| Titel: | Notiz über einige, von Hrn. Ch. Derosne erfundene Verbesserungen in der Eindikung von zukerhaltigen Säften und anderen Flüssigkeiten. | 
| Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. XXVII., S. 131 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXVII.
                        Notiz uͤber einige, von Hrn. Ch. Derosne erfundene Verbesserungen in der Eindikung von
                           zukerhaltigen Saͤften und anderen Fluͤssigkeiten.
                        Aus dem Bulletin de la
                                 Société d'encouragement. Maͤrz 1835, S. 121.
                        Derosne, verbesserte Methode den Ruͤbensaft
                           einzudampfen.
                        
                     
                        
                           Man hat bisher bei saͤmmtlichen Methoden, deren man sich zur Eindikung
                              zukerhaltiger Saͤfte bediente, den Waͤrmestoff, der in dem aus einem
                              Dampferzeuger entwikelten Dampfe enthalten ist, nur ein einziges Mal zu benuzen
                              gesucht. Hr. Derosne hingegen hat durch einen Versuch,
                              den er kuͤrzlich in der Ruͤbenzuker-Fabrik des Herrn Ducel zu Villeroy bei Versailles anstellte, auf die
                              offenbarste Weise erwiesen, daß der Waͤrmestoff des Dampfes leicht eine
                              dreimalige Benuzung zulaͤßt. Es handelte sich um die Eindikung des
                              Runkelruͤbensaftes und um ein Versieden desselben, um direct Zuker daraus zu
                              gewinnen; der Apparat, dessen er sich hiezu bediente, und der 6 Tage hinter einander
                              arbeitete, war auf folgende Weise zusammengesezt.
                           Er bestand: 1) aus einem Dampferzeuger von der Art, wie man sich ihrer
                              gewoͤhnlich bedient; 2) aus einem geschlossenen Kessel, in dessen Innerem
                              sich eine spiralfoͤrmig gewundene Roͤhre befand, welche den in dem
                              Dampferzeuger entwikelten Dampf aufnahm, und ihn der Fluͤssigkeit mittheilte,
                              in welche die Spiralroͤhre untergetaucht war; 3) aus einem Kessel, der nach
                              dem Howard'schen Systeme im luftleeren Raume arbeitete; und 4) aus einem
                              Verdichtungsapparate, der durch Verduͤnstung einer Fluͤssigkeit arbeitete, und der mit
                              einem Recipienten communicirte, welcher jenes Wasser aufnahm, das durch Verdichtung
                              der im luftleeren Raum entwikelten Daͤmpfe erzeugt worden war. Hr. Derosne gibt an, daß er durch die Methode der HH. Degrand und der Bruͤder Reybaud zu Marseille auf die Idee dieses Apparates kam, indem er
                              uͤber die Eigenschaften der Daͤmpfe, deren
                              Waͤrmecapacitaͤt, so wie auch uͤber folgende gewisse Resultate
                              nachdachte: 1) daß ein Dampf, der aus einem unter einem etwas hoͤheren Druke
                              siedenden Kessel austritt, eine andere Fluͤssigkeit, die sich unter dem
                              gewoͤhnlichen atmosphaͤrischen Druke befindet, zum Sieden bringen
                              kann; 2) daß eine unter dem atmosphaͤrischen Druke siedende
                              Fluͤssigkeit eine andere, die gegen diesen Druk geschuͤzt ist, zum
                              Sieden zu bringen vermag; 3) daß ein Dampf, der unter einem Druke erzeugt worden,
                              welcher geringer ist, als jener der Atmosphaͤre, doch noch eine
                              Fluͤssigkeit verdampfen kann, die mit vielfach vermehrten Oberflaͤchen
                              mit der Atmosphaͤre in Beruͤhrung gebracht worden.
                           Nach diesen anerkannten Daten hat nun Hr. Derosne seinen
                              Apparat eingerichtet, dessen Wirkungsweise er bei dem angedeuteten Versuche auf
                              folgende Weise erlaͤuterte. Es war eine bestimmte Quantitaͤt
                              geklaͤrten Runkelruͤbensaftes zu verduͤnsten; diese brachte er
                              in einen Speisungsbehaͤlter, aus welchem sie in einen anderen kleinen
                              Behaͤlter, den Hr. Derosne den Dispensator nennt,
                              floß. Aus diesem lezteren floß die Fluͤssigkeit durch viele kleine Oeffnungen
                              und folglich in eben so vielen kleinen Stroͤmchen auf einen
                              Verdichtungsapparat, der aus mehreren unter einander und horizontal angebrachten,
                              verzinnten, kupfernen Roͤhren bestand, deren Entfernung durch die
                              Communicationsroͤhren, die den Dampf aus den oberen in die zunaͤchst
                              unteren und allmaͤhlich in saͤmmtliche Roͤhren leiten, aus
                              denen der Verdichter besteht, bedingt ist. Die kleinen Stroͤmchen der
                              Fluͤssigkeit, welche auf die obersten Roͤhren des Verdichters fielen,
                              zerstaͤubten auf denselben, und fielen allmaͤhlich auf die unteren
                              Roͤhren; der in allen diesen Roͤhren circulirende Dampf erhizte die
                              dieselben umgebende Fluͤssigkeit, und diese Fluͤssigkeit ward durch
                              die Beruͤhrung mit der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft mehr oder
                              minder verdampft. Hieraus ergab sich ein Product, welches auf eine Platte fiel, auf
                              der es, bereits concentrirt, in den Kessel Nr. 2 gelangte, in welchem es durch
                              Verdichtung des in dem Dampferzeuger Nr. 1 erzeugten Dampfes einen zweiten Grad von
                              Verduͤnstung erlangte. Der in dem Kessel Nr. 2 erzeugte Dampf begab sich in
                              die Roͤhren und in den doppelten Boden, welche zur Erhizung des Kessels mit
                              dem luftleeren Raume bestimmt waren, und die Fluͤssigkeit, welche waͤhrend der
                              Circulation des Dampfes in dem Kessel Nr. 2 verdichtet ward, lief in
                              fortwaͤhrendem, ununterbrochenem Strome in den Behaͤlter des mit dem
                              luftleeren Raume arbeitenden Apparates. Aus diesem Behaͤlter sog lezteres in
                              dem Maße auf, in welchem die Verdichtung von Statten ging; man brauchte hiezu nur
                              von Zeit zu Zeit den Hahn einer Roͤhre zu oͤffnen, die von dem Inneren
                              des Kessels in den eben erwaͤhnten Behaͤlter fuͤhrte. Die
                              bereits eingedikte Fluͤssigkeit gelangte auf diese Welse in den Kessel mit
                              dem luftleeren Raume, wurde daselbst vollends verdichtet, und von Zeit zu Zeit, wenn
                              die Verdichtung auf den gehoͤrigen Grad gediehen war, herausgeschafft. Die
                              drei fraglichen, im Eingange erwaͤhnten Verduͤnstungen wurden daher
                              hier einzig und allein durch den im Dampferzeuger entwikelten Dampf bewirkt. Dieser
                              Dampf ward aber auch wirklich unter einem Druke von 2 oder 3 Atmosphaͤren
                              entwikelt; er gab an die Fluͤssigkeit, die er verdampfte, allen
                              Waͤrmestoff, die ihn zum Dampfe machte, ab, und wurde bei seinem Austritte
                              aus der spiralfoͤrmig gewundenen Roͤhre als warmes Wasser gesammelt.
                              Der in dem Kessel Nr. 2 erzeugte Dampf ward fortwaͤhrend in das Schlangenrohr
                              und in den doppelten Boden des Kessels mit dem luftleeren Raume geleitet; er gab den
                              Waͤrmestoff, der ihn zum Dampfe machte, an eine Fluͤssigkeit ab, die,
                              um zum Sieden zu gelangen, einen weit geringeren Hizgrad erforderte, als eine dem
                              Druke der atmosphaͤrischen Luft ausgesezte Fluͤssigkeit. Der durch das
                              Sieden der Fluͤssigkeit in dem Kessel mit dem luftleeren Raume erzeugte Dampf
                              gelangte gleichfalls ununterbrochen in die Roͤhren, aus denen der Condensator
                              oder Verdichter besteht; er ward in diesen Roͤhren fortwaͤhrend
                              verdichtet, und gelangte als fluͤssiges Wasser in den an dessen Ende
                              befindlichen Behaͤlter.
                           Diese ganze Circulation der Fluͤssigkeit, die Bewegung und der Austausch der
                              Fluͤssigkeit erfolgt von sich selbst mit der groͤßten Leichtigkeit,
                              ohne vermehrte Arbeit, und mit aͤußerst bedeutender Ersparniß an Zeit, an
                              Apparaten und an Brennmaterial. Die Ersparniß an Brennmaterial ist so bedeutend,
                              daß, wenn man annimmt, daß ein Kilogr. Steinkohlen fabrikmaͤßig betrieben 5
                              Kilogr. Wasser in Dampf verwandle, man dem angefuͤhrten Versuche zufolge mit
                              dem neuen Apparate bei gleicher Quantitaͤt Brennmaterial wenigstens 13
                              Kilogr. Dampf erhaͤlt. Denn zu den 72 Liter Wasser, welche das Schlangenrohr
                              des Kessels Nr. 2 lieferte, waren noch hinzuzuzaͤhlen 65 Kilogr., die sich
                              durch Verdichtung des Dampfes im Schlangenrohre und im doppelten Boden des Kessels
                              mit dem luftleeren Raume ergaben, und 53 Kilogr., welche der Berechnung
                              gemaͤß die Verdunstung auf den Oberflaͤchen des Verdichters abwarf.
                              Nach einem vorgaͤngigen Versuche zeigte sich naͤmlich, daß, wenn in dem Kessel mit
                              dem luftleeren Raume 100 verduͤnstet wurden, auf dem Verdampfer 81,50
                              verduͤnstet worden waren. Kurz, Alles sprach bei dem großen Versuche, der bei
                              Hrn. Ducel angestellt worden war, zu Gunsten des neuen
                              Apparates: Guͤte und Quantitaͤt der Producte, Ersparniß an
                              Brennmaterial und Handarbeit. Der Apparat scheint sich daher ganz vorzugsweise
                              fuͤr jene Gegenden zu eignen, wo das Brennmaterial theuer ist, und wo die
                              Runkelruͤbenzuker-Fabrikation hauptsaͤchlich aus diesem Grunde
                              nicht emporkommen konnte, wie z.B. in der Beauce und in der Brie, deren Boden
                              uͤbrigens dem Baue der Runkelruͤben ganz vorzuͤglich zu
                              entsprechen scheint, und denen es an Waͤldern so sehr, als an Steinkohlen
                              gebricht. Der Aufschwung, den die Ruͤbenzuker-Fabrikation
                              gegenwaͤrtig in Frankreich erreicht, ist außerordentlich; mehr als 150
                              Fabriken wurden in diesem Jahre errichtet, und in Kuͤrze wird der
                              inlaͤndische Zuker durchaus nicht hoͤher zu stehen kommen, als jener
                              der Colonien. Hr. Derosne glaubt versichern zu
                              koͤnnen, daß man in vielen Gegenden Frankreichs den Zuker fuͤr 25 Fr.
                              den Centner oder die 50 Kilogr. zu erzeugen im Stande seyn wird. Er glaubt, daß die
                              Anwendung der Apparate, die die Reiben, die Pressen, die Saͤke etc.
                              entbehrlich machen, in Verbindung mit den eben aufgezaͤhlten Vorrichtungen
                              eine der groͤßten Verbesserungen in diesem Fabrikationszweige bedinge,
                              nachdem ein Mal die Anwendung der thierischen Kohle und die gluͤkliche
                              Modification derselben durch das Dumont'sche Filtrum in
                              Gang gekommen ist.