| Titel: | Beschreibung eines gesunden Gebäudes zur Seidenraupenzucht oder einer sogenannten Seidenzüchterei, in der man den Seidenraupen immer den gehörigen Grad von Ventilation, Wärme und Feuchtigkeit zu geben im Stande ist. Von Hrn. d'Arcet, Mitglied der Akademie der Wissenschaften. | 
| Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XXXVII., S. 241 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXVII.
                        Beschreibung eines gesunden Gebaͤudes zur
                           Seidenraupenzucht oder einer sogenannten Seidenzuͤchterei, in der man den
                           Seidenraupen immer den gehoͤrigen Grad von Ventilation, Waͤrme und
                           Feuchtigkeit zu geben im Stande ist. Von Hrn. d'Arcet, Mitglied der Akademie der
                           Wissenschaften.Wir haben unsere Leser bereits fruͤher auf diese hoͤchst
                                 interessante neue Arbeit des hochverdienten d'Arcet
                                 aufmerksam gemacht, und bedauerten damals diese Abhandlung wegen der großen
                                 Ausdehnung der ihr beigegebenen Abbildungen nicht mittheilen zu koͤnnen.
                                 Da uns jedoch seither bedeutend verkleinerte und dennoch vollkommen deutliche
                                 Zeichnungen zur Hand kamen, so finden wir uns veranlaßt noch ein Mal hierauf
                                 zuruͤkzukommen: und zwar um so mehr, als die Seidenraupenzucht in unserem
                                 Vaterlande wirklich betraͤchtliche Fortschritte zu machen
                                 anfaͤngt; und als es daher wesentlich darauf ankommt schnell zur
                                 allgemeinen Kenntniß zu bringen, was zu deren sicherem Gelingen beitragen kann.
                                 Es ist gerade bei uns dringend nothwendig, auf alle Vorsichtsmaßregeln wohl
                                 bedacht zu seyn; denn wenn sich aus Vernachlaͤssigung dieser auch nur
                                 einige unguͤnstige Resultate ergeben wuͤrden, so waͤre wohl
                                 wahrscheinlich zu erwarten, daß man die ganze Sache als unausfuͤhrbar
                                 verschreien wuͤrde. Mit vielen Dingen ging dieß bereits so, und wir
                                 wuͤnschen sehnlich, daß der Seidenbau, der fuͤr unser Vaterland
                                 gewiß von groͤßter Wichtigkeit werden kann, nicht zum zweiten Male ein
                                 gleiches Schiksal erleide. –A. d. R.
                           
                        Aus den Annales de la Société
                                 polytechnique-pratique, No. 17.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Beschreibung eines gesunden Gebaͤudes zur
                           Seidenraupenzucht.
                        
                     
                        
                           In das suͤdliche Frankreich abgesandt, um daselbst die Behandlung und den
                              Zustand der Rohseiden zu studiren, hatte ich zwei Mal Gelegenheit den Gang der
                              Seidenraupenzucht in allen seinen Details genau zu studiren; und mich hiebei zu
                              uͤberzeugen, daß der groͤßte Theil der Krankheiten, denen so viele
                              Raupen zum großen Nachtheile fuͤr die Industrie unterliegen, weniger in den
                              Raupen selbst, als in der Ungesundheit der Locale, in denen man sie zieht, und
                              hauptsaͤchlich in dem großen Temperaturwechsel, dem sie waͤhrend ihres
                              Lebenslaufes ausgesezt sind, gelegen ist.Man nennt diese Locale im suͤdlichen Frankreich und in der Touraine
                                    Magnaneries, Magnanderies, Coconières und
                                       Vereries; wir wollen jedoch im Laufe dieses Aufsazes den Ausdruk
                                    Magnanerie beibehalten, da uns der Ausdruk
                                    Seidenzuͤchterei nicht bezeichnend
                                    genug erscheint. Wir glauben uns dieß um so mehr erlauben zu duͤrfen,
                                    als bereits mehrere aͤhnliche Woͤrter, wie z.B. Orangerie,
                                    ebenfalls in das Deutsche uͤbergingen.A. d. R.
                              
                           Hr. Camille Beauvais, welcher auf der koͤnigl.
                              Schaͤferei bei Paris eine große Anzahl von Maulbeerbaͤumen pflanzte,
                              und seit ein Paar Jahren daselbst mit ausgezeichnetem Erfolge die Seidenraupenzucht
                              betreibt, theilte
                              nicht nur die Meinung, die ich mir uͤber den Gang dieses Culturzweiges im
                              suͤdlichen Frankreich eigen gemacht hatte, sondern veranlaßte mich auch meine
                              Ansichten hieruͤber aufzustellen, und den Plan zu einer vollkommen gesunden
                              Magnanerie zu entwerfen. Ich unterzog mich dieser Arbeit, und theilte sie dem
                              koͤnigl. Architekten Destailleur mit, der eben
                              fuͤr Hrn. de Grimaudet in Villemomble bei Paris
                              eine große Anstalt dieser Art zu erbauen hatte. Dieser gewandte Baumeister ging in
                              meine Ansichten ein; wir studirten den Gegenstand gemeinschaftlich, und er entwarf
                              nach den Principien, die wir festgestellt hatten, einen Plan, von dem er mir zum
                              Behufe der Beschreibung und Bekanntmachung eine Copie uͤbergab. Das, was
                              nunmehr in dieser Hinsicht folgen soll, wird jedoch keine bloße Erklaͤrung
                              der Abbildungen seyn, sondern auch alle jene Details umfassen, die zu wissen
                              noͤthig sind, um aus einer Magnanerie dieser Art alle Vortheile, die sich
                              davon erwarten lassen, ziehen zu koͤnnen. Ich wuͤnsche sehnlich, daß
                              diese Arbeit den zahlreichen Landwirthen und Fabrikanten, die sich mit der
                              Seidenerzeugung beschaͤftigen, und die meiner Ansicht nach von dem Ziele,
                              welches sie zu erstreben haben, noch weit entfernt sind, so nuͤzlich als
                              moͤglich werden moͤchte.
                           Ich bemerke vorlaͤufig, bevor ich zur Beschreibung der Abbildungen
                              uͤbergehe, nur, daß ich, da die Magnanerie in jedem Stokwerke aus zwei
                              symmetrischen Raͤumen besteht, immer nur von der zur Rechten befindlichen
                              Haͤlfte sprechen werde, indem alles dieß auch auf die andere Haͤlfte
                              Anwendung findet.
                           Fig. 1 gibt
                              einen Grundriß des Erdgeschosses. Der Saal M, welcher
                              fuͤr die Spinnerei und zum Troknen der Blaͤtter bestimmt ist, ist der
                              Laͤnge nach durch Pfeiler 1,1,1, die den Boden des ersten Stokwerkes tragen,
                              abgetheilt. Gegen das Ende des Saales hin befindet sich eine Wand 2, die der ganzen
                              Breite nach durch denselben laͤuft, und durch die der Raum 3 abgeschieden
                              ist. Von diesem Raume, der als Kammer fuͤr die heiße oder kalte Luft dient,
                              geht die Ventilation der Magnanerie aus; in ihm befindet sich auch der Ofen 4,
                              dessen Roͤhre 5 in den Hauptschornstein 6 fuͤhrt. In diesem Theile des
                              Saales geschieht die Erhizung oder die Abkuͤhlung der Luft, so wie auch die
                              Regulirung der Ventilation; die uͤbrigen Theile dienen, wie gesagt, zum
                              Troknen der Blaͤtter, im Falle sie naß gepfluͤkt werden mußten, oder
                              nach Vollendung der Raupenzucht zum Abhaspeln der Cokons nach Gensoul's Verfahren. N ist die Stiege, welche
                              zu den fuͤr die Seidenraupen und die Arbeiter bestimmten Gemaͤchern
                              fuͤhrt. Aus der Beschreibung der senkrechten Durchschnitte, an denen sich
                              gleiche Zeichen auf gleiche Theile beziehen, wird die uͤbrige Einrichtung dieses Geschosses noch
                              deutlicher erhellen.
                           Fig. 2 ist ein
                              Grundriß des ersten Stokwerkes, in welchem die Raupen waͤhrend der ganzen
                              Zeit ihrer Zucht zu verbleiben haben. Man sieht hier bei 7 die Endpunkte der vier
                              hoͤlzernen Canaͤle, durch welche die erwaͤrmte oder
                              abgekuͤhlte Luft aus der Luftkammer 3, Fig. 1, in die Magnanerie
                              gelangt. An die mit 8 bezeichneten Stellen kommen die Geflechte, auf denen die
                              Raupen gefuͤttert werden. Die Zwischenwand 9 scheidet das große Gemach in
                              zwei kleinere einander vollkommen aͤhnliche O, O.
                                 P ist die Stiege zur Bedienung der Geflechte, waͤhrend Q, Q die Wohnung fuͤr die Arbeiter bezeichnet.
                              Ich will hier in keine weiteren Details uͤber diesen Grundriß eingehen, da
                              derselbe aus den senkrechten Durchschnitten des Gebaͤudes deutlicher werden
                              wird.
                           Fig. 3 gibt
                              einen senkrechten Durchschnitt des unteren Theiles des Gebaͤudes nach der
                              Linie G, H des Grundrisses Fig. 1, woraus man die
                              Wand 2, welche zu ebener Erde die Luftkammer 3 bildet, von Vorne ersieht.
                           10 ist das Thuͤrchen der Feuerstelle und des Aschenloches des Ofens; 11
                              hingegen ein Thuͤrchen, durch welches man in die Luftkammer 3 gelangt, um
                              jaͤhrlich ein Mal die Roͤhre des Ofens zu reinigen. Bei diesem
                              Thuͤrchen traͤgt man auch ein aus Kupfer oder Zink bestehendes
                              Gefaͤß ein, welches je nach Umstaͤnden mit Wasser oder mit Eis
                              gefuͤllt ist.
                           12 sind Oeffnungen mit hoͤlzernen Schiebern, durch die die zum Ventiliren der
                              Magnanerie noͤthige Luft in die Kammer 3 eingelassen wird.
                           13, Thuͤrchen, bei denen man in die Luftkammer 3 mit Wasser gefuͤllte
                              Behaͤlter bringt, um einer allenfallsigen zu großen Trokenheit des zur
                              Ventilirung dienenden Luftstromes vorzubeugen; oder bei denen man auch
                              Behaͤlter mit Eis einsezt, wenn die Luft abgekuͤhlt werden soll: sey
                              es, daß die Temperatur der aͤußeren Luft zu hoch stieg, oder daß der Heizer
                              aus Versehen den Ofen uͤberhizte.
                           14 sind hoͤlzerne Roͤhren, die horizontal unter dem Boden des ersten
                              Stokwerkes befestigt sind, und die die Luft, der in der Luftkammer 3 die
                              gehoͤrige Temperatur und der gehoͤrige Grad von Feuchtigkeit gegeben
                              worden ist, in die Magnanerie leiten.
                           15, Durchschnitte der Oeffnungen, durch welche der zur Ventilirung dienende Luftstrom
                              aus den hoͤlzernen Roͤhren 14 in die Saͤle O, O, in denen sich die Raupen befinden,
                              uͤbergeht.
                           16 ist der Boden, durch den das Erdgeschoß von dem ersten Stokwerke O, O geschieden ist.
                           
                           Fig. 4 zeigt
                              einen senkrechten Durchschnitt der Luftkammer 3 nach der Linie E, F des Grundrisses Fig. 1. Da die Scheidewand
                              2 hier weggenommen ist, so erhellt hieraus die innere Einrichtung der Kammer 3.
                           4 ist das Gemaͤuer des Ofens.
                           5 ist eine Ofenroͤhre, welche zur Rechten und Linken doppelt im Knie gebogen
                              ist, damit der durch die Luftkammer 3 fuͤhrende, zur Ventilirung dienende
                              Luftstrom um so leichter erhizt wird. Sie erhebt sich nach ihrem Austritte aus
                              dieser Kammer einige Meter hoch in dem Hauptschornstein, und veranlaßt dadurch
                              nothwendig die Ventilirung des ganzen Systemes. An dem oberen Theile dieser
                              Roͤhre in der Naͤhe des Bodens 16 befindet sich ein Schluͤssel,
                              der zur Regulirung des Dienstes des Ofens bestimmt ist, und der von der vorderen
                              Seite der Scheidewand 2 aus, an der sich der Heizer befindet, regulirt werden
                              kann.
                           17 sind die Tische oder Tafeln, auf welche zu beiden Seiten des Ofens die kupfernen
                              oder zinkenen Gefaͤße 18,18, die je nach Umstaͤnden mit heißem Wasser
                              oder mit Eis gefuͤllt seyn muͤssen, gestellt werden, und welche die
                              Haͤlfte der Breite der Luftkammer 3 einnehmen. Zu vollkommener
                              Verstaͤndigung dieses Durchschnittes bemerke ich, daß vor jedem dieser
                              kupfernen Gefaͤße in der Scheidewand 2 ein Thuͤrchen angebracht ist,
                              durch welches man zu diesen Gefaͤßen gelangen kann; und daß sich zwischen den
                              Fuͤßen der Tische oder der Tafeln Loͤcher befinden, durch die eine
                              hinreichende Menge Luft in die Luftkammer 3 gelangen kann.
                           Fig. 5 ist ein
                              Laͤngendurchschnitt der Magnanerie nach der Linie K,
                                 L in Fig.
                                 1, woran man das ganze Ventilationssystem gehoͤrig entwikelt
                              sieht.
                           2 ist auch hier die Wand, die den Raum 3 der ganzen Breite des Gebaͤudes nach
                              von dem Saale M scheidet; 4 das Gemaͤuer des
                              Ofens; 5 die Ofenroͤhre; 8 die Geflechte, auf denen sich die Seidenraupen
                              befinden; 12 die Oeffnung, durch die die aͤußere atmosphaͤrische Luft
                              in die Kammer 3 dringt, indem sie unter jedem Tische zwischen den Fuͤßen 17
                              emporsteigt. Dergleichen Oeffnungen befinden sich 8 in der Scheidewand 2.
                           13 ist das zur Handhabung des kupfernen Gefaͤßes 18 bestimmte
                              Thuͤrchen. Dieses Gefaͤß kann so geformt seyn, daß es drei Seiten oder
                              auch nur den vorderen Theil der Roͤhre 5 umgibt. Zur Rechten und Linken
                              dieses Thuͤrchens sind zur Bedienung der uͤbrigen 8 kleinen, auf den
                              Tischen 17 stehenden Gefaͤße 4 andere kleinere Thuͤrchen
                              angebracht.
                           14 ist die Muͤndung einer der hoͤlzernen Roͤhren, welche die Luft aus der Luftkammer
                              3 in die ganze Magnanerie fuͤhren. Dergleichen Roͤhren sind 4
                              vorhanden, wie man sie in Fig. 1 und 2 durch Punkte angedeutet
                              sieht. Aus eben diesen Figuren erhellt auch die Anwendung der ungleichen
                              Loͤcher 15, durch die die Luft aus den Roͤhren unter die Geflechte 8
                              und in das Innere der Magnanerie geleitet wird. In Fig. 5 sieht man diese
                              Loͤcher 15, deren Summe sich an jeder Roͤhre 14 zu dem
                              Querdurchschnitte dieser Roͤhre wie 5 zu 4 verhaͤlt, im Durchschnitte
                              dargestellt. An der hier beschriebenen Magnanerie hat jede der Roͤhren 14
                              einen Durchschnitt von 0,165 Quadratmeter; die Summe der ungleichen Loͤcher
                              15 muß daher an jeder derselben 0,206 Quadratmeter betragen. Fig. 2 zeigt, wie die
                              Loͤcher 15 in dem Maaße im Durchmesser zunehmen, als sie sich von der Kammer
                              3 entfernen.Wegen der Kleinheit des Maaßstabes konnten weder die Zahl, noch die
                                    Dimensionen der ungleichen Loͤcher, die uͤber den
                                    Roͤhren 14 und unter den Roͤhren 20 angebracht werden
                                    muͤssen, angedeutet werden. An der Magnanerie in Villemomble wird
                                    jede Roͤhre 60 ungleiche Loͤcher bekommen, von denen das erste
                                    dem Eintritte der Luft zunaͤchst gelegene nur 14 Millimeter(6''') im
                                    Durchmesser erhaͤlt, waͤhrend die 59 anderen in arithmetischer
                                    Progression so zunehmen, daß die Summe saͤmmtlicher 60 Loͤcher
                                    0,206 Quadratmeter ausmacht. Die Dimension eines jeden dieser Loͤcher
                                    laͤßt sich entweder durch Berechnung oder durch Versuche ermitteln;
                                    jeder nur einiger Maßen gewandte Zimmermann wird diese Arbeit zu verfertigen
                                    wissen.A. d. O.
                              
                           16 zeigt einen Durchschnitt des Bodens der Magnanerie.
                           17 ist einer der Fuͤße der in der Luftkammer 3 befindlichen Tafeln, auf die
                              die bereits erwaͤhnten kupfernen oder zinkenen Gefaͤße 18, welche nach
                              Beduͤrfniß mit Wasser oder Eis gefuͤllt seyn muͤssen, gesezt
                              werden.
                           19 sind Durchschnitte der ungleichen Loͤcher der oberen Roͤhren, die
                              sich ganz auf dieselbe Weise verhalten, wie dieß oben bei den Roͤhren 14 und
                              den ungleichen Loͤchern 15 angegeben worden ist: mit dem Unterschiede jedoch,
                              daß diese Loͤcher hier in umgekehrter Richtung angebracht sind. Diese
                              Loͤcher nehmen die Luft aus dem oberen Theile der Magnanerie auf, und leiten
                              sie in die hoͤlzernen Roͤhren 20, aus denen sie durch die Oeffnung 23
                              in den Schornstein 21 oder in die Windmuͤhle 22 gelangt, aus der sie
                              gleichfalls wieder in den Schornstein getrieben wird. Dergleichen Roͤhren,
                              wie bei 20 eine im Laͤngendurchschnitte abgebildet ist, sind 4 vorhanden; sie
                              sind ganz auf dieselbe Weise wie die unteren Roͤhren 14 gebautDiese hoͤlzernen Roͤhren lassen sich sehr einfach und wohlfeil
                                    verfertigen; nur muͤssen die nicht genau passenden Fugen und die
                                    allenfallsigen Spruͤnge mit einem Zeuge oder mit grauem Papiere,
                                    welches in eine Leimaufloͤsung getaucht worden ist, bekleidet
                                    werden.A. d. O.; in der Naͤhe der Windmuͤhle 22 vereinigen sie sich aber in
                              einen einzigen Kasten, aus welchem die Windmuͤhle die Luft aufnehmen kann, waͤhrend
                              sie andererseits bei 23 auch direct mit dem Schornsteine 21 communiciren. Ein
                              zwischen der Windmuͤhle und dem Schornsteine angebrachter Schieber dient
                              dazu, daß die Luft aus der Magnanerie nach Belieben in die Windmuͤhle oder
                              direct in den Schornstein geschafft werden kann. Wenn naͤmlich dieser
                              Schieber geschlossen ist, so wird beim Umtreiben der Windmuͤhle die Luft der
                              Magnanerie durch die Oeffnung 24 in den Schornstein getrieben.
                           21 ist ein großer, zur Ventilirung dienender Schornstein, der hier mit Luxus
                              ausgestattet ist, und gleichsam zur Verschoͤnerung des ganzen
                              Gebaͤudes dient. Auf dem Lande, wo man hierauf weniger Ruͤksicht zu
                              nehmen hat, koͤnnte er auch wie ein Taubenschlag, oder wie ein
                              gewoͤhnlicher Rauchfang gebaut seyn. Ein horizontaler Durchschnitt durch
                              denselben soll einen Flaͤchenraum darbieten, welcher nur drei Mal
                              groͤßer ist, als die Summe der senkrechten Durchschnitte der vier
                              Roͤhren 20.
                           22 ist eine Art von Windmuͤhle oder ein mechanischer Ventilator, dessen man
                              sich jedoch nur dann zu bedienen hat, wenn der Luftstrom nicht in der Luftkammer 3
                              erhizt zu werden braucht; oder wenn man den am Grunde des Schornsteines 21
                              angebrachten Ofen 25 nicht in Anwendung bringen wollte. Diese Windmuͤhle kann
                              entweder direct von Oben, oder auch von Unten mittelst einer endlosen Schnur und
                              zweier Rollen in Bewegung gesezt werden.
                           23 ist die directe Communicationsstelle des Kastens, in den sich die 4 Roͤhren
                              20 vereinigen, mit dem großen Schornsteine 21. Der senkrechte Durchschnitt dieser
                              Oeffnung, so wie jener des daran stoßenden Kastens muß eine 5 Mal groͤßere
                              Oberflaͤche darbieten, als der Querdurchschnitt einer der Roͤhren
                              20.
                           24 ist ein Canal, durch den die verdorbene Luft von der Windmuͤhle in den
                              Schornstein getrieben wird, und dessen Durchschnittsflaͤche jener der
                              Oeffnung 23 gleichkommen muß.
                           25 stellt einen außerhalb dem Gebaͤude und am Grunde des großen Schornsteines
                              angebrachten Ofen vor, dessen Roͤhre sich mit jener des inneren Ofens
                              verbindet, wie man bei 5 sieht. Dieser Ofen und die Windmuͤhle dienen zu
                              gleichem Zweke: d.h. zur Ventilirung der Magnanerie, wenn die aͤußere Luft
                              die verlangte Temperatur hat, oder wenn sie zu heiß ist, und mittelst Eis
                              gehoͤrig abgekuͤhlt werden muß, bevor sie in den Saal, in welchem sich
                              die Seidenraupen befinden, geleitet wird.
                           26 sind Boͤden, welche die Magnanerie der Hoͤhe nach in drei Stokwerke
                              abtheilen, und welche sich der leichteren Bedienung wegen um die acht Pfosten der
                              Geflechte drehen lassen muͤssen.
                           
                           27, kleine Stiegen, auf denen man zu den verschiedenen Stokwerken auf die
                              Boͤden 26,26 emporsteigen kann.
                           In Fig. 6 sieht
                              man einen Querdurchschnitt des ganzen Gebaͤudes nach der Linie I, J des Grundrisses Fig. 1 und 2. Es erhellen hieraus
                              nicht nur mehrere der bereits beschriebenen, und hier mit denselben Buchstaben
                              bezeichneten Theile noch deutlicher, sondern man sieht bei 28 auch von Vorne den
                              hoͤlzernen Kasten, in den sich die vier Roͤhren 20 vereinigen. 29 ist
                              ferner das Gehaͤuse der Windmuͤhle, welches einerseits mit dem Kasten
                              28, und andererseits mit dem Inneren des großen, zur Ventilirung dienenden
                              Schornsteines communicirt.
                           Fig. 7 zeigt
                              das ganze Gebaͤude, in welchem sich zwei einander vollkommen gleiche
                              Magnanerien befinden, von Vorne. Die rechte Seite ist nach der Linie K, L. des Grundrisses Fig. 1 im Durchschnitte
                              dargestellt.
                           Fig. 8 gibt
                              einen Aufriß der einen der kleinen Seiten des Gebaͤudes.
                           Nachdem hiemit der Bau dieser Magnanerie beschrieben worden ist, muß ich, damit die
                              Vortheile, die sich aus den hier getroffenen Einrichtungen ergeben werden, um so
                              deutlicher hervortreten, den Gang der Operationen, die darin vorgenommen werden,
                              entwikeln.
                           Es war zu beruͤksichtigen, daß bei einem Klima, wie jenes des Departement de la Seine ist, und namentlich bei einer im
                              Großen betriebenen Magnanerie oft der Fall eintreten wuͤrde, daß die
                              Maulbeerblaͤtter feucht und sogar naß eingesammelt werden muͤßten. Man
                              mußte daher Vorkehrung treffen, um die Blaͤtter jederzeit gehoͤrig
                              troknen zu koͤnnen, damit die Behandlung der Raupen keine Unterbrechung
                              erleide. Dieses Troknen soll nun in dem Erdgeschosse in dem Saale M vollbracht werden; und zwar indem man die feuchten
                              Blaͤtter in einem langen hoͤlzernen Gehaͤuse auf Rahmen bringt,
                              welche mit Nez uͤberzogen und 2 Decimeter (7 1/2 Zoll) uͤber dem Boden
                              des Gehaͤuses horizontal angebracht sind. Wenn naͤmlich die
                              Blaͤtter in gleicher Dike auf diesen Rahmen ausgebreitet und der Dekel des
                              Gehaͤuses geschlossen worden ist, so erzeugt man von dem einen Ende des
                              Gehaͤuses zum anderen mittelst einer großen Puzmuͤhle einen starken
                              Luftzug, dessen Temperatur man noͤthigen Falles auch um einige Grade
                              erhoͤhen kann. Die Luft wird der ganzen Laͤnge nach uͤber und
                              unter den Nezrahmen durch das Gehaͤuse stroͤmen, den Blaͤttern
                              ihre Feuchtigkeit benehmen, so daß sie den gehoͤrigen Grad von Trokenheit
                              erlangen, und endlich bei einer einfachen hoͤlzernen Roͤhre aus dem Gebaͤude
                              austreten.Ein sehr leicht in Anwendung zu bringendes Verfahren, dessen ich mich mit
                                    Vortheil bediene, sagt Hr. Bonafons, besteht
                                    darin, daß ich in dem Magazine, in welches die Blaͤtter gebracht
                                    werden, beilaͤufig einen Fuß hoch uͤber dem Boden eine
                                    durchloͤcherte Tafel anbringe, deren Loͤcher so groß sind, daß
                                    die Blaͤtter nicht hindurch fallen.A. d. O. Wollte man die Ausgabe nicht scheuen, und zum Troknen der nassen
                              Blaͤtter einen vollkommneren Apparat anwenden, so koͤnnte man in dem
                              hoͤlzernen Gehaͤuse einen endlosen Zeug anbringen, und diesen durch
                              irgend einen geeigneten Mechanismus in Bewegung sezen lassen. In diesem Falle
                              muͤßten die Blaͤtter immer an der Austrittsseite der Luft auf den Zeug
                              gebracht, und getroknet an der entgegengesezten Seite abgenommen werden.
                           In Hinsicht auf das Ausbruͤten der Raupeneier ist, wie mir scheint, den
                              Anweisungen, welche Dandolo und Bonafons hieruͤber gaben, nichts beizufuͤgen. Eben so wenig
                              werde ich mich mit dem auf die Fuͤtterung und Wartung der Seidenraupen
                              Bezuͤglichen befassen, indem diese beiden Auctoren nach ihren Erfahrungen die
                              besten Methoden, die am meisten Gelingen versichern, bekannt gemacht haben. Da meine
                              Absicht nur dahin geht zu zeigen, wie man eine große Magnanerie gesund erhalten
                              kann, so will ich sogleich auf Angabe dessen uͤbergehen, was in der
                              beschriebenen Anstalt in Villemomble zu geschehen hat, um aus den hier getroffenen
                              Einrichtungen den moͤglich groͤßten Vortheil zu ziehen, und um die
                              Seidenraupen immer in einer reinen Luft von solcher Temperatur und Feuchtigkeit zu
                              erhalten, wie sie fuͤr die Gesundheit und die vollkommene Entwikelung der
                              Raupen am zutraͤglichsten ist.
                           Die Magnanerie in Villemomble ist so eingerichtet, daß man sich beim Beginnen der
                              Raupenzucht nur des vierten Theiles des großen Saales bedienen kann. Zu diesem Zweke
                              bedarf es nichts weiter, als daß man die Magnanerie mittelst eines starken, an
                              beiden Seiten mit grauem Papiere uͤberzogenen Zeuges in zwei gleiche Theile
                              abtheilt, und daß man sowohl oben als unten die ungleichen Loͤcher verstopft,
                              die sich links von dieser Scheidewand befinden. Statt dieser einfachen Scheidewand
                              aus Zeug kann man sich uͤbrigens auch leichter Rahmen bedienen, welche gleich
                              den Theatercoulissen mir Zeug und Pakpapier uͤberzogen sind. Wenn diese
                              Scheidewand sowohl der Hoͤhe, als der Breite nach nach der Linie R, S des Grundrisses Fig. 2 angebracht ist, so
                              entsteht zur Rechten ein Gemach, welches vollkommen gesund gemacht ist.Der auf diese Weise verkleinerte Raum, bemerkt Bonafons, bietet den Raupen nicht nur in den ersten Tagen ihres
                                    Lebens alle erforderlichen Bedingungen; sondern er dient auch als
                                    Bruͤtkammer, deren Temperatur sich leichter graduiren
                                    laͤßt, als dieß an den gewoͤhnlich gebraͤuchlichen
                                    Bruͤtapparaten der Fall ist.A. d. O. Brauchen die Raupen mehr Plaz, so laͤßt sich der Raum verdoppeln, indem man die
                              Scheidewand entfernt, und saͤmmtliche ungleichen Loͤcher des linken
                              Theiles des Saales oͤffnet. Bringt man die große Scheidewand in die durch T, U angedeutete Linie, so wird der Raum verdreifacht;
                              und entfernt man sie endlich ganz und gar, so daß die beiden linken Haͤlften
                              des Gebaͤudes nur einen einzigen Saal bilden, so ist der erste Raum um das
                              Vierfache groͤßer gemacht.
                           Diese Einrichtung wird sich bei der Seidenraupenzucht im Großen gewiß sehr
                              vortheilhaft bewaͤhren; denn sie bedingt nicht nur eine bedeutende Ersparniß
                              an Arbeit, an Brennmaterial oder an Eis; sondern man kann den Raum auch im
                              Verhaͤltnisse des Wachsthumes der Raupen vergroͤßern, so daß er ihnen
                              vom Ausfallen an bis zur Vollendung des Wachsthumes stets entspricht.
                           Gesezt nun, es sey eine der Magnanerien vollkommen gefuͤllt, so muß die
                              Ventilirung folgender Maßen geleitet werden, wobei ich vorausseze, daß man
                              uͤber den Grad der WaͤrmeEs ist den Eigenthuͤmern von Magnanerien, sagt Bonafons, nicht genug zu empfehlen, sich der Thermometer mit Index
                                    zu bedienen, damit sie ersehen koͤnnen, ob auch waͤhrend ihrer
                                    Abwesenheit bestaͤndig die gehoͤrige Temperatur unterhalten
                                    worden.A. d. O., der Feuchtigkeit und der Ventilirung, welcher bestaͤndig unterhalten
                              werden muß, einig ist.
                           Ich bringe an den Rahmen zweier der beglasten Thuͤrchen der Luftkammer
                              Thermometer an, und eben so befestige ich 5 Fuß uͤber dem Fußboden
                              symmetrisch zwei gleiche Thermometer und Hygrometer. Nach dieser Vorbereitung steke
                              ich in dem Ofen 4 ein Feuer an, wenn die aͤußere atmosphaͤrische Luft
                              zu kalt seyn sollte; oder ich bringe Eis in die Gefaͤße 18, im Falle die Luft
                              zu heiß waͤre; oder endlich ich fuͤlle einige oder alle mit Wasser,
                              wenn die zur Ventilation verwendete Luft zu troken seyn sollte. Auf diese Weise ist
                              es mir also ein Leichtes, die Raupen in Hinsicht auf Temperatur und Feuchtigkeit
                              stets unter solchen Verhaͤltnissen zu erhalten, die ihrer Gesundheit und
                              ihrer moͤglich groͤßten Entwikelung am zutraͤglichsten
                              sind.Eine zu niedrige oder zu hohe Temperatur, sagt Hr. Bonafons, kann allerdings dem Wachsthume der Seidenraupen
                                    nachtheilig werden, hauptsaͤchlich schadet ihnen jedoch die Hize; und
                                    zwar 1) indem sie in ihnen einen Appetit anregt, der uͤber ihre
                                    Verdauungskraͤfte geht; und 2) indem sie die Gaͤhrung des
                                    Kothes beguͤnstigt. Manche am blinden Schlendrian haͤngende
                                    Seidenzuͤchter glauben, daß eine dike Kothschichte zur Unterhaltung
                                    der gehoͤrigen Waͤrme noͤthig ist. Dieß ist, wie mir
                                    scheint, eines jener Vorurtheile, die dem Gelingen der Ernte am meisten
                                    entgegen sind; denn den Raupen muß nicht nur fleißig ausgemistet werden,
                                    sondern man muß den Koth auch sorgfaͤltig von den Geflechten
                                    entfernen, und ihn weit von den Magnanerien wegschaffen. Ich sah bei meinen
                                    Versuchen die Sterblichkeit der Raupen nach erfolgter Reinigung wie durch Zauber
                                    verschwinden.A. d. O.
                              
                           
                           Was den Grad der zu gebenden Ventilirung betrifft, so gibt das Factum, daß sich die
                              Raupen in China in freier Luft auf den Baͤumen aufhalten, den Beweis, daß man
                              hierin nicht so leicht die Graͤnzen der Gesundheit uͤberschreiten
                              kann. Uebrigens ist es am besten sich hier nach dem Geruche zu richten, und die
                              Magnanerie nur so zu ventiliren, daß man, wenn man die obersten Geflechte des
                              obersten Stokwerkes emporsteigt, nicht den geringsten uͤblen Geruch bemerkt.
                              Da jedoch die in der Magnanerie wohnenden Personen endlich gegen den sich in diesen
                              entwikelnden Geruch unempfindlich werden, so duͤrfte es gut seyn, sich nicht
                              immer auf diese zu verlassen.
                           Die in der Magnanerie von Villemomble getroffenen Einrichtungen geben alle Mittel zur
                              Erzielung einer starken Ventilirung an die HandMan darf nicht vergessen, daß das Ventilationssystem, von welchem hier die
                                    Sprache ist, nur dann vollkommen ist, wenn alle Fenster und Thuͤren
                                    der Magnanerie genau geschlossen sind. Der Werkfuͤhrer hat daher nie
                                    die Fenster zu oͤffnen; und was die Thuͤren betrifft, so soll
                                    deren Offenstehen durch angehaͤngte Gewichte verhuͤtet
                                    werden.A. d. O.. Denn in einem Gemache, welches so gebaut ist, daß die von Unten
                              eindringende Luft durch Loͤcher, welche oben angebracht sind, entweichen
                              kann, reicht ein Unterschied von einem halben Grade des hundertgradigen Thermometers
                              zwischen der aͤußeren und inneren Temperatur hin, um dem Luftzuge eine solche
                              Geschwindigkeit zu geben, wie sie der Gesundheit der Raupen zutraͤglich ist.
                              In einem Klima, wie jenes des Departement de la Seine
                              ist, wird es daher nie mit Schwierigkeiten verbunden seyn, den gehoͤrigen
                              Grad von Ventilirung herzustellen. Selten duͤrfte man es noͤthig haben
                              die aͤußere Luft durch Eis abzukuͤhlen, und eben so selten wird daher
                              die Windmuͤhle oder der Ofen in Anwendung zu kommen haben, um das
                              Emporsteigen der Luft zu beguͤnstigenDa wo die Herbeischaffung von Eis zu große Schwierigkeiten oder Kosten
                                    veranlaßt, kann man, nach Bonafons, statt dessen
                                    große Tuͤcher anwenden, die man von Zeit zu Zeit und so oft man es
                                    fuͤr noͤthig haͤlt, in Wasser eintaucht. Die kalten
                                    Wasserdaͤmpfe, die sich hiebei entwikeln, erzeugen ein Sinken der
                                    Temperatur, welches mir in vielen Faͤllen sehr gute Dienste leistete.
                                    A. d. O. Hr. Thénard empfahl in einer der
                                    Sizungen der Société
                                       d'Encouragement, in welcher d'Arcet's
                                    Magnanerie zur Sprache kam, und in der man gegen die Anwendung des Eises
                                    wegen der großen damit verbundenen Kosten Einwendung machte, die Luft
                                    uͤber nasse Roste stroͤmen zu lassen, und sie dadurch
                                    abzukuͤhlen. Andere wollten die Luft aus einem Keller zur Ventilation
                                    bei großer Hize anwenden, was jedoch ungeeignet scheinen duͤrfte.A. d. R.. In Villemomble wird die aͤußere Luft vor ihrem Eintritte in die
                              Magnanerie beinahe immer etwas erwaͤrmt werden muͤssen, und wenn dieß
                              durch den Ofen 4 geschieht, so wird sich die Ventilirung von selbst herstellen, ohne
                              daß man zu deren Regulirung etwas zu thun brauchte.
                           
                           Ist die aͤußere atmosphaͤrische Luft heiß genug, so zwingt man sie
                              durch die Magnanerie zu ziehen, indem man die Windmuͤhle 22 in
                              Thaͤtigkeit sezt, oder indem man den am Grunde des großen Schornsteines
                              befindlichen Ofen 25 in Anwendung bringt. Ist die Luft zu heiß, so kuͤhlt man
                              sie in der Luftkammer 3 mittelst Eis gehoͤrig ab, und bewirkt dann die
                              Ventilirung mechanisch durch Anwendung der Windmuͤhle 22 oder des Ofens
                              25Ich glaube, daß man bei gehoͤriger Leitung einer Magnanerie von der
                                    beschriebenen Art die Chlorraͤucherungen gar nicht mehr
                                    noͤthig haben duͤrfte. Wollte man mit diesen
                                    Raͤucherungen dennoch fortfahren, so muͤßten die dazu
                                    dienlichen Ingredienzien in die Luftkammer 3 gebracht werden.A. d. O..
                           Da nun hienach der eingeschlagene Bauplan allen diesen Bedingungen und Anforderungen
                              entspricht, so habe ich nunmehr zu zeigen, auf welche Weise in der Magnanerie immer
                              nur der gehoͤrige Grad von Ventilirung hergestellt wird. In dieser Hinsicht
                              ist durch dreierlei Mittel eine Regulirung moͤglich; und von diesen besteht
                              das einfachste darin, daß man die Oeffnungen 12 nicht groͤßer macht, als
                              noͤthig ist, um in die Luftkammer 3 die gehoͤrige Quantitaͤt
                              Luft eindringen zu lassen. Das zweite besteht in verstaͤndiger Anwendung des
                              zwischen der Windmuͤhle und dem Schornsteine angebrachten Schiebers, womit
                              der Canal 23, durch den die verdorbene Luft aus der Magnanerie in den großen
                              Schornstein 21 tritt, ganz oder zum Theil verschlossen werden kann. Durch eines
                              dieser beiden Mittel soll die Regulirung der Ventilirung jedes Mal Statt finden, so
                              oft die Temperatur der Magnanerie hoͤher steht, als jene der aͤußeren
                              atmosphaͤrischen Luft. Die mehr oder minder rasche Umtreibung der
                              Windmuͤhlfluͤgel gibt endlich auch noch ein drittes Mittel an die
                              Hand, im Falle die Ventilirung auf mechanische Weise und ohne Mitwirkung des Feuers
                              hergestellt werden soll.
                           Die Details, in die ich hier einging, duͤrften genuͤgen, um zu zeigen,
                              wie man in der Magnanerie von Villemomble zu verfahren hat, um die Seidenraupen
                              gleichsam wie in freier Luft, und unter den ihrer Entwikelung guͤnstigsten
                              Verhaͤltnissen zu erziehen. Der Werkfuͤhrer wird durch Beobachtung der
                              beiden Thermometer an der Wand 2 und jener Thermometer, welche symmetrisch in der
                              Magnanerie vertheilt sind, das Feuer und das Eis leicht so anzuwenden lernen, daß
                              der Luftzug immer die gehoͤrige Temperatur bekommt; der Stand der Hygrometer
                              wird ihm zeigen, ob die zur Ventilirung dienende Luft mit Wasserdampf versezt werden
                              muß oder nicht; und der Geruch in den oberen Theilen des Saales endlich wird ihm
                              andeuten, ob der Grad der Ventilirung gehoͤrig regulirt ist, oder nicht. Hat
                              man dem Werkfuͤhrer ein Mal gehoͤrige Anleitung gegeben, so ist es an ihm, sie auch
                              auszufuͤhren, wozu ihm alle Mittel zu Gebote stehen. Der Eigenthuͤmer
                              kann ihn daher auch fuͤr alle Fehler, welche er begeht, verantwortlich
                              machen, und solcher Maßen des Gelingens seiner Unternehmung stets versichert seyn.
                              Der mit der Leitung der Arbeiten beauftragte Werkfuͤhrer hat hier anfangs
                              zwar allerdings mehr zu thun, als bei jener Methode, nach der man die
                              Seidenraupenzucht gegenwaͤrtig im suͤdlichen Frankreich betreibt;
                              allein nach Vollendung seiner Lehrzeit wird die geringe Muͤhe, die er auf
                              seine Arbeit zu verwenden hat, durch die Entfernung der Unruhe, in der er
                              gegenwaͤrtig stets seyn muß, durch die Gewißheit, daß er keine
                              Vorwuͤrfe zu fuͤrchten hat, und durch die Gewißheit, mit der er immer
                              die gewuͤnschten Resultate erzielen kann, reichlich entschaͤdigt
                              werden.
                           Man bedarf nunmehr zur Leitung einer Magnanerie keines gewandten und erfahrenen
                              Seidenzuͤchters mehr; denn jeder sorgfaͤltige Arbeiter, der der ihm
                              gegebenen Anleitung genau Folge leistet, wird genuͤgen. Wenn die
                              Einfuͤhrung der Dampfmaschinen und vieler anderer complicirter Mechanismen
                              zeigte, daß man leicht uͤberall gute Heizer und Aufseher findet, so ist wohl
                              nicht zu zweifeln, daß auch auf jedem Dorfe eine sorgfaͤltige Arbeiterin oder
                              ein alter Soldat zu finden seyn wird, der sich einige Monate im Jahre uͤber
                              zur Beaufsichtigung der Arbeiten eines so ehrenvollen, in seinen Details so
                              interessanten, und in seinen Resultaten so anlokenden Industriezweiges hergeben
                              moͤchte.
                           Es waͤre mir lieber gewesen, wenn ich die Anwendung jener Vorrichtungen,
                              welche ich ausdachte um die Magnanerien stets gesund zu erhalten, an einem ganz
                              einfachen Fabrikgebaͤude haͤtte zeigen koͤnnen; denn ich sehe
                              wohl ein, daß die aͤußeren Verschoͤnerungen der Anstalt in Villemomble
                              wahrscheinlich manche Kritiken veranlassen, und der Einfuͤhrung und
                              Verbreitung meines Systemes eher nachtheilig, als vortheilhaft seyn duͤrften.
                              Allein diese Art von Luxus, welche man hier besonders auf die beiden großen
                              Schornsteine verwendet sieht, wurde nothwendig dadurch veranlaßt, daß diese
                              Magnanerie in einem schoͤnen Parke und in der Naͤhe eines Schlosses
                              errichtet werden mußte, dessen Eleganz nicht verunstaltet werden durfte. Hrn. de Grimaudet gebuͤhrt das Verdienst in der
                              Naͤhe von Paris gezeigt zu haben, auf welche Weise sich die beste Magnanerie
                              herstellen laͤßt. Er wollte diesen Zwek erreichen und seinem Landsize
                              zugleich eine neue Zierde dadurch geben; dem Fabrikanten bleibt es
                              uͤberlassen das rein Nuͤzliche an einem einfacheren und wohlfeileren
                              Locale in Anwendung zu bringen, und sich zu uͤberzeugen, daß alle die großen
                              Magnanerien, in denen die Seidenraupenzucht gegenwaͤrtig gerade die meisten
                              Schwierigkeiten darbietet, mit leichter Muͤhe und geringen Kosten nach dem
                              von mir gegebenen Plane wesentlich verbessert werden koͤnnenHr. Camille Beauvais, einer der thaͤtigsten
                                    Seidenzuͤchter in der Gegend von Paris, hat die d'Arcet'sche Ventilirmethode bereits an einem sehr
                                    einfachen und wohlfeilen Gebaͤude in Anwendung gebracht, und im
                                    heurigen Jahre einem Schreiben an Hrn. d'Arcet
                                    gemaͤß, bei sehr verminderter Arbeit eine der reichlichsten
                                    Seidenernten gemacht.Koͤnig Ludwig Philipp laͤßt
                                    gegenwaͤrtig in Villiers eine nach demselben Systeme eingerichtete
                                    Magnanerie, welche fuͤr andere als Muster dienen soll, erbauen.A. d. R..
                           
                        
                           Anhang.
                           Wir fuͤgen der Abhandlung des Hrn. d'Arcet einen
                              Auszug aus jenem Berichte bei, den Hr. Soulange-Bodin der Société
                                 d'encouragement in Paris uͤber die Resultate der Seidenraupenzucht,
                              welche Hr. Camille Beauvais auf der Domaine der Bergeries de Sénart bei Montgeron, Dept. Seine et Marne, betreibt, erstattete. Dieser
                              Bericht ist naͤmlich das praktische Complement obiger Abhandlung, und zeigt
                              welche treffliche Erfolge von der Befolgung des d'Arcet'schen Planes zu erwarten stehen.
                           Hr. Beauvais, dessen Leistungen als
                              Seidenraupenzuͤchter wir bereits in einigen der fruͤheren
                              Jahrgaͤnge unserer Zeitschrift zu erwaͤhnen Gelegenheit hatten, besizt
                              an der besagten Domaͤne auf einem Flaͤchenraume von 16 1/2 Hectare
                              eine Pflanzung von 67,000 Maulbeerstaͤmmen von den besten Sorten, worunter
                              eine gute Anzahl von der Sorte des vielstaͤngeligen Maulbeerbaumes. Die von
                              ihm errichtete Anstalt, an der er auch einen eifrig besuchten Unterricht in der
                              Seidenzucht ertheilt, besizt eine solche Ausdehnung, daß er, sobald dieß ein Mal
                              seine jungen Baͤumchen gestatten, jaͤhrlich 150 Unzen Samen oder Eier
                              ausfallen lassen kann.
                           In den lezten 50 Jahren erzielte man in den suͤdlichen Provinzen aus einer
                              Unze Eier im Durchschnitte nicht mehr als 50 bis 55 Pfund Cokons: d.h.
                              beilaͤufig 10,000 Raupen kamen aus den 42,000 Eiern, die in einer Unze
                              enthalten sind, zur Reife! Herr Beauvais erzielte schon
                              bei seinem ersten Versuche aus einer Unze Samen 67 Pfd. Cokons, und seither stieg
                              dieses Resultat in den Jahren 1830, 31 und 33 fortwaͤhrend, so daß er im
                              Jahre 1834 schon 104 Pfd. per Unze erntete. Dieß ist
                              jedoch noch nicht Alles; denn Hr. Beauvais erzog im Jahre
                              1835 bei einer Temperatur von 18 bis 20° R. im Laufe von 37 Tagen und mit
                              einem Aufwande von 16,830 Pfd. ungereinigter Blaͤtter, die zur Haͤlfte
                              von gepfropften, zur Haͤlfte von wilden Maulbeerstaͤmmen genommen wurden, aus 8 Unzen
                              Samen 1101 3/4 Pfd. Cokons von bester Qualitaͤt, außerordentlicher Festigkeit
                              und bewundernswerther Weiße. Wenn auch bisher ein Resultat dieser Art, wornach auf
                              die Unze Samen 137 Pfd. Cokons kommen, in keiner großen Seidenzuͤchterei
                              erreicht worden seyn duͤrfte, so ist dieß, wie Hr. Beauvais bemerkt, dennoch bei weitem nicht der Culminationspunkt; denn
                              einer seiner Schuͤler, Hr. Henri Bourdon, erzog
                              schon bei seinem ersten Versuche aus einer Unze Samen nicht weniger dann 170 Pfd.
                              Cokons.
                           Da eine Unze Samen 42,000 Raupen gibt, so haͤtte Hr. Beauvais aus 8 Unzen 336,000 Raupen erziehen sollen; er gewann jedoch nur
                              1102 Pfd. Cokons, und da von diesen 360 auf das Pfund gingen, so erhellt, daß nur
                              286,520 Raupen zur Reife kamen. Beim Aufkriechen der Raupen verlor er durch
                              fehlerhafte Anordnung der Heidekrautbuͤndel und durch die hiedurch veranlaßte
                              Beeintraͤchtigung der Ventilation 4000 Stuͤke. In den fruͤheren
                              Altersperioden gingen demnach mit Einschluß der Eier, welche gar nicht ausfielen,
                              45,480 Stuͤke zu Grunde.
                           Aus einer Analyse, welche Hr. d'Arcet dem Berichterstatter
                              mitzutheilen die Guͤte hatte, geht hervor, daß sich die Luft in der
                              Magnanerie des Hrn. Beauvais zur Zeit der vierten
                              Altersperiode in geringem Grade alkalisch zeigte. Das Wasser, welches in der Anstalt
                              mit Huͤlfe eines mit Eis gefuͤllten Ballons verdichtet worden ist, war
                              vollkommen wasserklar, aber in leichtem Grade alkalisch; salpetersaures Silber gab
                              im Anfange des Zusazes keine Truͤbung, bald darauf zeigte sich jedoch eine
                              schwache Faͤrbung von weinigem Rosa. Die Ventilirung ging um diese Zeit
                              regelmaͤßig von Statten; auch war die Luft so wenig verdorben, daß die
                              uͤber dem pneumatischen Apparate damit angestellten Versuche keine
                              Kohlensaͤure zu erkennen gaben, und daß die eudiometrischen Versuche, der man
                              sie mit Phosphor und Stikstoff-Deutoxyd unterwarf, eben so viel Stikstoff und
                              Sauerstoff auswarfen, als in der freien Luft des Parkes zu finden waren. Die Luft
                              enthielt daher nur schwache Spuren von Ammoniak, welches an Kohlensaͤure
                              gebunden war. Zur Zeit des Aufkriechens der Raupen hingegen, wo die Ventilirung wie
                              gesagt etwas beeintraͤchtigt wurde, blieb die Luft nicht mehr so rein; sie
                              enthielt vielmehr nach drei von Henri Bourdon
                              angestellten Versuchen in 100 Theilen 82,57 Stikstoff und Kohlensaͤure und
                              17,43 Sauerstoff, waͤhrend die reine atmosphaͤrische Luft in 100
                              Theilen bekanntlich 21 Theile Sauerstoff enthaͤlt. Die Luft war demnach zu
                              dieser Zeitperiode schon sehr verdorben. Wasser, welches aus ihr mittelst Eis
                              verdichtet wurde, war vollkommen klar, geruch- und geschmaklos und etwas
                              alkalisch reagirend; salpetersaures Silber brachte darin zwar keine Truͤbung
                              hervor, aber schnell entstand eine ziemlich dunkle rothbraune Faͤrbung, in
                              deren Folge sich nach und nach ein haͤufiger rothbrauner Niederschlag
                              bildete, dessen Natur nicht vollkommen genau bestimmt worden zu seyn scheint.
                           Was aus den Seidenraupen werden muß, wenn man sie in einem nicht gehoͤrig
                              ventilirten Orte haͤlt, ergibt sich aus folgendem, von Hrn. d'Arcet angestellten Versuche. Er brachte 12 große, in der
                              vierten Altersperiode stehende und im Freien erzogene Seidenraupen mit einigen
                              Maulbeerblaͤttern in eine einen Liter fassende Flasche, und schloß diese ab.
                              Nach 24 Stunden war die in der Flasche enthaltene Luft weniger und alkalisch
                              geworden; bei der Analyse zeigte sie sich als aus 79,11 Stikstoff, 17,50
                              Kohlensaͤure und 3,39 Sauerstoff bestehend, so daß sie also gaͤnzlich
                              verdorben war. Von den 12 Raupen war eine abgestorben, die uͤbrigen waren
                              eingeschrumpft, schmuzig, graulichgelb und beinahe regungslos; drei davon starben
                              kurz darauf auf frischen Blaͤttern; von den uͤbrigen acht, welche
                              etwas weniges fraßen, spannen drei vor ihrem Tode etwas Seide, zwei puppten sich ein
                              ohne zu spinnen, und drei starben ohne zu spinnen und ohne sich einzupuppen.
                           Hr. Beauvais haͤtte 336,000 Raupen bekommen sollen;
                              er erzog jedoch mit den 4000, die beim Aufkriechen starben, nur 290,520; von 100
                              Eiern ergaben sich demnach 85,27 Cokons, waͤhrend 14,73 Eier nicht ausfielen
                              oder als Raupen zu Grunde gingen. Die Raupen fraßen im Ganzen 16,830 Pfd.
                              Blaͤtter; das Pfund frischer Blaͤtter enthaͤlt 32 Procent
                              trokenen Stoff und 68 Wasser. Jede Raupe fraß demnach waͤhrend ihrer ganzen
                              Lebensdauer 29 Gramm (7 Quentchen 42 Gr.) frische oder 6,28 Gr. (1 Qu. 46 Gr.)
                              trokene MaulbeerblaͤtterHr. d'Arcet der Sohn hat in 100 Theilen
                                    getrokneter Blaͤtter 5,58 Stikstoff gefunden; eine Raupe verzehrte
                                    demnach in der ganzen Masse der Nahrung, die sie waͤhrend ihrer
                                    Lebensdauer zu sich nahm, nur 0,518 Gr. Stikstoff. Die Seide enthaͤlt
                                    11,33 Proc. Stikstoff. Eine Raupe verzehrt also so viel Stikstoff, als zur
                                    Erzeugung von 4,572 Gr. Seide noͤthig waͤre; die Seide und die
                                    Flokseide eines Cokons waͤgen nur 2,327 Gr.; eine große, zum
                                    Einspinnen bereite Raupe nur 3,275 Gr. und die Puppe nur 1,783 Gr. Hr. d'Arcet verspricht demnaͤchst eine Analyse
                                    der trokenen Seidenraupe, der trokenen Puppe und des Raupenkothes; von
                                    lezterem versichert er gegenwaͤrtig schon, daß er keine
                                    Harnsaͤure enthaͤlt.A. d. O..
                           Diese ausgezeichneten Resultate verdankt Hr. Beauvais, wie
                              er selbst gesteht, dem von Hrn. d'Arcet erfundenen zur
                              Ventilirung dienenden Apparate, an dessen Erfindung er jedoch selbst großen Antheil
                              hat. Dieser einfache und wohlfeile Apparat bewirkt ihm das, wornach er lange
                              strebte: naͤmlich eine gleichmaͤßige Temperatur und eine
                              fortwaͤhrende Erneuerung der Luft: Bedingungen, welche in Verbindungen mit einer bis ins
                              Kleinliche gehenden Reinlichkeit, noͤthig sind, um die Seidenraupen unter die
                              zu deren Erziehung geeignetsten, und der Natur am meisten entsprechende
                              Verhaͤltnisse zu bringen.
                           Wenn man den Bau der Seidenraupen, die nur durch ihre Luftloͤcher athmen,
                              genau studirt, und die Gase, welche sie aushauchen, besonders in den lezten
                              Altersperioden analysirt, so wird man sich gewiß von der Wichtigkeit einer gelinden,
                              aber fortwaͤhrenden Circulation der Luft in den Gemaͤchern
                              uͤberzeugen, in welchen Tausende oder Millionen von Raupen auf dem Koche, aus
                              welchem ungesunde Ausduͤnstungen emporsteigen, liegen. Beobachtet man mit
                              Aufmerksamkeit die fortwaͤhrend in diesen kleinen Koͤrpern vor sich
                              gehenden Arbeiten, so wie die Wirkungen der Ausdehnung und Zusammenziehung, die
                              hauptsaͤchlich waͤhrend der Haͤutungsperioden bemerkbar sind,
                              so wird man bald finden, daß alle diese Funktionen, je nach der Temperatur, in
                              welcher sich die Thiere befinden, leichter und geschwinder von Statten gehen, und
                              daß alle ploͤzlichen Wechsel in der Temperatur denselben nothwendig
                              schaͤdlich werden muͤssen.
                           Große Feuchtigkeit, deren geringster Nachtheil darin besteht, daß sie den Koth in
                              Gaͤhrung versezt, wird den Seidenraupen sehr nachtheilig, weßhalb denn die
                              Seidenzuͤchter namentlich in der fuͤnften Altersperiode der Raupen die
                              warmen und feuchten Suͤdwinde fuͤrchten. Uebrigens entwikelt sich in
                              den Magnanerien aus den Maulbeerblaͤttern und aus den Raupen selbst ein
                              bedeutender Grad von Feuchtigkeit.
                           Trokenheit der Luft ist selbst bei aller Reinheit derselben den Raupen sehr
                              nachtheilig und macht die zur Nahrung dienenden Blaͤtter schnell welken. Die
                              Raupen, welche instinctmaͤßig die Nothwendigkeit einer gewissen
                              Quantitaͤt Wasser in ihrer Nahrung fuͤhlen, verschmaͤhen die
                              Blaͤtter alsogleich, so wie sie welk geworden sind, so daß also durch die
                              große Trokenheit der Luft Mangel an Nahrung fuͤr die Raupen und Verlust an
                              Blaͤttern entsteht.
                           Alle Seidenzuͤchter wissen aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist bei der
                              Seidenraupenzucht fuͤr bestaͤndige Erneuerung der Luft, fuͤr
                              Gleichheit der Temperatur und fuͤr einen gleichen Grad von Feuchtigkeit zu
                              sorgen; da sie jedoch diese Bedingungen nicht durch die gewoͤhnlichen ihnen
                              zu Gebot stehenden Mittel erreichen konnten, so suchten sie diesen Nachtheilen auf
                              verschiedene andere Weise zu steuern. Dieß gab denn auch die Veranlassung zu der
                              Sitte aromatische Kraͤuter in den Magnanerien zu verbrennen, Essig, in
                              welchen einige Gewuͤrznelken gebracht worden, darin zu sieden, die
                              Seidenraupen mit Chlorkalk zu uͤberstreuen; und zu vielen anderen derlei Mitteln, deren
                              Unzulaͤnglichkeit und Gefahren jedoch von selbst einleuchten.
                           Dandolo, einer der ausgezeichnetsten
                              Seidenzuͤchter Piemonts, uͤberzeugte sich bald von den Nachtheilen
                              aller dieser Schuzmittel und von der schaͤdlichen Wirkung derselben auf die
                              Seidenraupen; er saͤumte daher auch nicht die Erziehungsmethode der Raupen
                              gaͤnzlich zu reformiren. Er ließ zum Behufe der Erneuerung der Luft in die
                              Deke, den Boden und in die Seitenwaͤnde der Magnanerie Luftloͤcher
                              machen, und verdammte alle Raͤucherungen, deren Gefahren er erkannt hatte. In
                              den nach diesem Systeme erbauten Magnanerien, welche man nach dem Erfinder
                              Dandolières nennt, ziehen die Nachahmer Dandolo's,
                              deren Zahl leider nicht sehr groß ist, in Piemont 100 bis 110 Pfd. Cokons per Unze Samen, waͤhrend man nach der
                              gewoͤhnlichen Methode ihrer nur 50 bis 60 erzielt. Es fehlte in Piemont an
                              Aufmunterung zur Nachahmung des neuen Systemes; wir duͤrfen hoffen, daß man
                              in Frankreich, wo die Loͤsung der Frage schon viel weiter gediehen ist, nicht
                              in denselben Fehler verfallen werde.
                           Das System Dandolo's selbst ist jedoch noch mangelhaft;
                              und einer seiner Maͤngel besteht hauptsaͤchlich darin, daß der
                              Erfinder die Feuerheerde in der Magnanerie selbst anbringt, waͤhrend doch die
                              unmittelbare Einwirkung der Hize des Feuers und der aus demselben aufsteigenden
                              Duͤnste den Seidenraupen nur nachtheilig seyn muß. Die von ihm in Anwendung
                              gebrachten Mittel reichen uͤberdieß oͤfter nicht aus, besonders zu
                              Zeiten, wo die Luft sehr schwer und schwuͤl ist, und wo deren Circulation
                              traͤg von Statten geht; in diesen Faͤllen ist man dennoch gezwungen
                              seine Zuflucht zu den Chlorraͤucherungen zu nehmen, die schwer mit der
                              gehoͤrigen Regelmaͤßigkeit in Anwendung gebracht werden
                              koͤnnen. Es muͤßten daher kraͤftigere und mehr unfehlbare
                              Mittel benuzt werden; die Wissenschaft mußte sich der Frage bemaͤchtigen, um
                              die schaͤdlichen aͤußeren Einfluͤsse vollkommen zu vernichten,
                              und um alle zum vollkommenen Gelingen der Seidenraupenzucht noͤthigen
                              Bedingungen zu erfuͤllen. Alles dieß scheint das neue von Hrn. d'Arcet eingefuͤhrte System wirklich zu leisten.
                           Hr. Beauvais erhielt im April 1835 von Hrn. d'Arcet die Plane seiner neuen Magnanerie mitgetheilt; die
                              Zeit draͤngte, wenn die neue Verbesserung nicht noch um ein Jahr verschoben
                              werden sollte. In einem Monate stellte er eine Magnanerie her, welche ihm der großen
                              Eile ungeachtet, mit der die Apparate verfertigt worden, und bei den mit dieser Eile
                              nothwendig verbundenen Unvollkommenheiten dennoch alle von dem Erfinder erwarteten
                              Vortheile gewaͤhrte. Ganz Frankreich sieht auf die hoͤchst
                              guͤnstigen Erfolge der dießjaͤhrigen Seidenzucht des Hrn. Beauvais, und wenn dieses System noch an ein Paar anderen
                              Orten versucht, und wie nicht zu zweifeln ist, bewaͤhrt gefunden seyn wird,
                              so duͤrfte man es in Kuͤrze vom Suͤden bis zum Norden
                              Frankreichs angenommen und eingefuͤhrt sehen.
                           Wir bemerken nur noch, daß Hr. Beauvais seine Seide
                              gegenwaͤrtig, wo die Rohseide 25 Fr. per halben
                              Kilogramm gilt, zu 50 Fr. verkauft; und daß dieselbe von jener Race herstammt,
                              welche unter dem Namen Sina bekannt ist, und die Ludwig XVI. im Jahre 1784 aus
                              Canton kommen ließ. Diese Sorte war in Folge der Sorglosigkeit und des Geizes jener
                              Seidenzuͤchter, in deren Haͤnde sie zuerst kam, allmaͤhlich
                              sehr herabgekommen; Hrn. Poidebard gelang es nach langen
                              und vielen Bemuͤhungen sie wieder zu regeneriren, und Hr. Beauvais ist bemuͤht sie auf ihre volle
                              urspruͤngliche Schoͤnheit zuruͤkzufuͤhren.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
