| Titel: | Bericht des Hrn. Baron Séguier über die von Hrn. Lefaucheux, Büchsenmacher in Paris, erfundenen, von der Kammer aus ladbaren Jagdflinten. | 
| Fundstelle: | Band 58, Jahrgang 1835, Nr. XVII., S. 146 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XVII.
                        Bericht des Hrn. Baron Séguier uͤber
                           die von Hrn. Lefaucheux, Buͤchsenmacher in Paris, erfundenen, von der Kammer aus
                           ladbaren Jagdflinten.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. Maͤrz 1835, S. 97.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Bericht uͤber die von der Kammer aus ladbaren
                           Jagdflinten.
                        
                     
                        
                           Schon seit außerordentlich langer Zeit weiß man, daß die Musketen, oder die Flinten
                              mir gezogenen Laufen viel weiter tragen, als alle uͤbrigen, und doch
                              beschaͤftigte man sich bisher nur sehr wenig damit, diese Vorzuͤge
                              auch den mit Schroten zu ladenden Jagdflinten zuzuwenden. Die Sache hatte auch
                              wirklich ihre Schwierigkeiten; und das einzige moͤgliche Mittel zur
                              Erreichung dieses Zwekes schien darin zu liegen, die Flinten mit Patronen zu laden,
                              an denen die Schrote durch eine Scheidewand, deren Durchmesser etwas groͤßer
                              gewesen waͤre, als jener des Flintenlaufes, von dem Pulver getrennt
                              waͤren. Eine derlei Patrone konnte aber nur mit großem Kraftaufwands bis in
                              die Kammer gebracht werden; und selbst in diesem Falle nicht ein Mal ohne einen
                              theilweisen Verlust der beabsichtigten Vortheile. Denn die zwischen das Blei und das
                              Pulver gebrachte Scheidewand wuͤrde sich doch gleich dem Durchmesser des
                              Laufes so angepaßt haben, daß sie kaum etwas besser gewesen waͤre, als ein
                              gut eingerammter Pfropf.
                           Allein nicht ein Mal diese Methode konnte fuͤglich in Anwendung gebracht
                              werden, weil eine Jagdflinte, wenn sie gut schießen soll, an ihrer Muͤndung
                              etwas enger seyn muß, als an der Kammer oder an der Schwanzschraube. Wenn daher der
                              fragliche Zwek erreicht werden soll, so muß die auf die angegebene Weise verfertigte
                              Patrone in eine Kammer gebracht werden, deren Durchmesser etwas groͤßer ist,
                              als jener des Laufes, und die sich kegelfoͤrmig mit lezterem verbindet.
                              Dergleichen Gewehre koͤnnen demnach nur von der Kammer oder von der
                              Schwanzschraube aus geladen werden, worauf denn auch gleich mehrere
                              Buͤchsenmacher eingingen, nachdem ein Mal die ersten Feuergewehre mit
                              beweglicher Schwanzschraube oder mit sogenanntem gebrochenem Laufe erfunden
                              waren.
                           Es ist hier nicht meine Aufgabe in eine historische Aufzaͤhlung aller der
                              Modificationen, welche bisher in dieser Hinsicht an den Feuergewehren angebracht
                              wurden, einzugehen; ich bemerke nur, daß Hr. Pauly der
                              erste war, der diese Art von Gewehren, die fruͤher nur fuͤr
                              Curiositaͤten galten, in den Handel brachte.
                           Hr. Lefaucheux, der lange in den Werkstaͤtten Pauly's arbeitete, und der dessen Erfindungen von Anfang an verfolgte, hat
                              der Gesellschaft die Zeichnungen der verschiedenen Modificationen vorgelegt, denen
                              er die Erfindung Pauly's unterwarf, um sie auf jenen Grad
                              von Vollkommenheit zu bringen, auf welchem sie sich gegenwaͤrtig befindet.
                              Die Erfahrung zeigte ihm die praktischen Nachtheile, die mit jeder der
                              fruͤheren Modificationen verbunden waren, und brachte ihn endlich auf eine
                              Flinte, welche sich vielfach bewaͤhrte, und welche er dem Urtheile der
                              Gesellschaft unterlegte.
                           Die Flinte des Hrn. Lefaucheux besteht aus einem Laufe,
                              der mittelst einem an seinem Umfange angebrachten Tangenten-Charnier an einem
                              im Winkel gebogenen Eisenstuͤke, gegen welches sich dessen unteres Ende
                              stemmt, befestigt ist. Mit diesem Stuͤke, welches als Kammer oder
                              Schwanzschraube dient, wird der Lauf mittelst eines Tfoͤrmigen Zugbandes, dessen Kopf zwischen zwei unter dem Laufe
                              angeschweißte Haken eingreift, in Beruͤhrung erhalten. Das die
                              Schwanzschraube bildende Stuͤk dient zugleich als Schwengelstuͤk oder
                              Schaukel, und ist wie gewoͤhnlich zwischen den beiden Schloßblechen in das
                              Holz eingelassen. Der Kopf des T ist so gebaut, daß er,
                              wenn man die Flinte zum Behufe des Abfeuerns schließen will, den Lauf gegen das die
                              Schwanzschraube bildende Stuͤk anzieht; waͤhrend er, wenn man eine
                              neue Patrone einlegen will, den Lauf leicht emporhebt, um die Adhaͤrenz der
                              verschiedenen Theile an einander zu uͤberwinden. Das T selbst wird bald mit einem eigenen Hebel, bald mit der
                              Buͤgelbruͤke in Bewegung gesezt. Das Pulver wird, wie
                              gewoͤhnlich, durch den Schlag eines Hahnes auf einen in den Lauf geschraubten
                              Piston entzuͤndet.
                           Man wird sich vielleicht bei genauer Untersuchung dieser Flinte fragen, warum das
                              Charnier, welches den Lauf mit dem Schafte verbindet, unter dem Lauf angebracht
                              wurde, und warum das Abfeuern nicht in der Achse geschieht. Auch uns draͤngte
                              sich diese Bemerkung auf, und wir wollen daher die Gruͤnde anfuͤhren,
                              die Hrn. Lefaucheux zur Befolgung dieser Methode
                              veranlaßten. Das Abfeuern in der Achse (le tirage dans
                                 I'axe) kann, wenn das Ende des Laufes dicht an dem die Schwanzschraube oder
                              die Kammer bildenden Stuͤke erhalten werden soll, nur mit Huͤlfe von
                              Seitenplatten Statt finden, die aber, wie die Erfahrung lehrte, selbst nach kurzer
                              Zeit schon durch den Gebrauch des Feuergewehres eine so merkwuͤrdige
                              Veraͤnderung erleiden, daß ich mir einige Bemerkungen daruͤber
                              erlaube.
                           Es zeigt sich naͤmlich an dieser Art von Flinten selbst schon nach sehr kurzem
                              Gebrauche da wo sich der Lauf endigt, eine Art von Furche, die immer tiefer wird.
                              Ist nun diese Ausfurchung, welche im Stahle oder in Eisen, welches noch
                              haͤrter ist, indem es in Paketen gehaͤrtet und dann nicht mehr
                              angelassen wurde, entsteht, das Resultat einer mechanischen Wirkung, welche das Gas
                              bei seinem Entweichen ausuͤbt, oder ist sie vielmehr das Resultat einer
                              chemischen Wirkung, die durch eine Verbindung des Schwefels des Schießpulvers mit
                              dem Eisen bedingt ist? Wir haben Untersuchungen hieruͤber angestellt, und
                              dabei gefunden, daß die angegangenen Theile der Platte haͤrter geworden, als
                              alle uͤbrigen Stellen derselben, und daß an der Kupferplatte, welche zwischen
                              den beiden Laͤufen angebracht ist, damit sich das Feuer des einen nicht auch
                              auf den anderen fortpflanzen kann, gar keine oder wenigstens keine merkliche
                              Veraͤnderung dieser Art vorgegangen. Der gute Zustand der kupfernen
                              Zwischenplatten an Flinten, deren Seitenplatten bereits tief gefurcht waren, ließ
                              demnach keinen Zweifel, daß diese schnelle Abnuͤzung der lezteren, abgesehen
                              von den mechanischen Einfluͤssen, hauptsaͤchlich durch eine chemische
                              Verbindung bewirkt wird.
                           Hr. Lefaucheux haͤtte hierauf gestuͤzt
                              diesen Nachtheilen leicht dadurch ausweichen koͤnnen, daß er die
                              Seitenplatten mit Kupfer gefuͤttert haͤtte; er zog es jedoch vor diese
                              Seitenplatten lieber ganz entbehrlich zu machen, was ihm denn auch gelungen ist. Man
                              haͤtte glauben sollen, daß seine einfache Vorrichtung, die die Handhabung des
                              Gewehres leicht und bequem machte, die Jaͤger endlich zufrieden stellen
                              wuͤrde; dem war jedoch nicht so, denn je naͤher die neue Erfindung
                              ihrer Vollendung kam, um so hoͤher steigerte man die Anspruͤche an
                              dieselbe; und da man gegen deren Mechanismen nichts mehr vorzubringen wußte, so
                              machte man ihr den Vorwurf, daß Gas bei ihr verloren gehe.
                           Dieses Entweichen bewirkte nach der Ansicht der Mehrzahl eine Verminderung der
                              Schußweite, so wie denn, in dessen Folge auch die Finger beschwaͤrzt wurden.
                              Wir unsererseits fanden nur den lezteren dieser Vorwuͤrfe begruͤndet,
                              und so unbedeutend derselbe auch an und fuͤr sich ist, so machte sich Hr. Lefaucheux doch neuerdings an die Arbeit, um auch ihn zu
                              beseitigen. Er kam hiebei auf die gluͤkliche Idee die Schließmethode der
                              hydraulischen Pressen auch auf die Flinten anzuwenden. Man bedient sich an lezteren
                              naͤmlich bekanntlich einer ledernen Kapsel, deren Raͤnder sich mit um
                              so groͤßerer Kraft gegen die Waͤnde eines Gefaͤßes anlegen, je
                              mehr die darin enthaltene Fluͤssigkeit comprimirt wird, und mit je
                              groͤßerer Kraft sie folglich zu entweichen trachtet. Da es sich nun an den
                              Flinten nicht um das Entweichen einer Fluͤssigkeit, sondern um jenes eines
                              entzuͤndeten Gases handelte, so wendete Hr. Lefaucheux natuͤrlich kein Leder an, sondern er versah seine
                              Patrone mit einer Unterschale aus duͤnnem Kupfer. Die biegsamen Raͤnder
                              dieser Unterschale oder dieses Huͤtchens, welches die Form einer großen
                              Kapsel hat, dehnen sich im Augenblike der Explosion aus, und legen sich mit solcher
                              Genauigkeit gegen die Waͤnde des Laufes an, daß auch nicht das geringste
                              Entweichen von Gas moͤglich ist. Wir halten diese eben so einfache, als
                              sinnreiche Vorrichtung, die so gluͤklich von der hydraulischen Presse auf die
                              Flinten uͤbertragen wurde, fuͤr eine der wesentlichsten
                              Verbesserungen, die seit langer Zeit an den von der Kammer aus ladbaren Flinten
                              gemacht wurde. Wir glauben sogar, daß der ganzen Buͤchsenmacherkunst hiedurch
                              ein großer Dienst geleistet wurde, indem man nun selbst Schließungen, die nicht sehr
                              genau passen, nicht nur gegen das Entweichen von Gas verwahren kann, sondern indem
                              es nunmehr weniger auf die Genauigkeit, als auf die Festigkeit und Soliditaͤt
                              der Schließung ankommen wird, so daß eine der groͤßten Schwierigkeiten, die
                              die Verfertigung der Flinten mit gebrochenem Laufe darbot, gehoben seyn
                              duͤrfte. Wir bemerken nur noch, daß sich Hr. Lefaucheux die Vortheile, die er aus seiner Erfindung zu ziehen hoffen
                              darf, durch ein Patent gesichert hat.
                           Die Commission hat auf das Verlangen des Erfinders mehrere vergleichsweise Versuche
                              mit seiner neuen Flinte, deren Resultate wir hier mittheilen wollen, angestellt. Wir
                              bemerken vorlaͤufig nur, daß bei den Versuchen blaues halbgeleimtes Papier,
                              weißes Rosenpapier (papier blanc rose), und graues
                              ungeleimtes Papier angewendet ward, und daß saͤmmtliche Flinten mit gleichem
                              Papiere versucht wurden.
                           Erster Versuch mit weißem Rosenpapiere.
                           Lefaucheux's Flinte mit einer Ladung von 70 Gran Pulver
                              und einer Unze Blei Nr. 4 schlug durch 37, und bei einem zweiten Schusse mit
                              gleicher Ladung durch 49 Bogen Papier. Pottet's Flinte
                              mit einer Ladung von 55 Gran Pulver und einer gleichen Menge Blei schlug durch 41
                              Bogen. – Da hier wegen der Ungleichheit der Ladungen kein Vergleich
                              angestellt werden konnte, so wurden die Ladungen bei den naͤchsten Versuchen
                              gleich gemacht; und um vollkommene Gleichheit des Pulvers zu erzielen, wurde die
                              Flinte Lefaucheux's mit Patronen, die fuͤr die
                              Flinte Pottet's bestimmt waren, geladen. Doch muß bemerkt
                              werden, daß diese Patronen in erstere Flinte mit groͤßerer Leichtigkeit
                              paßten, als in leztere.
                           Zweiter Versuch. Pulverladung 55 Gran. Blei Nr. 4 eine
                              Unze. Die Flinte von Lefaucheux schlug durch 25, jene von
                              Pottet durch 31 Bogen blaues Papier. Die Patrone ward
                              mit einem Streifen Papier umwikelt, damit sie etwas genauer in die erstere einpaßte. Von dem weißen
                              Rosenpapiere durchschlug erstere 46 und leztere 50 Bogen; von dem grauen Papiere
                              hingegen durchschlug die Flinte von Lefaucheux 71, jene
                              von Pottet aber 74 Bogen, worauf dann erstere noch ein
                              Mal durch 51 Bogen trieb. Das Papier wurde bei diesem Versuche umgekehrt, und Lefaucheux schoß auf Papier, auf welches bereits von Pottet geschossen worden. Den zweiten Schuß hingegen
                              schoß Lefaucheux auf neues Papier ab.
                           Dritter Versuch. Vergleichung der Flinte von Lefaucheux mit jener von Robert. Ein Schuß aus der Flinte von Robert mit
                              55 Gran Pulver ohne Patrone drang durch 49 Bogen graues Papier; ein zweiter Schuß
                              mit einer Patrone zu 52 Gran Pulver hingegen drang durch 66 Bogen. Ein Schuß aus der
                              Flinte von Lefaucheux mit 52 Gr. Pulver einer Robert'schen Patrone, die in eine Patrone Lefaucheux's umgewandelt worden, schlug durch 73 Bogen.
                              Ein dritter Schuß aus Robert's Flinte auf Papier, welches
                              bereits getroffen worden, drang durch 73 Bogen, und ein zweiter Schuß aus Lefaucheux's Flinte auf Papier, welches gleichfalls
                              angewendet worden, drang ebenfalls durch 73 Bogen. Der Umstand, daß das Papier
                              bereits getroffen worden, muß deßhalb bemerkt werden, weil durch das Zaͤhlen
                              der Blaͤtter deren Aneinanderliegen vermindert wird, so daß die
                              Schuͤsse nicht so leicht durchdringen.
                           Vierter Versuch, angestellt zur Ermittelung der besten
                              Entzuͤndungsmethode, dieselbe mag von der Seite des Laufes oder von
                              Ruͤkwaͤrts geschehen. Die Versuche wurden mit zwei Flinten Lefaucheux's vorgenommen, die jedoch in Hinsicht auf die
                              Art der Entzuͤndung verschieden gebaut waren. Der erste Schuß, bei welchem
                              die Entzuͤndung von Ruͤkwaͤrts und in der Seele geschah, drang
                              mit einer Ladung von 70 Gr. Pulver durch 71 Bogen graues Papier; der zweite Schuß,
                              bei welchem die Entzuͤndung am Laufe erfolgte, drang bei einer gleichen
                              Ladung durch 72 Bogen.
                           Aus allen diesen Versuchen ergibt sich im Allgemeinen, daß es sehr irrig ist, wenn
                              man glaubt, daß die Schußweite einen um so groͤßeren Nuzeffect hat, als die
                              Pulverladung groß ist. Wir bedienen uns des Wortes Nuzeffect, weil wir durchaus
                              nicht behaupten wollen, daß die Entfernung, bis auf welche das Geschoß getrieben
                              wird, nicht mit der Triebkraft, die ihm die Bewegung mittheilte, steigt. Wir sind
                              uͤberzeugt, und die angefuͤhrten Versuche dienen als Beweis, daß das
                              Geschoß um so weniger tief eindringt, je mehr die Geschwindigkeit einen gewissen
                              Grad uͤbersteigt; man wird sich dieß auch sehr leicht erklaͤren
                              koͤnnen, wenn man bedenkt, daß ein Koͤrper um so schwerer eindringen muß,
                              je geringer die Zeit ist, die den Theilchen, auf die er trifft, gelassen wird, Ihre
                              Stelle zu verlassen. Auf diese Weise erklaͤrt sich auch ganz
                              natuͤrlich die anscheinend hoͤchst sonderbare Erscheinung, daß eine
                              ganz aus der Naͤhe abgeschossene Kugel sich an einer Planke abplattet,
                              waͤhrend sie aus groͤßerer Entfernung abgeschossen dieselbe
                              durchdringt.
                           Wir haben mir aller Strenge und Genauigkeit hergestellt, daß die Flinte des Hrn. Lefaucheux kein Gas mehr entweichen laͤßt, indem
                              die Jaͤger auf diesen Punkt, der unserer Ansicht nach nicht von so gar hohem
                              Belange ist, besonders großes Gewicht legen. Die Graͤnzen dieses Berichtes
                              gestatten uns jedoch nicht unsere Ansicht uͤber diesen Punkt
                              ausfuͤhrlich zu entwikeln; wir bemerken nur, daß sich unsere Ansicht auf eine
                              neue Art der Anschauung der mit der Entzuͤndung des Pulvers in Verbindung
                              stehenden Erscheinungen fußt, und daß wir glauben, daß man bisher die chemischen
                              Erscheinungen, wie z.B. die Erzeugung eines Gasts, noch nicht gehoͤrig von
                              den rein mechanischen Erscheinungen, wie z.B. von der Nuzanwendung einer erzeugten
                              Kraft unterschied. Die oben erwaͤhnten Versuche selbst bestaͤtigen
                              hierin unsere Ansicht; denn eine Robert'sche Flinte, an
                              welcher eine merkliche Menge Gas entweicht, traͤgt diesen Versuchen
                              gemaͤß eben so weit, als eine Flinte, an der alles erzeugte Gas nur an der
                              Muͤndung des Laufes allein entweichen kann.
                           Wir koͤnnen daher als die Vorzuͤge der Flinte des Hrn. Lefaucheux hervorheben, daß ihre Schließung sehr große
                              Festigkeit gewaͤhrt, indem wir mehrere Male ohne allen Nachtheil aus beiden
                              Laͤufen zugleich doppelte Ladungen abfeuerten; daß sie sich sehr leicht laden
                              und ohne viele Muͤhe reinigen laͤßt; daß ihre mit den Kapseln
                              versehenen Patronen, von denen erstere nach dem Abfeuern beinahe ganz herausgenommen
                              werden, das Schmuzigwerden der Kammer verhindern; und daß der Lauf durch den festen
                              Pfropf, der beim jedesmaligen Abfeuern ausgetrieben wird, jedes Mal so gereinigt
                              wird, daß er selbst nach einer großen Anzahl von Schuͤssen immer noch eben so
                              rein und brauchbar ist, wie vom ersten Anbeginn.
                           Obwohl es bei diesen Eigenschaften nicht sehr auf die Leichtigkeit des Zerlegens und
                              der Reinigung ankommt, so nimmt Hr. Lefaucheux doch auch
                              in Hinsicht auf Einfachheit des Baues den Vorzug fuͤr seine neue Flinte in
                              Anspruch; und wir muͤssen auch in dieser Hinsicht gestehen, daß dieselbe aus
                              weniger Theilen zusammengesezt ist, als die fruͤheren. Die
                              Lobspruͤche, die wir hier in allen diesen Hinsichten den Flinten Lefaucheux's zu machen gedrungen waren, haben auch
                              bereits den besten Pruͤfstein, naͤmlich die Gunst des Publicums fuͤr sich,
                              uͤber die wir in den Handelsbuͤchern des Erfinders die sprechendsten
                              Beweise fanden.
                           Der Erfindungsgeist des Hrn. Lefaucheux ist
                              gegenwaͤrtig auf verschiedene Modificationen gerichtet, die er an den
                              Feuergewehren der franzoͤsischen Armee, die immer noch an Vollkommenheit den
                              Gewehren anderer Armeen, wie z.B. der schwedischen, nachstehen, gerichtet. Hat er
                              hiebei wohl auch die Hindernisse erwogen, die ihm hierin im Wege stehen? Er hat hier
                              gegen alte Gewohnheiten und nach einander gegen alle die Vorschriften zu
                              kaͤmpfen, durch welche nicht nur zahlreiche Maͤngel verdekt, sondern
                              auch die unter Beihuͤlfe einer verstaͤndigen Theorie gemachten
                              Verbesserungen in Mißcredit gezogen werden. Hr. Olivier
                              wird jedoch uͤber die Arbeiten des Hrn. Lefaucheux
                              auf diesem Felde berichten, so daß wir der Gesellschaft nur noch im Namen der
                              Commission vorzuschlagen haben, den Erfinder einer jener Auszeichnungen zu
                              wuͤrdigen, womit sie dergleichen Verdienste zu belohnen pflegt.
                           Fig. 17 zeigt
                              eine mit allen ihren Theilen ausgestattete Flinte von der neuen Art.
                           Fig. 18 zeigt
                              eine aͤhnliche Doppelflinte mit abgebogenen Laͤufen, so daß sie zur
                              Aufnahme der Patronen bereit sind.
                           Fig. 19 ist
                              ein Laͤngendurchschnitt derselben in doppelt groͤßerem Maaßstabe
                              gezeichnet.
                           Fig. 20 zeigt
                              den Schluͤssel im Auf- und Grundrisse.
                           Fig. 21
                              stellt das sogenannte T im Aufrisse und Grundrisse
                              vor.
                           Fig. 22 zeigt
                              die Schraube des T im Aufrisse und von Unten.
                           Fig. 23 ist
                              eine mit ihrer Unterschale oder ihrer Kapsel versehene Patrone.
                           Fig. 24 zeigt
                              die Kapsel von Vorne.
                           Gleiche Buchstaben beziehen sich an allen Figuren auf gleiche
                              Gegenstaͤnde.
                           a, a ist der Lauf.
                           b, b sind Haken, die unter dem Pulversake angebracht
                              sind, und in welche eine Art von Riegel, das sogenannte T eingreift.
                           c ist eine Spindel, die wie ein Pfeifchen zugeschnitten
                              ist, und womit das T zuruͤkgehalten wird.
                           d ist der an dem Laufe angebrachte Rauchfang, der zur
                              Aufnahme der Zuͤndkapsel dient.
                           e ist ein unter der Schaukel angebrachter
                              Schluͤssel, welcher horizontal von Links nach Rechts umgedreht wird, wenn man
                              die Haken losmachen und die Laͤufe abbiegen will. In das Vierek dieses
                              Schluͤssels paßt das untere Ende des T, welches
                              durch eine Schraube darin zuruͤkgehalten wird.
                           
                           f ist das sogenannte T; der
                              mit f' bezeichnete Theil desselben ist schraͤg
                              abgeschnitten, damit er gegen das schief abgeschnittene Ende der Spindel c geschoben werden kann. Eine Feder, die zwar in Fig. 19 nicht
                              sichtbar, dafuͤr aber in Fig. 18 angedeutet ist,
                              stemmt sich gegen das T, und haͤlt den
                              Schluͤssel waͤhrend des Ladens der Flinte entfernt.
                           g ist eine Schraube, welche den Schluͤssel an dem
                              T befestigt.
                           h ein Ring, der das T
                              umgibt; er ist an einem Theile seines Umfanges ausgeschweift, und zwar zum Behufe
                              der Aufnahme eines kleinen im Grunde der Schaukel befestigten
                              Zuͤngelchens.
                           i ein rechtwinkelig gebogenes Eisenstuͤk, die
                              sogenannte Schaukel, welches mit gehoͤriger Festigkeit an der Flinte
                              befestigt ist, und auf dessen Ende sich der Lauf dreht.
                           j eine durch das Charniergelenk der Schaukel gehende
                              Spindel, welche dem Lauf als Mittelpunkt der Bewegung dient.
                           k der Hahn.
                           l der Buͤgel.
                           m, m Druͤker.
                           n das Absehen.
                           o die Patrone.
                           p die kupferne Kapsel der Patrone.
                           Die Flinte wird auf folgende Weise gehandhabt. Man ergreift sie mit der rechten Hand,
                              fuͤhrt die linke unter den Lauf und druͤkt gegen den
                              Schluͤssel, der sich augenbliklich umdreht und die Haken c, c losmacht; in demselben Augenblike biegt sich dann
                              auch der Lauf ab, so daß sein Pulversak offen steht. In dieser Stellung, welche man
                              aus Fig. 18
                              ersieht, bleibt der Schluͤssel, indem er durch die Feder, die sich gegen das
                              T stemmt, verhindert wird zuruͤkzufallen.
                              Waͤhrend nun die Flinte mit der linken Hand gehalten wird, bringt man die
                              Patrone in den Lauf, worauf man diesen emporhebt, und den Schluͤssel wieder
                              in die aus Fig.
                                 17 ersichtliche Stellung zuruͤkbringt, womit die Flinte geladen
                              ist. Es braucht dann nichts weiter, als daß man auf den Rauchfang d' eine mit Knallpulver gefuͤllte kupferne Kapsel
                              aufsezt und den Hahn spannt; denn, so wie man diesen losdruͤkt, wird das
                              Zuͤndkraut durch den Schlag entzuͤndet werden, und die
                              Entzuͤndung an die Ladung fortpflanzen. Nach dem Abfeuern wird zum Behufe
                              eines abermaligen Ladens dasselbe Verfahren wiederholt.
                           Der Fabrikpreis der Flinten des Hrn. Lefaucheux ist 150
                              bis 350 Fr.; jene mit bandirten Laͤufen kosten 550, und jene mit damascirten
                              Laͤufen 650 Fr.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
