| Titel: | Ueber das Ruderrad der HH. William und Andrew Symington. | 
| Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LIII., S. 261 | 
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                        LIII.
                        Ueber das Ruderrad der HH. William und Andrew Symington.
                        Aus dem Mechanics'
                                 Magazine, No. 601. S. 338.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Ueber Symington's Ruderrad.
                        
                     
                        
                           Die HH. William und Andrew Symington, Soͤhne des
                              ehrwuͤrdigen William Symington, des eigentlichen
                              Vaters der Dampfschifffahrt in England, erhielten unterm 25. Junius 1834 ein Patent
                              auf ein neues Rad, welches sich im Allgemeinen zur Fortschaffung,
                              hauptsaͤchlich aber als Ruderrad fuͤr Dampfboote ganz
                              vorzuͤglich eignet, und welches wir daher in lezterer Hinsicht hier
                              betrachten wollen.
                           Die Erfindung der Bruͤder Symington besteht der
                              amtlichen Beschreibung ihres Patentes gemaͤß in einem Rade, womit Fahrzeuge
                              aller Art getrieben werden sollen, und dessen Schaufeln beim Kreisen oder Umdrehen
                              des Rades ihre Stellung jedes Mal so veraͤndern, daß sie dem Wasser bloß an
                              jener Stelle, an der sie ihre groͤßte Hebelkraft ausuͤben
                              koͤnnen, ihre groͤßte Breite darbieten, waͤhrend sie zugleich
                              durchaus eine geringere Breite haben, als Schaufeln von gleichem
                              Flaͤchenraume an den gewoͤhnlichen Ruderraͤdern zu haben
                              pflegen.
                           Die Vorrichtungen, durch welche die Erfinder diesen Zwek zu erreichen suchen, werden
                              leicht aus den beigefuͤgten Zeichnungen erhellen, von denen Fig. 16 einen Aufriß und
                              Fig. 17
                              einen Querdurchschnitt eines Ruderrades dieser Art vorstellt. Die Schaufeln A, A sind paarweise angebracht, oder vielmehr jede
                              Schaufel besteht aus
                              zwei einzelnen Blaͤttern, von denen jedes an einer eigenen Welle B, B befestigt ist; diese Wellen drehen sich an ihren
                              Enden in Zapfenloͤchern, und bewegen sich von einander unabhaͤngig und
                              doch in vollkommenem Einklange mit einander. D, D sind
                              zwei solide Scheiben, die unmittelbar unter den inneren Enden der Schaufelwellen
                              befestigt, und gegen die Hauptwelle unter einem Winkel von beilaͤufig 9
                              Graden geneigt sind. E, E sind Furchen, welche in den
                              Umfang dieser Scheiben geschnitten sind, und F, F kleine
                              Leitungsrollen, die in diesen Furchen oder Kehlen laufen, und mittelst der
                              Winkelhebel G, G an den Enden der Schaufelwellen
                              befestigt sind. Bevor das Rad in Thaͤtigkeit kommt, sind saͤmmtliche
                              Schaufeln endwaͤrts gegen das Wasser gerichtet; so wie sich dasselbe hingegen
                              umdreht, bewirken die kleinen Leitungsrollen F, F durch
                              ihre Umdrehung in den Kehlen E, E der Scheiben D, D, daß sich die Ruderpaare einander
                              allmaͤhlich naͤhern, bis sie an ihrem niedrigsten Punkte unter einem
                              Winkel von beilaͤufig 45° an einander stoßen; worauf sie sich dann
                              allmaͤhlich wieder oͤffnen, bis sie beim Austritte aus dem Wasser
                              allmaͤhlich wieder ihre urspruͤngliche gerade Stellung einnehmen.
                           Die Combination oder der Mechanismus, womit die angefuͤhrten
                              schaͤzbaren Resultate erzielt werden, sind, wie man sieht, sehr sinnreich,
                              einfach, und wie uns scheint, auch vollkommen originell. Die Zahl der Theile, die
                              die Bewegung vermitteln, ist sehr klein, und selbst noch kleiner, als an den
                              Raͤdern Morgan's, die gegenwaͤrtig so
                              haͤufig in Gebrauch sind; uͤberdieß kann man ihnen auch leicht einen
                              großen Grad von Staͤrke und Festigkeit geben.
                           Mit einem nach diesem Principe erbauten, und an dem koͤnigl. großbritannischen
                              Dampfboote Alban angebrachten Ruderrade wurden nun kuͤrzlich zwei Versuche
                              angestellt, uͤber welche wir weiter unten den Bericht des Ingenieurs J. Dickson beifuͤgen wollen, da dieser bei der
                              Erfahrenheit dieses Mannes in Dingen, die auf die Dampfboote Bezug haben, mehr
                              Gewicht haben wird. Wir waren selbst bei dem ersten dieser Versuche
                              gegenwaͤrtig, und muͤssen, obschon auch wir mit Hrn. Dickson der Meinung sind, daß das neue Rad hienach vor
                              dem gewoͤhnlichen bei weitem den Vorzug verdient, dennoch bemerken, daß uns
                              die Art und Weise, auf welche der Versuch vorgenommen wurde, keineswegs so berechnet
                              scheint, daß das Princip der Erfindung dadurch in sein volles Licht gestellt werde.
                              Der Versuch wurde naͤmlich nur mit einem einzigen, nach der Symington'schen Erfindung gebauten Ruderrade vorgenommen,
                              und auf der anderen Seite dafuͤr ein gewoͤhnliches Ruderrad
                              angebracht, so daß man also offenbar dieselbe Wirkung erfuhr, wie beim
                              Zusammenspannen eines guten und eines schlechten Pferdes. In dem
                              Verhaͤltnisse, als das neue Rad das alte an Kraft uͤbertraf, in demselben
                              Verhaͤltnisse wurde lezteres nothwendig ein Hinderniß fuͤr ersteres,
                              so daß es sich demnach nicht nur minder schnell, sondern auch minder
                              gleichmaͤßig bewegte, als es sich sonst bewegt haben wuͤrde. Um eine
                              vollkommen guͤltige Probe zu bekommen, haͤtten nothwendig beide
                              Ruderraͤder nach dem Symington'schen Principe
                              gebaut seyn sollen; so war der Versuch nur ein halber.
                           Ueberdieß muͤssen wir noch bemerken, daß das zu den erwaͤhnten
                              Versuchen verwendete Symington'sche Rad nicht ganz so
                              gebaut war, wie die Abbildung dasselbe zeigt, und daß uns die versuchte Form
                              keineswegs die beste von jenen Formen zu seyn scheint, die die Patenttraͤger
                              in ihrer Patentbeschreibung als Modificationen andeuten. Es waren naͤmlich an
                              dem probirten Ruderrade nicht zwei Scheiben und auch nicht zwei Reihen von
                              Leitungsrollen, wie sie die Zeichnung zeigt, sondern nur an der inneren Seite des
                              Rades eine Scheibe und eine Reihe von Leitungsrollen angebracht; und daß
                              Leitungsrollen, welche direct auf die eine ihnen zunaͤchst gelegene
                              Haͤlfte der Schaufeln und indirect, mittelst gezaͤhnter an den
                              Schaufelwellen angebrachter Quadranten, auf die andere Haͤlfte derselben
                              wirken, nicht nur eine mechanisch verfehlte, sondern auch unnoͤthiger Weise
                              complicirte Einrichtung ausmachen, versteht sich von selbst.
                           Wir geben nunmehr den Bericht des Hrn. Dickson
                              uͤber die beiden angefuͤhrten Versuche.
                           Erster Versuch. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf die
                              Steuerung des Fahrzeuges, waͤhrend der Wind von verschiedenen Gegenden blies,
                              und fand hiebei, daß die Triebkraft des neuen Rades jener des alten, an der anderen
                              Seite des Fahrzeuges aufgezogenen Rades wenigstens gleichkam, obschon das neue Rad
                              um 1/3 weniger in der Breite hatte, als das alte. Der Steuermann bestaͤtigte
                              mir dieselbe Bemerkung. Was die Vermeidung des Ruͤkwassers betrifft, so
                              erreicht das neue Rad zuversichtlich diesen Zwek. An dem gewoͤhnlichen
                              Ruderrade hebt jede Schaufel eine bestimmte Quantitaͤt Wasser bis auf eine
                              gewisse Hoͤhe empor, und das Herabfallen dieses Wassers von den Schaufeln
                              erzeugt am Hintertheile des Schiffes die großen Undulationen und Schwankungen des
                              Wassers, uͤber welche schon so sehr geklagt wurde. Dieser Uebelstand wurde
                              durch das neue Rad beinahe vollkommen beseitigt, wie sich Jedermann, der sich an
                              Bord befand, und der die Bahnen beider Raͤder beobachtete, leicht davon
                              uͤberzeugen konnte. Demgemaͤß, und da die neuen Schaufeln, wenn sie
                              sich außerhalb dem Wasser befinden, der Luft nur ihre Kanten darbieten,
                              fuͤhle ich mich vollkommen berechtigt zu dem Schlusse, daß sich ein mit zwei
                              Symington'schen Raͤdern ausgestattetes Fahrzeug, wenn
                              deren Dimensionen der Kraft der Dampfmaschinen angepaßt sind, schneller bewegen
                              wird, als ein Fahrzeug mit gewoͤhnlichen Ruderraͤdern; oder mit
                              anderen Worten, daß sich mit weniger Kraft oder Brennmaterial dieselbe
                              Geschwindigkeit erzielen laͤßt.
                           Zweiter Versuch. Bei dem zweiten Versuche ergab sich
                              deutlich, welcher Unterschied zwischen der Arbeit des alten und des neuen Ruderrades
                              bei tiefer Tauchung besteht, indem so viel Ballast geladen wurde, daß das alte Rad
                              beinahe 3 Fuß 6 Zoll tief im Wasser ging. Die Maschinen verloren beilaͤufig
                              den dritten Theil ihrer gewoͤhnlichen Geschwindigkeit, und das neue Rad
                              behielt beinahe seine ganze Triebkraft bei, indem das Wasser wenigstens mit doppelt
                              so großer Geschwindigkeit durch das Rad glitt, als unter aͤhnlichen
                              Verhaͤltnissen mit dem alten Rade.
                           In Betracht, daß diese Versuche mit Maschinen von 100 Pferdekraͤften
                              angestellt wurden, bin ich ganz uͤberzeugt, daß ein mit zwei neuen, nach Symington's Methode gebauten Raͤdern
                              ausgestattetes Dampfboot der stuͤrmischsten See widerstehen und dabei selbst
                              dann noch eine Steuerung zulassen wird, wenn ein mit gewoͤhnlichen
                              Ruderraͤdern ausgestattetes Dampfboot unter aͤhnlichen
                              Umstaͤnden zuruͤkgetrieben werden, oder vielleicht mit der ganzen
                              Mannschaft zu Grunde gehen wuͤrde. Admiral Sir Thomas Hardy, der sich waͤhrend des Versuches mit an Bord befand, stimmte
                              hierin vollkommen mit mir uͤberein, und ist gleicher Ansicht mit mir
                              uͤber die Vortheile, die sich aus der Beseitigung des Ruͤkwassers, so
                              wie auch daraus ergeben muͤssen, daß das Rudergehaͤuse an den neuen
                              Raͤdern um ein ganzes Drittheil oder um 2 Fuß 4 Zoll schmaler seyn kann, als
                              an den alten Ruderraͤdern. In Betreff der Dauerhaftigkeit hege ich keinen
                              Zweifel, daß die Symington'schen Raͤder eben so
                              viel auszuhalten im Stande sind, als die alten Ruderraͤder.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
