| Titel: | Beschreibung eines, Physionotype genannten Apparates, womit man in jedem Augenblike eine vollkommen genaue Copie von lebenden Subjecten sowohl, als von Büsten nehmen kann, und worauf sich Richard Rettfort, Gentleman in Tavistock Hotel, Covent-Garden, Grafschaft Middlesex, in Folge einer von einem Fremden erhaltenen Mittheilung am 18. December 1834 ein Patent ertheilen ließ. | 
| Fundstelle: | Band 58, Jahrgang 1835, Nr. LXILX., S. 384 | 
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                        LXILX.
                        Beschreibung eines, Physionotype genannten
                           Apparates, womit man in jedem Augenblike eine vollkommen genaue Copie von lebenden
                           Subjecten sowohl, als von Buͤsten nehmen kann, und worauf sich Richard Rettfort, Gentleman
                           in Tavistock Hotel, Covent-Garden, Grafschaft Middlesex, in Folge einer von einem
                           Fremden erhaltenen Mittheilung am 18. December
                              1834 ein Patent ertheilen ließ.Wir haben zwar schon im Polytechnischen Journale Band LVI. S. 17 ziemlich
                                 ausfuͤhrliche Nachricht uͤber den Physionotype, der die Erfindung
                                 des Franzosen Sauvage ist, gegeben; allein, da die Beschreibung, welche das
                                 Journal des connaissances usuelles von dem
                                 Mechanismus dieses Instrumentes gab, nicht ganz correct ist, so sehen wir uns
                                 veranlaßt hier auch noch die englische Patenterklaͤrung sammt
                                 beigefuͤgtem Kupfer mitzutheilen.A. d. R.
                           
                        Aus dem London Journal of Arts. Julius 1835, S.
                              288.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Rettfort's Physionotype.
                        
                     
                        
                           Die gegenwaͤrtigem Patente zum Grunde liegende Erfindung beruht auf dem Baue
                              und auf der Anwendung eines Apparates, womit man zu jeder Zeit schnell einen genauen
                              Abdruk lebender Wesen oder auch lebloser Gegenstaͤnde nehmen kann, um sich
                              eine dem Originale vollkommen aͤhnliche Maske, oder eine Buͤste, oder
                              ein Modell oder ein Basrelief zu verschaffen. Der ganze Apparat befindet sich in
                              einem Gehaͤuse, welches die Form einer hohlen cylindrischen Trommel oder
                              irgend eine andere Gestalt haben kann, und welches mit zwei Scheidewaͤnden
                              aus Metall versehen ist. Diese beiden Metallplatten, welche parallel mit einander
                              stehen muͤssen, sind mit einer zahllosen Menge kleiner Loͤcher, die so
                              dicht als moͤglich an einander liegen, und genau mit einander correspondiren,
                              versehen. In alle diese
                              Loͤcher werden feine gerade Metalldraͤhte, die wie Nadeln aussehen,
                              saͤmmtlich von gleicher Laͤnge und laͤnger als die Trommel
                              sind, so eingesezt, daß deren Enden genau zusammenfallen, und an dem aͤußeren
                              Ende gleichsam wie eine Buͤrste aussehen. Die Nadeln muͤssen sich frei
                              in den Loͤchern der beiden parallelen Metallplatten schieben, und werden
                              durch eine bewegliche flache Platte, die sich an dem hinteren Theile der Trommel
                              befindet, in gleiche Stellung gebracht.
                           Will man sich des Instrumentes bedienen, so wird das Gehaͤuse an
                              Schnuͤren so aufgehaͤngt, daß die Draͤhte oder Nadeln
                              horizontal gerichtet sind, und die flache bewegliche Platte hinter den hinteren
                              Enden der Draͤhte entfernt, so daß nun jeder leichte Druk, wie z.B. der Druk
                              mit dem Gesichte gegen die vorderen Drahtenden, hinreicht, um die Draͤhte so
                              zuruͤk zu draͤngen, daß ein den Umrissen des Gesichtes oder sonstigen
                              Gegenstandes entsprechender Eindruk zum Vorscheine kommt.
                           Um die Draͤhte in der Stellung, in welche sie durch diese Operation gerathen
                              sind, zu erhalten, wird Talg, Wachs oder irgend eine andere derlei Substanz in
                              geschmolzenem Zustande in den zwischen den beiden durchloͤcherten Platten
                              befindlichen Raum gegossen, so daß sowohl dieser, als die Zwischenraͤume
                              zwischen den Nadeln dadurch ausgefuͤllt werden. Der Talg oder das Wachs
                              werden, wenn sie erkaltet sind, saͤmmtliche Draͤhte fest in der
                              Stellung, in welche sie geriethen, erhalten; und der auf diese Weise in der vorderen
                              Flaͤche erzeugte Eindruk wird als Model dienen, aus welchem man die Maske,
                              Buͤste oder das Relief des Gegenstandes, womit man es zu thun hatte, mit Gyps
                              oder irgend einer anderen plastischen Substanz gießen kann. Um die Draͤhte
                              wieder beweglich zu machen, braucht man nur heißes Wasser in das aͤußere, die
                              Trommel umgebende Gehaͤuse zu gießen; denn dadurch wird der Talg oder das
                              Wachs so erweicht werden, daß sich die Draͤhte wieder vollkommen frei hin und
                              her bewegen koͤnnen.
                           Zu groͤßerer Deutlichkeit ist der Apparat auf Taf.
                                 V. in mehreren Figuren abgebildet. Fig. 29 gibt eine
                              perspectivische Ansicht des Instrumentes in vollkommenem Zustande horizontal an
                              einer Schnur aufgehaͤngt mit vorne herausragenden Draͤhten, in welcher
                              Stellung man den Abdruk nehmen kann. Fig. 30 ist ein
                              geometrischer Fronteaufriß desselben; Fig. 31 zeigt es von der
                              Seite und Fig.
                                 32 gibt einen senkrecht genommenen Querdurchschnitt. a, a ist das Gehaͤuse oder die Trommel mit den
                              metallenen Scheidewaͤnden b und c, die, wie oben erwaͤhnt worden, in der Trommel
                              befestigt und mit einer großen Anzahl kleiner Loͤcher versehen sind. Durch
                              alle diese
                              Loͤcher gehen gerade Draͤhte d, d, die
                              saͤmmtlich von gleicher Laͤnge sind, und welche uͤber beide
                              Platten hinausragen; die durch die vordere Platte c
                              hinausragenden Enden sind zur Aufnahme der Eindruͤke des abzubildenden
                              Objectes bestimmt. Das Innere der Trommel wird durch die kurze Roͤhre oder
                              durch den Hahn e mit Talg, Wachs oder einem anderen
                              derlei Materiale ausgefuͤllt. Das aͤußere Gehaͤuse f, f wird bei g durch einen
                              trichterfoͤrmigen Hahn mit heißem oder kaltem Wasser, welches bei h wieder abgelassen werden kann, versehen.
                           Um die Enden der Draͤhte, die uͤber die Platte c hinausragen, zum Behufe des Abdruͤkens leichter in eine
                              vollkommen ebene Flaͤche bringen zu koͤnnen, reicht die Trommel a noch etwas uͤber die Platte oder Scheidewand
                              b hinaus, und in diesem Theile derselben ist eine
                              bewegliche kreisrunde Platte i angebracht, die genau in
                              das Innere der Trommel paßt, und an deren Ruͤken ein Stiel oder Griff
                              angebracht ist, welcher durch ein in der hinteren Platte befindliches Loch
                              hinausragt. Will man die Drahtenden durch die Platte c
                              vorwaͤrts schieben, so wird der Stiel oder Griff k nach Einwaͤrts gedruͤkt, und die Platte i dadurch gegen die Platte b
                              gedruͤkt; die Folge hievon ist, daß die Draͤhte saͤmmtlich mit
                              einem Mal durch die Platten vorgeschoben werden, und zwar so weit, daß sie eine
                              hinreichende Streke uͤber die Platte c
                              hinausragen. Wenn dann die Platte i wieder in ihre
                              fruͤhere Stellung zuruͤkgezogen worden ist, so ist das Instrument zum
                              Gebrauche fertig.
                           Wenn, nun der in der Trommel befindliche Talg auf die beschriebene Weise mit heißem
                              Wasser fluͤssig gemacht worden ist, so wird der Abdruk oder das Facsimile
                              genommen, indem man die hervorragenden Enden der Metalldraͤhte staͤtig
                              und sorgfaͤltig mit der Oberflaͤche des abzudruͤkenden Objectes
                              in Beruͤhrung bringt, und mit dieser so lange entgegendruͤkt, bis
                              saͤmmtliche Draͤhte an die Oberflaͤche gelangt sind.
                           Den Eindruk, welcher durch das Zuruͤkschieben der Draͤhte bei der
                              Anwendung des Instrumentes auf einen menschlichen Kopf entsteht, ersieht man aus
                              Fig. 12;
                              auf gleiche Weise kann uͤbrigens, wie sich von selbst versteht, auch von
                              jedem anderen Gegenstande ein Abdruk genommen werden.
                           Wenn der Abdruk gemacht ist, so wird das Instrument sachte von dem Originale
                              entfernt, und das warme Wasser aus demselben abgelassen; man laͤßt es dann
                              ruhig stehen, bis der Talg oder das Wachs erhaͤrtet ist, was auch durch
                              Eingießen von kaltem Wasser in das aͤußere Gehaͤuse beschleunigt
                              werden kann. Nach diesem Erhaͤrten kann das Instrument mit Sicherheit
                              umgekehrt werden, so daß
                              die Drahtenden mit dem Abdruke nach Oben gerichtet sind. Aus diesem Abdruke kann man
                              mit Gyps oder irgend einer anderen Substanz eine Maske oder ein vollkommenes
                              Facsimile gießen, welches entweder gleich selbst als Buͤste oder Basrelief
                              dienen kann, oder von welchem sich ein Model nehmen laͤßt, womit man dann
                              eine beliebige Anzahl von Buͤsten etc. verfertigen kann. Will man eine
                              vollstaͤndige Buͤste oder Figur erhalten, so versteht sich von selbst,
                              daß das Instrument in verschiedenen Stellungen an das Object gebracht werden muß, um
                              alle Theile vollkommen abgedruͤkt zu erhalten. Die Haare und alle
                              uͤbrigen Theile. die das Instrument nicht copirt, muͤssen auf die
                              gewoͤhnliche Weise hinterher von dem Kuͤnstler angebracht werden,
                              gleichwie dieß auch bei jener Methode der Fall ist, nach welcher die Bildhauer die
                              Buͤsten von Lebenden zu nehmen pflegen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
