasser, welches 3 bis 4 Tage mit Blei in Beruͤhrung gestanden.
                           Ich brachte etwas von dem kohlensauren Blei mit der Aufloͤsung von
                              Kohlensaͤure, und einen anderen Theil mit destillirtem Wasser in ein
                              Flaͤschchen. Nach zweitaͤgigem Stehen gab die kohlensaure
                              Aufloͤsung mit Schwefelwasserstoff eine braune; jene in destillirtem Wasser
                              hingegen nur eine sehr blasse Faͤrbung.
                           33) Um den Grad der Aufloͤslichkeit des kohlensauren Bleies in einer
                              Aufloͤsung von Kohlensaͤure zu ermitteln, brachte ich etwas
                              kohlensaures Blei, welches ich mir nach der oben angegebenen Methode bereitet hatte,
                              in eine Aufloͤsung von Kohlensaͤure in destillirtem Wasser. Nach
                              mehrtaͤgigem Stehen goß ich die klare Fluͤssigkeit (α) zu weiteren Versuchen ab. Eine andere
                              Aufloͤsung verschaffte ich mir, indem ich etwas gutes Bleiweiß so lange auf
                              einem Filter auswusch, bis die filtrirte Fluͤssigkeit durch Zusaz von
                              Schwefelwasserstoff keine Faͤrbung mehr annahm. Nach fortwaͤhrendem
                              Aufgießen von destillirtem Wasser wurde die Aufloͤsung der
                              Kohlensaͤure durch das ausgewaschene kohlensaure Blei filtrirt, und die
                              Fluͤssigkeit zu weiterem Gebrauche aufbewahrt. (β)
                           
                           34) Ich bereitete mir ferner eine als Maßstab dienende Bleiaufloͤsung, indem
                              ich einen Gran reines Bleioxyd in Essigsaͤure aufloͤste, die
                              Aufloͤsung bei der Siedhize des Wassers zur Trokenheit eindampfte, und das
                              ruͤkstaͤndige essigsaure Salz in 1000 Gran destillirten Wassers
                              aufloͤste.
                           35) Wenn ich nun einen Theil der Musteraufloͤsung mit beilaͤufig 83
                              Theilen destillirten Wassers verduͤnnte, so war die Faͤrbung, welche
                              durch Schwefelwasserstoff darin erzeugt wurde, gerade so stark, wie jene, welche
                              dasselbe Reagens in der Aufloͤsung des kohlensauren Bleies in
                              Kohlensaͤure (α) erzeugte. Wurde die
                              Musteraufloͤsung hingegen mit 50 bis 60 Theilen destillirten Wassers
                              verduͤnnt, so kam die durch Schwefelwasserstoff entstehende Truͤbung
                              jener, die in der Aufloͤsung (β) zum
                              Vorscheine kam, gleich.
                           36) Es scheint demnach, daß eine Aufloͤsung von Kohlensaͤure,
                              dergleichen ich mich bediente, 1/50000 bis zu 1/60000 Bleioxyd aufgeloͤst zu
                              halten vermag, wenn ihr dasselbe in kohlensaurem Zustande dargeboten wird. Diese
                              Aufloͤsungen werden durch Zusaz von basischem oder gesaͤttigtem
                              kohlensaurem Kali alsogleich truͤb; alle uͤbrigen Reagentien, welche
                              ich auf die Aufloͤsung des Bleies in destillirtem Wasser wirken ließ,
                              brachten wenigstens in der Fluͤssigkeit (a) keine
                              Wirkung hervor; auch wurde dieselbe durch Schuͤtteln nicht
                              getruͤbt.
                           37) Wenn ich blanke Bleispaͤne in Kochfalz und Gypsaufloͤsungen, in
                              denen auf 1000 Theile destillirten Wassers ein Theil Salz kam, in einer Unze Wasser,
                              welcher ein Tropfen Schwefelsaͤure zugesezt worden, oder in dem Quellwasser
                              §. 5 kochte, und die Fluͤssigkeiten nach drei Wochen probirte, so
                              konnte ich keine Spur eines Gehaltes an Blei entdeken.
                           Die Kraft der Salze, die Wirkung des reinen Wassers auf das Blei zu verhindern,
                              welche zuerst von Guyton Morveau angedeutet worden, wurde
                              von Dr. Christison so ausfuͤhrlich abgehandelt,
                              daß ich hier nicht lange dabei zu verweilen brauche. Dr.
                                 Christison fand, daß 1/30000, phosphorsames oder hydrojodsaures Kali die
                              Einwirkung des destillirten Wassers auf das Blei vollkommen verhindere; er
                              aͤußert aber zugleich auch die Ansicht, daß eine außerordentliche Menge
                              Kohlensaͤure, welche in dem Wasser enthalten ist, die gewoͤhnlichste
                              Ursache ist, wodurch die schuͤzende Kraft der Salze aufgehoben wird; er
                              unterstuͤzte endlich diese Ansicht durch einen Versuch, welchen er mit einem
                              Edinburgher Wasser anstellte. Die von mir beobachteten und hierauf
                              bezuͤglichen Thatsachen stimmen jedoch nicht hiemit uͤberein;
                              wenigstens nicht insofern es sich um die Aufloͤskraft des Wassers
                              handelt.
                           38) Ich erwaͤhnte schon im ersten Paragraphen eines Quellwassers, welches einen Theil Blei
                              aufgeloͤst zu halten im Stande war; ich fand, daß, wenn man dieses Wasser aus
                              dem Haupte der Quelle nahm, und wie bei den fruͤheren Versuchen auf Blei
                              einwirken ließ, es Zeichen eines sehr geringen Bleigehaltes gab. Ich untersuchte
                              daher dieses Wasser, indem ich eine gut verschlossene Flasche an dem Haupte der
                              Quelle damit fuͤllte. Es blieb bei Zusaz von uͤberschuͤssigem
                              Kalke vollkommen klar. 32 Unzen gaben, als sie in einem silbernen Tiegel bei einer
                              Temperatur, die etwas uͤber 300° F. betrug, abgedampft wurden, einen
                              Ruͤkstand, welcher 1,75 Gran wog. 6/10 Gran dieses Ruͤkstandes waren
                              in starkem Alkohol aufloͤslich, und bestanden aus salzsaurem Manganoxyd und
                              salzsaurer Thonerde, waͤhrend der uͤbrige Theil aus Gyps mit etwas
                              schwefelsaurem Eisen und Kieselerde bestand. Sowohl diese Quelle, als die andere,
                              deren ich oben erwaͤhnte, entsprang aus den oberen Lagern eines alten rothen
                              Sandsteines, welcher mehrere kleine Braunsteinadern enthielt.
                           Es ist merkwuͤrdig, daß Dr. Lambe in seinen Researches on Spring Water S. 158 die Kraft des
                              Quellwassers Blei aufzuloͤsen, einem zusammengesezten Salze zuschrieb, deren
                              Basis aus Mangan und Eisen, und vielleicht aus etwas Nikel besteht, waͤhrend
                              er die Saͤure als Salzsaͤure annehmen zu duͤrfen meinte. Er
                              glaubt, daß eine derlei Composition in allem Quellwasser enthalten sey: eine
                              Behauptung, die gewiß zu weit ausgedehnt, und weder durch seine eigenen, noch durch
                              die Versuche anderer bestaͤtigt ist. So viel scheint jedoch gewiß, daß er in
                              mehreren Quellen Manganoxyd entdekte.
                           39) Ich fand mich im Laufe dieser Beobachtungen auch veranlaßt einige Versuche
                              uͤber das elektrische Verhaͤltniß des Bleies zu anderen Metallen,
                              besonders zum Bleie anzustellen, theils weil es schien, daß einige der beschriebenen
                              Wirkungen durch die Beruͤhrung mit anderen Metallen modificirt werden
                              wuͤrden; theils weil verschiedene Physiker dem Bleie eine verschiedene Stelle
                              in der elektrischen Ordnung anweisen.
                           40) Ich stellte meine Versuche mit einem Galvanometer an, welcher gleich jenem Ritchie's zwei Nadeln und einen glaͤsernen Faden
                              hatte. Die Metallplatten hatten 2 Zoll Laͤnge auf 1 1/2 Zoll Breite, und
                              wurden dadurch, daß ein Stuͤk Holz von 1/4 Zoll Dike zwischen denselben
                              befestigt ward, in gleicher Entfernung von einander erhalten. An den Platten wurden
                              Kupferdraͤhte angeloͤthet, damit dieselben mit den Schaͤlchen
                              des Galvanometers in Verbindung gebracht werden konnten. Die Fluͤssigkeiten
                              befanden sich in cylindrischen irdenen Schaͤlchen, welche beilaͤufig 4
                              Unzen Wasser faßten.
                           
                           Ich fand, daß wenn destillirtes Wasser, Quellwasser, Aufloͤsungen von
                              Neutralsalzen, verduͤnnte Schwefelsaͤure, Salz- oder
                              Salpetersaͤure, Kalkwasser oder eine Aezkaliaufloͤsung angewendet
                              wurde, und beide Metalle blank waren, das Blei sich zum Eisen bestaͤndig
                              verhielt, wie sich an der gewoͤhnlichen Volta'schen Saͤule das Zink zum Kupfer verhaͤlt; oder daß die
                              Stroͤmung vom Blei zum Eisen durch die Fluͤssigkeit Statt fand. War
                              hingegen das Blei matt, bevor es in das Wasser gebracht wurde, oder ließ man
                              dasselbe, nachdem es in Saͤuren oder Salzaufloͤsungen gebracht worden,
                              eine kurze Zeit uͤber untergetaucht, so nahm die Abweichung der Nadel schnell
                              ab, und erfolgte in einiger Zeit nach der entgegengesezten Richtung. Hr. Davy gab im Jahre 1826 die allgemeine Ursache dieser
                              Veraͤnderungen in den Beziehungen zweier Metalle zu einander an; allein
                              erwaͤhnte dabei des Bleies nicht insbesondere, sondern ließ es sogar in der
                              Tabelle, die er gab, in derselben Ordnung, in welche er es im Jahre 1802
                              stellte.
                           41) Die Kraft die Nadel abweichen zu machen, so wie sie durch die Drehung der
                              Glasfaden, welche durch Blei und Eisenplatten hervorgebracht wurde, im Vergleiche
                              mit der Drehung, welche aͤhnliche Verbindungen von Zink und Kupfer mit
                              denselben Fluͤssigkeiten geben, bemessen wurde, ersieht man
                              annaͤherungsweise aus folgenden Resultaten, welche wahrscheinlich auch die
                              relativen Quantitaͤten der entwikelten Elektricitaͤt andeuten.
                           
                              1) Fluͤssigkeit: destillirtes Wasser: Blei und Eisen gab
                                 1/10 der Kraft gleicher Zink- und Kupferplatten.
                              2) Fluͤssigkeit: Quellwasser, wie das in §. 4 und 5
                                 angewendete, gab 1/50. Das Blei war bei beiden Versuchen anstatt Zink
                                 angewendet.
                              3) Schwefelsaͤure 1/2 Drachme, Quellwasser 4 Unzen: 1/60;
                                 das Blei als Zink. Nach ein Paar Minuten, und in einem Falle selbst in einer
                                 Minute war die Ordnung umgekehrt; das Blei wurde zum Kupfer negativ, und die
                                 Kraft 1/18 von jener des Kupfers und des Zinkes.
                              
                           In diesem Zustande war das Blei also selbst zum Kupfer negativ.
                           Mit einer Kaliaufloͤsung, das Blei als Zink, war die Kraft doppelt so groß,
                              wie die von dem Kupfer und dem Zinke gegebene; und obschon dieselbe rasch abnahm, so
                              trat doch keine Umkehrung ein.
                           Mit einer Aufloͤsung von Kohlensaͤure in destillirtem Wasser entstand
                              beim Untertauchen der Eisen- und Bleiplatten keine Divergenz der Nadel.
                           
                        
                           
                           Schluß.
                           Aus den Versuchen, welche ich in dieser Abhandlung mittheilte, so wie aus einigen,
                              von Anderen beobachteten Thatsachen, lassen sich nun hauptsaͤchlich folgende
                              Schluͤsse ziehen.
                           Wenn Blei in destillirtes, lufthaltiges Wasser untergetaucht wird, so entsteht, indem
                              sich das Blei mit dem von der Luft gelieferten Sauerstoffe verbindet, ein
                              Oxydhydrat, wovon ein Theil, der beilaͤusig 1/12000 von dem Gewichte des
                              Wassers oder etwas daruͤber betraͤgt, von dem Wasser aufgeloͤst
                              wird (§. 5, 22, 25, 28); außer der Bleiaufloͤsung entstehen aber auch
                              noch durch dieselbe Thaͤtigkeit zwei feste Koͤrper; und zwar der Zeit
                              nach zuerst eine sehr leichte krystallinische Substanz, welche entweder ein Gemenge
                              (§. 18) oder vielleicht eine Verbindung (§. 19) von gleichen
                              Proportionen Bleioxydhydrat und kohlensaurem Blei ist; und zweitens ein wasserfreies
                              Bleioxyd in grauen blaͤtterigen Krystallen und kleinen weißen
                              Dodekaëdern (§. 8). Daß diese zweite Substanz aus ihrer
                              waͤsserigen Aufloͤsung krystallisirte, geht daraus hervor, daß sie
                              sich auch auf das Eisen absezte (§. 12).
                           Befinden sich in dem Wasser, in welches das Blei untergetaucht wird, kleine, in ihrem
                              Verhaͤltnisse wandelbare Quantitaͤten von Salzen, so wird die eben
                              erwaͤhnte Wirkung des Wassers dadurch verhindert (Christison); die Verwandtschaft des Bleies zum Wasser scheint dadurch so
                              vermindert zu werden, daß kein Hydrat gebildet wird, und daß auch keine
                              Aufloͤsung Statt findet; das Blei uͤberzieht sich jedoch langsam mit
                              Oxyd.
                           Es scheint uͤbrigens, daß das Blei, wenn es einer eingeschraͤnkten, mit
                              Wasserdaͤmpfen uͤberladenen Atmosphaͤre ausgesezt wird, und
                              besonders, wenn es zugleich mit organischen hygrometrischen Substanzen in
                              Beruͤhrung steht, mit kohlensaurem Blei uͤberzogen wird, wie dieß Faraday an Flintenkugeln, und Becquerel an der aͤußeren Wand von bleiernen
                              Wasserbehaͤltern beobachtete.
                           Die meisten Salzaufloͤsungen, so wie die Schwefel- und
                              Kohlensaͤure faͤllen mehr oder weniger von dem Bleie aus seiner
                              Aufloͤsung in destillirtem Wasser; und zwar die neutralen Salze
                              wahrscheinlich als Bleioxydhydrat, und die sauren Salze, so wie die Saͤuren
                              als Bleisalze (§. 22).
                           In Wasser aufgeloͤste Kohlensaͤure wirkt nicht auf das Blei, und
                              loͤst auch keine meßbare Quantitaͤt seines Oxydes auf: ausgenommen sie
                              ist in Ueberschuß vorhanden. Allerdings loͤst sie aber eine geringe
                              Quantitaͤt kohlensaures Blei auf, obschon diese Quantitaͤt
                              wahrscheinlich nur den vierten Theil von jener betraͤgt, welche destillirtes
                              Wasser an Bleioxyd aufzuloͤsen vermag (§. 28–36).
                           
                           Das einzige Quellwasser, welches ich untersuchte, und in welchem etwas Bleioxyd
                              aufgeloͤst war, enthielt keine Kohlensaͤure (§. 32).
                           In oͤkonomischer Hinsicht duͤrfte sich wahrscheinlich ergeben, daß
                              solches Quellwasser, welches am staͤrksten auf Blei wirkt, am wenigsten auf
                              Eisen wirkt, und umgekehrt.
                           Wenn man Eisen und Blei in blankem Zustande in den einfachen Volta'schen Kreis bringt, so ist das Blei gegen das Eisen positiv, welche
                              Stellung ihm schon Volta urspruͤnglich anwies; ist
                              die Oberflaͤche des Bleies hingegen oxydirt, so wird das Blei zum Eisen und
                              zum Kupfer negativ.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
