| Titel: | Ueber die Explosionen der Dampfkessel. Von S. B. | 
| Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. I., S. 2 | 
| Download: | XML | 
                     
                        I.
                        Ueber die Explosionen der Dampfkessel. Von
                           S. B.
                        Aus dem Sunderland Herald im Mechanics' Magazine, No.
                              650.
                        [Ueber die Explosionen der Dampfkessel.]
                        
                     
                        
                           Es duͤrfte meiner Ansicht nach besonders in Erwaͤgung gezogen werden,
                              daß von den Dampfkesselexplosionen, welche sich seit laͤngerer Zeit her
                              ereigneten, beinahe alle waͤhrend des Stillstandes der Maschinen vorfielen;
                              ja ich erinnere mich keines einzigen, die sich ereignet haͤtte,
                              waͤhrend die Maschine in voller Thaͤtigkeit war. Dieß und einige
                              andere Umstaͤnde, auf welche ich durch ziemlich lange Erfahrung aufmerksam
                              wurde, brachten mich zu der Ueberzeugung, daß beinahe alle Explosionen der einen
                              oder der anderen der folgenden drei Ursachen zugeschrieben werden
                              muͤssen.
                           1) einer Ueberladung oder einem durch irgend eine Ursache erzeugten Festsizen des
                              Sicherheitsventiles.
                           2) dem Unrein- und Schlechtwerden des Kesselbodens.
                           3) endlich, der Schwaͤche des Kessels.
                           Unter diesen drei Ursachen ist die zweite, naͤmlich das Unrein- und
                              Schlechtwerden des Kessels die bei weitem am haͤufigsten vorkommende. Das zur
                              Speisung der Kessel dienende Wasser enthaͤlt naͤmlich
                              gewoͤhnlich eine nicht unbedeutende Menge kieseliger, thoniger, kalkiger und
                              anderer Substanzen schwebend. Diese sezen sich allmaͤhlich auf dem Boden des
                              Kessels ab, und bilden daselbst, so oft das Feuer maͤßiger wird, und das
                              Aufsieden nachlaͤßt, einen Bodensaz oder auch eine Kruste. Die erste Wirkung,
                              welche aus dieser Anhaͤufung fremdartiger Stoffe folgt, ist, daß das Feuer
                              nicht mehr so lebhaft auf das im Kessel enthaltene Wasser wirken kann; und daß
                              folglich zur Erzeugung derselben Quantitaͤt Dampf weit mehr Zeit erforderlich
                              ist, als bei vollkommen reinem Kessel. Die naͤchste Folge ist aber, daß, wenn
                              der Maschinist das Feuer verstaͤrkt, der Bodensaz oder Niederschlag sich in
                              Blasen von verschiedener Groͤße erhebt, wodurch der Boden stellenweise
                              rothgluͤhend werden wird. Bersten diese Blasen, so dringt das Wasser auf die
                              erhizte Eisenplatte, und erzeugt dadurch je nach der Groͤße dieser Blasen
                              kleine Explosionen von verschiedener Heftigkeit. Diese Explosionen, welche einige
                              Aehnlichkeit mit Pistolenschuͤssen haben, ereignen sich jedes Mal so oft die
                              Maschine, nachdem sie so lange gestanden, daß der Bodensaz sich bilden konnte, in
                              Bewegung kommt oder in Bewegung zu treten bereit ist. Sie treiben nicht selten die
                              eine oder die andere Platte des Kessels herab, und in den auf diese Weise
                              entstehenden Vertiefungen sezt sich dann der Bodensaz besonders an. Sind die Blasen
                              sehr groß, so wird das Wasser bei deren Bersten mit bedeutender Gewalt auf eine
                              große zum Rothgluͤhen erhizte Oberflaͤche stroͤmen, und
                              unvermeidbar eine heftige Explosion erzeugen, gegen welche keine Zahl von
                              Sicherheitsventilen Schuz zu schaffen vermag.
                           Um diesen Umstand noch mehr ins Licht zu sezen, bemerke ich nur noch, daß, wenn die
                              Maschinen eine halbe oder ganze Stunde angehalten werden, die Heizer
                              gewoͤhnlich die Feuerthuͤrchen oͤffnen, und zur
                              Daͤmpfung des Feuers etwas Kohlen eintragen. Beim Auf, hoͤren des
                              Siedens fallen aber die in dem Wasser enthaltenen Unreinigkeiten in
                              beilaͤufig 10 Minuten zu Boden; und ist das Wasser sehr unrein, so wird der
                              Bodensaz, wenn der Kessel allenfalls zwei oder drei Wochen nicht gereinigt worden
                              ist, sehr bedeutend seyn und von Tag zu Tag diker werden. Der auf dem Boden und an
                              den Seitenwaͤnden angesammelte Schlamm muß beim jedesmaligen Ansteken des
                              Feuers vollkommen mit dem in dem Kessel befindlichen Wasser vermengt werden, bevor
                              die Dampferzeugung gehoͤrig von Statten gehen kann.
                           Aus diesen Bemerkungen folgt natuͤrlich die Frage: kann diesen
                              beklagenswerthen Unfaͤllen abgeholfen werden, oder soll der verdachtlose
                              Reisende eben so wie der industrioͤse Arbeiter fortwaͤhrend diesen
                              uͤber ihm schwebenden Gefahren ausgesezt bleiben? Die Regierung hat
                              kuͤrzlich eine Commission zur Ermittelung der den Explosionen in den
                              Bergwerken zum Grunde liegenden Ursachen und der zu ihrer Verhuͤtung in
                              Anwendung zu bringenden Mittel niedergesezt; duͤrfte in Hinsicht auf die
                              Explosionen der Dampfkessel ein gleiches Verfahren nicht ebenfalls von Nuzen
                              seyn?