| Titel: | Bericht des Hrn. Th. Olivier über einen von Hrn. Jacquemart in Paris, rue de Montreuil No. 39 erfundenen Eisenbahnkarren mit gebrochener Langwied. | 
| Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. I., S. 1 | 
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                        I.
                        Bericht des Hrn. Th. Olivier uͤber einen von Hrn. Jacquemart in Paris, rue de Montreuil No. 39 erfundenen Eisenbahnkarren mit
                           gebrochener Langwied.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement, Mai 1835, S. 231.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Ueber Jacquemart's
                           Eisenbahnkarren.
                        
                     
                        
                           Hr. Jacquemart, ehemaliger Zoͤgling der
                              polytechnischen Schule, hat der Gesellschaft einen Wagen mit gebrochener Langwied,
                              den er fuͤr das Huͤttenwerk in Quessy im Departement de l'Aisne erbaute, zur Pruͤfung unterstellt. Der erste
                              Wagen dieser Art, der eine Last von 1500 Kilogramm trug, durchlief Kreise mit einem
                              Halbmesser von 5 Meter (15 Fuß 4 Zoll 8 Linien); die Entfernung der beiden Achsen
                              von einander betrug, wenn sie parallel waren, einen Meter (3 F. 11 L.). Im Laufe des
                              Jahres 1833 zog man es jedoch wegen der groͤßeren Bequemlichkeit vor, lieber
                              große Wagen, auf deren Gestell drei Kisten von 1,50 Meter Rauminhalt angebracht
                              wurden, zu bauen. Diese Wagen, welche mit einer Last von 5500 bis zu 7000 Kilogramm
                              beladen werden, durchlaufen Kreise von 10 Meter (30 F. 17 Z. 4 L.) im Halbmesser;
                              die Entfernung der beiden Achsen betraͤgt hier im Zustande des Parallelismus
                              1,50 Meter.
                           Diese Wagen, welche sich seit 8 Monaten auf der Eisenbahn des Huͤttenwerkes
                              bewegen, sind noch in vollkommen gutem Zustande; sie rollen jedoch nur mit der durch
                              Pferde erreichbaren Geschwindigkeit und zwar auf Schienen, die auf hoͤlzerne
                              Balken gelegt sind. Diese Art von Bau, welche sich allerdings fuͤr den hier
                              gegebenen einzelnen Fall eignet, bietet natuͤrlich nicht dieselbe Festigkeit
                              dar, wie die großen fuͤr starken Verkehr bestimmten Eisenbahnen.
                           Die fraglichen Wagen sind nach denselben Principien gebaut, die ich am Ende einer
                              Abhandlung uͤber die Eisenbahnen im Bulletin
                              aufstellteWir werden diese Abhandlung in einem der naͤchsten Hefte des
                                    Polytechn. Journales liefern. Zu bemerken ist jedoch noch, daß Hr. Laignel am 23. Julius 1830 ein Patent auf ein
                                    verbessertes Eisenbahnsystem erhielt, in dessen Beschreibung folgende Stelle
                                    vorkommt. „Um die großen Radien an den Eisenbahnen zu vermeiden,
                                       und dieselben bis auf 10 Meter reduciren zu koͤnnen, bedarf man
                                       solcher Raͤder, die sich nach Belieben bewegen lassen, und von
                                       denen jedes mehrere Durchmesser hat.“
                                    A. d. R.; nur hat Hr. Jacquemart statt eines ganzen
                              Kreises und vier Rollen nur einen halben Kreis und zwei Rollen angebracht, mit deren Huͤlfe nur das
                              Vordergestell allein eine drehende Bewegung um den unter dem Schwerpunkte des Wagens
                              angebrachten Stellnagel bekommt. Ein Sperrkegel verhuͤtet, daß sich das
                              Vordergestell um keinen groͤßeren Winkel drehen kann, als der Laͤnge
                              des Halbmessers des zu durchlaufenden Kreises entspricht.
                           Es waͤre sehr im Interesse der Industrie zur endlichen Loͤsung der
                              Frage uͤber die Curven an den Eisenbahnen mit den hier beschriebenen und
                              aͤhnlichen Wagen Versuche anzustellen, aus denen hervorginge, welche
                              Geschwindigkeit man ihnen geben kann, ohne daß sie von den Schienen abgleiten, und
                              welcher Verlust an Kraft nothwendig durch die Vermehrung der Reibung entstehen muß.
                              Hr. Jacquemart konnte diese Versuche bisher noch nicht
                              anstellen; allein ich glaube, daß die Gesellschaft diesen gewandten Ingenieur hiezu
                              veranlassen, und ihn ersuchen soll ihr seiner Zeit die Resultate, die sich ihm dabei
                              ergaben, mitzutheilen. Wenn man auf diese praktische Weise die verschiedenen zum
                              Behufe des Durchlaufens von Curven mit kleinen Radien vorgeschlagenen Systeme mit
                              einander vergleichen koͤnnte, so ließe sich noch am besten eine, wenn auch
                              nicht vollkommene, so doch gewiß praktisch hoͤchst nuͤzliche
                              Loͤsung dieser Frage erwarten.
                           Die Eisenbahn, welche Hr. Jacquemart fuͤr das
                              Huͤttenwerk in Quessy erbaute, macht es moͤglich, daß man
                              gegenwaͤrtig daselbst mit einem einzigen Pferde eben so viel leistet, als
                              fruͤher mit 12 und 14. Die ganze Bahn hat 800 Meter Laͤnge, und davon
                              kam der Meter auf 6 1/2 bis 7 Fr. zu stehen. Der Karren kostet beilaͤufig 500
                              Fr.
                           Da dieses neue System von Eisenbahnkarren vielleicht manchen anderen eben so
                              nuͤzlich werden duͤrfte, wie es Hrn. Jacquemart geworden, so beantrage ich diesem den Dank der Gesellschaft zu
                              votiren, den Karren selbst aber durch eine Abbildung und Beschreibung zur
                              allgemeinen Kenntniß zu bringen.
                           Fig. 14 gibt
                              einen Grundriß eines Theiles der Eisenbahn von Quessy und eines Theiles der daran
                              befindlichen Curve.
                           Fig. 15 zeigt
                              die bewegliche Schiene, mittelst welcher der Karren von der geraden auf die krumme
                              Bahn gebracht wird, im Grundrisse.
                           Fig. 16 ist
                              ein Grundriß des Wagens, der auf der Eisenbahn laͤuft, und welcher drei mit
                              den fortzuschaffenden Substanzen beladene Waͤgelchen traͤgt.
                           Fig. 17 zeigt
                              denselben Wagen von Unten, woraus man den Mechanismus, in Folge dessen sich das
                              Vordergestell umdreht, ersieht.
                           Fig. 18 zeigt
                              einen ebensolchen beladenen Wagen im Laͤngenaufrisse, waͤhrend ihn Fig. 19 von
                              dem einen Ende her gesehen darstellt.
                           Fig. 20 gibt
                              einen Grundriß und Fig. 21 einen Aufriß des Aushebhebels, der die Bewegung des
                              Vordergestelles gestattet oder hindert.
                           Fig. 22 ist
                              ein Aufriß der einen Rolle des Vordergestelles und der Gabel, die die Nabe
                              umfaßt.
                           Fig. 23 zeigt
                              das kleine Waͤgelchen im Durchschnitte, waͤhrend man es in Fig. 24 auf
                              einer Huͤlfseisenbahn, und in dem Augenblike, wo es abgeladen wird,
                              ersieht.
                           An allen diesen Figuren bezeichnen gleiche Buchstaben auch gleiche
                              Gegenstaͤnde.
                           A ist die Eisenbahn, welche aus zwei parallelen, auf den
                              hoͤlzernen Balken B ruhenden Schienen a, b besteht.
                           C ist die gebogene Eisenbahn, die durch zwei, um die
                              Punkte e bewegliche Schienen c,
                                 d mit ersterer in Verbindung steht; das Ende dieser Schienen ist in die aus
                              Holz bestehenden Stuͤke f eingesezt.
                           D ist die mit der Curve C
                              verbundene Huͤlfseisenbahn, die auf den Boͤken E ruht. F, F sind Schrauben, auf denen die
                              Schienen dieser lezteren Bahn ruhen, und mit deren Huͤlfe man dieser eine
                              solche Neigung geben kann, daß die kleinen Waͤgelchen darauf fortrollen, ohne
                              daß sie von einem Pferde gezogen zu werden brauchen.
                           G, G sind Schienen, die an die Schienen der großen
                              Eisenbahn gehakt werden, und welche solcher Maßen die Communication zwischen dieser
                              und der Huͤlfseisenbahn herstellen.
                           H ist das Gestell des großen Wagens.
                           I die Raͤder, welche zweierlei Durchmesser
                              huͤben.
                           J die in der Mitte ihrer Laͤnge gebrochene
                              Langwied, die sich um den Stellnagel g dreht.
                           K, K sind gekniete Hebel, durch welche die Langwied mit
                              den Achsen in Verbindung steht.
                           L ist das Vordergestell, welches sich mit seinen beiden
                              Rollen h, h auf einer centrirten, unter dem Gestelle H befestigten Platte dreht. Seine Bewegung ist durch die
                              Aufhaͤlter oder Sperrer i, gegen die sich die
                              Rollen stemmen, beschraͤnkt.
                           N, N sind Pfosten, welche an den Achsen befestigt sind,
                              und den Rahmen H tragen.
                           O ist der mit einem Griffe versehene Aushebhebel,
                              welcher sich um die Achse der Rolle h dreht.
                              Druͤkt man auf diesen Hebel, so geraͤth er in Schwingung und hakt sich
                              mit seinem Haken k in ein in der centrirten Platte M befindliches Loch. In dieser Stellung ist der Hebel
                              unbeweglich, so daß die Wagenraͤder in gerader Linie fortlaufen muͤssen. Hebt man
                              hingegen den Hebel empor, so wird der Haken frei, so daß sich das Vordergestell
                              umdrehen kann.
                           P ist eine Gabel, die die Achse von Vorne umfaßt.
                           Q sind Zugketten, wodurch die großen Wagen mit einander
                              in Verbindung gebracht werden.
                           R, R sind Querschienen, sechs an der Zahl, welche auf
                              dem großen Wagen angebracht sind, und die zur Aufnahme der kleinen Waͤgelchen
                              dienen.
                           S, S Vorspruͤnge, welche außen an dem Gestelle
                              H befestigt sind, und die, indem sie auf die
                              horizontale, an einem Tragbloke der Eisenbahn angebrachte Rolle I treffen, den Wagen zum Abweichen von der geraden Bahn
                              veranlassen.
                           T, T, T sind die kleinen, auf vier Raͤdern
                              ruhenden und zur Aufnahme der fortzuschaffenden Substanzen dienenden
                              Waͤgelchen; sie sind der Quere nach auf dem großen Wagen angebracht und ruhen
                              mit ihren Raͤdern auf den Schienen R, R.
                           U ist ein beweglicher Boden, der aus zwei
                              Fluͤgeln besteht; diese Fluͤgel drehen sich um die Charniergelenke m, und werden durch einen Haken, der in ein eisernes
                              Stuͤk n einpaßt, zusammengehalten; so wie man
                              daher den Zapfen o auszieht, oͤffnet sich der
                              bewegliche Boden, und die in dem Waͤgelchen enthalten gewesenen Substanzen
                              entleeren sich in einen Behaͤlter, der zu deren Aufnahme angebracht worden
                              ist.
                           Will man nun den großen Wagen von der geraden auf die krumme Eisenbahn
                              uͤbergehen machen, so entfernt man zuerst die beweglichen Schienen c, d, so wie man dieß aus Fig. 15 ersieht; und hebt
                              dann den Aushebhebel empor, wodurch das Vordergestell frei wird. Wenn der Wagen nun
                              auf die Rolle l trifft, so wird das Vordergestell
                              gezwungen sich um den Stellnagel zu bewegen, wo dann die Raͤder auf die
                              krumme Bahn uͤbertreten, und auf dieser mit ihrem kleinen Durchmesser laufen.
                              Ist der Wagen auf diese Weise vor der Huͤlfseisenbahn angelangt, so stellt
                              man mittelst der beweglichen Schienen die Communication mit dieser her, und
                              laͤßt eines der drei auf dem Wagen befindlichen Waͤgelchen um das
                              andere in Folge seiner eigenen Schwere uͤber diese Bahn hinablaufen.
                           
                        
                     
                  
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