| Titel: | Verbesserungen in der Bereitung von Gas zur Gasbeleuchtung, worauf sich Jean Baptiste Mollerat, Chemiker und Fabrikanten, gegenwärtig bei Sir John Byerley zu Whitehead's Grove, Chelsea, in der Grafschaft Middlesex, am 3. September 1834 ein Patent ertheilen ließ. | 
| Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. XXI., S. 106 | 
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                        XXI.
                        Verbesserungen in der Bereitung von Gas zur
                           Gasbeleuchtung, worauf sich Jean Baptiste Mollerat, Chemiker
                           und Fabrikanten, gegenwaͤrtig bei Sir John Byerley zu
                           Whitehead's Grove, Chelsea, in der Grafschaft Middlesex, am 3. September 1834 ein Patent
                           ertheilen ließ.
                        Aus dem London Journal of
                                 Arts. Mai 1834, S. 73.
                        Verbesserte Bereitung von Gas zur Gasbeleuchtung.
                        
                     
                        
                           Die Erfindung des Patenttraͤgers besteht in der Benuzung des Dampfes gewisser
                              fluͤchtiger Fluͤssigkeiten, die sehr reich an Kohlenstoff sind, um
                              gewissen Gasen, die zwar brennbar sind, aber dabei nicht leuchten, einen bedeutenden
                              Grad von Leuchtkraft mitzutheilen. Ich benuze hiezu, sagt der
                              Patenttraͤger:
                           1) die sehr fluͤchtige Fluͤssigkeit, die man bei der Destillation des
                              Steinkohlentheeres erhaͤlt. Der Theer, den man bei der Gas- oder
                              Kohksfabrikation erhaͤlt, liefert naͤmlich, wenn man ihn bei gelinder
                              Hize destillirt, ein Oehl, welches aus Anderthalb- und
                              Doppelt-Kohlenwasserstoff besteht, indem es in 100 Theilen gewoͤhnlich
                              91,2 Kohlenstoff und 8,8 Wasserstoff enthaͤlt. Der
                              Anderthalb-Kohlenwasserstoff enthaͤlt bekanntlich 90,02 Kohlenstoff
                              und 9,98 Wasserstoff; der Doppelt-Kohlenwasserstoff hingegen 92,35
                              Kohlenstoff und 7,65 Wasserstoff. Jeder dieser beiden Koͤrper siedet bei
                              186° F., und besizt einen sehr hohen Grad von Elasticitaͤt; das
                              specifische Gewicht beider betraͤgt 0,86, jenes des Wassers bei der
                              gewoͤhnlichen Temperatur zu 1 angenommen. Die Fluͤssigkeit, deren ich
                              mich bediene, haͤlt selbst eine Temperatur von 0° F. aus, ohne zu
                              erstarren: zum Beweise, daß sie von dem Anderthalb-Kohlenwasserstoff
                              enthaͤlt, welcher bei einer so niedrigen Temperatur fluͤssig bleibt,
                              waͤhrend der Doppelt-Kohlenwasserstoff bei dem Fahrenheit'schen Gefrierpunkte fest wird. Der Steinkohlentheer gibt 10 bis
                              12 Proc. von diesem fluͤchtigen Oehle; allein nur das zuerst
                              uͤbergehende Destillat kann ohne Rectification zu meinem Zweke verwendet
                              werden. Was spaͤter uͤbergeht, ist mit einem Oehle vermischt, welches
                              nur bei 212° siedet, und uͤberdieß auch Naphthalin, das erst bei
                              380° F. siedet, enthaͤlt. Will man auch dieses zweite Praͤparat
                              zu dem fraglichen Zweke verwenden, so muß man zuerst durch Destillation in einem Woolf'schen Apparate dieses Oehl und das Naphthalin
                              beseitigen. Wird die Steinkohle lediglich zur Erzielung des fluͤchtigen
                              Oehles destillirt, so erhaͤlt man eine groͤßere Quantitaͤt
                              davon, als ich eben angegeben habe.
                           2) Die unter dem Namen Steinoͤhl, Asphalt und Erdpech bekannten
                              natuͤrlichen Producte, dieselben moͤgen mit Sandstein, Schiefer oder
                              Kalk vermengt oder in fluͤssigem Zustande vorhanden seyn, oder durch trokene
                              Destillation dieser Mineralproducte gewonnen werden. Alle diese Substanzen bestehen
                              aus Kohlenstoff und Wasserstoff; man kann sich ihrer aber nur dann bedienen, wenn
                              sie so rectificirt worden, daß sie bei 212° F. sieden.
                           3) Das durch trokene Destillation des Kautschuks gewonnene Oehl, wovon das zuerst
                              uͤbergehende einen hohen Grad von Leuchtkraft besizt. Eben so wende ich aber
                              auch noch jedes andere Oehl an, welches sehr reich an Kohlenstoff ist, und bei
                              212° F. siedet.
                           Das Gas, dem ich durch Zusaz irgend eines dieser Oehle einen gewissen Grad von
                              Leuchtkraft mittheilen will, besteht entweder aus reinem Wasserstoffgas, oder aus
                              einem Gemenge von Wasserstoffgas, Kohlenwasserstoffgas und Kohlenoxydgas. Ersteres
                              erhalte ich nach den in allen Handbuͤchern der Chemie beschriebenen Methoden:
                              naͤmlich entweder durch Zersezung des Wassers mit Eisen oder Zink und einer
                              Saͤure, oder durch Zersezung desselben mittelst Eisen bei einer hohen
                              Temperatur. Den Vorzug gebe ich jedoch jenem Gase, welches ich erhalte, indem ich
                              Wasserdampf uͤber rothgluͤhendes Kohlen- oder Kohkspulver
                              stroͤmen lasse. Dieses Gas ist ein Gemenge aus Wasserstoff,
                              Kohlensaͤure, Kohlenoxyd und Kohlenwasserstoffgas, dessen
                              Verhaͤltnisse jedoch nach der Bereitungsart verschieden sind. Wird der
                              Apparat nur gelinde erhizt, so erzeugt sich Wasserstoff, viele Kohlensaͤure
                              und eine geringe Menge Kohlenoxydgas; ist der Apparat hingegen gehoͤrig
                              erhizt, und stroͤmt das Gas uͤber einen großen Ueberschuß
                              gluͤhender Kohle bevor es in den Gasometer gelangt, so erzeugt sich
                              Wasserstoff, viel Kohlenoxydgas und wenig oder gar keine Kohlensaͤure.
                           Man kann sich das Gas in aͤhnlichen Retorten, wie man sie zur Bereitung des
                              Steinkohlengases benuzt, erzeugen; ich gebe jedoch einem Apparate, der aus einer
                              oder mehreren Retorten besteht, und durch dessen Mitte der ganzen Laͤnge nach
                              eine Scheidewand laͤuft, den Vorzug. Diese Retorten bringe ich, nachdem sie
                              mit Holzkohle gefuͤllt worden, horizontal in einen Ofen, und zwar auf solche
                              Weise, daß der Wasserdampf durch die ganze Laͤnge der unteren Haͤlfte
                              der Retorten streicht, und durch die obere Haͤlfte zuruͤkkehrt, um in
                              eine an den Gasometer fuͤhrende Roͤhre zu gelangen. Ich bediene mich
                              dieses Verfahrens,
                              damit das Wasser solcher Maßen gezwungen wird, uͤber einen bedeutenden
                              Ueberschuß rothgluͤhender Kohlen zu streichen, und damit folglich so wenig
                              Kohlensaͤure als moͤglich, und dafuͤr die moͤglich
                              groͤßte Menge Kohlenoxyd erzeugt werde. Man kann uͤbrigens statt der
                              oben erwaͤhnten Scheidewand die Retorten auch durch Roͤhren mit
                              einander verbinden; auch kann man die Retorten senkrecht stellen, wo dann in diesem
                              Falle an dem oberen Ende luftdicht schließende Behaͤlter mir Kohle angebracht
                              werden koͤnnten, von denen aus die Retorten im Maße ihres Bedarfes mit
                              Holzkohle gespeist wuͤrden.
                           Das auf diese Weise bereitete Gas braucht nicht gewaschen zu werden, denn es besteht
                              beinahe lediglich aus Wasserstoff- und Kohlenoxydgas zu beinahe gleichen
                              Theilen, und aus etwas wenigem gekohlten Wasserstoffgase. Um nun aber diesem Gase
                              die gehoͤrige Leuchtkraft zu geben, leite ich es von dem Gasometer in ein
                              Gefaͤß, in welchem sich eines der oben erwaͤhnten fluͤchtigen
                              Oehle befindet. Hiedurch wird naͤmlich ein Theil des Oehles in einen Dunst
                              verwandelt, der von dem Gase mit fortgerissen wird, und selbst bevor noch das Gas
                              die zu seiner Saͤttigung erforderliche Quantitaͤt dieses Dunstes
                              aufgenommen hat, erlangt es eine Leuchtkraft, bei der es zu dem fraglichen Zweke
                              vollkommen geeignet wird. Steht die Temperatur der Luft unter 60° F., so muß
                              das Gefaͤß, in welchem das Oehl enthalten ist, bis auf diese Temperatur
                              erwaͤrmt werden, was leicht geschehen kann, indem man von dem Gasometer her
                              eine kleine Roͤhre unter dasselbe fuͤhrt, und das ausstroͤmende
                              Gas anzuͤndet, oder indem man das Gefaͤß mit einem anderen, mit warmem
                              Wasser gefuͤllten Gefaͤße umgibt.
                           Das Gefaͤß, in welchem sich das Oehl befindet, soll so eingerichtet seyn, daß
                              das einstroͤmende Gas immer eine und dieselbe Quantitaͤt von dem
                              fluͤchtigen Oehle aufnimmt, und dann in die Roͤhren uͤbertritt,
                              die es an den Ott des Verbrauches fuͤhren. Das fluͤchtige Oehl kann
                              auch bei seinem Uebergange von den Retorten in den Gasometer oder in dem Gasometer
                              selbst mit Gas gefuͤllt werden; ich halte jedoch die erste Methode
                              fuͤr die vortheilhafteste und vorzuͤglichste. Ein Pfund Holzkohle
                              genuͤgt zur Erzeugung von wenigstens 50 Kubikfuß Gas, und jeder Kubikfuß Gas
                              erfordert 40 bis 50 Gran des aus Steinkohlentheer destillirten fluͤchtigen
                              Oehles; zwei Pfund Wasser endlich liefern durch Zersezung 800 Gallons Gas.
                           Als meine Erfindung nehme ich in Anspruch die Zersezung des Wassers durch Kohle auf
                              eine solche Weise, daß das Product keine Kohlensaͤure enthaͤlt, und
                              folglich nicht gewaschen zu werden braucht; ferner die durch directe Versuche ausgemittelte Bestimmung
                              der chemischen und physischen Eigenschaften des fluͤchtigen Oehles, womit das
                              Wassergas leuchtend gemacht werden kann, und welches nicht nur einen
                              Anderthalb-Kohlenwasserstoff bilden, sondern auch bei einer niedrigeren
                              Temperatur als das Wasser sieden muß; ferner die Ausmittelung der Quantitaͤt,
                              die von diesem fluͤchtigen Oehle noͤthig ist, um einer bestimmten
                              Menge Wassergas eine bedeutende Leuchtkraft mitzutheilen; und endlich die
                              Verbindungsweise der fluͤchtigen Oehle mit dem Wassergase, und die
                              Temperatur, auf welcher die Oehle erhalten werden muͤssen, damit sie in
                              hinreichender Menge von dem Gase aufgenommen werden.