| Titel: | Ueber die Fabrikation der doppelten wasserdichten Zeuge und der elastischen Gewebe aus Kautschuk. | 
| Fundstelle: | Band 56, Jahrgang 1835, Nr. LXII., S. 336 | 
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                        LXII.
                        Ueber die Fabrikation der doppelten wasserdichten
                           Zeuge und der elastischen Gewebe aus Kautschuk.
                        Aus dem Dictionaire technologique, Bd. XXI. S.
                              38.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Fabrikation der doppelten wasserdichten Zeuge aus
                           Kautschuk.
                        
                     
                        
                           Fabrikation der doppelten undurchdringlichen
                                 Zeuge.
                           Schon im Jahre 1793 verfertigte Hr. Besson doppelte
                              wasserdichte Gewebe; im Jahre 1811 machte Hr. Champion
                              solche fuͤr die Armee; da man aber fuͤr den Militaͤrdienst
                              einfache Zeuge herstellen konnte, die eben so vorteilhaft und weniger kostspielig
                              waren, so mußte man solche vorziehen. In der lezten Zeit haben die HH. Rattier und Guibal in
                              Frankreich die Fabrikation der doppelten Zeuge, welche fruͤher bloß aus
                              England bezogen wurden, im Großen betrieben. Dieser Industriezweig gestattet noch
                              eine große Ausdehnung. Wir wollen zuerst seine Geschichte mittheilen und dann die
                              Vorzuͤge und Maͤngel seiner Producte untersuchen. Hr. Mackintosh verfertigte vor beilaͤufig zehn Jahren
                              in Manchester doppelte Zeuge mit Kautschuk, anfangs allein und spaͤter in
                              Gesellschaft mit Hrn. Hancock
                              Das Verfahren des Hrn. Mackintosh, auf welches
                                    derselbe in England ein Patent nahm, wurde seiner Zeit im Polytechn.
                                    Journale Bd. XVI. S. 354
                                    mitgetheilt. A. d. R.; die HH. Rattier und Guibal kauften diesen Fabrikanten das geheim gehaltene Verfahren ab,
                              welches sie befolgten, um die Zeuge mit Kautschuk zu uͤberziehen und mit
                              einander zu verbinden; leztere behielten aber das Recept zur Bereitung ihres
                              fluͤssigen Ueberzuges fuͤr sich und lieferten diese Substanz den
                              beiden franzoͤsischen Fabrikanten so lange, bis ein bekannter
                              franzoͤsischer Techniker, Hr. Claudot-Dumont, ihnen zu einem viel geringeren Preise einen
                              Ueberzug anbot, der mit dem englischen wenigstens den Vergleich aushielt. Das
                              Verfahren des Hrn. Claudot-Dumont beruhte darauf,
                              den Kautschuk in Steinkohlenoͤhl aufzuloͤsen; zu dieser Zeit hatte Hr.
                              Claudot-Dumont mit einer Fabrik, die Leuchtgas
                              aus Steinkohlen erzeugte, einen Contract abgeschlossen, wonach sie ihm allen abfallenden rohen
                              Theer, woraus das Steinkohlenoͤhl uͤberdestillirt wird, liefern mußte.
                              Seitdem haben die HH. Rattier und Guibal aufgehoͤrt, den Kautschukfirniß aus England zu beziehen, da
                              alles Steinkohlenoͤhl, welches man in den Gasfabriken von Paris gewinnt, zu
                              ihrer Verfuͤgung gestellt wurde.
                           Bei der Fabrikation der doppelten Zeuge breitet man den Kautschukfirniß uͤber
                              diesen Geweben aus, aber nicht in vollkommen fluͤssigem
                                 Zustande, weil er sonst durch sie hindurchdringen wuͤrde, sondern im
                              Zustande einer fast teigartigen Consistenz in
                              mehreren auf einander folgenden und moͤglichst gleichen Schichten; wenn sie
                              dann durch die Walzen kommen, breitet sich der Kautschukuͤberzug vollends
                              gleichfoͤrmig aus, und der eine Zeug befestigt sich durch die lezte
                              Firnißschichte auf dem anderen, waͤhrend der uͤberfluͤssige
                              Firniß zu jeder Seite am Rande ablaͤuft.
                           Die doppelten Zeuge dieser Art behalten leider nur zu merklich den Geruch des
                              Steinkohlenoͤhles. Auch kam es schon oͤfters vor, daß einer der beiden
                              Zeuge vom Firniß an einigen Stellen losging, so daß eine Tasche entstand, in welche
                              dann Luft und Wasser eindrangen und sie aufbliesen.
                           Weiter unten, wo wir von der Verfertigung der Sonden (Catheter) sprechen, kommen noch
                              weitere Bemerkungen uͤber die Anwendung des aufgeloͤsten Kautschuks
                              und des fluͤssig erhaltenen Kautschuksaftes vor.
                           Die doppelten Zeuge werden zur Verfertigung von Maͤnteln, Matrazen,
                              Luftkissen, Ammenschuͤrzen etc. benuzt; die einfachen Gewebe haben vor ihnen
                              den Vortheil voraus, daß sie viel leichter und auch wohlfeiler sind, und daß sie
                              sich nicht entfirnissen koͤnnen, wie die doppelten Gewebe; dagegen haben sie
                              den unbedeutenden Uebelstand, einen kalten Ueberzug mit der Haut der Kinder in
                              Beruͤhrung zu bringen, welche die Ammen bloß auf ihre Schuͤrzen legen.
                              Endlich haben die doppelten Zeuge ein angenehmeres Aeußere, weil man den dazwischen
                              befindlichen Firniß nicht sieht.
                           Wenn aus doppelten oder einfachen Zeugen Behaͤlter zur Aufnahme von Gasarten,
                              z.B. Luftkissen, Luftballons etc. verfertigt werden sollen, so stoͤßt man auf
                              eine Schwierigkeit. Legt man naͤmlich die Raͤnder des Zeuges eng
                              aneinander und naͤht sie zusammen, so hinterlaͤßt jeder Nadelstich
                              einen leeren Raum, welchen der Faden nicht ganz ausfuͤllt und durch den die
                              eingeschlossene Gasart austreten kann. Diese Schwierigkeit ist bei den einfachen
                              Zeugen noch groͤßer als bei den doppelten, kann aber dadurch beseitigt
                              werden, daß man entweder die Naht noch mit einer Schichte Kautschukfirniß
                              uͤberzieht, was freilich sehr kostspielig ist, oder dadurch, daß man die Raͤnder auf
                              einer gewissen Breite uͤber einander legt, so daß die beiden
                              uͤberzogenen Flaͤchen in derselben Richtung an einander klebend
                              gemacht werden. Noch besser waͤre es, wenn man bei diesem Verfahren die
                              inneren Oberflaͤchen in dem Augenblike, wo man sie zusammennaͤht, mit
                              Firniß traͤnken wuͤrde.
                           Unter den Kautschukfabrikaten nehmen die nuͤzlichen chirurgischen Instrumente,
                              welche man Sonden nennt, ohne Zweifel einen der ersten Plaͤze ein; dieselben
                              muͤssen bekanntlich in das Innere gewisser Theile des menschlichen
                              Koͤrpers eingefuͤhrt werden, entweder um Fluͤssigkeiten, welche
                              darin enthalten sind, auslaufen zu lassen, oder sie dienen auch als Fuͤhrer
                              fuͤr andere Gegenstaͤnde, welche man in dieselben Theile
                              einfuͤhren muß.
                           Sehr haͤufig benuzt man diese Sonden, um in die Harnroͤhre und in die
                              Blase einzudringen. Meistens ist jedoch ihre Einrichtung mangelhaft, obgleich man
                              durchaus keine anderen als solche anwenden sollte, deren Weichheit und Widerstand
                              nichts zu wuͤnschen uͤbrig lassen. Die Sonden bestehen aus einem
                              baumwollenen, leinenen, seidenen oder wollenen Gewebe, welches innen und außen mit
                              einer Substanz uͤberzogen ist, die von den aus der Blase kommenden
                              waͤsserigen Aufloͤsungen nicht leicht angegriffen werden kann. Dieser
                              Ueberzug besteht gewoͤhnlich aus mehreren Schichten mit Bleiglaͤtte
                              gekochten Leinoͤhls. Die Außenseite der so angefertigten Sonde wird bisweilen
                              noch mit einem Firniß uͤberzogen, welcher sie glatter macht, um das
                              Eindringen des Instrumentes zu erleichtern. Fast allen diesen Instrumenten wird im
                              Handel die Benennung Kautschuksonden beigelegt, obgleich die wenigsten davon
                              Kautschuk enthalten. Hr. Verdier, ein sehr
                              ausgezeichneter Chirurg, hat die Aufgabe, in den Ueberzug der Sonden Kautschuk zu
                              bringen, auf eine sehr genuͤgende Weise geloͤst. Er verfertigt eben so
                              auch Warzendekel, Wundroͤhrchen und verschiedene andere elastische
                              Instrumente.
                           Die Aufloͤsung des Kautschuks bietet einige Schwierigkeiten dar, und wenn er
                              den Oehlen beigemischt wird, so troknen dieselben langsamer aus.
                           Bei guten Sonden muß das Gewebe fest und welch seyn, der Firniß muß demselben stark
                              anhaͤngen und die Seiten der Roͤhre duͤrfen nicht dik seyn.
                              Dadurch, daß diesen Bedingungen nicht Genuͤge geleistet war, ist schon oft
                              der Fall vorgekommen, daß Stuͤke des Firnisses oder sehr
                              betraͤchtliche Theile der Sonde selbst in der Harnroͤhre oder in der
                              Blase zuruͤkblieben und noch nachtheiliger als die zu hebende Krankheit
                              wurden.
                           Am besten nimmt man zur Verfertigung der Sonden Seidengewebe; Gewebe aus Baumwolle,
                              Leinen oder Hanf sind nicht so stark und werden auch von dem Firniß leichter
                              geschwaͤcht oder nicht so gut durchdrungen. Einige Fabrikanten nehmen anstatt
                              solcher Gewebe auch ein Stuͤk Tuch, das auf seiner ganzen Laͤnge
                              zusammengenaͤht wird, was durchaus nicht empfehlenswerth ist. Hinsichtlich
                              des Firnisses muͤssen wir bemerken, daß das verdikte Leinoͤhl mit der
                              Zeit sproͤde wird, sich abblaͤttert, aufspringen und sich vom Gewebe
                              trennen kann. Kautschuk, mit gekochtem Leinoͤhl vermischt, scheint bei weitem
                              den Vorzug zu verdienen. Man bringt das Gewebe auf eine eiserne oder kupferne Doke
                              und taucht es so in den Firniß; dann laͤßt man es in einem Trokenkasten mit
                              Luftzug austroknen; hierauf versieht man es mit einer zweiten Schichte von Firniß,
                              und auf dieselbe Art nach und nach mit zwanzig bis dreißig Schichten. Jede Schichte
                              wird mit dem Bimstein uͤberfahren.
                           Die eisernen Doken uͤberziehen sich bisweilen mit einer Schichte Oxyd, die
                              ihnen ihren Glanz benimmt und es unmoͤglich macht, sie leicht aus der Doke
                              heraus oder in dieselbe hinein zu schieben.
                           Hr. Verdier, welcher sich in der medicinischen Welt einen
                              wohl verdienten Ruf erwarb, wendet bloß mit Silber plattirte Doken an und seine
                              Sonden haben einen sehr duͤnnen Ueberzug von Firniß. Bei der Gleichheit des
                              aͤußeren Durchmessers ist daher der innere Durchmesser groͤßer und die
                              Fluͤssigkeiten koͤnnen durch diese Sonden leichter ausfließen. Wenn
                              man an denselben eine Ausbauchung von einem doppelt so großen Durchmesser anbringt
                              als die Sonde an den anderen Theilen hat, so kann man einen bestimmten Theil der
                              Harnroͤhre beliebig ausgedehnt erhalten, ohne die uͤbrigen zu
                              ermuͤden.
                           Die Sonden haben bekanntlich seitwaͤrts gegen ihr Ende zwei Loͤcher,
                              durch welche die Fluͤssigkeit der Blase in ihren Canal eindringt.
                              Gewoͤhnlich bringt man diese Loͤcher auf die Art an, daß man die Sonde
                              nach dem Ueberfirnissen mit einem rothgluͤhenden Eisen durchbohrt; durch
                              dieses fehlerhafte Verfahren werden aber die entbloͤßten Theile des Gewebes
                              geschwaͤcht und has Instrument wird also weniger dauerhaft. Hr. Verdier befolgt eine andere Methode. Er bringt in dem
                              Gewebe selbst zwei Augen an, welche nach dem Ueberfirnissen desselben zwei
                              entsprechende Oeffnungen hinterlassen, deren Raͤnder eben so wie das
                              uͤbrige Gewebe durch den Kautschukuͤberzug geschuͤzt sind.
                           Die Kautschuksonden erhalten sonst keinen Firniß mehr, sondern sie werden auf die
                              angegebene Art weich und auf ihrer Oberflaͤche hinreichend glatt.
                           Außer den Sonden verfertigt man fuͤr die Chirurgie noch andere Instrumente,
                              die aus Geweben bestehen, welche mit Kautschukfirniß uͤberzogen sind, z.B.
                              Warzendekel, Pesarien, Wundroͤhrchen etc. Die Sonden erfordern einen feineren
                              Zeug, einen weicheren Ueberzug und muͤssen schon wegen ihrer Kleinheit und
                              ihrer besonderen Bestimmung viel sorgfaͤltiger verfertigt werden.
                           Der Handel mit diesen chirurgischen Instrumenten nimmt taͤglich mehr zu,
                              besonders in Frankreich, wo man sie besser verfertigt als in anderen
                              Laͤndern. Die englischen Fabrikate haben unter anderem den Fehler, daß sie
                              gern zusammenkleben; in den Vereinigten Staaten und in Belgien werden nur wenige
                              chirurgische Instrumente dieser Art verfertigt; Oesterreich treibt diesen
                              Fabrikationszweig, aber mit wenig Erfolg; Deutschland erhaͤlt seinen Bedarf
                              an diesen Fabrikaten fast ausschließlich durch die Commissionaͤre in Paris.
                              In Frankreich selbst liefern die Departements nur wenige Fabrikate dieser Art und in
                              Paris sind der Haͤuser, welche Sonden fabriciren, nicht viele; man kann den
                              Werth ihrer Producte jaͤhrlich auf 500,000 Franken anschlagen.
                           Wenn es sich nur darum handelt, die doppelten Zeuge mit Kautschukfirniß zu
                              uͤberziehen, so kann man sich mit der teigartigen Kautschukaufloͤsung
                              begnuͤgen, weil man sie auf den Zeugen mittelst eines breiten Messers
                              ausbreitet und dann dieselben durch Walzen gehen laͤßt, welche die Schichte
                              gleichfoͤrmig machen und bewirken, daß die beiden auf einander gelegten Zeuge
                              staͤrker zusammenkleben; handelt es sich aber darum, einfache Gewebe
                              zuzubereiten, z.B. Taffet, Zeuge, welche mit der Aufloͤsung getraͤnkt
                              und von derselben durchdrungen werden sollen, so muß man sich einer sehr
                              duͤnnen Kautschukaufloͤsung bedienen und gerade hierin zeichnet sich,
                              wie gesagt, Hr. Verdier aus.
                           Man hat auch Versuche mit Kautschuk angestellt, welcher in fluͤssigem Zustande
                              nach Europa gebracht worden war, und gefunden, daß er sich in diesem Zustande auf
                              den Zeugen sehr leicht ausbreiten und entweder an der freien Luft oder bei einer
                              Temperatur von 56 bis 64° R. austroknen laͤßt. Dieser Saft scheint
                              jedoch nur in sehr kleiner Menge nach Europa gekommen zu seyn, obgleich man
                              behauptete, daß die Einfuhr in den lezten Jahren sehr betraͤchtlich war.
                              Wahrscheinlich wird aber der Umstand, daß er viel leichter und mit weniger Unkosten
                              als der feste Kautschuk angewandt werden kann, die Kaufleute veranlassen große
                              Quantitaͤten davon kommen zu lassen. Freilich wird der Transport des Saftes
                              durch die dichten Gefaͤße, welche er erheischt, auch kostspieliger.Die Entdekung des Hrn. Barnard, daß das Oehl,
                                    welches man bei der Destillation des Kautschuks erhaͤlt, das beste
                                    Aufloͤsungsmittel des Kautschuks ist, war dem Verfasser dieses
                                    Aufsazes noch nicht bekannt. Wir verweisen in dieser Hinsicht auf die
                                    wichtige Abhandlung im Polytechn. Journale Bd. LVI. S. 288. A. d. R.
                              
                           
                           Man liest in einigen franzoͤsischen Zeitschriften, daß der Kautschuksaft
                              waͤhrend des Transportes von Suͤdamerika nach Europa seine Eigenschaften gaͤnzlich veraͤndert;
                              wir erklaͤren wiederholt, daß dieses nicht der Fall ist, wenigstens wenn man
                              die noͤthigen Vorsichtsmaßregeln beobachtet. Es waͤre sogar zu
                              wuͤnschen, daß dieser schaͤzbare Saft in den Handel kaͤme. Wir
                              sahen ihn in London anwenden, um leichte Gewebe augenbliklich wasserdicht zu machen:
                              wenn man ihn auf ein Blatt Papier schuͤttet, worauf er in einigen Minuten an
                              der Luft verdunstet, so hinterlaͤßt er eine elastische Schichte, die alle
                              Eigenschaften des festen Kautschuks besizt. Den gewoͤhnlichen Kautschuk
                              loͤst man folgender Maßen auf: er wird mit einem scharfen und befeuchteten
                              Messer in außerordentlich duͤnne Riemen geschnitten, worauf man ihn in der
                              Kaͤlte vier und zwanzig Stunden lang in rectificirtes Steinkohlenoͤhl
                              einweicht; man erhizt die Masse dann in einer Blase, deren Hut mit einer langen
                              Roͤhre zur Verdichtung des Oehldampfes versehen ist, und vermengt sie endlich
                              mit dem Leinoͤhl.
                           Wenn man sich ein Mal Schwefelaͤther zu sehr billigem Preise verschaffen kann,
                              so wird sich derselbe nuͤzlich zur Aufloͤsung des Kautschuks anwenden
                              lassen; der so aufgeloͤste Kautschuk wuͤrde sich leicht in
                              Leinoͤhl zertheilen.Das beste Verfahren bestuͤnde vielleicht darin, den Kautschuk vielmehr
                                    zu zertheilen als aufzuloͤsen, so daß er noch organisirt bleibt und
                                    seine haͤutigen Eigenschaften wieder annehmen kann. Bekanntlich wirkt
                                    der Fischleim bei der Klaͤrung des Bieres auch nur im Zustande der
                                    mechanischen Zertheilung und nicht im aufgeloͤsten Zustande
                                    vorteilhaft. Wir haben durch Versuche gefunden, daß man den Kautschuk in
                                    einen solchen Zustand von mechanischer Zertheilung versezen kann, wenn man
                                    ihn in duͤnnen Blaͤttchen sechs oder acht Stunden lang bei
                                    einer Temperatur von 48 bis 64° R. in einem wesentlichen Oehle
                                    einweicht. Er blaͤht sich dann stark auf und laͤßt sich nun in
                                    einem heißen Moͤrser leicht in ein Magma verwandeln, welches man in
                                    dem Augenblike, wo man sich desselben bedienen will, mit Leinoͤhl
                                    verduͤnnen kann. Dieses Magma gibt, in duͤnnen Schichten
                                    getroknet, wieder den compacten und elastischen Kautschuk. A. d. O.
                              
                           Wir haben hier auch noch der mit Kautschuk uͤberfirnißten
                              Seidenschnuͤre zu erwaͤhnen, welche Hr. Verdier fabricirt und die sich durch ihre große Dauerhaftigkeit
                              auszeichnen. Ferner des aus uͤberfirnißtem Garn verfertigten Kanevas, womit
                              man die Oeffnungen der Staͤlle, Milchkammern etc. versieht; solcher Kanevas
                              widersteht der Feuchtigkeit und die Insecten koͤnnen nicht durch ihn dringen;
                              er dient auch zum Bedeken der Baͤume und Spaliere. Man verfertigt daraus
                              Saͤke zum Aufbewahren der Trauben, welche den Saͤken aus Pferdehaaren
                              sowohl wegen ihrer langen Dauer als wegen ihres niedrigeren Preises allgemein
                              vorgezogen werden. Wir empfehlen endlich die auf dieselbe Art angefertigten Seile oder Strike zum
                              Aufhaͤngen der Waͤsche, zu Jalousienschnuͤren und als
                              Ersazmittel des getheerten Tauwerkes. Bekanntlich vermindert der Theer sehr die
                              Staͤrke des Tauwerkes, ohne es sehr lange zu erhalten.
                           Gegenstaͤnde derselben Art, aber nur wegen ihrer großen Anwendbarkeit noch
                              weit wichtiger, sind die aus uͤberfirnißten Baͤndern bestehenden
                              Maaße, welche gegenwaͤrtig in Frankreich viel besser als in England
                              verfertigt werden. Hr. Champion, welcher mehrere der
                              besprochenen Artikel verfertigt, zeichnet sich besonders in der Fabrikation dieser
                              Maaße aus. Dieselben sind wirklich wasserdicht und sehr dauerhaft; ihre Abtheilungen
                              sind mit aller wuͤnschbaren Genauigkeit gemacht; man muͤßte, um die
                              oͤhlige Substanz, womit sie getraͤnkt sind, zu beseitigen, das Gewebe
                              durch Krazen in seiner ganzen Dike zerstoͤren. Hr. Champion erhielt fuͤr diese Maaße nicht nur von der Société d'encouragement und der Jury der
                              Pariser Industrieausstellung Belohnungen, sondern auch von den Behoͤrden,
                              denen er diese so bequemen Maaße liefert, ruͤhmende Zeugnisse. Man gebraucht
                              sie zum Feldmessen, zum Eichen der Faͤsser und Kufen, zum Eichen der Schiffe,
                              zum Ausmessen der Pferde und endlich um das Gewicht der Ochsen durch eine sehr
                              einfache Operation zu bestimmen. Die Aufschlag- und die Zolladministration
                              haben diese Instrumente angenommen. Sie sind in Buͤchsen aus
                              undurchdringlichem gekochtem Leder oder aus Holz verwahrt und werden um einen in der
                              Achse dieser Buͤchse befindlichen Cylinder mittelst einer auf dieser Achse
                              befindlichen Kurbel gerollt. Sie blaͤttern sich nicht ab, selbst wenn man sie
                              absichtlich faltet und reibt; die Striche sind darin so eingedruͤkt, daß sie
                              von Stelle zu Stelle das Gewebe durchdringen und sich nie verwischen. Hr. Champion drukt die Abtheilungen durch duͤnne
                              kupferne, mit Querspalten versehene Lineale auf. Diese Spalten oder Oeffnungen
                              werden mittelst einer von Hrn. v. Prony erfundenen
                              Maschine auf den Linealen angebracht. Jene Maschine besteht hauptsaͤchlich
                              aus einer sehr genau verfertigten Schraube, welche, indem sie sich um einen fixen
                              Punkt als Mittelpunkt dreht, durch ihr anderes Ende einen kleinen Bogen quer auf das
                              Lineal beschreibt, der mit einer auf die Laͤnge des Lineales senkrechten
                              Linie beinahe zusammenfaͤllt. Ein an diesem beweglichen Ende angebrachter
                              Furchenreißer macht in das kupferne Lineal an der gewuͤnschten Stelle einen
                              Schnitt. Die Schraube ist mit einem mikrometrischen Apparat versehen, der aus einem
                              auf einem eingetheilten Kreise sich bewegenden Zeiger besteht. Hr. Champion verfertigt uͤbrigens nicht nur Maaße, die
                              nach dem franzoͤsischen metrischen Systeme, sondern auch solche, die nach den
                              in anderen Laͤndern uͤblichen Systemen eingetheilt sind. Man kann diese
                              Instrumente sehr leicht bei sich tragen, denn ein Maaß von 50 Meter ist in einer
                              Buͤchse von nicht ganz 6 Zoll Durchmesser enthalten; fuͤr ein Maaß von
                              100 Meter betraͤgt der Durchmesser der Buͤchse noch unter 9 Zoll. Die
                              Ingenieure und Feldmesser, welche sich der Maaße des Hrn. Champion oft bei Thauwetter und selbst mitten im Wasser bedienen mußten,
                              fanden, daß sie sich nicht merklich veraͤndern. Wir glauben nicht weiter in
                              die verschiedenen Anwendungen dieser biegsamen Maaße eingehen zu muͤssen,
                              wollen aber wegen seiner praktischen Nuͤzlichkeit, seiner Neuheit und
                              Sonderbarkeit das Verfahren beim Ausmessen der Ochsen, um dadurch das Gewicht ihres
                              Fleisches zu bestimmen, hier angeben. Man verdankt es Hrn. Mathieu de Dombasle.
                           Wenn der Ochs die beiden Vorderfuͤße auf derselben Linie und den Kopf aufrecht
                              hat, tritt ein Mann hinter den linken Fuß des Thieres, legt das Maaß an und gibt es
                              einer auf der anderen Seite befindlichen Person. Leztere fuͤhrt es nach der
                              rechten Schulter hinauf an die Stelle, wo sich der Kummet befaͤnde, wenn der
                              Ochs wie ein Pferd angeschirrt waͤre und bringt das Ende des Maaßes dann auf
                              den obersten Theil des Widerristes, indem sie es zwischen den hoͤchsten
                              Theilen der Schulterblaͤtter und zwar auf dem kuͤrzesten Wege
                              hinfuͤhrt. Die erste Person hebt zu gleicher Zeit die andere Seite des Bandes
                              (Maaßes) senkrecht empor und legt es dann an dasjenige Ende an, welches bereits auf
                              den Widerrist gefuͤhrt worden ist. Man zieht endlich das Band schwach an und
                              findet auf demselben am Verbindungspunkte das Nettogewicht des
                                 Fleisches angegeben. Wenn man diese Ausmessung zwei Mal wiederholt und das
                              arithmetische Mittel von beiden Angaben nimmt, so erhaͤlt man ein genaueres
                              Resultat. Diese sonderbare Operation beruht darauf, daß ein ziemlich constantes
                              Verhaͤltniß zwischen dem Nettogewichte des Fleisches und der Laͤnge
                              der Curve Statt findet, die das Maaß bei dem angegebenen Verfahren beschreibt.
                           
                        
                           Fabrikation der elastischen Gewebe aus Kautschuk.
                           Wir glauben, nachdem wir nun die Fabrikation der mit Kautschuk uͤberzogenen
                              Gewebe beschrieben haben, auch die Verfertigung der elastischen Gewebe, wobei der
                              Kautschuk im Zustande von Faͤden angewandt wird, unseren Lesern mittheilen zu
                              muͤssen. Dieser Industriezweig wurde schon vor mehreren Jahren in Wien
                              ausgeuͤbt, wo er aber keine große Entwiklung erhielt. Wir wissen
                              uͤbrigens, daß man schon vor sehr langer Zeit in Frankreich
                              Strumpfbaͤnder fabricirte, die ihre Elasticitaͤt durch ein
                              Kautschukband erhielten, welches im gestrekten Zustande mit einem gewobenen Stoffe
                              uͤberzogen wurde, welcher sich faltet, wenn sich das Kautschukband wieder
                              zusammenzieht. Die HH. Rattier und Guibal haben die Fabrikation der elastischen Gewebe zuerst im Großen
                              ausgeuͤbt und vervollkommnet.Wir haben uͤber die Fabrik derselben bereits im Polytechn. Journale
                                    Bd. LIV. S. 143 eine Notiz
                                    mitgetheilt. A. d. R.
                              
                           Anfangs zerschnitten sie den Kautschuk mit Scheeren; ein einziger Arbeiter konnte 100
                              Ellen solchen Fadens an einem Tage machen. Die Kautschukflasche wurde
                              spiralfoͤrmig in Baͤnder geschnitten, und jedes kleine Band, welches
                              man so erhielt, wurde dann auf dieselbe Art in zwei oder mehrere feinere Streifen
                              zertheilt.
                           Sie versuchten auch theils mit Zangen, theils bloß mit den Fingern die verschiedenen
                              Schichten, woraus die Kautschukflasche besteht, von einander zu trennen. Die
                              Graͤnze zwischen diesen Schichten kann man bisweilen nur mittelst des
                              Mikroskopes gewahr werden. Diese Absonderung ist leichter zu bewerkstelligen, wenn
                              man sie an einer gegebenen Stelle mit einem scharfen Instrumente beginnt.
                           Um sehr duͤnne Faͤden zu erhalten, versuchten die HH. Rattier und Guibal auch die
                              Kautschukflasche auszudehnen, indem sie mittelst einer Drukpumpe Luft hineinbliesen.
                              Durch dieses seit langer Zeit in den chemischen Laboratorien gebraͤuchliche
                              Verfahren kann man eine Kautschukstasche von 5 Zoll bis zu einem Ballon von 2 Fuß
                              ausdehnen.
                           Vor diesen verschiedenen Operationen muß man die Kautschukflasche jedoch durch heißes
                              Wasser erweichen. Man stellt, sie eine halbe Stunde in ein Bad von kochendem Wasser
                              und bringt in die Flasche selbst ebenfalls siedendes Wasser mittelst einer
                              Roͤhre aus Weißblech, die auf einem Trichter angebracht ist, welcher im Halse
                              der Flasche genau befestigt wird. Man gibt dieser Roͤhre eine Hoͤhe
                              von beilaͤufig 2 Fuß, damit der Druk der Fluͤssigkeit die Flasche
                              aufgeblasen erhaͤlt und selbst ihre Capacitaͤt vergroͤßert.
                           Spaͤter haben die HH. Rattier und Guibal an Statt der Scheeren Theilmaschinen angewandt,
                              welche wir bald beschreiben werden. Damit aber diese Maschinen leichter ihre Arbeit
                              verrichten und um regelmaͤßigere Faͤden zu erhalten, haben sie die
                              Kautschukstasche in eine an allen Stellen gleich dike und vollkommen
                              kreisfoͤrmige Scheibe verwandelt.
                           Diese allen uͤbrigen vorhergehende Operation wird folgender Maßen
                              ausgefuͤhrt: 1) die durch heißes Wasser erweichte Flasche wird zwischen zwei
                              Platten in eine Presse gebracht; 2) man nimmt den Hals weg, welcher sich zur Fabrikation nicht wohl
                              eignet; 3) man schneidet die Flasche in zwei gleiche Theile, dann wartet man bis sie
                              erkaltet ist und wieder eine gewisse Consistenz erhalten hat, ehe man sie der
                              Einwirkung der Maschinen aussezt, die sie zertheilen muͤssen.
                           Wenn die Flasche sehr stark ist und ihre Dike an verschiedenen Stellen variirt, so
                              sezt man jede Haͤlfte derselben in einer sehr diken cylindrischen Form aus
                              Metall, in welche ein Stempel aus demselben Metall paßt, einem sehr starken Druk
                              aus, wodurch der Kautschuk dann die Gestalt eines flachen Cylinders mit
                              kreisfoͤrmiger Basis anzunehmen gezwungen wird. Die Form wird waͤhrend
                              des Pressens in heißes Wasser getaucht, um die Dehnbarkeit des Kautschuks zu
                              vergroͤßern. Eine Eisenstange, welche durch die hohle Form und den Stempel
                              geht, haͤlt diesen lezteren ungeachtet der Gegenwirkung des Kautschuks
                              zuruͤk, wenn man die Form aus der Presse nimmt. Man erkaltet dann diese Form
                              durch frisches Wasser, und nimmt die Kautschukscheibe heraus.
                           Die Zertheilung der Kautschukscheibe in feine Faͤden geschieht durch zwei
                              Maschinen. Die erste zerschneidet die Scheibe in einen Streifen oder in ein Band von
                              allenthalben gleicher Dike, welches spiralfoͤrmig vom Umfange der Scheibe bis
                              nahe an ihren Mittelpunkt geht. Die zweite zertheilt dann dieses Band wieder in
                              mehrere sehr schmale Streifen von derselben Dike, wie das ganze Band.
                           
                        
                           Maschine zum Zerschneiden der Kautschukscheibe in ein
                                 spiralfoͤrmiges Band. (Fig. 1 und 2.)
                           Die horizontal angebrachte Scheibe D dreht sich um ihre
                              senkrechte Achse, und bietet ihre Peripherie der Schneide eines Messers C dar, welches die Gestalt einer kreisfoͤrmigen
                              Platte hat, und dessen Ebene senkrecht auf die der Grundflaͤchen der Scheibe
                              ist. Dieses Messer dreht sich um seinen Mittelpunkt, welcher fix ist. Die drehende
                              Bewegung der Scheibe zwingt das Messer immer mehr in seine Masse einzudringen, und
                              die Bewegung des Messers selbst macht, daß es das Band leichter abschneidet. Man
                              begreift, daß wenn sich die Scheibe allein umdrehen wuͤrde, das unbewegliche
                              Messer nur durch Druk wirken koͤnnte, und einen ungeheuren Widerstand
                              erleiden wuͤrde. Eine dritte Bewegung ist noͤthig. In dem Maaße als
                              die Scheibe in Folge der Wegnahme des spiralfoͤrmigen Bandes kleiner wird,
                              muß auch ihr Mittelpunkt sich dem Messer naͤhern, damit das Band immer
                              dieselbe Dike behaͤlt. Aus Fig. 3 ersieht man den
                              Zusammenhang dieser drei Bewegungen.
                           
                           Das Messer C ist auf einer Welle A angebracht, worauf sich eine Rolle P
                              befindet, uͤber die ein Laufband geht, welches die ganze Maschine in Bewegung
                              sezt. Dieses Messer hat 6 Zoll im Durchmesser. Damit es immer wieder erkaltet, und
                              den Kautschuk besser zerschneidet, taucht es mit seinem unteren Theile in einen mit
                              Wasser gefuͤllten Trog B; dieser Trog kann durch
                              einen Hahn R ausgeleert werden.
                           Auf der Welle A ist ein Getrieb p aufgestekt, welches in das auf der Welle A'
                              befindliche Rad R eingreift; auf leztere Welle ist eine
                              Schraube v, v mit feinen Gaͤngen eingeschnitten.
                              Diese Schraube fuͤhrt eine Mutter E, welche in
                              dem Maaße als die Schraube sich umdreht, vorwaͤrts schreitet, und ein
                              Verbindungsstuͤk L mit sich zieht, das die auf
                              einer kleinen Unterlage befindliche Scheibe D
                              bestaͤndig gegen das Messer stoͤßt. Diese kleine Unterlage wird durch
                              zwei Lappen geleitet, welche in zwei im Tische angebrachten Fugen gleiten. Der
                              Durchmesser des Getriebes p betraͤgt
                              ungefaͤhr ein Fuͤnftel von dem des Rades R, so daß sich also die Welle A' nur ein Mal
                              dreht, waͤhrend die Welle A fuͤnf Mal
                              umgeht; die engen Gaͤnge der Schraube v tragen
                              ebenfalls noch dazu bei, die Bewegung, welche auf die Scheibe uͤbertragen
                              wird, zu verzoͤgern.
                           Wenn die Scheibe zerschnitten ist, bringt man die kleine Unterlage, die
                              Verbindungsstange und die Schraubenmutter wieder in ihre anfaͤngliche Lage
                              zuruͤk. Die Scheibe ist auf der kleinen Unterlage mittelst zugespizter Stifte
                              und eines oberen Scheibchens befestigt. Die Unterlage und das obere Scheibchen haben
                              einen sehr kleinen Durchmesser, damit sich das Messer beim Zerschneiden der Scheibe
                              so viel als moͤglich ihrem Mittelpunkt naͤhern kann.
                           Die Scheibe und ihre Unterlage erhalten ihre drehende Bewegung durch eine Schraube
                              ohne Ende w, w, die ein mit zehn Zaͤhnen
                              versehenes Getriebe p' beherrscht, welches sich auf der
                              Welle a befindet, worauf die kleine Unterlage angebracht
                              ist. Die Welle A'' dieser Schraube ohne Ende
                              erhaͤlt selbst wieder ihre Bewegung von der ersten Welle A mittelst der auf diesen Wellen befindlichen
                              Raͤder s und s' und
                              eines Zwischenrades s''. Lezteres Rad, dessen
                              Durchmesser demjenigen der Welle A'' gleich ist, ist
                              bloß deßwegen vorhanden, damit man diese Welle von der Welle A entfernen kann. Der Durchmesser des Rades dieser lezteren Welle steht zu
                              demjenigen der beiden anderen im Verhaͤltnisse von 10 zu 8.
                           
                        
                           
                           Zweite Maschine, womit man die durch die erste Maschine
                                 erhaltenen Kautschukbaͤnder in schmaͤlere Streifen
                                 zertheilt.
                           Man bringt das Band zwischen die kreisfoͤrmigen Messer c, c, die sich auf den Walzen r, r befinden;
                              duͤnne kupferne Scheiben halten diese Messer in einer beliebigen Entfernung
                              von einander, und an jeder Walze sind an den Enden Scheiben mit Schrauben
                              angebracht, welche das ganze System erhalten. Die Achsen dieser Walzen gehen durch
                              zwei Pfosten M, M, die mit Anwellen und
                              Schraubenkoͤpfen versehen sind, um sie beliebig einander naͤhern zu
                              koͤnnen. Der Wellbaum der unteren Walze ist mit einem Rade r versehen, welches in ein anderes kleineres Rad r' eingreift, das sich auf derselben Achse wie die Rolle
                              P befindet, die ein Seil in Bewegung sezt. Der
                              Durchmesser des Rades r ist drei Mal so groß, wie der
                              des Rades r'. Die Rolle p
                              ist zwei Mal so breit, wie das Rad r'. Das Seil der
                              Rolle P wikelt sich uͤber die Trommel B, durch welche also die ganze Maschine in Bewegung
                              gesezt wird.
                           Nachdem die Kautschukstreifen auf dieser Maschine in Faͤden verwandelt worden
                              sind, bringt man sie in Troͤge, die mit kaltem Wasser gefuͤllt sind;
                              dann erweicht man sie in heißem Wasser und verlaͤngert sie so viel als
                              moͤglich auf folgende Art: man windet sie um einen Haspel, den ein Arbeiter
                              schnell dreht, waͤhrend ein anderer Arbeiter, welcher sich an dem
                              Gefaͤße mit heißem Wasser befindet, den erweichten Kautschuk spinnt, indem er
                              ihn gestrekt erhaͤlt. Der Kautschukfaden wird durch diese Operation sechs bis
                              acht Mal laͤnger. Die so beschikten Haspel bringt man einige Tage in ein
                              kaltes Zimmer, wo die Kautschukfaͤden starr werden, und gleichsam ihre Natur
                              veraͤndern.Berzelius sagt in seinem Lehrbuche der Chemie
                                    (1828, Bd. III. S. 645): „In der Kaͤlte erhaͤrtet
                                       der Kautschuk, ist schwer zu biegen, wird aber nicht sproͤde, was
                                       sich durch Erwaͤrmen wieder verliert. Auch nach sehr langer Ruhe
                                       bei gewoͤhnlicher Temperatur verliert er seine Biegsamkeit. In
                                       der Waͤrme erweicht, kann er stark abgekuͤhlt werden, ohne
                                       sogleich zu erhaͤrten, was erst nach und nach kommt.“
                                    A. d. R.
                              
                           Dieser starre Zustand des Kautschuks ist fuͤr die folgenden Manipulationen
                              unumgaͤnglich noͤthig. Die Faͤden werden naͤmlich nach
                              irgend einem geeigneten Verfahren mit Seiden- oder Baumwollengarn
                              uͤberzogen, wozu man eine aͤhnliche Maschine wie zur Verfertigung der
                              Schnuͤre anwendet, und in diesem Zustande verwendet man sie dann zur
                              Fabrikation von Geweben. Wenn der Kautschuk waͤhrend dieser Arbeit noch seine
                              ganze Elasticitaͤt besaͤße, so wuͤrden sich die verschiedenen
                              Faͤden in ungleichem Verhaͤltnisse verlaͤngern und wieder zusammenziehen,
                              wodurch sich das Gewebe unvermeidlich falten muͤßte. Man muß also den beinahe
                              starr und unausdehnbar gewordenen Kautschukfaden anwenden, und
                                 ihm spaͤter, nachdem das Gewebe vollendet ist, seine Elasticitaͤt
                                 wieder geben. Dieß geschieht dadurch, daß man das Gewebe auf einem
                              gepolsterten Tisch ausbreitet, und mit einem heißen Eisen daruͤber
                              hinfaͤhrt. Durch eine hinreichend hohe Temperatur erreicht man den Zwek
                              immer.
                           Die gewoͤhnlichen Dimensionen der Maschinen zur Verfertigung von
                              Schnuͤren muͤssen geaͤndert werden, wenn man sie fuͤr
                              Kautschukfaͤden anwenden will. Man kann den Pfloͤken eine Breite von
                              16 Zoll geben.
                           Bei den Webestuͤhlen thut man gut, jedem Faden seine Spule zu geben, und diese
                              Spule mittelst eines Seiles zu ziehen, welches mit einem geeigneten Gewichte
                              versehen ist, damit jeder Faden gleich gestrekt wird.
                           Die Gewebe, welche man bisher aus elastischen Schnuͤren verfertigte, haben nur
                              eine geringe Breite; es waren fast immer nur Baͤnder fuͤr
                              Hosentraͤger, Strumpfbaͤnder etc. Man kann auf einem Webestuhl mehrere
                              Baͤnder zugleich weben. Um die Kette vorruͤken zu machen, wendet man
                              die gewoͤhnlichen Mittel an; z.B. einen Cylinder mit Kurbel, oder noch besser
                              ein Raͤdersystem, welches selbst durch die Wechselbewegung des Kammes
                              beherrscht wird.
                           Wir wollen noch bemerken, daß die Schnur, womit der Kautschukfaden uͤberzogen
                              ist, denselben gegen die Zaͤhne des Kammes schuͤzt, die ihn
                              abschaͤlen koͤnnten.
                           Man hat bereits gluͤkliche Versuche angestellt, um die Fabrikation der
                              Kautschukgewebe, besonders hinsichtlich der Weberei zu verbessern. Diese Kunst ist
                              so zu sagen noch in ihrer Kindheit, wirft aber bedeutenden Gewinn ab. Die Amerikaner
                              insbesondere beziehen aus Frankreich betraͤchtliche Quantitaͤten von
                              Hosentraͤgern und anderen elastischen Geweben. Diese Producte werden auch
                              ohne Zweifel bei allen Nationen, die einigen Wohlstand genießen, immer mehr in
                              Gebrauch kommen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
