| Titel: | Einiges über Läuterung des Runkelrübensaftes und über ein Verfahren, nach welchem derselbe immer in den zum Versieden geeignetsten Zustand gebracht werden kann. Von Hrn. Pelletan, Professor der Physik. | 
| Fundstelle: | Band 58, Jahrgang 1835, Nr. LXVILXV., S. 417 | 
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                        LXVILXV.
                        Einiges uͤber Laͤuterung des
                           Runkelruͤbensaftes und uͤber ein Verfahren, nach welchem derselbe immer in
                           den zum Versieden geeignetsten Zustand gebracht werden kann. Von Hrn. Pelletan, Professor der
                           Physik.
                        Aus dem Journal des connaissances usuelles. Junius
                              1835, S. 271.
                        Pelletan's Laͤuterung des
                           Runkelruͤbensaftes.
                        
                     
                        
                           Ich hatte in den zwei Jahren, seit denen ich mich mit den verschiedenen auf die
                              Runkelruͤbenzuker-Fabrikation anwendbaren Apparaten
                              beschaͤftige, Gelegenheit die aufgeklaͤrtesten Fabrikanten kennen zu
                              lernen, eine große Anzahl der besten Fabriken zu besuchen, und namentlich mit Sorgfalt jene
                              Fabrikationsmethode zu studiren, welche in der schoͤnen Niederlassung in
                              Boistrancourt von dem eben so thaͤtigen, als gruͤndlich unterrichteten
                              Hrn. J. Casteleyn befolgt
                              wird. Ich habe bei diesem praktischen Studium die Ueberzeugung gewonnen, daß die
                              Hauptschwierigkeiten bei der Laͤuterung und beim Versieden des Syrupes Statt
                              finden.
                           Die Laͤuterung geschieht bekanntlich durch Zusaz von geloͤschtem Kalke,
                              den man dem Safte kurz vor dem Siedepunkte beimengt, worauf man dann noch so lange
                              zu heizen fortfaͤhrt, bis sich das erste Aufsieden beurkundet. Es entsteht
                              dadurch ein mehr oder minder diker Schaum, der auf die Oberflaͤche
                              emporsteigt, waͤhrend sich auf dem Boden ein Niederschlag absezt, so daß die
                              Fluͤssigkeit mehr oder minder klar und gefaͤrbt zuruͤkbleibt.
                              Man haͤlt die Laͤuterung im Allgemeinen fuͤr gelungen: 1) wenn
                              der Schaum consistent ist; 2) wenn sich der Bodensaz rasch und mit Hinterlassung
                              einer klaren Fluͤssigkeit bildet; und 3) wenn diese Fluͤssigkeit nur
                              wenig gefaͤrbt ist.
                           Ungluͤklicher Weise ist die Dosis des anzuwendenden Kalkes je nach der
                              Jahreszeit, je nach der Beschaffenheit des Bodens, auf welchem die Ruͤben
                              gewachsen, je nach der befolgten Aufbewahrungsmethode der Ruͤben, und endlich
                              je nachdem leztere eine lange Zeit uͤber aufbewahrt gewesen, sehr
                              verschieden. Die Quantitaͤt des Kalkes wechselt nach diesen Umstaͤnden
                              selbst von 1/2 bis zu 3 Pfd. per Hektoliter Saft. Wenn
                              der Fabrikant die Laͤuterungen taͤglich und selbst stuͤndlich
                              mit aller Aufmerksamkeit verfolgt, so lassen sich die Schwierigkeiten, die ich
                              sogleich andeuten werde, zwar sehr vermindern; allein alle diese Sorgfalt
                              genuͤgt dennoch sehr oft nicht, weil die gelaͤuterte
                              Fluͤssigkeit sehr klar seyn kann, obschon die Dosis des Kalkes viel zu gering
                              war, und weil eine gute, aber mit einer zu großen Menge Kalk erzielte
                              Laͤuterung bei der weiteren Behandlung die groͤßten Schwierigkeiten
                              bereitet.
                           Wenn der Kalk nicht in hinreichender Menge angewendet worden ist, so faͤrben
                              sich die anfangs sehr schwach gefaͤrbten Fluͤssigleiten
                              waͤhrend des Eindikens sehr schnell, und der Syrup wird klebrig und schwer
                              einzudiken; wurde hingegen Kalk in Ueberschuß zugesezt, so werden die Syrupe zwar
                              nur schwach gefaͤrbt und hellgelb seyn; allein sie werden sich, wenn sie sich
                              dem Concentrationspunkte annaͤhern, beinahe unmoͤglich versieden
                              lassen: man wird sie verbrennen, wenn man sie mit freiem Feuer versiedet, und man
                              wird sie sehr in ihrer Zusammensezung veraͤndern, wenn das Versieden mittelst
                              Dampf geschieht.
                           Die Ursachen dieser beiden Unannehmlichkeiten wurden in lezteren Jahren von mehreren
                              Fabrikanten und Chemikern angedeutet und untersucht. Man zeigte, daß in dem
                              Runkelruͤbensafte eine schleimige, an der Luft sehr leicht
                              veraͤnderliche Substanz enthalten ist, welche sich mit dem Kalke zu verbinden
                              vermag, und in dieser Verbindung niederfaͤllt. Bleibt nach vollbrachter
                              Laͤuterung noch eine bestimmte Menge dieser schleimigen Substanz in dem
                              Ruͤbensafte zuruͤk, so entsteht der erste der beiden oben
                              erwaͤhnten Nachtheile: d.h. die Syrupe faͤrben sich und werden
                              klebrig. Andererseits wurde aber nachgewiesen, daß der in Ueberschuß angewendete
                              Kalk sich mit dem Zuker verbindet, und mit ihm einen wahren zukersauren Kalk bildet,
                              welcher sehr leicht aufloͤslich und unkrystallisirbar ist, und indem er das
                              Wasser mit groͤßter Hartnaͤkigkeit zuruͤkhaͤlt, die
                              Concentration verhindert.
                           Die Fabrikanten besaßen bis jezt nur ein einziges Mittel diesen beiden
                              Mißverhaͤltnissen zu steuern, und dieses besteht in der Anwendung der
                              thierischen Kohle. Diese hoͤchst schaͤzenswerthe Substanz besizt auch
                              in der That nicht bloß die Eigenschaft die Syrupe zu entfaͤrben, sondern sie
                              verschlingt auch den schleimigen Bestandtheil und den in Ueberschuß zugesezten Kalk,
                              welche sie beide an sich haͤlt: die Fabrikanten sagen daher auch, daß die
                              Kohle die Syrupe nicht nur entfaͤrbt, sondern auch entfettet. Hienach
                              erhellt, daß man streng genommen den Ruͤbensaft und die Syrupe nur durch eine
                              hinlaͤngliche Menge thierischer Kohle zu filtriren braucht, um guter
                              Resultate und eines guten Ganges bei der Fabrikation gewiß zu seyn. Dagegen kommt
                              aber zu erwaͤgen, daß die thierische Kohle theuer ist, daß ihr Preis sogar
                              noch taͤglich steigt, und daß die erforderlichen Quantitaͤten
                              außerordentlich groß werden koͤnnen. So sah ich z.B. gleiche Gewichtstheile
                              Kohle anwenden, und dennoch war diese Quantitaͤt noch nicht genuͤgend;
                              es erwuchs hienach in einem Jahre fuͤr 500,000 Pfd. fabricirten
                              Ruͤbenzukers eine Ausgabe von 60,000 Fr., und diese Quantitaͤt
                              haͤtte vielleicht sogar noch verdoppelt werden muͤssen, um stets
                              schoͤne Zuker zu erzielen.
                           Unter so bewandten Umstaͤnden war man natuͤrlich fruͤhzeitig
                              darauf bedacht, den uͤberschuͤssigen Kalk, den der gelaͤuterte
                              Saft allenfalls enthalten koͤnnte, durch ein anderes Mittel zu entfernen zu
                              suchen. Man ermittelte auch wirklich, daß sich der mit dem Kalke in Verbindung
                              getretene Zukerstoff wieder durch eine Saͤure abscheiden laͤßt, und
                              dann wieder in seinem natuͤrlichen Zustande erscheint. Mehrere Fabrikanten
                              wendeten demnach zur Faͤllung des uͤberschuͤssigen Kalkes
                              Alaunaufloͤsung oder mit Wasser verduͤnnte Schwefelsaͤure an,
                              und sezten die eine oder die andere dieser beiden Fluͤssigkeiten dem im
                              Eindampfen oder Versieden begriffenen Syrupe zu, sobald derselbe durch
                              Aufhoͤren des Siedens Zeichen von uͤberschuͤssigem Kalke
                              beurkundete. Allein auch dieses Verfahren hatte seine Nachtheile: denn die Zuker, bei
                              deren Erzeugung dasselbe befolgt worden, waren roth, und durch einen Geruch nach
                              Gerstenzuker oder Caramel leicht zu erkennen: auch eigneten sie sich nicht zur
                              Fabrikation von Candiszuker.
                           Einige gewandte Chemiker schlugen in einer vor der Akademie in Lille vorgetragenen
                              Abhandlung vor, den uͤberschuͤssigen Kalk mit Kohlensaͤure zu
                              faͤllen, obschon sie die Schwierigkeiten, die dieses sehr rationelle
                              Verfahren bei der Ausfuͤhrung darbieten muͤßte, nicht verhehlten. Ich
                              selbst dachte gleichfalls an die Anwendung dieses Mittels, und traf auch wirklich an
                              meinen Apparaten zum Versieden im luftleeren Raume die hiezu erforderlichen
                              Einrichtungen; allein bei genauerer Pruͤfung fand ich, daß diese Methode
                              nicht nur laͤstig, sondern auch unnuͤz ist. Ich fand, daß der
                              Runkelruͤbenzuker, um gehoͤrig zu sieden ohne sich roth zu
                              faͤrben, einen Ueberschuß an Alkali enthalten muͤsse; daß, wenn dieser
                              Ueberschuß nicht groß genug ist, die Zuker roth werden; und daß, wenn die Alkalien
                              in zu großem Ueberschusse vorhanden sind, die Syrupe sich fett sieden und gelbe,
                              feinkoͤrnige Zuker geben. Ich fand diese Resultate durch mehrfache Versuche
                              bewaͤhrt, und eine Erscheinung, welche meinen Versuchen fremd war, kam
                              denselben noch zu Huͤlfe.
                           Der mit heißer Luft arbeitende Apparat des Hrn. Chevalier Brame erzeugt naͤmlich
                              zufaͤllig oͤfter eine vollkommene Saͤttigung des in dem
                              gelaͤuterten Safte enthaltenen Alkali, indem die Kohlensaͤure, welche
                              in den großen Quantitaͤten Luft, die dieser Apparat durch den Saft treibt,
                              enthalten ist, hinreicht, um allen Kalk zu faͤllen. Aus diesem Grunde
                              erhaͤlt man, wie man sich im vorigen Jahre uͤberzeugen konnte, bei
                              Anwendung dieser Vorrichtung auch haͤufig rothe, nach Caramel riechende
                              Zuker. Der Nachtheil hiebei besteht nicht nur darin, daß die Zuker dieser Art einen
                              geringeren Werth haben, sondern die von ihnen herruͤhrenden Syrupe sind auch
                              mager, und sehr schwer zu behandeln, so daß die ersten Producte zwar reich und
                              grobkoͤrnig, die nachfolgenden aber sehr schlecht werden.
                           Es schien mir demnach, daß die Gegenwart einer bestimmten Quantitaͤt Alkali im
                              Syrupe den Zuker vor jener Art von Veraͤnderung, in Folge deren er sich dem
                              Gerstenzuker oder Caramel annaͤhert, bewahrt. Eine andere nicht zu umgehende
                              Bemerkung ist aber auch noch, daß Zuker, die sich wegen Mangel an Alkali in der Hize
                              roth faͤrbten, in der Folge mit thierischer Kohle nur sehr schwer und
                              manchmal gar nicht mehr entfaͤrben lassen.
                           Nachdem solcher Maßen hergestellt war, daß die Runkelruͤbensyrupe, wenn das
                              Versieden gut von Statten gehen und gute Resultate geben soll, einen bestimmten Grad von Alkalitaͤt besizen muͤssen, war nur mehr ein
                              Verfahren auszumitteln, welches bei gehoͤriger Genauigkeit so einfach
                              waͤre, daß es von allen Fabrikanten befolgt werden koͤnnte, und nach
                              welchen man die Syrupe fortwaͤhrend in diesem guͤnstigen Zustande zu
                              erhalten im Staͤnde waͤre. Ein solches Verfahren nun erlaube ich mir
                              anzugeben.
                           Man verschafft sich 1) einen Alkalimeter, welcher zu diesem Zweke eingerichtet ist,
                              und der aus einer in 100 Theile getheilten Roͤhre besteht; 2) eine
                              alkalimetrische Fluͤssigkeit, die man sich bereitet, indem man einen
                              Gewichtstheil kaͤuflicher concentrirter Schwefelsaͤure mit 100 Theilen
                              reinen Wassers verduͤnnt; 3) ein mensurirtes Gefaͤß, womit man die
                              Dosis des Syrupes nehmen kann; 4) ein groͤßeres Gefaͤß, worin man
                              Versuche anstellt; 5) blaues Reagentienpapier, welches durch eine Saͤure sehr
                              schwach geroͤthet worden.
                           Wenn nun diese Gegenstaͤnde vorbereitet, wartet man, bis die Eindikung einer
                              Laͤuterung so weit gediehen ist, daß der Saft an der Syrupwaage 10°
                              andeutet; worauf man das mensurirte Gefaͤß bis zur Marke fuͤllt, und
                              diese Quantitaͤt Syrup in das zum Versuche dienende Gefaͤß gießt. Wenn
                              man dann andererseits die Roͤhre bis auf 0 mit alkalimetrischer
                              Fluͤssigkeit gefuͤllt, so sezt man dem Syrupe nach und nach und unter
                              bestaͤndigem Umruͤhren mit einem Glasstabe Saͤure zu, wobei man
                              von Zeit zu Zeit versucht, ob die blaue Farbe des geroͤtheten Lakmußpapieres
                              noch hergestellt wird. Im Augenblike, wo dieß nicht mehr der Fall ist, sezt man
                              weiter keine Saͤure mehr zu; sondern man betrachtet nunmehr den Alkalimeter
                              und notirt sich den Grad oder die Quantitaͤt der verbrauchten Saͤure.
                              Nach diesem Versuche beobachtet man dann das Verhalten des Syrupes beim Versieden,
                              wobei man finden wird, daß sich der Syrup im Allgemeinen gut versiedet, wenn er am
                              Alkalimeter 50° andeutete.
                           Jeder Fabrikant soll uͤbrigens um zu ermitteln, bei welchem alkalimetrischen
                              Grade sich seine Syrupe am besten verhalten, mehrere Versuche anstellen: was um so
                              leichter moͤglich ist, als diese Versuche, wenn sie auch in der Beschreibung
                              etwas langwierig und kleinlich lauten, in der Praxis doch so schnell gemacht sind,
                              daß ein Versuch nicht mehr dann 5 Minuten Zeit erfordert, und daß selbst ein junger
                              Arbeiter in wenigen Tagen vollkommen damit umzugehen lernt.
                           Wenn der Fabrikant nun jenen alkalimetrischen Grad, bei welchem sich seine Syrupe gut
                              versieden, ermittelt, so bereitet er sich in steinernen Kruͤgen eine
                              verduͤnnte Schwefelsaͤure, indem er auf einen Liter kaͤuflicher
                              Schwefelsaͤure 20 Liter Wasser zusezt. Dann schreitet er zur
                              Laͤuterung, zu der er so viel Kalk nimmt, als noͤthig ist, und bei der er selbst noch
                              einen leichten Ueberschuß an Kalk anwenden kann. Beim Eindiken, und wenn der Syrup
                              an der Syrupwaage 10° andeutet, schreitet er dann zu dem angegebenen
                              Versuche. Zeigt der Syrup hiebei einen hoͤheren Grad am Alkalimeter, als er
                              ihn fruͤher zum Behufe eines guten Versiedens gefunden, so sezt er beim
                              Eindiken Literweise von der verduͤnnten Schwefelsaͤure zu, und zwar so
                              lange bis der Syrup auf den gehoͤrigen alkalimetrischen Grad
                              zuruͤkgefuͤhrt worden ist.
                           Der Fabrikant weiß demnach hienach, daß wenn er bei der Laͤuterung diese oder
                              jene Quantitaͤt Kalk zugesezt, er spaͤter eine entsprechende Anzahl
                              von Litern an Saͤure beifuͤgen muß; ja er wird nach einigen Versuchen
                              wissen, welche Quantitaͤt Saͤure ein bestimmtes Gewicht Kalk
                              saͤttigt, und dabei finden, daß ein Liter verduͤnnter Saͤure
                              beilaͤufig einem Viertelpfunde Kalk entspricht; so daß er, wenn er allenfalls
                              gezwungen ist zur Laͤuterung eine groͤßere Menge Kalkes anzuwenden,
                              schon im Voraus weiß, um wie viel Liter Saͤure dann mehr erforderlich seyn
                              werden, um dem Syrupe den gehoͤrigen Grad von Alkalinitaͤt zu geben.
                              Obschon der Fabrikant hienach im Voraus im Stande ist, die Zahl der zuzusezenden
                              Liter Saͤure je nach der geschehenen Vermehrung oder Verminderung des
                              Kalkzusazes zu bestimmen, so soll er es doch nie versaͤumen nach jeder
                              Abaͤnderung des Verhaͤltnisses des zugesezten Kalkes einen neuen
                              alkalimetrischen Versuch anzustellen, und zwar aus Gruͤnden, welche sogleich
                              erhellen werden.
                           Ich gebe hier naͤmlich keineswegs einen bestimmten alkalimetrischen Grad als
                              den beim Versieden vortheilhaftesten an; und eben so wenig bestimme ich auf eine
                              positive Weise, welche Quantitaͤt Saͤure man auf ein bestimmtes
                              Gewicht Kalk anzuwenden habe, denn dieß wechselt: 1) je nach der Natur der
                              Ruͤben, je nach der Jahreszeit, je nach der Dauer der Aufbewahrung etc.; 2)
                              aber auch je nach der Beschaffenheit des angewendeten Kalkes. Aus denselben
                              Gruͤnden sollten die alkalimetrischen Versuche auch regelmaͤßig
                              angestellt werden.
                           Ich gebe keine bestimmten Normalverhaͤltnisse an, sondern ich zeige dem
                              Fabrikanten nur, wie er jedes Mal das beste Verhaͤltniß ermitteln kann, wie
                              sich dieses Verhaͤltniß waͤhrend des Ganges der Fabrikation
                              beibehalten laͤßt, und wie man folglich immer die moͤglich besten
                              Resultate zu erzielen im Stande ist. Ich erlaube mir als Beispiel fuͤr die
                              Wichtigkeit der von mir vorgeschlagenen Methode nur folgende Thatsache, die sich
                              gegen die Mitte der vorigen Campagne ereignete, anzufuͤhren.
                           Ich hatte, nachdem ich meine Versuche bei Hrn. Casteleyn
                               angestellt, Gelegenheit
                              einen anderen sehr gewandten Fabrikanten zu besuchen, und erkannte gleich beim
                              Eintritte in die Fabrik an dem in derselben verbreiteten Geruch, daß der Syrup nicht
                              bei gehoͤriger Alkalitaͤt versotten wird. Der Fabrikant sagte mir
                              auch, daß er nur sehr geroͤthete Zuker erhalte, die er nicht zu
                              entfaͤrben im Stande sey. Bei der Untersuchung der Laͤuterung fand
                              ich, daß man ein Pfund Kalk auf einen Hektoliter Saft anwendete; daß die
                              Laͤuterungen dem Anscheine nach sehr schoͤn waren, daß sich der Saft
                              aber beim Eindiken faͤrbte, so daß die Syrupe blutroth wurden. Ich rieth den
                              Kalkzusaz zu erhoͤhen; man stieg auch wirklich allmaͤhlich auf 3 Pfd.
                              Kalk per Hektoliter Saft, und von diesem Augenblike an
                              faͤrbte sich der Saft nicht mehr; die Syrupe und die Zuker wurden wieder
                              gelb: jedoch mußte man, um zu verhuͤten, daß sie sich nicht fett (gras) sotten, Saͤure anwenden. Derselbe Rath, den
                              ich noch mehreren anderen Fabrikanten ertheilte, gab eben so vortheilhafte
                              Resultate; auch bin ich uͤberzeugt, daß wenn man bei der lezten Campagne mein
                              Verfahren besser gekannt haͤtte, viele Fabrikanten namhafte Verluste
                              vermieden und weit schoͤnere Zuker erzielt haben wuͤrden.
                           Ich weiß sehr wohl, daß die mit Saͤure behandelten Zuker, welche man sowohl an
                              der Farbe, als am Geruche erkennt, in Mißcredit gerathen sind, und will demnach in
                              dieser Hinsicht in einige Erlaͤuterungen eingehen. Es ist den zahlreichen
                              Fabrikanten, welche den uͤberschuͤssigen Kalk mit
                              Schwefelsaͤure zu saͤttigen versuchten, beinahe jedes Mal begegnet,
                              daß ihre Zuker roth wurden; der Grund davon ist folgender. Man sezte die
                              Saͤure oft nur auf Gerathewohl zu; allein selbst die sorgfaͤltigsten
                              Fabrikanten, welche die Saͤure nur nach und nach beifuͤgten, und nach
                              jedem Zusaze das Reagentienpapier anwandten, um allen Ueberschuß an Saͤure zu
                              vermeiden, waren ihrer Sache nicht ganz gewiß. Denn der Zuker wird nicht nur dann
                              roth, wenn der Syrup sauer wird; sondern dieß erfolgt sogar schon dann, wann
                              lezterer nicht mehr hinreichend alkalisch ist. Das Reagentienpapier ist daher kein
                              guter Maaßstab fuͤr die Quantitaͤt der Saͤure, die sich ohne
                              Nachtheil zusezen laͤßt; denn die Quantitaͤt der Saͤure kann
                              bereits viel zu groß seyn, wenn auch der Syrup die Farbe des geroͤtheten
                              Lakmußpapieres noch herstellt, so daß also nur der Alkalimeter einen sicheren
                              Maaßstab fuͤr die zuzusezende Saͤure abgibt.
                           Eine Bemerkung, welche jene Fabrikanten, die sich fruͤher der Saͤure zu
                              ihren Laͤuterungen bedienten, uͤberraschen duͤrfte, ist die,
                              daß man dieses Verfahren wieder aufnehmen und mit Vortheil anwenden kann; wenn man
                              sich nicht darauf beschraͤnkt die angewendete Saͤure zu
                              saͤttigen, sondern wenn man mittelst des alkalimetrischen Versuches auch noch so viel Kalk
                              zusezt, als zu einem guten Versieden und zur Erzielung eines guten Zukers
                              erforderlich ist. Es bleibt uͤbrigens in dieser Hinsicht noch eine Frage,
                              welche ich bisher noch nicht zu loͤsen im Stande war: naͤmlich die, ob
                              alles in den Syrupen enthaltene uͤberschuͤssige Alkali auch wirklich
                              Kalk ist? Der Runkelruͤbensaft enthaͤlt naͤmlich Kali und sogar
                              Ammoniak, welche Alkalien nach der Laͤuterung, und selbst nach dem Zusaze
                              einer bestimmten Quantitaͤt Saͤure frei in der Fluͤssigkeit
                              bleiben muͤssen, indem sich die Saͤure vorzugsweise mit dem Kalke
                              verbindet, und in dieser Verbindung waͤhrend der Eindikung zu Boden
                              faͤllt. Es waͤre demnach auch moͤglich, daß die
                              uͤberschuͤssige Alkalitaͤt, die dem Versieden nachtheilig ist,
                              zum Theil dem Kali zuzuschreiben waͤre. Moͤgen andere diese Frage
                              loͤsen, wenn sie auch auf die Anwendung des von mir empfohlenen Verfahrens
                              ohne Einfluß ist.
                           Ich schließe meine Abhandlung mit einer allgemeinen Betrachtung uͤber den
                              Geist, der die Fabrikanten nur zu oft bei ihrem Geschaͤfte beseelt. Die
                              meisten Fabrikanten glauben eines sicheren Gelingens gewiß zu seyn, wenn sie genau
                              eben so verfahren, wie in anderen Fabriken, welche gut gehen, gearbeitet wird; und
                              dennoch schlaͤgt dasselbe Verfahren an dem einen Orte fehl, waͤhrend
                              es an einem anderen die vortrefflichsten Resultate gibt. Andere Fabrikanten, welche
                              mehr Selbstvertrauen besizen, und eingeweihter sind, bilden sich selbst eigene
                              Methoden aus, die sie als die vorzuͤglichsten betrachten, ohne sich
                              gehoͤrig daruͤber zu unterrichten, ob man anderwaͤrts nicht
                              nach einer besseren Methode verfaͤhrt; andere befolgen immer eine und
                              dieselbe Methode, obschon sie in dem einen Jahre gelingen, in dem anderen hingegen
                              gaͤnzlich mißlingen kann; beinahe Niemand denkt hingegen an methodische
                              Versuche, die ihn uͤber die Leitung der Operationen im Großen belehren
                              koͤnnten; ja man kann sogar sagen, daß man beinahe uͤberall auf einen
                              Widerwillen gegen alle Laboratoriumsversuche, welche Geduld und Genauigkeit
                              erfordern, stoͤßt. Ich meines Theils nehme keinen Anstand zu behaupten, daß
                              die beste Methode zu sicheren guͤnstigen Resultaten zu gelangen darin
                              besteht, die Arbeit, welche im Großen vorgenommen werden soll, auf genaue und
                              methodische Versuche zu stuͤzen.