| Titel: | Weitere Auszüge aus Hrn. Barlow's Versuchen über die Stärke der Schienen für Eisenbahnen. | 
| Fundstelle: | Band 57, Jahrgang 1835, Nr. LXXXIV., S. 415 | 
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                        LXXXIV.
                        Weitere Auszuͤge aus Hrn. Barlow's Versuchen uͤber die Staͤrke der
                           Schienen fuͤr Eisenbahnen.Wir haben bereits im Polyt. Journale Bd. LVII. S. 17 einige Auszuͤge aus
                                 dem Berichte des Hrn. Barlow mitgetheilt; bei dem
                                 hohen Interesse, welches dieser Gegenstand namentlich in gegenwaͤrtiger
                                 Zeit gewaͤhrt, wird man uns hoffentlich Dank wissen, wenn wir zu
                                 groͤßerer Vollstaͤndigkeit auch noch diesen Nachtrag
                                 hinzufuͤgen. A. d. R.
                           
                        Aus dem Repertory of
                                 Patent-Inventions. Junius 1835, S. 368.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Barlow's Versuchen uͤber die Staͤrke der Schienen
                           fuͤr Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           
                              „Bei der außerordentlich ausgedehnten Anwendung des Schmiedeisens unter
                                 Umstaͤnden, unter denen es einer daruͤber gehenden Last zu
                                 widerstehen hat, ist es von hoͤchster Wichtigkeit, daß der Grad dieses
                                 Widerstandes, so wie die uͤbrigen Eigenschaften des Schmiedeisens so
                                 genau als moͤglich ermittelt werden. Denn es ist offenbar, daß jedes
                                 Mehrgewicht an Metall, als zur vollkommenen Sicherheit erforderlich ist, nicht
                                 nur keinen Nuzen bringt, sondern schlecht angewendet ist. Es ist naͤmlich
                                 allgemein anerkannt, daß uͤber ein gewisses Gewicht hinaus die
                                 Eisenstaͤbe nicht so gut gearbeitet werden koͤnnen, als
                                 Staͤbe von geringeren Dimensionen; und es ist nicht minder gewiß, daß man
                                 durch gehoͤrige Vertheilung der Metallmasse in dem
                                 Durchschnittsflaͤchenraume eines Metallstabes selbst mit einem geringeren
                                 Gewichte Eisen eine groͤßere Staͤrke zu erzielen im Stande ist,
                                 als mit einem groͤßeren, aber schlecht vertheilten Gewichte. Unter diesen
                                 Betrachtungen stellte ich meine Versuche an, die, wie ich hoffe, nicht
                                 unnuͤz befunden werden duͤrften.“
                              
                           
                              „Bevor ich jedoch zu diesen Versuchen schritt, mußte ich meine
                                 Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand richten, uͤber den selbst praktische
                                 Maͤnner sehr verschiedener Ansicht sind: naͤmlich auf die
                                 Vortheile und Nachtheile, welche die fischbauchfoͤrmigen Schienen im
                                 Vergleiche mit den parallellienigen gewaͤhren.“
                              
                           
                              „Es ist eine sowohl der Theorie, als der Praxis nach bekannte und
                                 bewaͤhrte Thatsache, daß wenn man einen Balken mit dem einen Ende in
                                 einer Mauer oder in einer anderen unbeweglichen Masse befestigt, und wenn man an
                                 dem anderen Ende dieses Balkens ein Gewicht aufhaͤngen will, der
                                 Laͤngendurchschnitt dieses Balkens bei uͤbrigens
                                 gleichmaͤßiger Breite eine Parabel seyn muß; indem bei dieser Form jeder
                                 Theil im Verhaͤltnisse zu der einwirkenden Gewalt stark genug seyn, und
                                 ein Drittheil an Material erspart werden wird. Man wendet daher diese Form der
                                 Balken auch haͤufig bei Bauten an, indem hiedurch bei gleicher
                                 Staͤrke nicht nur eine bedeutende Ersparniß an Material gemacht wird; sondern indem die
                                 Mauern uͤberdieß von dem Druke eines großen und
                                 uͤberfluͤssigen Gewichtes befreit werden.“
                              
                           
                              „Dieß scheint auch die Ursache, warum man bei den Eisenbahnschienen
                                 gleichfalls auf die sogenannte Fischbauchform kam; nur fragt es sich hier noch,
                                 mit welchem Vortheile? Erstens muß bemerkt werden, daß die Theorie hier nicht,
                                 wie im vorhergehenden Falle eine Parabel fordert; denn da bei dem Fortrollen
                                 eines Locomotivwagens jeder Theil der Schiene nach einander die Last zu tragen
                                 hat, und da die Gewalt, welche auf irgend einen Theil eines an beiden Enden
                                 unterstuͤzten, und in irgend einem Theile seiner Laͤnge
                                 beschwerten Balkens wirkt, sich wie das Rechtek der beiden Theile
                                 verhaͤlt, indem sich die Staͤrke wie das Quadrat der Tiefe
                                 verhaͤlt, so folgt hieraus, daß das Quadrat der Tiefe uͤberall dem
                                 Rechteke der beiden Theile angemessen seyn muß: eine Eigenschaft, die man bei
                                 der HalbellipseHlabellipse trifft. Die Schiene sollte daher der Theorie nach eine Halbellipse
                                 seyn, wobei ihre Laͤnge dem Querdurchmesser und die Tiefe des Balkens
                                 deren halben Conjugata gleich seyn muͤßte. Ein Balken von solcher Form
                                 wuͤrde ohne Zweifel in allen Faͤllen einen eben so großen
                                 Widerstand leisten, als ein rechtwinkeliger. Diese From laͤßt sich
                                 jedoch, wenn man es mit Schmiedeisen zu thun hat, nur schwer mit Genauigkeit
                                 erzielen; und wenn auch einige Schienen der Fischbauchform wirklich sehr nahe
                                 kommen, so haben andere doch nur eine entfernte Aehnlichkeit damit.“
                              
                           (Der Verfasser erlaͤutert hier die Natur der Walzen, deren man sich bei der
                              Fabrikation der fischbauchfoͤrmigen Schienen bedient, und geht dann in die
                              Formel ein, welche man bei Berechnung der Ordinaten der Curven befolgt. Er gibt hier
                              folgende Tabelle der Ordinaten.)
                           
                              
                                 Abscissen.
                                     Ordinaten bei
                                    der  fischbauchfoͤrmigenSchiene.
                                    Groͤßte Tiefe    5, kleinste 3
                                    Zoll.
                                 Ordinaten bei Hrn.Stephenson's
                                            Schiene.
                                 Ordinaten bei   der
                                    Ellipse.
                                 
                              
                                 Grad
                                       Zoll.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                     0
                                   =    0
                                           3,00
                                           3,73
                                       0
                                 
                              
                                   10
                                 oder 1
                                           3,01
                                           3,76
                                       1,64
                                 
                              
                                   20
                                   –    2
                                           3,03
                                           3,78
                                       2,29
                                 
                              
                                   30
                                   –    3
                                           3,12
                                           3,82
                                       2,76
                                 
                              
                                   40
                                   –    4
                                           3,21
                                           3,88
                                       3,14
                                 
                              
                                   50
                                   –    5
                                           3,31
                                           3,95
                                       3,46
                                 
                              
                                   60
                                   –    6
                                           3,44
                                           4,01
                                       3,72
                                 
                              
                                   70
                                   –    7
                                           3,59
                                           4,14
                                       3,96
                                 
                              
                                   80
                                   –    8
                                           3,75
                                           4,23
                                       4,16
                                 
                              
                                   90
                                   –    9
                                           3,92
                                           4,34
                                       4,33
                                 
                              
                                 100
                                   –  10
                                           4,09
                                           4,45
                                       4,48
                                 
                              
                                 110
                                   –  11
                                           4,27
                                           4,55
                                       4,61
                                 
                              
                                 120
                                   –  12
                                           4,43
                                           4,66
                                       4,71
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Abscissen.
                                     Ordinaten bei
                                    der  fischbauchfoͤrmigenSchiene.
                                    Groͤßte Tiefe    5, kleinste 3
                                    Zoll.
                                 Ordinaten bei Hrn.Stephenson's
                                            Schiene.
                                 Ordinaten bei   der
                                    Ellipse.
                                 
                              
                                 Grad
                                       Zoll.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 130
                                 oder 13
                                           4,59
                                           4,75
                                       4,80
                                 
                              
                                 140
                                   –
                                       14
                                           4,72
                                           4,84
                                       4,87
                                 
                              
                                 150
                                   –
                                           4,84
                                           4,91
                                       4,93
                                 
                              
                                 160
                                   –
                                       16
                                           4,93
                                           4,95
                                       4,97
                                 
                              
                                 170
                                   –
                                       17
                                           4,98
                                           4,99
                                       4,99
                                 
                              
                                 180
                                   –
                                       18
                                           5,00
                                           5,00
                                       5,00
                                 
                              
                           
                              „Aus der hier mitgetheilten Tabelle erhellt, daß, obschon es nach dieser
                                 Methode unmoͤglich ist mit irgend einem Grade von Excentricitaͤt
                                 eine wahre Ellipse zu erzeugen, man derselben doch so nahe kommen kann, als es
                                 zu praktischen Zweken noͤthig ist, und wie es denn auch Hrn. Stephenson gelungen ist; andererseits kann man aber
                                 auch, wenn nicht alle Sorgfalt gebraucht wird, so weit von derselben abweichen,
                                 daß die Schiene in der Mitte ihrer halben Laͤnge gefahrdrohend schwach
                                 wird.“
                              
                           
                              „Was die aͤußerste Staͤrke betrifft, so ist kein Zweifel,
                                 daß die Stephenson'sche Schiene hierin jener einer
                                 elliptischen Schiene und folglich auch jener einer rechtekigen Schiene von
                                 gleicher Tiefe gleichkommt. Allein saͤmmtliche elliptische Schienen haben
                                 noch einen wesentlichen Fehler, naͤmlich den, daß, obschon diese Form
                                 eine durch und durch gleichmaͤßige Staͤrke bedingt, bei ihr doch
                                 nicht dieselbe Steifheit Statt findet, wie an einer rechtekigen Schiene, deren
                                 Tiefe so groß ist, wie die Tiefe in der Mitte der ausgeschweiften Schiene. Diese
                                 Steifheit ist aber von noch groͤßerer Wichtigkeit, als die
                                 Staͤrke; denn die Dimensionen der Schienen muͤssen um so viel
                                 groͤßer seyn, als zu ihrer erforderlichen Staͤrke gerade
                                 hinreichend waͤre, daß die Frage ihrer aͤußersten Staͤrke
                                 ganz außer Betracht kommt. Die Aufgabe ist daher: mit einer gegebenen
                                 Quantitaͤt Eisen jene Form zu erzielen, die am wenigsten Biegung
                                 erleidet; und ungluͤklicher Weise besizt die elliptische Schiene, obschon
                                 sie an Staͤrke, in so fern es sich um den aͤußersten Widerstand
                                 handelt, einer rechtekigen Schiene von gleicher Dike gleichkommt, eine weit
                                 geringere Steifheit.“
                              
                           (Nachdem Hr. Barlow hier die Vortheile und Nachtheile der
                              fischbauchfoͤrmigen Schiene noch weiter erwogen (vergl. Polyt. Journal a. a.
                              O. S. 20), geht er auf Ermittelung folgender Punkte uͤber. 1) Auf Bestimmung
                              der Ausdehnung einer Eisenstange von gegebenem Flaͤchenraume unter
                              verschiedenen Graden von Spannung, und der Kraft, womit sich dieselbe Eisenstange
                              bei einer gewissen Verminderung der Temperatur zusammenziehen wird. 2) Auf
                              Ermittelung des vergleichsweisen Widerstandes des Schmiedeisens gegen Extension und Compression, und
                              folglich der Stellung der neutralen Achse. 3) Auf Bestimmung jener
                              Durchschnittsflaͤche, welche bei gleicher Menge Metall die groͤßte
                              Staͤrke gewaͤhrt. 4) Auf Ermittelung der Gewalt, welche Eisenstangen
                              von bestimmten Durchschnittsflaͤchen ohne Nachtheil fuͤr ihre
                              Elasticitaͤtskraft auszuhalten im Stande sind. Er verfolgte diese
                              Untersuchungen mit den geeignetsten Apparaten und mit groͤßter Genauigkeit.
                              Die mittleren Resultate derselben erhellen aus folgenden Tabellen.)
                           Versuche uͤber die Laͤngenausdehnung von
                                 Schmiedeisenstaͤben unter verschiedenen Graden von directer Spannung.
                                 Tab. I.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 57, S. 418
                              Gewicht im Tonnen; Stab von 1 Zoll
                                 im Gevierte. 21 Februar; Angaben des Zeigers; Theile des ganzen Stabes, welche
                                 durch jede Tonne ausgedehnt wurden; Stab von 1 Zoll im Durchmesser. 23. Febr.;
                                 Mittlere Ausdehnung per Tonne, per Quadratzoll; am Stabe; Mittel für alle
                                 Stäbe
                              
                           
                           Tabelle II.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 57, S. 419
                              Gewicht im Tonnen; Stab von 2 Zoll
                                 im Gevierte. 28 Februar; Angaben des Zeigers; Theile des ganzen Stabes, welche
                                 von je 4 Tonnen ausgedehnt wurden; Stab von 2 Zollen im Gevierte. 7.
                                 Maͤrz; Mittlere Ausdehnung per Tonne, per Quadratzoll; im Stabe;
                                 Mittel
                              
                           Faßt man alle diese Resultate zusammen, und reducirt man sie saͤmmtlich auf
                              Quadratzolle, so ergibt sich, daß die Gewalt, welche eben hinreichend war, um die
                              Elasticitaͤt des Eisens aufzuwiegen, an den einzelnen Staͤben folgende
                              war:
                           
                              
                                 Stab Nr. 1
                                 (umgearbeitetes Eisen)
                                 10 Tonnen
                                 
                              
                                   –     –   2
                                           –          –
                                 11     –
                                 
                              
                                   –     –   3
                                 (neues Bolzeneisen)
                                 11     –
                                 
                              
                                   –     –   4
                                       –        –
                                 10     –
                                 
                              
                                   –     –   5
                                 (umgearbeitetes Eisen)
                                 9,5    –
                                 
                              
                                   –     –   6
                                 (aus alten Ofenstangen umgearbeitetes Eisen)
                                 8,25  –
                                 
                              
                                   –     –   7
                                 (neues Stabeisen von Hrn. Gordon)
                                 10     –
                                 
                              
                           Man kann daher annehmen, daß die Elasticitaͤtskraft von gutem Eisen per Zoll beilaͤufig 10 Tonnen gleichkommt, und
                              daß sie an schlechterem Eisen von 8 bis zu 10 Tonnen wechselt. Es scheint ferner
                              (wenn man 0,000096 in runden Zahlen als 1/10000 annimmt), daß ein Eisenstab durch
                              jede Tonne, welche mit directer Gewalt per Quadratzoll
                              ihres Durchschnittes einwirkt, um den zehntausendsten Theil seiner Laͤnge
                              ausgedehnt wird, und daß dessen Elasticitaͤt vollkommen in Anregung gebracht
                              ist, wenn er um den zehntausendsten Theil seiner Laͤnge gespannt oder
                              ausgedehnt worden ist.
                           (Der Verfasser pruͤft nunmehr diese Resultate in Hinsicht auf die Befestigung
                              der Schienen an den Lagern. Wir fuͤhren einige seiner Bemerkungen, die von
                              allgemeiner Wichtigkeit sind, an.)
                           
                              „Wir haben gesehen, daß ein Eisenstab mit einer Gewalt von 10 Tonnen per Quadratzoll um den zehntausendsten Theil seiner
                                 Laͤnge ausgedehnt wird, und daß seine Elasticitaͤt dabei ganz in
                                 Anspruch genommen oder uͤberstiegen wird. Nimmt man nun an, daß die
                                 groͤßte Temperaturverschiedenheit, welche in England zwischen Winter und
                                 Sommer Statt findet, 76° F. betraͤgt, so scheint nach Prof. Daniell's genauen Versuchen, daß sich ein Stab
                                 Schmiedeisen bei einer solchen Temperatur um den zweitausendsten Theil seiner
                                 Laͤnge zusammenziehen wird. Hieraus folgt, daß wenn die Schienen im
                                 Sommer bleibend an den Lagern befestigt werden, im Winter eine Zusammenziehung
                                 derselben eintreten wird, die aus den Stab eine Gewalt von 5 Tonnen per Zoll, und (vorausgesezt, daß der Stab 5 Zoll im
                                 Durchschnitte hat) auf das Lager eine Gewalt von 25 Tonnen ausuͤben wird.
                                 Hiedurch wird dem Eisen also mehr als die Haͤlfte seiner ganzen
                                 Staͤrke genommen, und das Lager einer Gewalt ausgesezt, von der es
                                 wahrscheinlich zerstoͤrt werden muß. Jeder Vorschlag zur bleibenden
                                 Befestigung der Schienen an den Lagern ist demnach
                                 unzulaͤssig.“
                              
                           
                              „Diese Bemerkungen lassen sich aber auch noch weiter ausdehnen. Wenn es
                                 naͤmlich gefaͤhrlich ist, die Schiene direct an dem Lager zu befestigen, so ist es in der Praxis auch
                                 verwerflich sie 
                                 indirect mit Keilen oder auf andere Weise in einem
                                 hoͤheren Grade zu befestigen, als es durchaus nothwendig ist, um ihr die
                                 gehoͤrige Staͤtigkeit unter der daruͤber wegrollenden Last
                                 zu geben. Denn es ist offenbar, daß wenn man auf diese Weise auch vermeiden
                                 koͤnnte, daß irgend eine Bewegung State findet, man hiebei in denselben
                                 Nachtheil verfallen wuͤrde wie bei der bleibenden Befestigung, und wenn
                                 man, wie dieß wahrscheinlich geschehen duͤrfte, dieß nicht erreichen
                                 koͤnnte, so muß alle entstehende Reibung von der Contractionskraft des
                                 Eisens uͤberwunden werden, wodurch dem Eisen ein bedeutender Antheil
                                 seiner natuͤrlichen Widerstandskraft entzogen werden wuͤrde. Die
                                 Aufgabe der Ingenieurs ist es daher eine Befestigung der Schienen an ihren
                                 Lagern ausfindig zu machen, durch welche erstere die gehoͤrige
                                 Staͤtigkeit bekommen, waͤhrend zugleich auch der moͤglich
                                 geringste Widerstand gegen die natuͤrliche Ausdehnung und Zusammenziehung
                                 des Stabes erzeugt wird.“
                              
                           
                              „Die Quantitaͤt der Bewegung, welche hiedurch entsteht, ist zwar
                                 allerdings gering, indem sie an einem 15 Fuß langen Stabe zwischen Sommer und
                                 Winter beilaͤufig nur 1/11 Zoll betraͤgt; allein die Kraft der
                                 Zusammenziehung ist dennoch groß, indem sie fuͤr die jaͤhrlichen
                                 Extreme der Temperaturen 5 Tonnen per Zoll
                                 Durchschnittsflaͤche betraͤgt, und indem sie sich in den
                                 englischen Sommern zwischen Mittag und Nacht auf 2 1/2 Tonne belaͤuft,
                                 waͤhrend doch die ganze Kraft des Eisens innerhalb der Graͤnzen
                                 seiner Elasticitaͤt nicht uͤber 9–10 Tonnen
                                 betraͤgt. Dieser Gegenstand ist von großer Wichtigkeit, und aus
                                 Unaufmerksamkeit auf denselben, oder weil man ihn und seine Folgen nicht im
                                 ganzen Umfange kannte, hielt man bisher an das Festkeilen oder Fixiren der
                                 Schienen, woraus nothwendig den Schienen ein großer Nachtheil erwachsen
                                 mußte.“
                              
                           
                              „Ich muß hier, was fuͤr die Praktiker von Wichtigkeit seyn
                                 duͤrfte, bemerken, daß indem sich der Stab nothwendig zusammenziehen muß,
                                 derselbe auf jener Seite, an der er am wenigsten befestigt ist, den Zug
                                 ausuͤben wird, so daß also die Verkuͤrzung nothwendig an dem einen
                                 Ende bemerkbar werden wird. Wenn daher zufaͤllig die Verkuͤrzung
                                 an zwei an einander stoßenden Enden eintraͤte, so wuͤrde der
                                 zwischen zwei Schienen bleibende Raum nothwendig weit groͤßer werden, als
                                 es noͤthig ist. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, koͤnnte man an
                                 jeder Schiene eines der beiden mittleren Lager bleibend an der Schiene
                                 befestigen, in welchem Falle dann die Zusammenziehung nothwendig von beiden
                                 Enden her Statt finden muͤßte. Die Folge hievon waͤre, daß der
                                 durch die Verkuͤrzung der Schienen bedingte Zwischenraum durch und durch
                                 gleichmaͤßiger werden muͤßte, und daß folglich sowohl von der
                                 Schiene, als von dem
                                 Wagen viele unnoͤthige und nachtheilige Erschuͤtterung abgehalten
                                 werden wuͤrde.“
                              
                           (Wir glauben, daß der Vorschlag des Verfassers die Schienen bloß in ihrer Mitte auf
                              bleibende Weise zu befestigen, die sorgfaͤltigste Erwaͤgung verdient;
                              ein durch ein Paar Monate fortgesezter Versuch wuͤrde am besten uͤber
                              deren Werth entscheiden. Man darf sich uͤbrigens nicht verbergen, daß es
                              schwierig seyn duͤrste, die uͤbrigen Theile der Schiene so zu
                              unterstuͤzen, daß weder eine seitliche, noch eine senkrechte Bewegung Statt
                              findet, und daß dennoch der Schiene eine Laͤngenausdehnung gestattet ist,
                              ohne daß eine nachtheilige Ruͤkwirkung auf das Lager dadurch entsteht. Der
                              Verfasser ermittelte hierauf zunaͤchst in einer Reihe von Versuchen die
                              Abbiegung oder Deflection, welche durch verschiedene quer einwirkende Gewalten
                              hervorgebracht wird. Wir beschraͤnken uns in dieser Hinsicht auf die
                              Mittheilung folgender Tabelle.)
                           Tabelle III.
                           Versuche angestellt zur Ermittelung der Deflectionen bei
                                 verschiedenen quer einwirkenden Gewalten, des Gewichtes, welches zuerst eine der
                                 Elasticitaͤtskraft gleichkommende Gewalt ausuͤbt, und folglich zur
                                 Ermittelung der Stellung der neutralen Achse.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 57, S. 422
                              Stab; Entfernung der Unterlagen 33
                                 Zoll. 2 Zoll im Gevierte; Gewicht im Tonnen; Angaben nach der Scala; Deflection
                                 fuͤr jede halbe Tonne; Angaben nach der Mikrometerschraube; Abnahme des
                                 Gewichtes; Die Elasticitaͤt hatte gelitten
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 57, S. 423
                              Stab; Gewicht im Tonnen; Angaben
                                 nach der Mikrometerschraube; Deflection fuͤr jede halbe Tonne;
                                 beschädigt; Die Elasticitaͤt hatte beim lezten Versuche offenbar Schaden
                                 gelitten
                              
                           Aus diesen Versuchen erhellt, daß beide Theile des Stabes Nr. 5, dessen directe
                              Elasticitaͤt 9,5 Tonnen betrug, die Kraft in ihren fruͤheren Zustand
                              zuruͤkzukehren bei einer quer wirkenden Gewalt von 2 1/2 Tonne, und bei einer
                              Entfernung der Unterlagen von 33 Zoll eben beibehielten. Daher bekommt man in der
                              Formel
                           d¹ = (3
                                 lw/4dat)
                              l = 33, w = 2 1/2, a = 2, t = 9,5 und d¹ = 1,62 Zoll,
                           
                              
                                 der Tiefe der Spannung. Folglich ist d¹¹ = 0,38
                                    Zoll,   der Tiefe der Compression, und das
                                    Verhaͤltniß des   Flaͤchenraumes der
                                    Compression zur Spannung    oder Tension,
                                    wie
                                 1 : 4,3.
                                 
                              
                                 Bei dem ersten Theile des Stabes Nr. 6
                                    betraͤgt w
                                    nicht   ganz 2 Tonnen, und da t = 8,5 Tonnen, so ergibt
                                    sich   das Verhaͤltniß
                                 1 : 2,7.
                                 
                              
                                 In dem zweiten Theile desselben Stabes
                                    ergibt sich das   Verhaͤltniß
                                 1 : 2,7.
                                 
                              
                                 Bei dem 1sten, 2ten und 3ten Theile des
                                    Stabes Nr. 7,   wo w =
                                    2 1/2 und t = 10 Tonnen, ist das
                                    Verhaͤltniß
                                 1 : 3,4.
                                 
                              
                           Von diesen Versuchen ausgehend theilt die neutrale Achse den
                              Durchschnittsflaͤchenraum eines rechtekigen Stabes beilaͤufig im
                              Verhaͤltnisse von 1 zu 3 1/2.
                           
                           Zu den folgenden Versuchen wurde das Eisen von den HH. Gordon geliefert; es war von derselben Qualitaͤt, wie jenes des
                              Stabes Nr. 7; man kann daher dessen Elasticitaͤt zu 10 Tonnen annehmen,
                              obschon dieß nicht, wie bei den fruͤheren Versuchen, erprobt wurde.
                           Tabelle IV.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 57, S. 424
                              Stab; Entfernung der Unterlagen;
                                 Breite; Tiefe; Gewichte; Deflectionen; Deflectionen fuͤr jede halbe
                                 Tonne; Bemerkungen; Zoll; Tonnen; Mittel; Neutrale Achse; Die Elasticität
                                 litt
                              
                           (Da Hr. Barlow es nicht fuͤr angemessen hielt,
                              lediglich mit Staͤben von gleicher Tiefe Versuche anzustellen, so nahm er
                              auch Staͤbe von verschiedener Breite und Tiefe, wie folgende Tabelle
                              zeigt.)
                           
                           Tabelle V.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 57, S. 425
                              Stab; Entfernung der Unterlagen;
                                 Breite; Tiefe; Gewicht; Deflectionen; Deflectionen fuͤr jede halbe Tonne;
                                 Bemerkungen; Zoll; Tonnen; Mittel; Neutrale Achse; Die Elasticität litt
                              
                           
                              „Nach Herstellung dieser Daten koͤnnte ich nun zur Ausmittelung
                                 jener Figur schreiten, welche bei einem gegebenen
                                 Durchschnittsflaͤchenraume den groͤßten Widerstand leistet. Dieß
                                 wurde jedoch von geringem Nuzen seyn, indem die Form, zu der ich gelangen
                                 wuͤrde, auf eine Eisenbahn ganz unanwendbar waͤre. Das meiste
                                 Metall muͤßte naͤmlich bei dieser Form in der unteren Platte
                                 angebracht seyn; waͤhrend an der Eisenbahnschiene doch eine bestimmte
                                 Quantitaͤt, ja vielleicht 2/5 der ganze Masse, auf Bildung der oberen
                                 Platte, auf der die Wagen laufen, verwendet werden muß; man kann daher nur uͤber den
                                 noch uͤbrigen Theil der Metallmasse verfuͤgen, und selbst hiebei
                                 muß noch auf praktische Thunlichkeit gesehen werden. Anstatt daher mathematisch
                                 jene Durchschnittsflaͤche zu bestimmen, bei der der Widerstand am
                                 groͤßten ist, duͤrfte es besser seyn, direct den Widerstand jener
                                 Durchschnittsfiguren zu berechnen, welche in die Glaͤnzen der praktischen
                                 Anwendbarkeit fallen, und dann unter diesen jene auszuwaͤhlen, die sich
                                 als die beste ergibt.
                              
                           
                              „Die drei Formen von Schienen, welche unter dieser Beschraͤnkung in
                                 Betracht kommen, sind folgende. 1) Die glatte T
                                 foͤrmige Schiene, Fig. 47. 2) Die H oder doppelt T
                                 foͤrmige Schiene mit einer unteren Platte, Fig. 48. 3) Die
                                 trapezoidale Schiene, Fig. 49. Jede dieser
                                 Formen laͤßt verschiedene Aenderungen in den Verhaͤltnissen zu,
                                 ohne daß dadurch der Hauptcharakter des Durchschnittes wesentlich
                                 veraͤndert wird.
                              
                           
                              „Die oberen und unteren Platten sind hier als rechtwinkelig mit scharfen
                                 Kanten dargestellt. In der Praxis rundet man sie hingegen ab; und das auf diese
                                 Weise gewonnene Metall liefert zwischen der Platte und dem Schafte eine Art von
                                 Unterlage oder Rippe, wie man sie aus Fig. 50 ersieht. Da
                                 jedoch die Beruͤksichtigung dieser kleinen Formveraͤnderung bei
                                 der Berechnung große Verwikelungen bedingen wuͤrde, ohne dabei auf deren
                                 Resultate einen großen Einfluß zu uͤben, so duͤrfte es besser
                                 seyn, die Figur als geradlinig zu betrachten.
                              
                           
                              „Ich muß hier bemerken, daß einige die Idee hatten, der oberen und der
                                 unteren Platte gleiche Gestalt zu geben, in der Absicht, um im Falle die obere
                                 Platte abgenuͤzt ist, die Schiene dann umkehren, und die untere Platte
                                 zur oberen machen zu koͤnnen. Diese Vorsicht ist jedoch ohne Zweifel
                                 schlecht bedacht; denn die untere Platte erfordert gerade am meisten
                                 Staͤrke, und es waͤre hoͤchst gefaͤhrlich, die
                                 Schiene, nachdem die eine Seite mehrere Jahre lang einer bedeutenden
                                 comprimirenden Kraft ausgesezt gewesen, und nachdem deren Substanz der Hypothese
                                 nach eine bedeutende Abnuͤzung erlitten, umzuwenden, und den
                                 abgenuͤzten Theil somit einer noch groͤßeren und zwar
                                 ausspannenden anstatt comprimirenden Gewalt, unter der sie nothwendig alsbald zu
                                 Grunde gehen muͤßte, auszusezen. Ich rathe daher statt nach diesem Plane
                                 zu Werke zu gehen, alles Metall, welches in die untere Platte kommen soll, ohne
                                 Ruͤksicht auf ein solches Umwenden zur Bildung der kraͤftigsten
                                 Form zu verwenden.
                              
                           
                              „Daß die Schienen durch die Witterung und die Abnuͤzung, der sie
                                 ausgesezt sind, schlechter werden, ist unbestreitbar; obschon der Grad und die
                                 Ausdehnung dieser Einfluͤsse vielleicht noch nicht hinreichend hergestellt sind. In
                                 den Papieren, die Hrn. Rastrick, Wood und mir
                                 vorgelegt wurden, ist die Abnuͤzung per Yard
                                 jaͤhrlich auf 1/6 Pfund angeschlagen; neuerlich fand ich sie aber in
                                 einem Schreiben des Hrn. Dixon an Hrn. Bidder nur auf jaͤhrlich 1/10 Pfd. per Yard berechnet. Man erhielt dieses Resultat,
                                 indem man drei Schienen nahm, und sie, nachdem sie gehoͤrig gereinigt und
                                 gewogen worden, an Ort und Stelle in die Bahn einsezte. Nach Ablauf von 12
                                 Monaten nahm man die Schienen wieder heraus, um sie nach gehoͤrigem
                                 Abwaschen abermals zu waͤgen; hiebei hatten zwei von den 5 Yards langen
                                 Schienen 1/2 Pfd., und die dritte, die sich an einem Orte befand, der besonders
                                 der Reibung ausgesezt gewesen, 1/4 Pfd. am Gewichte verloren. Dieser Versuch
                                 beweist jedoch nicht, daß der ganze Verlust nur die obere Flaͤche der
                                 Schiene betraf; und selbst wenn dieß der Fall waͤre, wuͤrde dieß
                                 nur ein Grund mehr seyn, die Schiene nicht umzukehren. Erstrekte sich
                                 uͤbrigens der Verlust nicht auf die obere Flaͤche allein, so
                                 waͤre die ganze zum Behufe des Umkehrens getroffene Vorsichtsmaßregel
                                 unnuͤz. Hr. Rastrick sagte mir, daß nach einem
                                 Jahre die Spuren, die an den Schienen da bemerkbar sind, wo die Walzen
                                 zusammenstoßen, noch vollkommen sichtbar sind; und Hr. Stephenson bemerkt, daß die Spuren der Instrumente, welche beim
                                 Abdrehen der vorstehenden Randstuͤke der Raͤder bleiben, selten
                                 ganz verschwinden: zum Beweise, daß keine seitliche Abnuͤzung Statt
                                 findet.
                              
                           
                              „Hr. Georg Bidder, der allen Verlust auf
                                 Rechnung der Abnuͤzung der oberen Flaͤche bringt, schaͤzt
                                 die jaͤhrliche Reduction auf 1/9 Zoll; so daß also die Schienen nicht
                                 uͤber 30 Jahre dauern koͤnnten, ohne durch neue ersezt werden zu
                                 muͤssen. Es waͤre daher in diesem Falle eine Frage, ob es in
                                 Hinsicht auf Ersparniß nicht besser waͤre, die obere Platte um 1/3 diker
                                 zu machen, indem die Schienen nach dieser Berechnung dann 60 Jahre dauern
                                 wuͤrden. Diese Verdikung um 1/3 wuͤrde die gegenwaͤrtigen
                                 Kosten um 7 1/2 Proc. erhoͤhen, und diese 7 1/2 Proc. wuͤrden sich
                                 in 30 Jahren beilaͤufig auf 30 Proc. belaufen. Wenn daher nach 30 Jahren
                                 die Last von 30 Proc. mit dem Kostenbetrage einer neuen Bahn zusammentrifft, so
                                 werden beide Rechnungen einander so ziemlich ausgleichen. Ich muß daher in
                                 diesem Falle dem Legen von neuen Schienen den Vorzug geben; und zwar: 1) weil
                                 bei dem groͤßeren Gewichte der Schienen deren Verfertigung schwieriger
                                 wird, und daher deren Guͤte, oder die sogenannte Gesundheit,
                                 wahrscheinlich vermindert wird; 2) weil eine dreißigjaͤhrige Erfahrung
                                 wahrscheinlich zu Verbesserungen fuͤhren duͤrfte, von denen es
                                 sehr wuͤnschenswerth seyn duͤrfte Vortheil ziehen zu
                                 koͤnnen; und 3) endlich, weil es meiner und vieler Praktiker Ansicht
                                 nach, noch nicht hinreichend erwiesen ist, welcher Theil des Gewichtsverlustes
                                 auf die obere Flaͤche der Schienen kommt. Um jedoch wieder zur Frage
                                 uͤber die beste Durchschnittsform der Schienen zuruͤkzukehren,
                                 wiederhole ich, daß welche Figur man auch als die beste annehmen mag, es zum
                                 Behufe der Berechnung vollkommen genuͤgt, sie als geradlinig zu
                                 betrachten; die Untersuchung wird hiedurch bedeutend erleichtert werden, ohne
                                 daß die Resultate der Berechnung wesentlich influenzirt
                                 wuͤrden.“
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
