| Titel: | Einiges über die Verbrennung des Steinkohlentheeres. Von Hrn. J. O. N. Rutter. | 
| Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. XXXVIII., S. 189 | 
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                        XXXVIII.
                        Einiges uͤber die Verbrennung des
                           Steinkohlentheeres. Von Hrn. J.
                              O. N. Rutter.
                        Aus dem Mechanics' Magazine No.
                              567.
                        Rutter, uͤber die Verbrennung des
                           Steinkohlentheeres.
                        
                     
                        
                           Hr. William Witty hat im Mechanics'
                                 Magazine No. 545 S. 269 einen Aufsaz uͤber die Theorie der
                              Kerzenflamme und einige Bemerkungen uͤber meine Methode Steinkohlentheer in
                              Verbindung mit Wasser als Brennmaterial zu verwenden niedergelegt. Ich will hier
                              nicht auf eine Widerlegung seiner Theorie der Flamme, mit der ich mich nicht
                              befreunden kann, eingehen, sondern mich in dieser Hinsicht nur auf meine vor einiger
                              Zeit erschienene Abhandlung uͤber diesen Gegenstand beziehen; dafuͤr
                              will ich aber versuchen, die Bemerkungen, die Hr. Witty
                              uͤber meine Heizmethode machte, etwas naͤher zu beleuchten.Unsere Leser finden hie Abhandlung des Hrn. Rutter, auf welche sich hier bezogen wird, im Polytechn. Journale Bd. L. S. 174, 253 mitgetheilt; wir bemerken nur,
                                    daß derselbe Verf. in No. 564 des Mechanics' Magazine einen kleinen Nachtrag
                                    hinzufuͤgte, aus welchem jedoch nichts weiter hervorgeht, als daß er
                                    nun auch die Abhandlungen Simm's und Thomson's eingesehen und gefunden habe, daß diese
                                    Auctoren großen Theils mit seinen Ansichten uͤbereinstimmen. –
                                    Was den hier angezogenen Aufsaz des Hrn. Witty
                                    betrifft, so haben wir denselben nicht mitgetheilt, indem er rein
                                    theoretisch und weder auf Erfahrungen noch Versuche begruͤndet war.
                                    Wir machen nur noch darauf aufmerksam daß Hr. Witty in das Mechanics' Magazine No.
                                    570 neuerlich wieder einen Aufsaz einruͤken ließ, in welchem er
                                    einige der Rutter'schen Ansichten uͤber de
                                    Natur der Flamme zu widerlegen sucht. Wir werden hierauf
                                    zuruͤkkommen, in Falle Hr. Rutter eine
                                    Erinnerung dagegen und eine weitere Reihe von Versuchen folgen laͤßt,
                                    wie er dieß versprochen. A. d. R.
                              
                           Hr. Witty beantwortet die Frage: „Ist es also
                                 moͤglich, den Steinkohlentheer zu verbrennen, ohne daß Rauch erzeugt
                                 werde?“ mit folgenden Worten: „Fuͤr Jemanden, der
                                 nur einige Kenntniß in der Chemie hat, ist nichts leichter als dieß. Man lasse
                                 aus feuerfesten Baksteinen einen langen, an einen Rauchfang fuͤhrenden
                                 Canal bauen, und erhize die Seitenwaͤnde dieses Canales mittelst eines
                                 Steinkohlenfeuers bis zur Weißgluͤhhize. Wenn dieß geschehen, so leite
                                 man einen kleinen Strom Steinkohlentheer in denselben; dieser wird sich dann
                                 entzuͤnden, und da die dadurch freigewordenen Kohlenstofftheilchen ihre
                                 Hize nicht verlieren koͤnnen, und in einer bis zur Rothgluͤhhize
                                 erhizten Luftschichte (?) schweben werden, so muͤssen sie sich mit
                                 dem Sauerstoffe verbinden, vorausgesezt, daß mit dem Steinkohlentheer zugleich
                                 auch eine hinlaͤngliche Menge atmosphaͤrische Luft
                                 eintritt.“
                              
                           Hr. Witty sagt uns hiebei nicht, ob das Steinkohlenfeuer
                              auch dann noch unterhalten werden soll, wenn die Waͤnde des Canales bereits
                              weißgluͤhend, und der Strom Steinkohlentheer in denselben eingeleitet worden,
                              was doch zur Vergleichung der Kosten dieses Verfahrens mit jenen anderer Methoden
                              von hohem Werthe waͤre.
                           Daß die chemische Vereinigung von Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff bei dem
                              Verbrennungsprocesse von Waͤrmeentwikelung begleitet ist, und daß die
                              Quantitaͤt oder Intensitaͤt der Hize, welche bei der Verbrennung einer
                              bestimmten Quantitaͤt Brennmaterial entwikelt wird, großen Theils von der
                              Beschaffenheit des Brennmateriales und von der Behandlung, der man dasselbe
                              unterwirft, abhaͤngt; dieß sind Thatsachen, mit denen jeder Chemiker vertraut
                              seyn muß. Jene Arten von Brennstoffen, deren entzuͤndliche Elemente in
                              solchen Verhaͤltnissen mit einander verbunden sind, daß sie am leichtesten
                              mit dem Sauerstoffe eine Verbindung eingehen koͤnnen, geben bei einer
                              gleichen Gewichtsmenge eine der Quantitaͤt oder Intensitaͤt nach
                              groͤßere Hize, als man aus einem gleichen Gewichte eines Brennstoffes, in
                              welchem die einen Elemente in Ueberschuß, die anderen hingegen in zu geringer Menge
                              enthalten sind, erzeugen kann. Es erhellt dieß offenbar aus folgenden Versuchen Dalton's, die, wenn ihre Resultate vielleicht auch nicht
                              streng genau sind, doch der Wahrheit sehr nahe kommen duͤrften.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 54, S. 189
                              
                           1 Pfd. verzehrte bei der Verbrennung;
                              Sauerstoff in Pfd.; Geschmolzenes Eis in Pfd.; Verhaͤltniß der Hize;
                              Wasserstoffgas; Gekohltes Wasserstoffgas; Oehlerzeugendes Gas; Kohlenoxydgas;
                              Olivenoͤhl; Wachs; Talg; Terpenthinoͤhl; Weingeist;
                              Schwefelaͤther; Phosphor; Holzkohle; Schwefel; Kampher; Kautschuk
                           Hieraus ergibt sich, daß Olivenoͤhl, Wachs und Talg durch ihre Verbindung mit
                              Sauerstoff nach dem Wasserstoffgase die groͤßte Hize geben, und daß,
                              waͤhrend 1 Pfd. Wasserstoffgas zu seiner vollkommenen Verbrennung 8 Pfd.
                              Sauerstoffgas erfordert, 1 Pfd. Olivenoͤhl nur 3,033 Pfd. Sauerstoffgas
                              bedarf. Hieraus laͤßt sich schließen, daß 3 Pfd. Olivenoͤhl durch die
                              Verbindung mit etwas mehr dann 9 Pfd. Sauerstoffgas eben so viel Hize geben, als 1
                              Pfd. Wasserstoffgas durch die Verbindung mit 8 Pfd. Sauerstoffgas.
                           Es verdient ferner bemerkt zu werden, daß gerade jene Koͤrper, in welchen ein
                              Ueberschuß von Kohlenstoff enthalten ist, wie z.B. das Terpenthinoͤhl, die
                              Holzkohle und der Kautschuk bei der Verbrennung weit weniger Hize geben, als andere
                              Koͤrper, in denen der Wasserstoff und Kohlenstoff in genaueren
                              Verhaͤltnissen mit einander verbunden sind. Ein Pfd. Olivenoͤhl und
                              3,033 Pfd. Sauerstoffgas erzeugen z.B. so viel Hize, als noͤthig ist, um 104
                              Pfd. Eis zu schmelzen, waͤhrend 1 Pfd. Terpenthinoͤhl durch die
                              Verbindung mit 3,14 Pfd. Sauerstoff nur 60 Pfd. Eis zu schmelzen vermag. Wenn man
                              auch fuͤglich annehmen kann, daß 1/3 des Terpenthinoͤhles als
                              Lampenschwarz unzersezt davon ging, so wuͤrde, wenn sich auch das ganze Pfd.
                              Terpenthinoͤhl in Folge irgend einer eigenthuͤmlichen Einrichtung mit
                              Sauerstoff verbinden ließe, zur vollkommenen Verbrennung statt der 3,14 Pfd.
                              Sauerstoff doch nur 4,71 Pfd. erforderlich seyn, und folglich wuͤrden statt
                              der 60 Pfd. Eis 90 Pfde. geschmolzen werden, so daß das Verhaͤltniß der Hize
                              immer noch geringer stuͤnde, als beim Olivenoͤhle.
                           1 Pfd. Terpenthinoͤhl braucht naͤmlich 4,71 Pfd.
                              Sauerstoff = 3,71 Pfd., und schmilzt 90 Pfd. Eis.
                           1 Pfd. Olivenoͤhl braucht 3,033 Pfd. Sauerstoff = 4,033
                              Pfd., und schmilzt 104 Pfd. Eis.
                           Nimmt man jedoch fuͤr das Terpenthinoͤhl jene
                              Zahlen an, die in obiger Tabelle stehen, – und diese Annahme ist nicht mehr
                              als billig, da die Verbrennung saͤmmtlicher Materialien unter gleichen
                              Umstaͤnden vorgenommen wurde, so ergibt sich folgendes
                              Verhaͤltniß:
                           
                              
                                 Olivenoͤhl und Sauerstoff
                                 4,033 Pfd. schmelzen
                                 104 Pfd. Eis.
                                 
                              
                                 Terpenthinoͤhl      –
                                 4,14     –          –
                                   60   –    –
                                 
                              
                           Verhaͤltniß zu Gunsten des Olivenoͤhles wie 5,2 zu
                              3.
                           So interessant und wichtig diese Versuche des Hrn. Dalton
                              auch sind, so deuten sie doch bloß jene Resultate an, die sich aus der Anwendung des
                              Sauerstoffes ergeben; um sie vollkommen nuͤzlich und noch werthvoller zu
                              machen, sollten sie mit atmosphaͤrischer Luft wiederholt werden, wobei die
                              Quantitaͤt Sauerstoff, die dieser unter verschiedenen Umstaͤnden
                              entzogen wird, genau angegeben werden muͤßte.
                           
                           Daß der Steinkohlentheer in quantitativer Hinsicht in seinen Bestandtheilen dem
                              Terpenthinoͤhle sehr nahe komme, laͤßt sich nicht laͤugnen; die
                              bei dessen Verbrennung bemerkbaren Erscheinungen deuten offenbar auf einen Mangel an
                              Wasserstoffgas, und dafuͤr auf einen Ueberschuß an Kohlenstoff. Soll daher
                              der Steinkohlentheer mit Vortheil als Brennmaterial angewendet werden, so ist zur
                              Erreichung eines gewissen Resultates offenbar eine groͤßere Quantitaͤt
                              von diesem Koͤrper und von Sauerstoffgas noͤthig, als von einem
                              anderen Koͤrper, dessen Elemente sich leichter mit Sauerstoff verbinden, zu
                              demselben Zweke erforderlich waͤre. Die Praxis bewahrt dieß. In einigen
                              englischen Gaswerken verwendet man naͤmlich den Steinkohlentheer als
                              Brennmaterial, und zwar in einigen in Verbindung mit festen Brennstoffen, in anderen
                              ohne dieselben. Er ist jedoch in lezterem Falle nichts weniger als ein
                              oͤkonomisches Ersazmittel von festem Brennmaterial, und daher wird er auch an
                              mehreren Orten nur verbrannt, weil man dieses laͤstigen Koͤrpers auf
                              andere Weise nicht besser los werden kann. Der Steinkohlentheer enthaͤlt
                              nicht so viel Wasserstoff, als noͤthig ist, um durch seine Entzuͤndung
                              und Verbrennung allein jene Scheidung und Wiedervereinigung seiner Elemente zu
                              erzeugen, welche eine wesentliche Bedingung zur vortheilhaften Anwendung eines jeden
                              Heizmittels ist. Es laͤßt sich zwar aller Kohlenstoff der Steinkohle mit
                              Sauerstoff verbinden, allein dieß kann, wie Hr. Witty
                              sagte, nur durch eine eigenthuͤmliche Vorrichtung und bei einer sehr hohen
                              Temperatur geschehen. Je vollkommener die auf diese Weise bewirkte Verbindung, um so
                              groͤßer wird die Quantitaͤt des angewendeten Sauerstoffes, und um so
                              groͤßer wird folglich auch die Quantitaͤt Stikstoff seyn, welche
                              erhizt werden muß: eine Bedingung, die einen großen Aufwand an Brennmaterial mit
                              sich bringt.
                           Die in obiger Tabelle verzeichneten Versuche stehen mit einem Umstande in Verbindung,
                              der nicht mit Stillschweigen uͤbergangen werden darf. Ich erinnere mich
                              naͤmlich nicht, daß auf den Grundsaz, der sich hierin offenbar erkennen
                              laͤßt, je direct angespielt worden waͤre: ich meine hier die Hize,
                              welche das Resultat der chemischen Wirkung ist. Wenn wir z.B. das
                              oͤhlerzeugende Gas nehmen, in welchem, wie man meinen sollte, die Elemente,
                              aus denen es besteht, durch die vorlaͤufige Behandlung auf eine Weise
                              zusammengesezt sind, die ihrer Verbindung mit Sauerstoff und der daraus folgenden
                              Waͤrmeentwikelung sehr guͤnstig sind, so finden wir, daß 1 Pfd.
                              oͤhlerzeugendes Gas 4,375 Pfd. Sauerstoff zu seiner Verbrennung braucht, und
                              dadurch 85 Pfd. Eis zu schmelzen im Stande ist, waͤhrend 1 Pfd.
                              Olivenoͤhl doch nur 3,033 Pfd. Sauerstoff verbraucht, und damit 104 Pfd. Eis schmilzt.
                              Sollte sich hieraus nicht schließen lassen, daß die Verdampfung, wenn sie zugleich
                              und unmittelbar mit Entzuͤndung, Zersezung und Wiederzusammensezung von
                              Statten geht, durchaus kein abkuͤhlender, sondern vielmehr ein Waͤrme
                              entbindender Proceß ist?
                           Hr. Witty sagt in Bezug auf meinen Vorschlag, eine kleine
                              Quantitaͤt Wasser mit dem zu verbrennenden Theere zu vermengen:
                              „daß hier zwei kraͤftige chemische Wirkungen durch ein Volumen
                                 Luft unterhalten werden, welches jede dieser Wirkungen schon einzeln fuͤr
                                 sich erfordert.“ Diese Stelle ist aus dem fruͤher von mir
                              gegebenen Prospectus entnommen, sie ist entstellt und unverstaͤndlich; es sey
                              mir daher erlaubt, sie durch folgende Einschaltungen deutlich zu machen.
                              „Bei meinem hier beschriebenen Processe oder Verfahren wird der
                                 Sauerstoff nicht von Außen eingefuͤhrt (wie dieß noͤthig ist, wenn
                                 unter gewoͤhnlichen Umstaͤnden die gaͤnzliche Verbindung
                                 der Elemente der Steinkohle oder des Steinkohlentheeres erzielt werden soll),
                                 sondern er wird in dem Ofen selbst erzeugt (und zwar durch die Zersezung der
                                 Wasserdaͤmpfe in Verbindung mit dem Steinkohlentheere), und statt daß der
                                 auf diese Weise in dem Ofen erzeugte Sauerstoff von Stikstoff begleitet ist,
                                 wodurch die Verbrennung verzoͤgert und die Flamme ausgeloͤscht
                                 wuͤrde, besteht dessen Begleiter aus Wasserstoff, einem der brennlichsten
                                 Gase, die es gibt.“
                              
                           Der praktische Werth und Nuzen meines Verfahrens ist bereits vollkommen bewahrt und
                              hergestellt; er wird sich gewiß von selbst Allen empfehlen, die sich die
                              Muͤhe geben wollen, sich mit dessen Bedingungen bekannt zu machen, und
                              besonders denen, die bei Gasoperationen betheiligt sind; denn die Gaswerke sind der
                              Geburtsort meiner Erfindung, und sie sind es, die gegenwaͤrtig auch als
                              dessen Heimath betrachtet werden koͤnnen. Bei einem zwekmaͤßig
                              eingerichteten Ofen duͤrfte mein Verfahren jedoch auch an den Dampfkesseln,
                              und uͤberhaupt uͤberall, wo in einer eingeschlossenen Feuerstelle ein
                              sehr hoher Hizgrad erreicht werden soll, anwendbar seyn.
                           Die Theorie des ganzen Processes scheint mir außerordentlich einfach und auf folgende
                              Weise erklaͤrlich. Der Steinkohlentheer enthaͤlt einen Ueberschuß an
                              Kohlenstoff, allein zu wenig Wasserstoff; das Wasser wird in Verbindung mit den
                              Elementen des brennenden Theeres leicht zersezt, und gibt dadurch 2 Volumen
                              Wasserstoff und 1 Volumen Sauerstoff. Der Wasserstoff verbindet sich in bestimmten
                              Verhaͤltnissen mit dem Kohlenstoffe, und erzeugt dadurch
                              oͤhlerzeugendes und gekohltes Wasserstoffgas, welche Gase durch das
                              Hinzutreten des Sauerstoffes aus der atmosphaͤrischen Luft zersezt werden,
                              indem sich deren Elemente mit bestimmten Quantitaͤten Sauerstoff verbinden, und Wasserdampf (1
                              Vol. Sauerstoff und 2 Vol. Wasserstoff) und Kohlensaͤure (1 Vol. Sauerstoff
                              und 1 Vol. Kohlenstoff) bilden. Der bei der Zersezung des Wassers frei werdende
                              Sauerstoff dient nicht zur Unterhaltung der Verbrennung, sondern er bildet, indem er
                              sich mit Kohlenstoff verbindet (1 Vol. Kohlenstoff und 1/2 Vol. Sauerstoff),
                              Kohlenoxyd, und dieses verbindet sich bei der Entzuͤndungshize leicht mit
                              noch einem halben Vol. Sauerstoff, um dann Kohlensaͤure zu bilden.
                           Die Waͤrme, die bei dem eben kurz beschriebenen Processe frei wird, ist nicht
                              ganz den Qualitaͤten der in Behandlung kommenden Materialien zuzuschreiben,
                              sondern ein Theil derselben kann fuͤglich auf Rechnung verschiedener
                              chemischer Agentien und Verwandtschaften, die unter den der Zersezung und
                              Wiedervereinigung verschiedener Elemente guͤnstigsten Umstaͤnden in
                              Wirksamkeit kommen, geschrieben werden.
                           Worin steht die Zersezung des Wasserdampfes, wenn derselbe in inniger Verbindung mit
                              dem Kohlenstoffe befindlich ist, mit der Analogie oder mit der Erfahrung in
                              Widerspruch? Der Wasserdampf ist mit ein Bestandtheil des Weingeistes und selbst des
                              Aethers, und nach dem Verhalten eines jeden dieser beiden Koͤrper zu
                              schließen, laͤßt sich annehmen, daß der Kohlenstoff weit
                              entzuͤndlicher ist, wenn er mit Wasserdampf verbunden ist, als unter irgend
                              anderen Umstaͤnden. Es laͤßt sich nun wohl unmoͤglich
                              behaupten, daß die Theorie der Verbrennung des Steinkohlentheeres wesentlich von
                              jener des Weingeistes oder Aethers abweicht; ja ich glaube sogar, daß lezterer die
                              geeignetste Parallele fuͤr den Theer bildet, obschon die vorbereitenden
                              Bedingungen wesentlich verschieden sind.
                           Wasser in Beruͤhrung mit einer oxydirbaren Oberflaͤche in geschlossenen
                              Gefaͤßen zu zersezen, ist ein langweiliger und schwieriger Proceß. Die
                              Wahlverwandtschaften der Elemente der Koͤrper, und besonders jener, mit deren
                              Untersuchung wir uns hier beschaͤftigen, haͤngen sehr materiell von
                              verschiedenen Umstaͤnden ab; wir wissen z.B. aus taͤglicher Erfahrung,
                              welchen Einfluß Veraͤnderungen der Form und der Temperatur auf dieselben
                              uͤben, und bei jedem Schritte, den wir in den Experimentalwissenschaften
                              machen, finden wir neue Thatsachen, die dieses wichtige Princip
                              bestaͤtigen.
                           In der Praxis lassen sich die Verhaͤltnisse des Steinkohlentheeres oder
                              anderer aͤhnlicher Koͤrper zu dem Wasser nicht mit mathematischer
                              Genauigkeit und in solcher Art bestimmen, daß jedes Atom Wasserstoff, Sauerstoff und
                              Kohlenstoff geschieden und wieder verbunden wird. Daß jedoch bei weitem der
                              groͤßere Theil der Bestandtheile diese Veraͤnderungen wirklich
                              eingeht, erhellt aus der Quantitaͤt oder Intensitaͤt der Hize, die sich mit einer
                              Verhaͤltnißmaͤßig geringen Quantitaͤt entzuͤndlicher
                              Stoffe erzeugen laͤßt, und durch andere Umstaͤnde, die ich hier nicht
                              anzufuͤhren brauche, beweisen.
                           Hr. Witty erwaͤhnt, wie wir oben gesehen haben,
                              einer zum Rothgluͤhen erhizten Luftschichte; ich erlaube mir zu fragen, ob er
                              sich je von dieser Erscheinung mit eigenen Augen uͤberzeugt habe? Der sel.
                              Wedgwood stellte mehrere, sehr interessante Versuche
                              uͤber diesen Gegenstand an; er erhizte atmosphaͤrische Luft so weit,
                              daß sie metallene Koͤrper, die mit ihr in Beruͤhrung kamen, schnell
                              zum Gluͤhen brachte; allein alle seine Bemuͤhungen, die Luft selbst
                              gluͤhend oder auch nur im leisesten Grade leuchtend zu machen, waren
                              vergebens. Es laͤßt sich durch einen sehr einfachen Versuch beweisen, daß die
                              Luft bei einer Temperatur, bei welcher metallene und feste kohlenstoffhaltige
                              Koͤrper gluͤhen, durchaus nicht leuchtet. Wenn man einen
                              angezuͤndeten Wachsstok unter einen Brenner haͤlt, durch welchen
                              Steinkohlengas stroͤmt, so wird das Gas durch den erhizten Luftstrom, der von
                              dem Wachslichte aus emporsteigt, entzuͤndet werden, ohne daß es wirklich mit
                              der Flamme in Beruͤhrung kommt. Derselbe Versuch laͤßt sich auch
                              anstellen, indem man einen Strom Steinkohlengas quer durch die von einem Gasbrenner
                              emporsteigende, erhizte Luftsaͤule stroͤmen laͤßt, wo das Gas
                              gleichfalls entzuͤndet wird. Auf gleiche Weise kann ein Wachslicht in einer
                              Entfernung von mehreren Zollen von der Gasflamme entzuͤndet werden. Da nun
                              allgemein angenommen ist, daß das Steinkohlengas von keinem festen Koͤrper,
                              dessen Temperatur sich unter der Rothgluͤhhize befindet, entzuͤndet
                              werden kann, so laͤßt sich annehmen, daß die von einem Wachslichte
                              emporsteigende Luftsaͤule, obschon sie nicht leuchtet, doch eine Temperatur
                              besizt, die jener rothgluͤhender fester Koͤrper gleichkommt, oder sie
                              sogar uͤbertrifft. Die Entzuͤndung und Zersezung gasartiger
                              Koͤrper haͤngt daher unter anderen Umstaͤnden von der
                              specifischen Temperatur ab, und es hat keinen Einfluß, ob sich der
                              entzuͤndliche Koͤrper in unmittelbarer Nachbarschaft (denn eine
                              wirkliche Beruͤhrung laͤßt sich nicht denken) eines leuchtenden
                              Koͤrpers, oder in einer solchen Entfernung von demselben befindet, daß eine
                              gewisse Temperatur erhalten wird.
                           Hr. Witty sagt: „2 Gallons Wasser
                                 duͤrften vielleicht mehr seyn, als 1 Gallon Steinkohlentheer zu zersezen
                                 im Stande sind.“ Ich wende beide Substanzen gewoͤhnlich so an,
                              daß auf ein Volumen Theer 1 1/2 Volumen Wasser kommen; ich habe jedoch auch schon 3
                              Volumen Wasser mit einem Volumen Theer in den Ofen gebracht, und habe auch hiemit
                              genuͤgende Resultate erhalten; dieß ist jedoch nur dann moͤglich, wenn die auf den
                              Roststangen befindliche Kohksschichte aufs lebhafteste brennt, und wenn der ganze
                              Flaͤchenraum des Ofens beinahe in weißgluͤhendem Zustande begriffen
                              ist. Um saͤmmtliche Bedingungen, die mit der Theorie dieses Processes in
                              Verbindung stehen, richtig zu erfassen, ist eine genaue Analogie des
                              Steinkohlentheeres noͤthig; mir ist noch keine solche bekannt, und es
                              wuͤrde mich hier zu weit fuͤhren, wenn ich gegenwaͤrtig in eine
                              Eroͤrterung meiner hieruͤber angestellten Versuche und Beobachtungen
                              eingehen wollte. Nur so viel will ich bemerken, daß man eine weit groͤßere
                              Menge Wasser mit Vortheil und in Verbindung mit dem Steinkohlentheere anwenden kann,
                              als man nach unseren gewoͤhnlichen Ansichten uͤber die Bestandtheile
                              dieser Koͤrper glauben sollte. Unter vortheilhafter Anwendung verstehe ich
                              eine solche Operationsweise, bei welcher sich durch eine Erhoͤhung der
                              relativen Verhaͤltnisse des Wassers zum Steinkohlentheere eine successive
                              Vermehrung der Hize genuͤgend beurkundet.
                           Hr. Witty sagt endlich, indem er von den Dampfkesseln
                              spricht: „meiner Erfahrung nach sind die Seitenwaͤnde der
                                 Dampfkessel oft um mehrere 100 Grade heißer, als das in ihnen enthaltene Wasser,
                                 und zuweilen sind sie sogar an der aͤußeren Flaͤche
                                 rothgluͤhend.“ Ist Hr. Witty wohl
                              auch ganz sicher, das, was er hier angibt, auch wirklich gesehen zu haben?Hr. Witty sucht dieß in dem zulezt
                                    angefuͤhrten Aufsaze durch folgende Bemerkungen zu beweisen:
                                    „Daß die Oberflaͤchen der Dampfkessel manchmal
                                       rothgluͤhen, davon kann man sich uͤberzeugen, wenn man an
                                       Kesseln, in welchen man die Dampfentwikelung sehr hoch treibt, und wenn
                                       das Feuer ganz hell brennt, durch ein Loch in dem Feuerzuge hineingukt;
                                       in diesem Falle sah ich wenigstens deutliche Zeichen des
                                       Rothgluͤhens. Ein anderer Beweis duͤrfte auch noch darin
                                       liegen, daß der Kohlenstoff, der dem Metalle anhangt, wenn das Feuer
                                       zuerst angezuͤndet wird, verschwindet, sobald das Feuer lebhaft
                                       zu brennen, und das Wasser zu sieden beginnt.“ Wir zweifeln
                                    sehr, daß diese Beweise genuͤgen duͤrften. Eben so wenig
                                    Glauben verdient es, wenn Hr. Witty sagt:
                                    „das Gluͤhen der Luft ist zwar sehr schwer zu beweisen,
                                       allein es duͤrfte sich vielleicht aus der Lichtsaͤule, die
                                       man des Nachts aus manchen Schornsteinen emporsteigen sieht, darauf
                                       schließen lassen.“ Er scheint dieß auch selbst zu
                                    fuͤhlen, denn er bemerkt gleich darauf selbst, daß man dagegen
                                    einwenden koͤnne, dieses Licht ruͤhre von dem Feuer her, und
                                    werde bloß von der Luft zuruͤkgeworfen. A. d. R.