| Titel: | Beschreibung der Eisenbahn zwischen Dublin und Kingstown. | 
| Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. LXIX., S. 436 | 
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                        LXIX.
                        Beschreibung der Eisenbahn zwischen Dublin und
                           Kingstown.
                        Aus dem Dublin Penny Journal im Mechanics' Magazine
                              No. 579.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Beschreibung der Eisenbahn zwischen Dublin und
                           Kingstown.
                        
                     
                        
                           Die seit Kurzem vollendete und eroͤffnete Eisenbahn zwischen Dublin und
                              Kingstown gehoͤrt zu den groͤßten Bauwerken, welche Irland aufzuweisen
                              hat; sie macht dem Lande, welches diese Unternehmung hervorrief, eben so viele Ehre,
                              wie dem mit der Ausfuͤhrung beauftragten Ingenieur, dem beruͤhmten
                              Hrn. Vignolles, der die großen Schwierigkeiten, die sich
                              ihr in den Weg stellten, auf eben so gluͤkliche, als erhabene Weise zu
                              uͤberwinden wußte. Dieß mag uns entschuldigen, wenn wir in eine etwas
                              ausfuͤhrlichere Beschreibung dieses Riesenwerkes eingehen, in eine
                              Beschreibung, welche, wenn auch zu deren vollkommenen Auffassung ein Blik auf den
                              Plan Dublin's und Kingstown's erforderlich ist, dennoch auch ohne diesen großes
                              Interesse gewaͤhren wird.
                           Die Bahn beginnt zu Dublin auf der westlichen Seite von Westland-row mit einem
                              großartigen Gebaͤude, an welchem hauptsaͤchlich das aus Granit von
                              Seapoint Cliffs erbaute Thuͤrgeruͤst, die Carnieße, und das leichte,
                              elegante, eiserne Dach sehr merkwuͤrdig sind. Damit der Handel und Wandel auf
                              den gewoͤhnlichen Straßen nicht beeintraͤchtigt werde, nimmt sie in
                              einer Hoͤhe von 20 Fuß uͤber dem Boden ihren Anfang, um dann in
                              flachen elliptischen Bogen uͤber die Straßen zu fuͤhren. Die
                              Zwischenraͤume zwischen den Straßen bestehen aus hohen Mauern aus Kalkstein
                              von den Steinbruͤchen von Donnybrook, und der Raum zwischen diesen Mauern ist
                              mit Sand, Geroͤll und anderen derlei Materialien ausgefuͤllt.
                           Von Westland-row bis Barrow-Street betraͤgt die Breite der Bahn
                              zwischen den Brustwehren beinahe 60 Fuß; sie wird hier vier Schienenwege erhalten,
                              von denen die beiden mittleren zum Hin- und Herfahren der Passagiere, die
                              beiden aͤußeren hingegen zum Transporte von Steinkohlen, Granit, Holz und
                              Waaren aller Art bestimmt sind. Die Frachtwagen koͤnnen auf diese Weise sehr
                              leicht an den Seiten auf- und abgeladen werden, ohne daß der Transport der Passagiere in der
                              Mitte auch nur im Geringsten dadurch gestoͤrt wird.
                           Die Eisenbahn laͤuft auf einer aus Granit gebauten Bruͤke von drei
                              eigens gebauten Bogen, dergleichen man in Irland bisher noch leine sah, und welche
                              die Bewunderung aller Baumeister auf sich zogen, uͤber die Kai's und einen
                              Theil der Doks des Grand-Canal. Einer dieser Bogen ist fuͤr eine
                              kuͤnftige Straße, welche parallel mit den Doks angelegt werden soll,
                              bestimmt; der zweite dient zum Betriebe der Geschaͤfte auf den Kai's; der
                              dritte endlich fuͤhrt uͤber die Handelsboote, und ist mit einem
                              Saumpfade versehen, welcher nach der Richtung der Mauer der Doks laͤuft.
                           Hinter einer Branntweinbrennerei in der Naͤhe der Doks scheint man bei dem
                              Baue der Eisenbahn auf einige Hindernisse gestoßen zu seyn; man errichtete hier ein
                              großes Magazin fuͤr den Handel. Der Bogen uͤber die
                              Barrow-Street ist, wie man zu sagen pflegt, mit geknieten oder
                              ellenbogenfoͤrmigen Steinen (elbow quoins)
                              gebaut, d.h. die Steine sind so gehauen, daß sie an der gegen den Ring gekehrten
                              Flaͤche ein schiefes Lager oder eine schiefe Bettung Hilden, waͤhrend
                              sie nach Innen zu vierekig sind.
                           Von hier aus hat die Bahn nur mehr eine Breite von 30 Fuß, indem sie nur mehr aus
                              zwei Schienenwegen besteht, zwischen welchen ein Raum von 8 Fuß gelassen ist. Die
                              Bruͤke uͤber die nun folgende Circular-road ist rechtwinkelig;
                              der Durchschneidungswinkel der Bruͤke uͤber die Irishtown-road
                              hingegen hat nur 53°. Die Zwischenraͤume zwischen den Bruͤken
                              bestehen auch hier noch aus Mauern, die jedoch an Hoͤhe abnehmen, bis sie an
                              dem Kreuzwege an Haig's Branntweinbrennerei so niedrig
                              werden, daß die Bahn hier zum ersten Male zugaͤngig wird. An dieser Kreuzung
                              ist ein Haͤuschen erbaut, und der Parliamentsacte gemaͤß eine Schranke
                              uͤber die Bahn gezogen, bei welcher sorgfaͤltig Aufsicht gehalten
                              wird. Bald darauf gelangt die Bahn an den Fluß Dodder, uͤber den sie auf
                              einer schoͤnen Bruͤke mit drei Bogen, auf welcher auch ein Weg
                              fuͤr Fußgeher angebracht ist, sezt. In einiger Entfernung sind hierauf die
                              Gebaͤude, in denen die Dampfmaschinen, die Wagen und Karren etc. gebaut und
                              ausgebessert werden, so wie einige andere noͤthige Bauten angebracht.
                           Bei Serpentine-avenne, uͤber welche die Eisenbahn im Niveau der
                              gewoͤhnlichen Straße sezt, und wo deßhalb gleichfalls ein
                              Wachhaͤuschen und eine Schranke angebracht ist, hoͤrt alles Mauerwerk
                              auf. Die Bahn ist an beiden Seiten mit einem Rasendamme begraͤnzt, auf
                              welchem oben eine doppelte Reihe von Hagedorn gepflanzt ist, welche in wenigen
                              Jahren einen schoͤnen lebendigen Zaun bilden wird. Nach Außen ist der Damm wie eine Schanze mit
                              einer Berme, auf der gleichfalls ein lebendiger Zaun gepflanzt ist, gebaut; und
                              uͤberdieß haͤlt auch noch ein breiter tiefer Graben Menschen und
                              Thiere von dem Zutritte zur Bahn ab. Auf diese Weise laͤuft die Bahn bis zu
                              Merrionhall, von wo aus sie bis zum Strande mit hohen steinernen Schuzmauern
                              eingefaßt ist.
                           Von Old-Merrion an bis zu den Baͤdern am sogenannten Blackrock
                              laͤuft nun die Bahn auf einer Erhoͤhung uͤber den Strand, so
                              daß sie bei der Fluth wie ein langer durch die See gezogener Steindamm aussteht, wie
                              aus Fig. 6
                              ersichtlich ist. Man lacht jezt uͤber die Gefahren, die man von den
                              zerstoͤrenden Winterstuͤrmen fuͤr einen solchen Bau
                              fuͤrchtete, und uͤber den Untergang, den man demselben voraussagte.
                              Die Stuͤrme haben an der aͤußeren Abdachung bereits eine
                              schuͤzende Sandbank erzeugt, so daß selbst von den heftigste Ostwinden nichts
                              mehr zu fuͤrchten ist. Groͤßerer Sicherheit halber wurde dem
                              Steindamme seewaͤrts uͤberdieß eine groͤßere Breite gegeben: so
                              zwar, daß er bei heiteren Sommerabenden zugleich auch einen sehr angenehmen
                              Spazierweg bilden wird.
                           Von Blackrock bis Kingstown ist die Eisenbahn gegen die Landseite durch eine Mauer
                              geschuͤzt, waͤhrend sie gegen die See hin offen ist; sie
                              fuͤhrt, wie Fig. 7 zeigt, unter Lord Cloncurry's
                              schoͤnen aus Granit gebauten Pavillons weg, durch einen schoͤnen in
                              einem Felsen von 40 Fuß ausgehauenen Tunnel, und durch eine Bruͤke, außerhalb
                              der sich die herrliche Aussicht auf die See und den Hafen oͤffnet. Sie
                              gelangt ferner dicht unter dem Gasthause zu Seapoint vorbei durch mehrere
                              ausgesprengte Granitfelsen, und endlich bis nach Salthill, wo eine huͤbsche,
                              durch ein zierliches eisernes Gelaͤnder von ihr getrennte Promenade neben ihr
                              angebracht ist.
                           Bis hieher, d.h. bis zu dem westlichen Damme des alten Hafens von Dunleary, ist die
                              Bahn nun vollendet. Von hier aus soll aber nun der lezte und fuͤnfte Theil
                              beginnen, der fuͤr den Handel einer der wichtigsten werden wird. Die Bahn
                              wird naͤmlich gleich einer Sehne einen kleinen Theil des alten Hafens von
                              Dunleary abschneiden, den man ausfuͤllen will, und der wahrscheinlich in
                              kurzer Zeit mit Magazinen und anderen Gebaͤuden bedekt seyn wird. Mit
                              Huͤlfe eines großen Kai's, gehoͤriger Krahne und anderer Vorrichtungen
                              werden sich die Ladungen der Kohlenschiffe, Dampfboote und aller Handelsfahrzeuge
                              schnell und wohlfeil auf die Eisenbahnkarren schaffen, und auf diesen um einen sehr
                              niedrigen Frachtlohn nach Dublin fahren lassen. Nach Durchschneidung dieses Hafens
                              wird die Bahn ferner zwischen Martello-Tower und der Batterie, welche
                              Crofton-Terrace gegenuͤberliegt, durch und zwischen der Batterie und
                              den Magazinen der
                              Admiralitaͤt dicht am Hafen hinlaufen, wo fuͤr den Handel mit
                              canadischem und baltischem Holze eine große Niederlage errichtet werden soll.
                              Endlich wird sie dann an den Landungsplaz im Regents-Hafen, und an den
                              großartigen Kai und Landungsplaz gelangen, den die Regierung gegenwaͤrtig
                              fuͤr das Postbureau und die Dampfboote erbaut. Ist die ganze Bahn fertig, so
                              wird man unmittelbar aus den Dampfwagen in die Dampfboote steigen koͤnnen,
                              und umgekehrt!
                           So weit die Bahn bis jezt fertig ist, zeichnet sie sich durch die groͤßte
                              Soliditaͤt und Einfachheit aus. Ihr Bett besteht aus mehreren Schichten Kies
                              oder festen Gesteines mit mehreren der Laͤnge nach und zahlreichen der Quere
                              nach laufenden Wasserabzuͤgen. Ungeheure, von 3 zu 3 Fuß angebrachte
                              Granitbloͤke tragen mittelst sogenannter Piedestals die eisernen Schienen,
                              welche in Entfernungen von 15 Fuß durch einen noch groͤßeren Blok mit
                              einander verbunden sind.
                           Sechs Locomotivmaschinen wurden bereits fuͤr diese Eisenbahn gebaut: 3 von den
                              HH. George Forrester und Comp. zu Liverpool, und 3 von
                              den HH. Sharp, Roberts und Comp. zu Manchester. Die Wagen
                              fuͤr die Reisenden wurden groͤßten Theils in Dublin gebaut; nur einige
                              wenige wurden in Manchester bestellt; die Raͤder, Achsen etc. wurden
                              nothwendig in England verfertigt. Diese Wagen lassen sich in drei Cassen bringen,
                              von denen die beiden ersten mit Recht elegant genannt werden koͤnnen; selbst
                              die dritte Classe ist noch schoͤner, als die auf den englischen Eisenbahnen
                              gebraͤuchlichen Wagen; alle sind sie gedekt. Das Fuhrlohn wird sehr niedrig
                              seyn.
                           Man erwartet allgemein, daß dieses großartige Beispiel einer Eisenbahn
                              genuͤgen wird, um das Eisenbahnsystem in Irland zur herrschenden
                              Communicationsmethode zu erheben, was fuͤr die Wohlfahrt dieses Landes von
                              unberechenbarem Vortheile seyn wuͤrde. Es fehlt Irland weder an Capital, noch
                              an Intelligenz, noch an Unternehmungsgeist; wohl aber an Vertrauen, an allgemeiner
                              Verbreitung der Kenntnisse, und an den Mitteln, seine Reichtuͤmer gleich zu
                              verwerthen. Diesen Maͤngeln wird durch Eisenbahnen gewiß wesentlich
                              abgeholfen werden.
                           ––––––––––
                           Als Nachtrag hiezu gibt das Mechanics' Magazine in seiner
                              No. 584 folgenden Bericht uͤber die ersten
                              Probefahrten, welche am 9. October auf dieser Bahn angestellt wurden.
                           Die Locomotivmaschine Hibernia, welche von den HH. Sharp,
                                 Roberts und Comp. in Manchester erbaut worden, und der man einen Wagen erster, zwei Wagen
                              zweiter und drei Wagen dritter Classe anhaͤngte, eroͤffnete die Fahrt.
                              Die Maschine arbeitet mit senkrechten Cylindern; der Versuch mit derselben kann
                              jedoch nicht als vollkommen gelten, indem sie noch nicht ganz genau zusammengesezt
                              war, und indem z.B. die eine Kolbenstange um 1/8 Zoll laͤnger war, als die
                              andere. Auch die Schienen waren wegen der Naͤsse nicht im vortheilhaftesten
                              Zustande, weßhalb die Reibung bedeutend staͤrker war, als es haͤtte
                              seyn sollen. Der Zug brauchte, um von dem Maschinenhause nach Salthill zu gelangen,
                              19 1/8, und auf demselben Wege zuruͤk 27 Minuten. Davon kommt aber jedes Mal
                              4 Minuten fuͤr den Verzug abzuziehen, der dadurch entsteht, daß, indem die
                              Bahn noch nicht durchaus ganz vollendet ist, die Wagen an einer Stelle den
                              Schienenweg wechseln mußten. Die Ruͤkfahrt erforderte deßhalb eine
                              laͤngere Dauer, weil die Bahn von Haigslane bis Westland-row eine
                              Steigung von 1 in 440 hat. – Eine sehr merkwuͤrdige Einrichtung,
                              welche auf Anrathen eines der Ingenieurs der Gesellschaft, des genialen Hrn. Bergin, an der Hibernia angebracht wurde, besteht in
                              Spiralfedern, durch welche die Erschuͤtterung beim ploͤzlichen
                              Anhalten des Zuges vermieden wird.
                           Die zweite Fahrt wurde mit der von den HH. Forester in
                              Liverpool erbauten Locomotivmaschine Vauxhall angestellt. Auch diese Fahrt kann noch
                              nicht als entscheidend betrachtet werden, indem die Raͤder der Wagen nicht
                              gehoͤrig geoͤhlt waren, und indem sich an den Raͤdern drei
                              Schleifen (drags) befanden, wodurch die Reibung
                              bedeutend vermehrt wurde. Der Zug brauchte hinwaͤrts 18 1/2 und zuruͤk
                              26 1/2 Minuten, wovon jedoch jedes Mal 4 Minuten fuͤr den oben angedeuteten
                              Verzug abzuziehen kommen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
