| Titel: | Einiges über die Kattundrukerei in England. | 
| Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. L., S. 267 | 
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                        L.
                        Einiges uͤber die Kattundrukerei in
                           England.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No. 578 und 579, S.
                              398.
                        Einiges uͤber die Kattundrukerei in England.
                        
                     
                        
                           Die vom Hause der Gemeinen im Jahre 1833 erwaͤhlte Commission, welche
                              uͤber Manufacturen, Handel und Schifffahrt zu belichten hatte, und aus deren
                              Berichte wir unseren Lesern bereits Mehreres, das allgemeine Interesse lebhaft
                              Ansprechende mittheilten, hat auch viele der ausgezeichnetsten englischen
                              Kattundruker vor ihre Schranken geladen, um ihre Ansichten uͤber den
                              gegenwaͤrtigen Zustand dieses Industriezweiges in England zu vernehmen. Da
                              uns unter den verschiedenen Aussagen dieser Fabrikanten jene des Hrn. James Thomson, Calicodrukers in Primrose bei Clithero,
                              besondere Aufmerksamkeit zu verdienen scheint, so nehmen wir keinen Anstand,
                              dieselbe hiemit dem Publikum vorzulegen, und zwar in der Urspruͤnglichen
                              Form, in Fragen und Antworten getheilt.
                           Fr. Was halten Sie von dem gegenwaͤrtigen Zustande
                              der Calicodrukerei in England? – A. Nach meiner Ansicht ist dieser
                              Industriezweig gegenwaͤrtig in einem weit bluͤhenderen Zustande, als
                              er waͤhrend irgend einer anderen, in den lezten 6 Jahren verflossenen Zeit
                              war; die Nachfrage ist mehr staͤtig und nachhaltig, und die Preise sind mehr
                              lohnend, woher denn auch alle in demselben beschaͤftigten Personen ihren
                              Vortheil finden.
                           Fr. Brachte die Abschaffung der Auflage der
                              Calicodrukerei einen bedeutenden Vortheil? – A. Ich glaube allerdings, daß
                              der Vortheil, welcher hieraus entsprang, ein bedeutender war und ist.
                           Fr. Glauben Sie, daß dieser Vortheil lediglich nach dem
                              Betrage der abgeschafften Auflage zu berechnen ist, oder entsprangen außerdem noch
                              andere Nebenvortheile aus deren Abschaffung? – A. Der Consument
                              erhaͤlt die Waare 1) um 30 bis 40 Proc. wohlfeiler, als er sich dieselbe
                              fruͤher zu verschaffen im Stande war; man bekommt z. B. gegenwaͤrtig
                              ein sehr gutes und anstaͤndiges Kleid fuͤr ein armes Weib um eine
                              halbe Krone, waͤhrend man dasselbe vor der Aufhebung der Auflage fuͤr
                              4 Schill. (2 fl. 24 kr.) bezahlen mußte. Ich glaube uͤbrigens, daß sich der
                              Vortheil des Consumenten nicht bloß auf den Betrag des Zolles beschraͤnkt;
                              sondern daß er sich noch weit hoͤher belaͤuft, indem der Fabrikant
                              auch noch in anderer Hinsicht bedeutend gewann. Es faͤllt naͤmlich
                              nunmehr die Concurrenz zwischen dem redlichen und dem betruͤgenden
                              Fabrikanten, welche ersterem großen Nachtheil brachte, und welche, wie ei scheint,
                              weit groͤßer war, als man es anfangs vermuthete, hinweg. Die Vortheile, die die Befreiung
                              von taͤglicher und beinahe stuͤndlicher Aufsicht einem Gewerbe bringen
                              muß, welches nicht nur große Gewandtheit erfordert, sondern in welchem es sich
                              haͤufig auch um Geheimnisse handelt, sind von groͤßter Wichtigkeit;
                              denn es iß nur zu bekannt, daß manche Verbesserungen und Erfindungen der Fabrikanten
                              von den Mauthbeamten aus den Fabriken verschleppt wurden. Ein anderer wesentlicher
                              Vortheil erwachst daraus, daß wir gegenwaͤrtig vollkommen Meister unserer
                              eigenen Apparate und Maschinen sind; wir koͤnnen gegenwaͤrtig in jedem
                              Augenblike, in welchem uns ein Auftrag wird, druken, waͤhrend wir
                              fruͤher auf die Ankunft des Accisebeamten, der den Zeug zu messen hatte,
                              warten mußten. Wir koͤnnen gegenwaͤrtig unsere Waaren in jedem
                              beliebigen Augenblike verpaken und versenden, waͤhrend wir fruͤher
                              warten mußten, bis sie gestempelt waren, was oft außerordentliche
                              Zeitversaͤumniß veranlaßte. Ja diese freiere Bewegung in unserem
                              Geschaͤfte ist so unendlich guͤnstig, daß wir uns nur wundern
                              muͤssen, wie wir unsere Ketten so lange Zeit ertragen konnten. Noch ein
                              Vortheil endlich ist folgender: es geschah nicht selten, daß arme Leute gedrukte
                              Calico's kauften, und dann ausfuͤhrten, um durch den Ruͤkzoll ein
                              Capital zu gewinnen; diese Fabrikate wurden dann oft auf Maͤrkte gesandt,
                              fuͤr welche sie gar nicht geeignet waren, und auf denen sie dem ehrlichen und
                              wahren Kaufmanne nur durch die Concurrenz Schaden brachten, indem sie zu den
                              niedrigsten Preisen verschleudert werden mußten, und also nothwendig auch die Preise
                              der guten Waaren herabdruͤkten. Aus allen diesen Ruͤksichten glaube
                              ich, daß der aus der Abschaffung der Auflage sich ergebende Vortheil fuͤr den
                              Consumenten sowohl, als fuͤr den Fabrikanten ein sehr großer und
                              wohlthaͤtiger ist.
                           Fr. Fuͤrchten Sie in Ihrem Gewerbe bedeutende
                              fremde Concurrenz? – A. Unsere Concurrenten haben zwar Boden gefaßt, doch
                              sind sie uns gegenwaͤrtig durchaus noch nicht gefaͤhrlich.
                           Fr. Ist Ihnen die Natur und der Grad der Ausdehnung
                              dieser Concurrenz bekannt? – A. Ich habe mir viele Muͤhe gegeben, mich
                              waͤhrend meines Aufenthaltes in Frankreich mit derselben bekannt zu machen;
                              ich war im Jahre 1824 daselbst, und kam erst vor einigen Monaten abermals wieder von
                              daher zuruͤk. Gegenwaͤrtig sind alle Drukereien und Fabriken des Elsaß
                              und der Normandie in großer Thaͤtigkeit; ihre Preise sind jedoch so
                              widernatuͤrlich hoch, daß es schwer ist, einen genuͤgenden Vergleich
                              zwischen den ihrigen und unseren anzustellen.
                           Fr. Was verstehen Sie unter widernatuͤrlich hoch?
                              – A. Ich meine, daß ihr Gewerbe in den lezten zwei oder drei Jahren darnieder
                              lag; denn
                              waͤhrend der Revolution, wo das Vertrauen gestoͤrt war, war beinahe in
                              allen Fabriken ein Stoken eingetreten. Voriges JahrDas Examen des Hrn. Thomson fand am 14. und 18.
                                    Januar 1833 Statt. A. d. R. fuͤhrte man weiße Calico's nach der Schweiz aus, wo dieselben doch
                              wohlfeiler erzeugt werden, als in Frankreich; im heurigen Jahre hingegen hob sich
                              die Nachfrage in Folge der fruͤher verminderten Production wieder bedeutend:
                              so zwar, daß die Baumwollenwaaren daselbst gegenwaͤrtig beinahe um 25 Proc.
                              hoͤher im Preise stehen, als sie noch vor einem Jahre um dieselbe Zeit
                              standen. Auch der Arbeitslohn stieg verhaͤltnißmaͤßig, und der Maire
                              von Lyon und Deputirte, Hr. Prunelle, versicherte wich,
                              daß der Arbeitslohn in Lyon um 30 bis 40 Proc. hoͤher gestiegen war, als er
                              in dem Tarife stand, den die Arbeiter waͤhrend ihres Aufstandes selbst
                              entworfen hatten.
                           Fr. Halten Sie nach den Beobachtungen, welche Sie in
                              Frankreich machten, die Geschaͤftsgewandtheit in diesem Industriezweige
                              daselbst fuͤr groͤßer oder fuͤr geringer, als bei uns? –
                              A. In mechanischem Talente stehen uns die Franzosen weit nach, und eben so in
                              manueller Fertigkeit; sie erzeugen innerhalb derselben Zeit eine weit geringere
                              Menge Fabrikat, als wir.
                           Fr. Was verstehen Sie denn eigentlich unter dem
                              mechanischen Talente? – A. Ich meine darunter den Bau der Maschinen und die
                              Anwendung derselben.
                           Fr. Wie verhaͤlt es sich aber mit dem chemischen
                              Talente hier und in Frankreich? – A. In chemischer Hinsicht haben die
                              franzoͤsischen Druker viele schoͤne Verbesserungen und Erfindungen
                              gemacht; und man kann in der That sagen, daß jeder franzoͤsische Calicodruker
                              Chemie wissenschaftlich betreibe. Es gibt daselbst beinahe keine Fabrik, die nicht
                              ihr Laboratorium oder ihren Chemiker hat, dessen Geschaͤft es ist
                              verschiedene Versuche anzustellen, um neue Processe zu erfinden oder alte zu
                              verbessern.
                           Fr. Ist dieß in England auch der Fall? – A. In den
                              groͤßeren Fabriken allerdings; allein im Allgemeinen wird in den
                              franzoͤsischen Drukereien mehr Chemie betrieben. Wenn ich jedoch angeben
                              soll, ob innerhalb der lezten 30 Jahre in Frankreich oder in England mehr wichtige
                              Erfindungen in diesem Fache gemacht wurden, so muß ich sagen, daß die in England
                              gemachten von weit groͤßerem Einflusse und groͤßerer Wichtigkeit
                              waren.
                           Fr. Haben die franzoͤsischen Fabrikate in Hinsicht
                              auf den Glanz ihrer Farben nicht einen Vorzug vor den unserigen? – A.
                           
                           Ihre Fabrikate haben nur den einzigen Vorzug, den ihnen das bessere Klima in
                              Frankreich gibt; die Franzosen koͤnnen ihre Fabrikate mit mehr Sicherheit der
                              Luft aussezen, und haben auch mehr Sonnenschein, als wir; daher haben ihre feinen
                              Musseline auch gewiß einen Vorzug vor den unseligen.
                           Fr. Was den Faͤrbestoff selbst betrifft, so
                              glauben Sie nicht, daß die Franzosen vor uns im Vortheile sind? – A. Durchaus
                              nicht; ja ich schlage nicht ein Mal den eben zugestandenen Vorzug so gar hoch
                              an.
                           Fr. Sie sind jedoch auch der Ansicht, daß die Franzosen
                              in ihren einzelnen Fabriken wegen der großen Aufmerksamkeit, die sie auf Chemie
                              verwenden, gegen uns in irgend einem Vortheile sind? – A. Ich kann nicht
                              sagen, daß dieser Vortheil ein sehr ausgesprochener ist, indem die Anwendung der
                              Wissenschaft auf den Calicodruk von den meisten unserer ersten Fabrikanten mit
                              ausgezeichnetem Erfolge geuͤbt wird.
                           Fr. Gibt es denn in England auch einige große Fabriken,
                              welche von Maͤnnern geleitet werden, die vollkommen gruͤndliche
                              Kenntnisse in der Chemie besizen? – A. Allerdings.
                           Fr. Koͤnnen Sie angeben, ob und auf welchen
                              Maͤrkten die franzoͤsischen gedrukten Calico's mit den unseligen
                              Concurrenz halten? – A. Die Ausfuhr der gedrukten Calico's aus Frankreich ist
                              sehr beschraͤnkt. Ich gab mir im Jahre 1821 viele Muͤhe, die ganze
                              Production Frankreichs und die Quantitaͤt der Ausfuhr zu ermitteln, zeigte
                              die Resultate meiner Forschungen den ersten Fabrikanten im Elsaß und in der
                              Normandie, und fand, daß dieselben daruͤber erstaunt waren, wie nahe meine
                              Angaben der Wahrheit kamen. Im Jahre 1824 betrug nun die Gesammtsumme der in
                              Frankreich gedrukten Calico's nicht uͤber 1,200,009 Stuͤke, und davon
                              wurden nicht uͤber 200,000 Stuͤke ausgefuͤhrt. Die Franzosen
                              sendeten immer Einiges von ihren feinsten und ausgezeichnetsten Fabrikaten, bei
                              denen es nicht so sehr auf die Preise ankommt, auf die europaͤischen und
                              amerikanischen Markte, und dieß thun sie auch gegenwaͤrtig noch. Mit Ausnahme
                              ihrer Colonien, und eines Theiles von Spanien und Italien liefern sie aber an keinen
                              anderen Ort den Stapelartikel, den wohlfeilen Artikel, der die Hauptconsumtion
                              bildet.
                           Fr. Ruͤhrt dieser geringe Grad von Concurrenz, den
                              die Franzosen auf einigen Markten mit uns halten, davon her, daß sie ihr Fabrikat
                              wohlfeiler zu liefern im Stande sind, als wir das unserige? – A. Ich
                              wuͤßte nicht, daß sie, was die leichtere Waare betrifft, auf irgend einem
                              Markte mit uns Concurrenz halten koͤnnen.
                           Fr. Erfreute sich die Kattundrukerei bei uns eines
                              raschen Aufschwunges,
                              und wurden große Verbesserungen und Erfindungen in derselben gemacht? – A.
                              Ihr Ursprung datirt sich bei uns vom Jahre 1690 her, wo zu Richmond an den Ufern der
                              Themse von einem Franzosen, der wahrscheinlich in Folge der Widerrufung des Edictes
                              von Nantes zu uns fluͤchtete, eine kleine Drukerei errichtet wurde. Die erste
                              große Fabrik entstand zu Bromley Hall in Essex; sie stand, als die Auflage auf die
                              gedrukten Zeuge eingefuͤhrt wurde, in den Accisebuͤchern als Nr. 1:
                              zum Beweise, daß sie damals unter allen aͤhnlichen Anstalten, welche um
                              London bestanden, die erste war. Es befand sich daselbst vor einigen Jahren noch
                              eine bleierne Pumpe mit der Jahrzahl 1710. Das Gewerbe gewann nach und nach in der
                              Naͤhe von London eine immer groͤßere und groͤßere Ausdehnung,
                              bis es im Jahre 1768 oder 69 nach Lancashire verlegt wurde, wo es
                              gegenwaͤrtig einen der vorzuͤglichsten und ausgedehntesten
                              Industriezweige bildet.
                           Fr. Brachte die Entdekung Scheele's, daß die oxydirt salzsauren Salze die vegetabilischen
                              Faͤrbestoffe zerstoͤren, eine große Veraͤnderung hervor?
                              – A. Die von Scheele gemachte große Entdekung
                              wurde zuerst in Frankreich durch Berthollet auf das
                              Bleichen angewendet, spaͤter wurde jedoch diese Methode bei uns auf einen
                              hoͤheren Grad von Vollkommenheit gebracht. In neuerer Zeit wurde sie auch auf
                              die Calicodrukerei angewendet, und diese Entdekung Koechlin's in Muͤlhausen ist einer der schoͤnsten Processe
                              in der Drukerei.
                           Fr. Hielt man bei uns seiner Zeit das Emporkommen der
                              Calicodrukereien fuͤr gewisse andere Fabriken fuͤr nachtheilig?
                              – A. Die Weber zu Spitalfields waren anfaͤnglich sehr feindselig gegen
                              die Drukereien gesinnt. Im Jahre 1680 war ein allgemeiner Aufstand unter ihnen wegen
                              der Einfuhr gedrukter Calico's aus Indien, und der Anwendung derselben zu Kleidern,
                              Bettzeug, Vorhaͤngen u.s.w. Dieses Andringen der Weber von Spitalfields war
                              auch der Grund, warum man die gedrukten Calico's mit einer Auflage belegte. Eben
                              solchen Widerstand leisteten die Seidenweber in Frankreich gegen das Emporkommen der
                              Drukereien, indem sie behaupteten, der neue Industriezweig sey der Seidenfabrikation
                              von großem Nachtheile.
                           Fr. Drukte man anfaͤnglich nicht Leinenzeuge?
                              – A. Ja; spaͤter drukte man erst ein gewischtes Fabrikat, welches in
                              Blackburn aus Hamburger Garn und Baumwolle gewebt ward. Schon in fruͤhester
                              Zeit wurden jedoch auch schon einige indische Calicos gedrukt.
                           Fr. Ist die Anwendung der Drukerei auf Baumwollwaaren
                              nicht erst in lezter Zeit so allgemein geworden? – A. Es sind schon viele Jahre her, daß die
                              Baumwollenzeuge die leinenen und gemischten Zeuge verdraͤngten.
                           Fr. Sind Sie mit dem Zustande der Calicodrukerei in
                              Irland bekannt? – A. Die Irlaͤnder waren in diesem Jahre sehr
                              furchtbare Rivalen in feinen Artikeln; sie fuͤhrten in lezter Zeit auch
                              bedeutende Quantitaͤten nach Suͤdamerika aus.
                           Fr. Befinden sich im noͤrdlichen Irland
                              Calicodrukereien? – A. Sowohl in Belfast, als in der Nachbarschaft von Dublin
                              befinden sich ansehnliche Fabriken dieser Art.
                           Fr. Glauben Sie, daß es irgend welche fiskalische
                              Verordnungen gaͤbe, welche diesen Fabrikationszweig in irgend einem Grade
                              beschranken, und deren Abschaffung fuͤr denselben von wesentlichem Vortheile
                              waͤre? – A. Es gibt manche Auflagen und Zoͤlle auf
                              Faͤrbestoffe, aus deren Abschaffung den Drukereien unendlicher Vortheil
                              entspringen wuͤrde; ich erwaͤhne darunter hauptsaͤchlich des
                              Zolles auf den unentbehrlichen Krapp.
                           Fr. Verbrauchen Sie eine ansehnliche Quantitaͤt
                              Oehl? – A. Allerdings; auch die Abschaffung des Einfuhrzolles auf diesen
                              Artikel waͤre von groͤßtem Nuzen.
                           Fr. Sind die Zoͤlle, von denen Sie sprechen, die
                              Haupthindernisse, welche von Seite der fiskalischen Maßregeln der groͤßeren
                              Ausdehnung der Calicodrukerei im Wege stehen? – A. Ja, diese sind es; diese
                              Zoͤlle sind so nachtheilig und verderblich, daß einige Zweige unseres
                              Gewerbes beinahe ganz vom englischen Boden verschwunden sind. Dazu gehoͤrt
                              z.B. die Tuͤrkischroth-Faͤrberei, bei welcher eine
                              Quantitaͤt Krapp erforderlich ist, welche wenigstens 60 Procent der
                              Productionskosten ausmacht.
                           Fr. Aus welchen Ursachen kann man im Auslande, wie z.B.
                              in Elberfeld, um so außerordentlich viel wohlfeiler Tuͤrkischroth
                              faͤrben, als bei uns? – A. Die Hauptursache liegt in dem Zolle auf
                              Krapp und Oehl, welcher bei uns bezahlt werden muß. Das Tuͤrkischgarn,
                              welches nach Rußland geht, ist groͤßten Theils englisches Garn, welches in
                              Elberfeld tuͤrkischroth gefaͤrbt, und dann auf englische Rechnung nach
                              Rußland versendet wird. Sogar das Tuͤrkischgarn, welches in England selbst
                              verbraucht wird, kommt nun großen Theils aus Elberfeld; wir senden unser englisches
                              Garn nach Elberfeld, und fuͤhren es gefaͤrbt wieder zuruͤk.
                           Fr. Bestehen in Elberfeld außer dem geringeren Preise des
                              Krappes und Oehles auch noch andere Vortheile zu Gunsten der
                              Tuͤrkischroth-Faͤrberei? – A. Die niedrigeren Preise
                              dieser beiden Stoffe sind die Hauptursachen.
                           
                           Fr. Ist diese Art von Faͤrberei daselbst nicht
                              auch noch aus einem anderen Grunde leichter? – A. Man hat das Verfahren bei
                              derselben allerdings sehr abgekuͤrzt und vereinfacht; allein dieses Verfahren
                              ist gegenwaͤrtig bei uns gleichfalls bekannt. Der Umstand naͤmlich,
                              daß wir unseren Handel mit Tuͤrkischgarn nach Rußland ganz verloren haben,
                              und daß selbst unser inlaͤndischer Markt zum Theil vom Auslande versehen
                              wird, hat die Aufmerksamkeit einiger englischen Faͤrber auf sich gezogen; sie
                              ließen Elberfelder Arbeiter kommen, und arbeiten nun mit diesen nach dem neuen
                              Verfahren.
                           Fr. Sie glauben also, daß es, um uns in eine Lage zu
                              versezen, in der wir mit den Elberfeldern mit Vortheil in Concurrenz treten
                              koͤnnten, nothwendig waͤre, den Zoll auf Krapp sowohl, als auf
                              Krappwurzeln aufzuheben? – A. Allerdings.
                           Fr. Gesezt dieß geschaͤhe, glauben Sie dann, daß
                              die unerhoͤrte Anomalie, die darin liegt, daß wir unser rohes Garn
                              ausfuͤhren und gefaͤrbt wieder heimbringen, aufhoͤren
                              wuͤrde? – A. Ich zweifle gar nicht hieran, wenn der Zoll auf Oehl und
                              Krapp aufgehoben wird.
                           Fr. Waͤchst in England gar kein Krapp? – A.
                              Nein.
                           Fr. Welches ist die beste Sorte Krapp? – A. Es
                              gibt verschiedene Sorten, von denen sich die eine zu diesem, die andere zu jenem
                              Zweke mehr eignet. Der franzoͤsische Krapp hat uͤber den
                              niederlaͤndischen bedeutend die Oberhand gewonnen, was jedoch groͤßten
                              Theils vom Preise herruͤhrt.
                           Fr. Haben sich aus dem gegenwaͤrtigen Zustande des
                              Gesezes uͤber das Eigenthumsrecht der Muster in der Drukerei keine
                              Uebelstaͤnde ergeben? – A. O ja, wir genießen durch dieses Gesez nur
                              einen dreimonatlichen Schuz, und haͤtte dasselbe durch die Auslegung, die ihm
                              der ehemalige Kanzler, Lord Lyndhurst, in lezter Zeit
                              gab, nicht eine Ausdehnung erhalten, so waͤre es beinahe nuzlos fuͤr
                              uns. Dieser Auslegung gemaͤß hat naͤmlich waͤhrend dieser drei
                              Monate Niemand das Recht zum spaͤteren Nachdruken eines Musters durch
                              Graviren von Walzen oder Schneiden von Modeln Vorbereitungen zu treffen; und noch
                              weniger darf das Muster waͤhrend dieser drei Monate im Voraus gedrukt werden,
                              um dasselbe unmittelbar nach Ablauf des Eigenthumsrechtes auf den Markt bringen zu
                              koͤnnen.
                           Fr. Welches Verfahren befolgt man, um irgend ein neu
                              erfundenes Muster zu sichern? – A. Das Verfahren ist sehr einfach; der
                              Fabrikant drukt seinen Namen und den Tag der Ausgabe des Musters auf das Ende eines
                              jeden Stuͤkes. Dieß ist Alles, was das Gesez fordert, und darin liegt der
                              ganze Beweis der Publication eines Musters.
                           Fr. Wird das Muster irgendwo deponirt, und ein
                              Verzeichniß daruͤber gehalten? – A. Nein; aber darauf wurde in dem
                              neuen Geseze, welches wir vor 8 oder 10 Jahren vorschlugen, und bei welchem wir
                              ungluͤklicher Weise eine Niederlage erlitten, angetragen.
                           Fr. Wer widersezte sich denn hauptsaͤchlich diesem
                              Vorschlage? – A. Jene Leute, die sich durch die Erfindungen Anderer zu
                              bereichern pflegen; Personen, welche dasselbe Gewerbe treiben wie wir, und warten,
                              bis die Hauptfabrikanten ihre neuen Muster zu Tage bringen, dann aus diesen jene
                              auswaͤhlen, die am meisten Gluͤk auf dem Markte machen, und sie,
                              nachdem sie sie auf schlechterem Zeug und von geringerer Vollkommenheit abgedrukt,
                              um einen Spottpreis verkaufen.
                           Fr. Koͤnnen Sie irgend einen Vorschlag machen,
                              durch welchen diesem Uebelstande abgeholfen werden koͤnnte? – A. Die
                              Hauptsache fuͤr uns liegt in einer Ausdehnung der Zeit des Eigenthumsrechtes;
                              und obschon man fruͤher in dieser Hinsicht 12 Monate forderte, so glaube ich
                              doch, daß sich die Fabrikanten allgemein mit 6 Monaten begnuͤgen
                              wuͤrden. Jezt in der Haͤlfte Junius sind die Auslagen der Londoner
                              Gewoͤlbe mit den schoͤnsten Mustern angefuͤllt, die
                              groͤßten Theils am 1. Maͤrz auf den Markt kamen, und deren
                              Eigentumsrecht am 1. Junius erlosch, so daß der Schuz fuͤr diese Muster daher
                              weit fruͤher aufhoͤrt, als die Saison, fuͤr welche die Muster
                              bestimmt sind.
                           Fr. Glauben Sie, daß die Einrichtung, durch welche die
                              Fabrikanten gegenwaͤrtig geschuͤzt sind, hinreicht, und daß nur der
                              Termin des Schuzes zu kurz ist? – A. Wir wuͤrden uns sehr gern bei der
                              alten Einrichtung beruhigen, wenn nur der Termin des Schuzes von 3 auf 6 Monate
                              ausgedehnt wuͤrde.
                           Fr. Halten Sie es fuͤr gut, wenn die Muster
                              registrirt und eingetragen wuͤrden? – A. Ich bin nicht im Stande diese
                              Frage unvorbereitet zu beantworten. Wir hielten es zur Zeit, als wir die Acte
                              nachsuchten, fuͤr gut, wenn ein Register gehalten wuͤrde; denn wir
                              glaubten, daß dieß einen guten Beweis der Zeit der Veroͤffentlichung eines
                              Musters gaͤbe; allein wir fanden, daß in lezter Hinsicht durchaus keine
                              Schwierigkeiten bestehen, und wir haͤtten mit den gerichtlichen
                              Verhandlungen, welche in den lezten 2 bis 3 Jahren in Folge des bestehenden Gesezes
                              Statt fanden, vollkommen zufrieden seyn koͤnnen, wenn die Dauer des Eigentumsrechtes
                              von 3 auf 6 Monate ausgedehnt worden waͤre.
                           Fr. Pflegen Sie Kuͤnstler zu halten, welche neue
                              Muster erfinden? – A. Freilich; dieß ist einer der wichtigsten und
                              kostspieligsten Theile unseres Gewerbes.
                           Fr. Was fuͤr Leute verwenden Sie hiezu? Sind es
                              Leute, die in der Fabrik aufgewachsen sind, und ihre Aufmerksamkeit
                              vorzuͤglich auf diesen Gegenstand gerichtet haben, oder Leute, die zu diesem
                              Zweke eine eigene Erziehung und Bildung erhielten? – A. Es sind meistens
                              Leute, welche ihre Lehrzeit in der Fabrik als Zeichner durchgemacht haben.
                           Fr. Sind wir Ihrer Ansicht nach den Franzosen in der
                              Erfindung neuer geschmakvoller Muster voraus, oder stehen wir ihnen nach? –
                              A. Es ist schwer, sich hieruͤber auszusprechen. Einer der ersten
                              franzoͤsischen Calicodruker verließ vor ein Paar Tagen London, wohin er
                              eigens gekommen war, um Ideen zu Mustern fuͤr den naͤchsten
                              Fruͤhling zu suchen; er hatte alle Laden in London besucht, und kehrte sehr
                              zufrieden nach Hause zuruͤk. Ich fuͤr meine Person ging vor 3 Wochen
                              zu demselben Zweke nach Paris.
                           Fr. Wie groß ist die Zahl der Haͤuser, welche den
                              Calicodruk treiben, und sich die Muͤhe kosten lassen, kostspielige und neue
                              originelle Muster zu schaffen? – A. Ihre Zahl mag sich ungefaͤhr auf
                              ein halbes Duzend belaufen.
                           Fr. Uebersteigt die Zahl jener Haͤuser, welche
                              bloß die Muster anderer copiren, diese Anzahl? – A. Freilich, bei weitem.
                           Fr. Verursacht Ihnen das Copiren Ihrer Muster eine
                              Concurrenz, welche Ihnen Nachtheil bringt? – A. Diese Concurrenz hat in den
                              lezten zwei Jahren, seit die Gerichte das Gesez in der oben angegebenen Ausdehnung
                              anwenden, bedeutend abgenommen, und doch bringt sie uns noch sehr großen
                              Schaden.
                           Fr. Koͤnnten diese Fabrikanten ihre Copien, wenn
                              der Schuz, den das Eigentumsrecht gewaͤhrt, nicht bestaͤnde, sehr
                              schnell nach dem Erscheinen der Originalmuster auf dem Markte bringen? – A.
                              Sie koͤnnen dieselben Muster auf eine Art, die uns sehr schaͤdlich
                              wird, je nach Umstaͤnden schon nach 10 bis 14 Tagen, und selbst
                              fruͤher auf den Markt bringen.
                           Fr. Wissen Sie gewiß, daß dieß geschehen? – A. Ja,
                              und ich weiß sogar, daß noch Aergeres geschieht. Ich weiß z.B., daß Copien beinahe
                              zu einer und derselben Zeit mit dem Originale auf den Markt gebracht wurden, indem
                              sich die Fabrikanten die Muster durch Bestechung der Arbeiter zu verschaffen wußten. Es
                              war in solchen Faͤllen oft sehr schwer zu sagen, welches das Original, und
                              welches die Copie war.
                           Fr. Haben jene Haͤuser, welche die Muster anderer
                              nachmachen, hiebei auch einen Theil der Kosten, die, wie Sie sagten, durch das
                              Zeichnen der Muster veranlaͤßt werden, zu tragen. – A. Sie haben nicht
                              nur diese Kosten nicht, sondern sie laufen auch nicht die Gefahr, daß ihre Muster
                              keinen Beifall finden, indem sie nur die beliebtesten, das wahre Fett,
                              auswaͤhlen.
                           Fr. Ist das Eigenthumsrecht der oben angefuͤhrten
                              Erlaͤuterung und Ausdehnung des schuͤzenden Gesezes gemaͤß
                              genau auf ein und dasselbe Muster beschrankt, oder ist es auch auf Nachbildungen
                              ausgedehnt? – A. Es beschrankt sich nicht bloß genau auf das, selbe Muster,
                              sondern es bezieht sich auch auf solche Muster, welche einander so aͤhnlich
                              sind, daß sie fuͤr einander genommen werden koͤnnen, oder daß sie
                              einen Einfluß auf den Verkauf des anderen haben.
                           Fr. Werden gegenwaͤrtig gedrukte Calico's nach
                              Indien ausgefuͤhrt? – A. Ja, in großer Menge.
                           Fr. Wie lange besteht dieser Handel schon? – A. Im
                              Jahre 1798 gingen die Geschaͤfte in Lancashire sehr schlecht, und es war sehr
                              schwierig, seine Waare unterzubringen; die beiden Haͤuser Peel wendeten sich daher in ebendiesem Jahre an die
                              Direktoren der ostindischen Compagnie um die Erlaubniß eine Sendung nach Indien
                              machen zu duͤrfen. Sie verschifften in Folge der Erlaubniß, die sie
                              erhielten, 5000 Stuͤke, welche sie nach den besten Erkundigungen, die sie von
                              den Capitaͤnen und Unterschiffern eingezogen, die fruͤher kleinere
                              Quantitaͤten mitgenommen hatten, auswaͤhlten. Der Erfolg dieses
                              Unternehmens war damals ein durchaus unguͤnstiger; allein schon im Jahre
                              1817, d.h. drei Jahre nach der Eroͤffnung des Handels nach Ostindien, wurden
                              50,000 Stuͤke gedrukte Calico's nach Indien ausgefuͤhrt. Im Jahre 1822
                              betrug die Ausfuhr 300,000 Stuͤke und daruͤber, und nach einer
                              fluͤchtigen Berechnung, welche ich dieser Tage anstellte, duͤrfte sie
                              sich gegenwaͤrtig beinahe auf eine halbe Million Stuͤke belaufen!