| Titel: | Ueber den Firniß der Indianer zu Pasto. Von Herrn Boussingault. | 
| Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. LXIII., S. 341 | 
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                        LXIII.
                        Ueber den Firniß der Indianer zu Pasto. Von Herrn
                           Boussingault.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. Junius 1834,
                              S. 216.
                        Boussingault, uͤber den Firniß der Indianer zu
                           Pasto.
                        
                     
                        
                           Ich hoͤrte auf meinen Reisen oft von einem gewissen Firniß, welchen die
                              Pastuso's auf Holz auftragen, wodurch dasselbe von Wasser undurchdringlich wird.
                              Mehr als ein Mal konnte ich mich von der Nuͤzlichkeit dieser gefirnißten
                              hoͤlzernen Gefaͤße in einem Lande uͤberzeugen, wo man sich oft
                              unmoͤglich ein glaͤsernes oder porcellanenes Gefaͤß verschaffen
                              kann. Die Hausgeraͤthe in der Provinz Pasto bestehen auch gewoͤhnlich
                              aus Flaschenkuͤrbissen, die mit solchem Firniß uͤberzogen sind,
                              welchen man mit Orlean schoͤn roth gefaͤrbt hat; manchmal sind diese
                              gefirnißten Gefaͤße auch mit Zeichnungen von Blattgold und Blattsilber
                              verziert.
                           Ich fand zu Pasto eine gute Anzahl Arbeiter, die den Firniß anwandten. Er wird auf
                              eine eigenthuͤmliche Art auf der Oberflaͤche des Holzes angebracht.
                              Dieser Firniß ist naͤmlich nicht fluͤssig, sondern weich, sehr
                              elastisch, und wenn er noch nicht mit Orlean gefaͤrbt ist, sehr schwer von
                              frisch bereitetem Kleber zu unterscheiden; wie dieser laͤßt er sich zu einer
                              sehr duͤnnen Haut ausziehen. Eine solche Haut traͤgt der Arbeiter auf
                              den Gegenstand auf, welchen er firnissen will. Der Firniß haͤngt stark an;
                              anfangs behaͤlt er seine Weichheit bei; man koͤnnte ihn gleich nach
                              dem Auftragen mit dem Nagel losreißen; er wird aber bald hart, ohne jemals
                              bruͤchig zu werden oder sich abzuschuppen. Ein gefirnißter
                              Flaschenkuͤrbiß wird selbst durch kochendes Wasser nicht verdorben; der
                              Wirkung des Branntweins oder der Aschenlauge widersteht der Firniß jedoch nicht so
                              gut. Der weiche, elastische Firniß, wie ihn die Arbeiter anwenden, unterscheidet
                              sich jedoch sehr von dem rohen, der zu Pasto im Handel vorkommt. Die Pastuso's verschaffen sich den rohen Firniß durch einen
                              Tauschhandel mit den Indianern von Macao. Leztere Stadt liegt 7 Tagmarsche
                              oͤstlich von Pasto. Man kennt den Namen des Baumes, welcher diesen Firniß
                              liefert, nicht, und weiß nicht ein Mal, ob er durch Ausschwizen, wie die Gummiarten
                              und Harze, gebildet wird; dieß ist jedoch nach seinem Aussehen am
                              wahrscheinlichsten.
                           Der Firniß von Pasto ist fest, schwerer als Wasser, geschmak- und geruchlos.
                              Er ist so zaͤh, daß er sich nicht pulvern laͤßt; sein Bruch ist
                              glasig. Durch Reibung wird er sehr schwach elektrisch. Etwas uͤber der
                              Siedhize des Wassers wird er elastisch; wie das Kautschuk springt er auf, wenn man
                              ihn auf einen harten Koͤrper fallen laͤßt; beim Erkalten verliert er
                              seine Elasticitaͤt. Er brennt mit einer rußigen Flamme, ohne jedoch so viel
                              Rauch zu verbreiten, wie die Harze. Schwefelsaure loͤst ihn ohne
                              Veraͤnderung auf, und die Aufloͤsung wird durch Wasser
                              gefaͤllt. Terpenthinoͤhl loͤst ihn nicht auf, selbst nicht in
                              der Siedhize. In einem fetten Oehle erhizt wird er weich und elastisch, ohne sich
                              jedoch aufzuloͤsen. Schwefelaͤther entzieht ihm eine geringe Menge
                              eines gruͤnen Harzes; der Firniß blaͤht sich im Aether
                              betraͤchtlich auf, und zeigt dieselben Er, scheinungen wie Kautschuk, das man
                              mit Steinoͤhl digerirt. Alkohol entzieht dem Firniß ebenfalls die
                              gruͤne harzige Substanz, welche ihn faͤrbt, loͤst aber keine
                              Spur von demselben auf. Wenn man den rohen Firniß mittelst einer Feile in Pulver
                              verwandelt, und dann oͤfters mit kochendem Alkohol behandelt, so
                              erhaͤlt man ihn endlich rein. So lange er noch heiß und mit Alkohol
                              befeuchtet ist, zeigt er sich als eine zitternde Gallerte von schmuzigweißer Farbe.
                              Beim Erkalten wird er so hart, daß man ihn zerreiben kann. Troken ist er
                              blaßgruͤn. Diese Substanz, welcher mittelst Alkohol fast alles gruͤne
                              Harz, das sie faͤrbt, entzogen wurde, betrachte ich als den Firniß in seinem
                              reinen Zustande, wo er folgende Eigenschaften hat. Er ist in Alkohol, Aether,
                              Terpenthinoͤhl und den fetten Oehlen unaufloͤslich. Im Aether
                              blaͤht er sich betraͤchtlich auf, ohne sich darin aufzuloͤsen.
                              Bei der gewoͤhnlichen Temperatur ist er hart und sproͤde, uͤber
                              der Siedhize des Wassers aber wird er weich und elastisch.
                           In der Waͤrme loͤst Aezkali so viel von dem Firniß auf, daß die
                              Fluͤssigkeit beim Erkalten zu einer seifenartigen Masse gesteht. Diese Seift
                              loͤst sich in Wasser auf, und Essigsaͤure schlaͤgt aus ihrer
                              Aufloͤsung den Firniß in unveraͤndertem Zustande wieder nieder. Er hat
                              nun ein seidenartiges Aussehen, und laͤßt sich wie der Kleber zu
                              Haͤuten ausdehnen. An der Luft troknet er aus, wird braun und verliert mit
                              dem Wasser seine Elasticitaͤt. Bei 130° C. schmilzt er, und verliert
                              alles Wasser und alle Essigsaͤure, die er enthalten konnte. Nach dem Erkalten
                              ist er braun, außerordentlich zaͤhe, und loͤst sich nun in
                              Alkohol, Aether und Terpenthinoͤhl in allen Verhaͤltnissen auf.
                           Nach dieser Veraͤnderung hat der Firniß jedoch noch dieselbe Zusammensezung
                              wie vorher; er enthaͤlt in 100 Theilen 71,4 Kohlenstoff, 10,4 Wasserstoff und
                              18,2 Sauerstoff.
                           Die Aufloͤsung desselben in Alkohol wuͤrde gewiß mannigfaltige
                              Anwendungen gestatten, wenn der Firniß von Pasto im Handel vorkaͤme.