| Titel: | Ueber den Krapp; von Heinrich Schlumberger. | 
| Fundstelle: | Band 58, Jahrgang 1835, Nr. XLVIXLV., S. 283 | 
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                        XLVIXLV.
                        Ueber den Krapp; von Heinrich Schlumberger.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 Mulhausen, No. 40, S. 401.
                        Schlumberger, uͤber den Krapp.
                        
                     
                        
                           Nachdem Hr. Persoz und ichPolytechnisches Journal Band LII. S.
                                       193. zwischen dem Avignon- und Elsasser-Krapp einen auffallenden
                              Unterschied wegen ihres verschiedenen Gehalts an kohlensaurem Kalk (Kreide) aufgefunden und ich
                              gezeigt hatte, daß die Kreide die Eigenschaft hat den Farbstoff beim
                              Krappfaͤrben solid zu machen, blieb noch zu untersuchen uͤbrig, ob der
                              Vorzug, welcher allgemein dem Avignon-Krapp zuerkannt wird, einzig seinem
                              bedeutenden Kreidegehalt zuzuschreiben ist, oder ob der Einfluß des Klima's
                              beruͤksichtigt werden muß. Nachdem ich mich dann uͤberzeugt hatte, daß
                              nur die Kreide und andere Substanzen, welche ich in meiner fruͤheren
                              Abhandlung angab, die Eigenschaft besizen, den Farbstoff des Krapps zu befestigen,
                              mußte ich die Rolle studiren, welche diese Substanzen spielen, naͤmlich: ob
                              sie als ein integrirender Theil in den Lak eingehen, der sich auf dem Gewebe bildet,
                              oder ob sie bloß auf einige Bestandtheile dieser Wurzel eine Wirkung aͤußern.
                              In der Absicht diese verschiedenen Fragen zu loͤsen, habe ich mit Hrn.
                              Daniel Koechlin-Schouch und Hrn. Persoz einige Versuche angestellt.
                            Einfluß des Klima's. – Um zu erfahren, ob das
                              Klima auf die Qualitaͤt des Krapps und die Assimilation des kohlensauren
                              Kalks einen Einfluß hat, stellte der Ausschuß fuͤr Naturgeschichte im
                              botanischen Garten der Industriegesellschaft folgende Versuche an:
                           Man bereitete Erden, welche 50 und 80 Proc. kohlensauren Kalk und beilaͤufig
                              ein Fuͤnftel ihres Volumens guten Pferdemist enthielten; in diese pflanzte
                              man im Maͤrz 1834 Ableger von Avignon- und Elsasser-Krapp,
                              wovon man im November desselben Jahres einen Theil der Wurzeln erntete, um
                              Faͤrbeversuche damit anzustellen.
                           Diese Wurzeln, welche sechs Monate in der Erde waren, lieferten beim Faͤrben
                              sehr solide Farben, und ohne daß man zwischen dem Elsasser- und
                              Avignon-Krapp einen Unterschied bemerkte: waͤhrend aͤhnliche
                              Ableger, in das natuͤrliche, nicht kalkhaltige Erdreich, neben dem
                              Avignon-Krapp verpflanzt, nur Krappe lieferten, die beim Faͤrben
                              fluͤchtige Farben gaben.
                           Andererseits pflanzte man Ableger von Krapp in das Palud-Erdreich, das von
                              Avignon bezogen wurde, und welches uͤber 90 Proc. kohlensauren Kalk
                              enthaͤlt. Dieser Boden lieferte Krappe, welche noch etwas solidere Farben
                              gaben, als die in unserem kuͤnstlichen kalkhaltigen Erdreich
                              herangezogenen.
                           Daß die mit diesen Wurzeln erhaltenen Farben nach dem Aviviren etwas weniger lebhaft
                              waren, als die von gutem Avignon-Krapp, muß man ihrem Alter zuschreiben, ein
                              Umstand, der einen sehr großen Einfluß auf die Assimilation des kohlensauren Kalks
                              hat; denn Avignon-Krapp, der z.B. im Palud angebaut wurde, ist viel
                              kalkreicher, oder liefert solidere und lebhaftere Farben, wenn er drei Jahre, als
                              wenn er nur anderthalb Jahre im Boden verweilte, und lezterer gibt wieder
                              solidere Farben, als solcher, der sich nur sechs Monate im Boden befand.
                           Zwischen der Soliditaͤt der Farben, die man mit dem holzigen und fleischigen
                              Theil von Avignon-Wurzeln erhielt, die im Palud angebaut waren und drei Jahre
                              im Boden verweilt hatten, zeigte sich kein merklicher UnterschiedIch muß hier Hrn. Julian in Avignon und Hrn. Schweighaͤuser in Straßburg
                                    meinen Dank abstatten, weil sie durch ihre Kenntnisse in der
                                    Krappfabrikation, durch ihre Wahrheitsliebe und außerordentliche
                                    Gefaͤlligkeit, mich bei diesen Versuchen, so wie bei den in meiner
                                    vorhergehenden Abhandlung mitgetheilten, sehr unterstuͤzt haben. Der
                                    Gefaͤlligkeit des Hrn. Julian verdanke ich diese verschiedenen Krapparten, so wie
                                    das Erdreich der verschiedenen Districte von Avignon, welches ich
                                    fuͤr meine Abhandlung von 1833 einer Analyse unterzogen habe.A. d. O..
                           Aus diesen Versuchen geht hervor, daß das Klima keinen auffallenden Einfluß auf die
                              Assimilation der Kreide im Krapp hat, wenigstens nicht fuͤr das erste Jahr
                              ihres Anbaues, wodurch es sehr wahrscheinlich wird, daß es moͤglich ist ein
                              dem Avignon-Krapp ganz gleiches Product zu erzielen, indem man den Krapp in
                              irgend einem kalkhaltigen Erdreich anbaut; und endlich, daß die Assimilation der
                              Kreide um so groͤßer ist, je kraͤftiger und aͤlter die Wurzeln
                              sind.
                           Rolle der Kreide. – Aeltere und schaͤzbare
                              Beobachtungen des Hrn. Daniel
                                 Koechlin hatten ihn uͤberzeugt, daß man durch die Vereinigung
                              zweier Oxyde mit einem und demselben Farbstoff eine viel haltbarere Farbe
                              erhaͤlt, ohne Zweifel weil die entstehende dreifache Verbindung
                              unaufloͤslicher ist.
                           Dieser Fabrikant drukte auf einen Zeug, worauf bereits Zinnoxyd befestigt war, noch
                              Alaunerde-Mordant und uͤber das Ganze eine Saͤure, um an
                              einigen Stellen die auf dem Zeuge befestigten Mordants wegzuaͤzen; derselbe
                              wurde nach dem Passiren in Kuͤhkoth und Auswaschen, in Krapp gefaͤrbt
                              und dann den damals uͤblich gewesenen Aviviroperationen unterzogen, besonders
                              aber sehr lange auf die Wiese ausgelegt.
                           Er bemerkte zuerst, daß die Saͤure sehr leicht die Alaunerde und ganz schwach
                              das Zinnoxyd wegaͤzte, wenn sich jedes allein auf dem Zeuge befand,
                              waͤhrend an den Stellen, wo Alaunerde und Zinnoxyd verbunden waren, keine
                              aͤhnliche Wirkung Statt fand; so zwar daß die Farbe auf dem Doppelmordant,
                              als der Zeug aus dem Bade kam, eben so intensiv war, als an den Stellen, welche
                              nicht mit Saͤure bedrukt wurden. Ueberdieß zeigte sich nach den
                              Aviviroperationen, daß alle mit Alaunerde und Zinnoxyd impraͤgnirten Stellen
                              viel dunkler und haltbarer gefaͤrbt waren, als die bloß mit einem dieser
                              beiden Mordants gebeizten, so zwar, daß heim Fortsezen der Avivagen bis zur theilweisen
                              Zerstoͤrung dieser lezteren Farben, die vom zusammengesezten Mordant noch
                              dieser zerstoͤrenden Wirkung widerstanden.
                           Hr. Daniel Koechlin fand auch
                              zuerst, daß das mit Indigo und Wau erzielte Fayencegruͤn viel haltbarer und
                              lebhafter wird, wenn man nach dem Faͤrben des Zinnmordants die Stuͤke
                              durch eine Alaunerde-Aufloͤsung nimmt, um einen Doppelmordant zu
                              erzeugen.
                           Die Alaunerde zeigt keine geringere Neigung sich mit dem Eisenoxyd zu verbinden, wenn
                              man z.B. einen mit Alaunerdemordant bedrukten und gereinigten Zeug durch eine
                              schwache Aufloͤsung von schwefelsaurem Eisen nimmt; lezteres wird durch die
                              Verwandtschaft der Alaunerde zum Eisenoxyd zersezt, und diese beiden Oxyde bleiben
                              auf dem Zeuge mit einander verbunden, indem sie beim Faͤrben die gemischten
                              Farben beider liefern, ohne daß deßhalb das Eisen in den weißen Grund einschlagen
                              und dieser sich dann faͤrben wuͤrde.
                           Mehrere andere Oxyde liefern dieselben Resultate.
                           Andererseits geht aus den Versuchen des Hrn. Persoz hervor, daß die Oxyde eine große Neigung
                              haben, sich unter einander zu verbinden.
                           Da endlich die Oxyde und Salze, von denen ich in meiner ersten Abhandlung angab, daß
                              sie die Kreide beim Faͤrben ersezen, alle mit der Alaunerde Verbindungen
                              eingehen koͤnnen; so veranlaßten uns diese Thatsachen zu untersuchen, ob sich
                              bei dem Krappfaͤrben Mit Kreide nicht eine Verbindung von Kalk, Alaunerde und
                              Farbstoff bilden kann, welche durch Vereinigung mit den fetten Koͤrpern bei
                              den Seifenpassagen noch unaufloͤslicher wuͤrde. Wir stellten deßhalb
                              folgende Versuche an:
                           Man nahm eine gewisse Quantitaͤt weißen Zeugs, bedrukte einen Theil desselben
                              mit essigsaurer AlaunerdeMit 4 Pfund Wasser, 1 Pfund Alaun und 1 Pfund essigsaurem Blei bereitet.A. d. O., troknete ihn und reinigte ihn nach Verlauf von drei Tagen im
                              Kuͤhkothbad. Dieser gebeizte Zeug wurde in mehrere Portionen zertheilt, wovon
                              man einen Theil im Krapp faͤrbte, indem man das Bad mit Dampf und zwar bis
                              zum Kochen erhizte. Diese gut gereinigten Zeuge wurden alsdann zum Theil durch die
                              gewoͤhnlichen Avivirpassagen genommen, d.h. durch ein auf 75° C.
                              (60° R.) erhiztes Bad von weißer Seife und von da durch Wasser, welches mit
                              Salpetersaͤure schwach angesaͤuert und ebenfalls auf 75° C.
                              erhizt war; hierauf endlich noch durch ein Seifenbad von derselben Temperatur und nach diesem gut
                              gereinigt. Jede Passage dauerte eine Stunde.
                           Man bezeichnete alsdann jedes Muster folgender Maßen:
                           A weißer Baumwollzeug.
                           B gebeizter und gereinigter Baumwollzeug.
                           C gebeizter Zeug, mit wenig kalkhaltigem
                              Elsasser-Krapp in destillirtem Wasser gefaͤrbt (er lieferte eine
                              dunkelbraune Nuͤance).
                           D mit Elsasser-Krapp wie C gefaͤrbter Zeug, der dann auf oben angegebene Weise avivirt wurde
                              (helle und schmuzige ziegelrothe Nuͤance).
                           E gebeizter, mit Avignon-Krapp vom Palud und in
                              destillirtem Wasser gefaͤrbter Zeug (dunkelbraune Nuͤance).
                           F mit Avignon-Krapp wie E gefaͤrbter Zeug, dann auf oben angegebene Weise avivirt
                              (schoͤne lebhaft rothe Nuͤance).
                           G mit Elsasser-Krapp und 1/6 kohlensaurem Kalk
                              gefaͤrbter Zeug dunkelbraune Nuͤance).
                           H mit Elsasser-Krapp und Kreide wie G gefaͤrbter, dann auf oben angegebene Weise
                              avivirter Zeug (schoͤne rothe Nuͤance, aͤhnlich der des
                              Avignon-Krapps).
                           I weißer Zeug, nicht gebeizt, durch Kreidewasser unter
                              denselben Umstaͤnden wie waͤhrend des Faͤrbens genommen, um
                              sich zu uͤberzeugen, ob die Kreide an dem Gewebe haͤngen bleibt.
                           K weißer Zeug, nicht gebeizt, den Avivirpassagen eben so
                              wie die gefaͤrbten Zeuge unterzogen.
                           L gebeizter Zeug, Nicht gefaͤrbt, durch
                              Kreidewasser wie I passirt.
                           M gebeizter Zeug, nicht gefaͤrbt, durch die
                              Avivirpassagen wie K genommen.
                           Man nahm von jedem dieser Muster genau fuͤnfzig Quadratcentimeter, reinigte
                              sie gut durch mechanische Mittel und passirte sie dann alle durch ein mit einem
                              Tausendstel Essigsaͤure angesaͤuertes Wasser, um so viel als
                              moͤglich die ihnen anhaͤngende und nicht damit verbundene Kreide zu
                              beseitigen. Sie wurden nach einander in einer Platinschale eingeaͤschert, bis
                              die organische Substanz ganz verbrannt war. Die daraus erhaltene Asche wurde in
                              Salpetersaͤure aufgeloͤst, dann durch Ammoniak die Alaunerde, die
                              phosphorsauren Salze etc. und hierauf der Kalk mit kleesaurem Ammoniak
                              niedergeschlagen. Die erhaltenen Niederschlaͤge gaben folgende Resultate:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 58, S. 287
                              Kalk; Alaunerde; Gramm
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 58, S. 288
                              Kalk; Alaunerde; Gramm
                              
                           Diese Versuche wurden nochmals wiederholt, um sich von ihrer Genauigkeit zu
                              versichern, gaben aber beinahe ganz die naͤmlichen Resultate. Dieselben
                              liefern einen auffallenden Beweis fuͤr die Richtigkeit unserer Ansicht; denn
                              wir sehen, daß beim Faͤrben unter dem Einfluß von Kreide immer eine gewisse
                              Menge Kalk mit dem Mordant eine Verbindung eingeht und, was noch
                              merkwuͤrdiger ist, durch die Avivagen ein großer Antheil von Alaunerde
                              verschwindet. So oft man naͤmlich mit Krapp eine solide Farbe erhaͤlt,
                              bleibt auf dem Baumwollenzeug eine Verbindung von Kalk mit Alaunerde in
                              stoͤchiometrischem Verhaͤltniß zuruͤk, welche besteht aus:
                           
                              
                                 2 Atomen Alaunerde3 Atomen Kalk
                                 64    × 2 = 128.
                                    Alaunerde35,6 × 3 = 106. Kalk
                                 54,7045,30
                                 
                                    
                                    
                                 100
                                 
                              
                           oder aus 1 Atom Alaunerde und 1 1/2 Atomen Kalk und folglich
                              ein Sesqui-Aluminat von Kalk ist.
                           Wir fanden bei F, als wir mit Avignon-Krapp
                              faͤrbten und avivirten:
                           
                              
                                 AlaunerdeKalk
                                 0,21 = 55,270,17 = 44,73
                                 
                                    
                                    
                                 100
                                 
                              
                           Bei H, als wir mit Elsasser-Krapp und Kreide
                              faͤrbten:
                           
                              
                                 AlaunerdeKalk
                                 0,25 = 55,550,20 = 44,45
                                 
                                    
                                    
                                 100
                                 
                              
                           Dieß ist wohl der uͤberzeugendste Beweis fuͤr die Rolle, welche die
                              Kreide spielt, die nicht bloß zum Zwek hat eine Saͤure zu saͤttigen
                              (was man fruͤher annahm, ohne es durch Versuche nachgewiesen zu haben),
                              sondern die auch mit der Alaunerde eine bestimmte Verbindung eingehen kann und
                              wahrscheinlich auch mit den fetten Koͤrpern und dem Farbstoff.
                           Die Zeuge I und L, welche
                              durch ein Kreidebad genommen wurden, ohne daß sie deßwegen mehr Kalk enthielten als
                              A und B, die durch kein
                              solches Bad kamen, beweisen, daß der in der Asche der gefaͤrbten Zeuge
                              enthaltene Kalk dem Gewebe nicht mechanisch anhingDie Kreide haͤngt den Zeugen so stark an, daß ich einen Augenblik an
                                    der Richtigkeit meiner Beobachtung, daß naͤmlich der Kalk mit
                                    Alaunerde und Farbstoff eine Verbindung eingeht, zu zweifeln veranlaßt
                                    wurde; denn ein Stuͤk weißen Baumwollenzeugs, welches wie I und L mit
                                    Kreidewasser behandelt, dann durch mechanische Mittel gut gereinigt und
                                    einige Zeit in destillirtes Wasser eingeweicht worden war, aber nicht durch
                                    mit Essigsaͤure geschaͤrftes Wasser genommen wurde, lieferte
                                    eine Asche, die fast eben so viel Kalk enthielt, als die mit Zusaz von
                                    Kreide im Krapp gefaͤrbten Muster.A. d. O., sondern
                              vielmehr mit der Alaunerde und dem Farbstoff verbunden war.
                           Wenn man mit Eisenoxyd gebeizte Zeuge in kalkhaltigem Krapp faͤrbt, so
                              verbindet sich ebenfalls Kalk mit dem Mordant und Farbstoff.
                           Ich will bei dieser Gelegenheit auf die Bemerkungen antworten, welche Hr. Robiquet in Bezug auf meine
                              fruͤhere Abhandlung uͤber den Krapp niederschriebPolytechnisches Journal Bd. LV. S.
                                       136.. Obgleich sich meine Behauptungen alle auf Versuche gruͤnden, welche
                              die Praxis bestaͤtigt, so scheut sich Hr. Robiquet doch nicht, dieselben zu verwerfen,
                              ohne auch nur einen einzigen meiner Versuche wiederholt zu haben.
                           Zuerst befaßt er sich mit der Frage uͤber den Anbau des Krapps und sagt
                              uͤber meine Folgerungen hinsichtlich dieses Gegenstandes, „daß sie
                                 unter der industriellen Classe derjenigen Departements, welche
                                 hauptsaͤchlich dem Anbau und der Verarbeitung des Krapps ihren Wohlstand
                                 verdanken, eine große Bestuͤrzung hervorbringen
                                 koͤnnten.“ Nun frage ich aber, wie Untersuchungen, wodurch
                              bloß der chemische Unterschied der verschiedenen Krappsorten ausgemittelt werden
                              soll, dem landwirthschaftlichen und industriellen Interesse eines Landes so
                              nachtheilig seyn koͤnnen, wenn sie nur die von Hausmann vor vierzig Jahren beobachteten und bekannt gemachten Thatsachen
                              einiger Maßen aufklaͤren, durch welche leztere sich schon die
                              Moͤglichkeit voraussehen ließ, den Anbau dieser wichtigen Wurzel zu
                              vergroͤßern oder wenigstens zu verbessern, was durch unsere Versuche
                              bestaͤtigt wird.
                           Wir begreifen ferner nicht, welcher Verlust fuͤr Frankreich daraus
                              hervorginge, wenn der Krapp mehr angebaut wuͤrde und wenn z.B. die Champagne
                              ihr ausgedehntes kalkhaltiges Erdreich, welches gegenwaͤrtig zum Theil noch
                              unangebaut ist, benuzen wuͤrde, um dem Handel ein so gesuchtes und so
                              nothwendiges landwirthschaftliches Product zu liefern, welches schon oͤfters
                              in Folge unguͤnstigen Witterung oder durch den Speculationsgeist auf den
                              doppelten Preis stiegIn Folge meiner Untersuchungen hat die landwirthschaftliche Gesellschaft des
                                    Dept. de l'Aube so eben in ihrem Bulletin No. 53 eine Einladung an alle Oekonomen
                                    dieses Departements ergehen lassen, den Anbau der Krappwurzeln darin
                                    einzufuͤhren. Sie hat zugleich drei ihrer Mitglieder beauftragt, in
                                    diesem Jahre die ersten Versuche mit dem Anbau in kalkhaltigem Boden
                                    anzustellen.A. d. O..
                           
                           Hr. Kuhlmann aͤußerte
                              sich in einer seiner lezten AbhandlungenPolytechnisches Journal Bd. LII. S.
                                       137. folgender Maßen: „Man sieht mit Bedauern, daß zahlreiche
                                 Untersuchungen, welche uͤber die Faͤrbematerialien angestellt
                                 wurden, zwar schaͤzbare Resultate uͤber einige dieser Substanzen
                                 lieferten, aber bis jezt nur wenige Abaͤnderungen in den
                                 Faͤrbeoperationen hervorriefen und daß die Ergebnisse dieser
                                 Untersuchungen bloß als merkwuͤrdige Thatsachen in den
                                 Lehrbuͤchern der Chemie aufgefuͤhrt sind, waͤhrend ihr
                                 Einfluß auf die praktischen Verfahrungsarten nur noch sehr gering
                                 war.“
                              
                           Hr. Robiquet antwortet auf
                              diese Bemerkung des Hrn. Kuhlmann, daß das Schiksal dieser Verbesserungen ganz und gar von dem guten Willen der Fabrikanten
                              abhaͤngt und kann sich nicht enthalten zu erwaͤhnen, daß man z.B. in
                              dem Krapp durchaus nicht die Existenz des Alizarins und Purpurins annehmen wollte,
                              welche Substanzen er mit Hrn. Colin entdekte. Er fuͤgt spaͤter noch bei, daß man in
                              Folge dieses Conflicts in der Kenntniß der Krappwurzel eher zuruͤk-
                              als vorschritt.
                           Wir wollen nun fuͤr einen Augenblik Hrn. Robiquet zugeben, daß er mit Recht den
                              Fabrikanten im Allgemeinen solche Vorwuͤrfe macht, und eben so vertrauensvoll
                              die Existenz des Purpurins und Alizarins im Krapp annehmen; dann wollen wir kraft
                              einer der Eigenschaften, welche diese Substanzen besizen muͤssen, den Einfluß
                              des Kalks, der Kreide und des kalkhaltigen Wassers, welche in seinem Laboratorium
                              jedes Faͤrben unmoͤglich machten, als Taͤuschung
                              betrachten.
                           Als Fabrikanten, die begierig sind Entdekungen zu pruͤfen, welche unseren
                              Industriezweig vervollkommnen koͤnnen, wollen wir von denjenigen eine
                              Anwendung wachen, welche man Hrn. Robiquet's Arbeiten verdankt, und dieser Gelehrte wird dann zuerst
                              uns zugeben, daß weder sein Purpurin noch sein Alizarin den Krapp ersezen
                              koͤnnen; die erstere dieser Substanzen liefert uns ganz andere Resultate als
                              der Krapp, denn selbst bei einem Zusaz von Kreide gibt sie keine haltbaren Farben;
                              und was das Alizarin betrifft, so macht es seine Bereitungsart unmoͤglich,
                              dasselbe im Großen anzuwenden. Es bleiben uns also bloß noch die schwefelsaure Kohle
                              und die Krappblumen des Hrn. Robiquet uͤbrig, die wir, mit der Vorsicht bloß reines Wasser
                              zu gebrauchen, nun anwenden wollen.
                           Die Farben werden, wie sie aus dem Faͤrbebad kommen, sehr satt und der weiße
                              Grund wird wenig eingeschlagen seyn; wenn wir aber diese Farben aviviren, werden wir
                              finden, daß sie die gebraͤuchliche Avivirmethode nicht vertragen und daß bei dieser Operation
                              die Farben zum Theil verschwinden. Man braucht nun zwar dem Farbebade bloß ein wenig
                              Kreide zuzusezen, um sehr solide Farben zu erhalten: dabei geht aber sehr viel
                              Farbstoff verloren.
                           Hr. Lagier, Robiquet's Associé, will
                              neuerdings ihr Extract – das Resultat achtjaͤhriger Versuche –
                              in den Handel bringen, und zwar bloß zum Faͤrben von Tuͤrkischroth mit
                              schwachen Avivagen, indem die Farbe den gewoͤhnlichen Avivirpassagen nicht
                              widerstehen wurde. Dasselbe Product, welches nach ihrem eigenen Gestaͤndniß
                              nicht zum Faͤrben von Weißboͤden angewandt werden kann, weil die damit
                              erhaltenen Farben die Avivagen nicht aushalten, gibt hingegen mit einem Zusaz von
                              Kreide schoͤne solide Farben.
                           Wenn Hrn. Robiquet's
                              Entdekungen von den Fabrikanten haͤtten benuzt werden koͤnnen, so
                              waͤre seine im Jahre 1832 mit so vielem Pomp angekuͤndigte
                              AlizarinfabrikPolytechn. Journal Bd. XLVI. S.
                                       123. auch nicht mehr auf bloßes Probiren beschraͤnkt.
                           Hr. Robiquet sagt in seiner
                              Kritik ferner: „Je mehr man sich der Reinheit des Farbstoffs
                                 naͤhert, desto schwieriger wird es, mit gewoͤhnlichem Wasser zu
                                 faͤrben, und weit entfernt, Kreide zum Faͤrben anwenden zu
                                 muͤssen, muß man im Gegentheil kalkhaltiges Wasser immer mehr vermeiden,
                                 so zwar, daß man mit dein Alizarin selbst nur in vollkommen reinem Wasser
                                 faͤrben kann!“
                              
                           Unsere Versuche haben jedoch in keiner Hinsicht die Eigenschaften, welche dieser
                              Chemiker dem Farbstoff des Krapps zuschreiben moͤchte, bestaͤtigt. Wir
                              haben schon gesagt, daß das Extract, oder die Krappblume der HH. Lagier und Robiquet nur bei einem Zusaz von Kreide solide
                              Farben liefert. Dasselbe ist der Fall bei dem Krappextract des Hrn. Persoz, welches nach einem zum
                              Ausziehen aller Farbmaterialien anwendbaren Verfahren erhalten wird.
                           Das Extract von Elsasser-Krapp, wovon Hr. Ritzinger in Barr der Industriegesellschaft ein
                              Muster eingeschikt hatte, gab zwanzig Mal mehr Farbstoff ab, als sein gleiches
                              Gewicht Krapp und die Farbe war nach dem Aviviren truͤb; mit seinem gleichen
                              Gewicht kohlensauren Kalks versezt, war es hingegen fuͤnfzig Mal ergiebiger,
                              als Krapppulver, und lieferte dann eben so schoͤne und solide Farben wie der
                              beste Avignon-Krapp.
                           Das Purpurin bietet beim Faͤrben gar keine Schwierigkeiten dar, wenn man es
                              mit seinem gleichen Gewicht Kreide versezt; die Farben widerstehen aber den Avivagen
                              deßwegen doch nicht besser.
                           Wenn man das sublimirte Alizarin, welches nach Hrn. Robiquet
                              den Farbstoff des Krapps
                              in seinem reinsten Zustande darstellt, mit seinem gleichen Gewicht Kreide versezt,
                              so erhaͤlt man eine Farbe, die ein wenig dunkler oder ein wenig besser ist,
                              als ohne diesen Zusaz. Indessen muͤssen wir hier zur Steuer der Wahrheit
                              sagen, daß wir mit Alizarin und destillirtem Wasser wirklich Muster faͤrbten,
                              deren Farben eben so solid wie die von Avignon-Krapp waren: wir
                              muͤssen aber auch bemerken, daß dieses Alizarin ohne Vergleich weniger
                              ergiebig war. als einige andere Krappproducte, wie z.B. das Krappextract Dandrillon's, welches man mit
                              Essigsaͤure erhaͤlt; lezteres faͤrbt beinahe doppelt so stark
                              als Alizarin. Diese Thatsache, nebst einigen anderen, worauf wir bei einer anderen
                              Gelegenheit zuruͤk kommen wollen, macht es etwas zweifelhaft, ob das Alizarin
                              und Purpurin wirklich naͤhere Bestandtheile des Krapps sind.
                           Die Frage, ob das Alizarin und Purpurin in der That Bestandtheile des Krapps sind,
                              interessirt uns fuͤr diesen Augenblik nicht; fuͤr Fabrikanten ist die
                              Hauptsache, auf praktische Resultate zu kommen, und die Erfahrung lehrt, daß man mit
                              Elsasser-Krapp bei Anwendung von destillirtem Wasser Farben erhaͤlt,
                              die wenig oder gar nicht solid sind, waͤhrend man mit der gleichen Menge
                              dieses Krapps, wenn man dem destillirten Wasser noch Kreide zusezt, Farben erzielt,
                              die nichts zu wuͤnschen uͤbrig lassen. Die Quantitaͤt Kreide,
                              welche man dem Elsasser-Krapp zusezen muß, um ihm die Eigenschaften des
                              Avignon-Krapps zu ertheilen, ist viel groͤßer als die
                              urspruͤnglich in lezterem enthaltene. Daruͤber darf man sich aber
                              nicht wundern, weil die Umstaͤnde nicht dieselben sind; die gesiebte Kreide
                              ist nicht in so fein zertheiltem Zustande, wie die im Krapp enthaltene, und kommt
                              auch nicht in so innige Beruͤhrung mit demselben. Ueberdieß habe ich in
                              meiner ersten Abhandlung gezeigt, daß die freie Saͤure des
                              Elsasser-Krapps eine gewisse Menge Kreide neutralisirt, welche daher auch
                              nichts mehr zur Befestigung des Farbstoffs beitraͤgt.
                           Um die Wirkung der Kreide beim Faͤrben zu erklaͤren, sagt Hr. Robiquet, daß wenn man mit
                              Elsasser-Krapp ohne Kreide faͤrbt, die freie Saͤure nicht
                              gesaͤttigt wird und sich daher bloß das Purpurin mit dem Mordant verbinden
                              kann, das Alizarin aber in dem Faͤrbebade zuruͤk bleibt, indem nach
                              diesem Gelehrten bloß das erstere in sauren Fluͤssigkeiten aufloͤslich
                              ist. Er fuͤgt bei, daß das Gegentheil mit Avignon-Krapp Statt findet,
                              welcher schon Kreide enthaͤlt, und eben so mit Elsasser-Krapp, dessen
                              Saͤure man durch Kreide neutralisirt hat und dessen aufgeloͤstes
                              Alizarin sich gaͤnzlich mit dem Mordant verbinden wird.
                           
                           Um diese Behauptung zu pruͤfen, nahmen wir gleiche Gewichte Elsasser-
                              und Avignon-Krapp zum Faͤrben gleicher Flaͤchen gebeizten
                              Zeuges in destillirtem Wasser. Nach dem Faͤrben behandelten wir die beiden
                              Ruͤkstaͤnde mit Alkohol, bis dieser nichts mehr daraus
                              aufloͤste, um das Alizarin auszuziehen, welches der Elsasser-Krapp
                              noch enthalten mußte, und um zu sehen, ob im Avignon-Krapp keines
                              zuruͤk blieb. Wir erhielten von beiden Krapparten ein gleiches Gewicht
                              Extracte, welche unter den von Hrn. Robiquet angegebenen Umstaͤnden erhizt, uns keine Spur von
                              Alizarin lieferten.
                           Bei dieser neuen Theorie zeigt sich auch ein auffallender Widerspruch unter den
                              Eigenschaften, welche Hr. Robiquet seinem Alizarin zuschreibt. Gegenwaͤrtig behauptet
                              er, daß die freie Saͤure des Elsasser-Krapps die Aufloͤsung des
                              Alizarins in dem Wasser, welches man zum Faͤrben anwendet, verhindern muß,
                              waͤhrend er doch im Jahre 1827 dieses Alizarin aus der ersten mit Wasser
                              bereiteten Infusion des Elsasser-KrappsPolytechn. Journal Bd. XXIV. S.
                                       530. erhielt.
                           Wir fragen dann, warum man, wenn Elsasser- und Avignon-Krapp geradezu
                              mit Alkohol von 25° Cartier erschoͤpft, die Infusionen zum Theil
                              abgedampft und dann mit destillirtem Wasser verduͤnnt werden,
                              Fluͤssigkeiten erhaͤlt, die beim Faͤrben gebeizter Zeuge nur
                              truͤbe Farben von geringer Haltbarkeit liefern, wobei sich noch dazu ein sehr
                              geringer Unterschied zwischen diesen beiden Krapparten zeigt. Hier widersezte sich
                              doch nichts der Aufloͤsung des Alizarins!
                           Ferner zeigt sich kein Unterschied in der Intensitaͤt der mit
                              Elsasser-Krapp gefaͤrbten Farben, man mag ihn mit Kreide versezt haben
                              oder nicht, waͤhrend doch nach der Theorie des Hrn. Robiquet dieser Zusaz sowohl die
                              Aufloͤsung und Befestigung des Alizarins als die des Purpurins gestattet, so
                              daß man durch die Vereinigung dieser beiden Koͤrper mit dem Mordant dunklere
                              Farben erhalten muͤßte, als wenn sich bloß das Purpurin mit dem Zeuge
                              verbindet.
                           Behandelt man endlich den Avignon-Krapp, welcher an und fuͤr sich solid
                              faͤrbt, mit einer Saͤure, so entzieht ihm diese die Kreide, nebst den
                              in der Kaͤlte aufloͤslichen Substanzen, vielleicht auch ein wenig
                              Purpurin, weil es in den Saͤuren sich aufloͤsen sollte; das Alizarin
                              muß aber vollstaͤndig mit der Pflanzenfaser zuruͤk bleiben. Nenn man
                              jedoch den so erschoͤpften Krapp sorgfaͤltig auswascht und nachdem das
                              Aussuͤßwasser ganz neutral ist, mittelst destillirten Wassers faͤrbt,
                              so erhaͤlt man Farben, die das Aviviren nicht vertragen, waͤhrend man
                              im Gegentheil, wenn dem so behandelten Krapp die ihm entzogene Kreide wieder zugesezt wird, und selbst
                              in schwachem Ueberschuß, vollkommen solide und schoͤne Farben
                              erhaͤlt.
                           Jener Theorie des Hrn. Robiquet
                              stellen wir auch noch unsere im Eingange dieser Abhandlung erwaͤhnten
                              Versuche entgegen, nach welchen die nuͤzliche Wirkung der Kreide darin
                              besteht, daß sich auf dem Zeuge eine Verbindung von Kalk mit Alaunerde und Farbstoff
                              bildet.Wir haben S. 292 einen Versuch angefuͤhrt, wonach man mit Alizarin
                                    selbst ohne Beihuͤlfe von Kreide solid faͤrben kann, daher
                                    dieses Salz zur Erzielung solider Farben nicht immer unumgaͤnglich
                                    noͤthig ist. Deßwegen ist es aber nicht weniger wahr, daß beim
                                    Faͤrben mit Kreide die Kalkerde mit dem gefaͤrbten Lak eine
                                    Verbindung eingeht und gerade dadurch solide Farben erzeugt. – Um
                                    eine genuͤgende Erklaͤrung dieser Thatsachen zu erhalten,
                                    haben wir bereits eine neue Reihe von Versuchen begonnen.A. d. O.
                              
                           Hr. Robiquet sagt, daß sich
                              seine Theorie uͤber das Krappfaͤrben auf genaue Versuche
                              gruͤndet, die er in Gegenwart mehrerer Mitglieder der Akademie anstellte;
                              wenn er uns aber nur die freie Saͤure, welche die Kreide neutralisirt, oder
                              die Substanz, die diese Saͤure waͤhrend des Faͤrbens entwikelt,
                              kennen gelehrt haͤtte.
                           Man muß sich wirklich wundern, daß die verschiedenen Tatsachen, welche ich in meiner
                              ersten Abhandlung (S. 212, Bd. LII.) angab, Hrn. Robiquet nicht uͤberzeugen konnten, daß
                              die Eigenschaft des kohlensauren Kalks, die Farben solid zu machen, nicht die Folge
                              der Neutralisation einer Saͤure seyn kann.
                           Nun werde ich Hrn. Robiquet
                              wohl auch fragen duͤrfen, warum der reine Kalk, der neutrale phosphorsaure
                              Kalk, die kohlensaure Bittererde, das Bleioxydhydrat, Zinkoxyd, Manganoxydul etc.,
                              den Farbstoff des Krapps eben so gut wie die Kreide solid machen, und warum andere
                              Oxyde und Salze, welche nicht weniger kraͤftige Salzbasen sind, diese
                              Eigenschaft nicht besizen? Unter leztere gehoͤren aͤzendes und
                              kohlensaures Kali und Natron, kohlensaurer Baryt, Alaunerdehydrat, Kupferoxydhydrat,
                              Nikel- und Wismuthoxyd etc.
                           Andererseits muͤßte nach Robiquet's Theorie Elsasser-Krapp, welcher mit reinem Wasser
                              ausgewaschen wurde, das ihm seine freie Saͤure mit allen aufloͤslichen
                              Bestandtheilen entzieht, beim Faͤrben sein Alizarin an den Mordant eben so
                              gut abgeben, wie Avignon-Krapp; man erhaͤlt mit solchem ausgewaschenem
                              Elsasser-Krapp aber auch nur fluͤchtige Farben, waͤhrend er bei
                              einem Zusaz von Kreide, die nun doch keine freie Saͤure mehr vorfindet, die
                              solidesten und nach dem Aviviren lebhaftesten Farben liefert. (Man vergl. S. 196
                              meiner ersten Abhandlung.)
                           Wenn Hr. Robiquet meine
                              Abhandlung aufmerksamer gelesen haͤtte, so wuͤrde er nicht gesagt
                              haben, „daß nach meinen Versuchen die Kreide sehr schwierig durch reinen Kalk,
                                 kohlensaures Kali und Natron etc. zu ersezen ist.“ Ich habe im
                              Gegentheil gesagt, daß kohlensaures Kali und Natron nicht die Eigenschaft haben, die
                              Kreide zu ersezen, waͤhrend Aezkali in geeignetem Verhaͤltnisse sie
                              gut ersezt. Daß der reine Kalk mit Vorsicht angewandt werden muß, kann man zum Theil
                              seinem kleinen Atomgewichte und seiner aufloͤsenden Wirkung auf die Alaunerde
                              zuschreiben, wenn er im Verhaͤltnisse zu dieser Basis in einem gewissen
                              Ueberschuß vorhanden ist. Sezt man von ihm nur so viel zu, als zur Neutralisation
                              der freien Saͤure des Krapps erforderlich ist, so erhaͤlt man keine
                              solide Farbe, und wendet man hingegen einen geringen Ueberschuß an, so loͤst
                              er die mit dem Zeuge verbundene Alaunerde auf und verhindert das Faͤrben.
                           Hr. Robiquet sagt ferner:
                              „bei einigem Nachdenken sieht man leicht ein, warum die Kreide, in
                                 Ueberschuß angewandt, nicht schaͤdlich wirken kann, indem sie
                                 unaufloͤslich ist.“ Er haͤtte aber aus dem S. 212
                              meiner Abhandlung angegebenen Versuche schließen koͤnnen, daß dieses Salz ein
                              wenig aufloͤslich ist. Ich hatte uͤberdieß gezeigt, daß klares
                              Kalkwasser, obgleich es als aufloͤslicher Koͤrper wirkt, die Kreide
                              ersezt, waͤhrend der ganz unaufloͤsliche kohlensaure Baryt, oder das
                              aufloͤsliche kohlensaure Kali die Farben nicht haltbarer machen. Man kann
                              folglich eine mehr oder weniger nachtheilige Wirkung dieser Substanzen weder ihrer
                              Unaufloͤslichkeit noch ihrer Aufloͤslichkeit zuschreiben.
                           Der Saͤure des Elsasser-Krapps schreibt Hr. Robiquet auch die Eigenschaft zu,
                              waͤhrend des Faͤrbens die auf dem Zeuge befestigten Mordants
                              aufzuloͤsen; dieß ist fuͤr uns eine ganz neue Thatsache, welche wir
                              nie, weder in den Fabriken, noch bei unseren zahlreichen Versuchen uͤber den
                              Krapp zu beobachten Gelegenheit hatten.
                           Wir waͤren sehr geneigt, Hrn. Robiquet zuzugeben, daß nur das Purpurin schoͤne Krapplake
                              erzeugen kann und daß der Elsasser-Krapp wegen der großen Menge, die er von
                              diesem Farbstoff enthaͤlt, zur Lakbereitung dem Avignon-Krapp
                              vorzuziehen ist, welcher leztere nach jenem Chemiker viel Alizarin enthaͤlt
                              und nur schlechte Lake liefert; endlich auch, daß die Soliditaͤt dieser Lake
                              nur dem Oehl zuzuschreiben ist, welches man zum Mahlen anwendet; wenn nicht
                              ausgezeichnete Fabrikanten, wie die HH. Schweighaͤuser in Straßburg und J. Zuber in Rixheim, welche taͤglich Producte dieser Art bereiten, die
                              nichts zu wuͤnschen uͤbrig lassen, behaupten wuͤrden, daß sie
                              mit beiden Krapparten auf dieselbe Art und in derselben Quantitaͤt
                              schoͤne Lake erhalten, die in beiden Faͤllen sehr solid sind, ohne daß
                              man ihnen die geringste Spur Oehl zusezt, das zu ihrer Haltbarkeit gar nichts
                              beitraͤgt.
                           
                           Hr. Robiquet fragt, ob es
                              wirklich wahr seyn sollte, daß ein guter Elsasser-Krapp bei einem geeigneten
                              Zusaz von Kreide dieselben Resultate liefert, wie der beste Avignon-Krapp?
                              Dieser Chemiker haͤtte, ehe er eine solche Frage aufwarf, sich aber wohl
                              einmal die Muͤhe nehmen koͤnnen, einen eben so einfachen als leichten
                              Versuch zu wiederholen; er wuͤrde dann gefunden haben, daß beide Krapp arten
                              die lebhaftesten Farben liefern, ohne daß sich ein Unterschied wahrnehmen
                              laͤßt. Wir muͤssen ihm uͤberdieß bemerken, daß man sich noch
                              vor fuͤnfundzwanzig Jahren im Departement des Oberrheins fast ausschließlich
                              des Elsasser-Krapps bediente, und daß er damals – Dank sey Hausmann's Entdekung – eben
                              so schoͤne und solide Farben lieferte, als man spaͤter mit
                              Avignon-Krapp erhielt. Daß man den Elsasser-Krapp großen Theils
                              aufgab, ist hauptsaͤchlich dem Unterschiede des Preises zuzuschreiben; der
                              Elsasser-Krapp ist in der Regel theurer, indem er bei weitem nicht so
                              haͤufig angebaut wird; und dann wird ein großer Theil Elsasser-Krapp
                              auch fuͤr gewisse Indiennen-Artikel verbraucht, wobei der kalkhaltige
                              Avignon-Krapp nicht dieselben Resultate geben wuͤrde.
                           Hr. Robiquet will endlich auch
                              noch dem Bittererdesalze, welches der Kalk enthalten muß, einen unguͤnstigen
                              Einfluß zuschreiben, welcher durch den Zusaz von Kreide vernichtet werden muß. Ich
                              kann ihm in dieser Hinsicht nur dieselben Thatsachen entgegenstellen, die ich gegen
                              Bartholdi's Theorie
                              anfuͤhrte und die ihm entgangen zu seyn scheinen. Unsere Krappe enthalten nur
                              Spuren von Bittererde, und uͤberdieß habe ich auch Avignon-Krapp mit
                              dem zwoͤlften Theile seines Gewichtes schwefelsaurer Bittererde versezt, und
                              dessen ungeachtet eben so intensive und solide Farben erhalten, wie ohne Anwendung
                              dieses Salzes. Ich habe endlich in meiner ersten Abhandlung angegeben, daß die
                              kohlensaure Bittererde sogar die Kreide zu ersezen vermag, indem sie mit
                              Elsasser-Krapp eben so schoͤne Farben liefert. Ein Bittererdegehalt
                              des Krapps kann also keineswegs so nachtheilig seyn, wie Hr. Robiquet glaubt.
                           Ich erinnere zum Schlusse auch noch an eine in meiner ersten Abhandlung angegebene
                              Beobachtung: daß man naͤmlich mit Elsasser-Krapp ohne Zusaz von Kreide
                              auch kein solides Tuͤrkischroth faͤrben kann, und daß folglich die
                              Meinung Robiquet's, daß
                              naͤmlich das Oehl das Purpurin befestigt, ungegruͤndet ist, denn nur
                              die Kreide macht, wie beim gewoͤhnlichen Faͤrben, so auch beim Krappen
                              des Tuͤrkischroths, den Farbstoff solid.