| Titel: | Ueber eine neue, von Hrn. J. B. Bonniot, ehemaligem Straßen- und Brükenbau-Conducteur, erfundene Maschine zum Reinigen von Häfen und Flüssen. | 
| Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. V., S. 11 | 
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                        V.
                        Ueber eine neue, von Hrn. J. B. Bonniot, ehemaligem
                           Straßen- und Bruͤkenbau-Conducteur, erfundene Maschine zum Reinigen
                           von Haͤfen und Fluͤssen.
                        Aus den Annales de la Société
                                 polytechnique-pratique, No. 18, S. 159.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Bonniot's Maschine zum Reinigen von Haͤfen und
                           Fluͤssen.
                        
                     
                        
                           Der Akerbau sowohl als der Handel forderte in Frankreich bereits seit langer Zeit
                              eine Vervollkommnung und Erleichterung der Flußschifffahrt; ja die Nothwendigkeit
                              der Verbesserung dieser lezteren wurde seit der groͤßeren Ausdehnung, welche
                              das Canalisationssystem gewann, nur noch fuͤhlbarer. Die Canaͤle
                              wuͤrden naͤmlich ihren Zwek nur hoͤchst unvollkommen erreichen,
                              wenn die Stroͤme und Fluͤsse, in welche sie muͤnden, oder mit
                              denen sie sich kreuzen, unschiffbar wuͤrden, oder fortwaͤhrend
                              Hindernisse und Gefahren, welche das Handelsinteresse stets beeintraͤchtigen
                              muͤssen, darboͤten. Die franzoͤsische Regierung hat daher
                              beschlossen, vom Jahre 1836 an diese Verbesserungen vorzunehmen; und da die hierauf
                              bezuͤglichen Arbeiten hauptsaͤchlich in einem Erdraͤumprocesse
                              bestehen, wodurch das Flußbett vertieft und rectificirt werden soll, so liegt es im
                              Interesse des Staates, vor Allem die Mittel und Maschinen zu untersuchen, mit deren
                              Huͤlfe dieser Reinigungsproceß am wohlfeilsten vollbracht werden kann.
                           Die kraͤftigsten Erdraͤummaschinen (dragues) liefern nicht immer die wohlfeilste Arbeit; eine mit Dampf betriebene
                              Maschine dieser Art, welche in England sehr vortheilhaft benuzt wird, kann z.B. in
                              Frankreich, wo das Brennmaterial viel theurer, der Arbeitslohn hingegen viel
                              niedriger ist, ihre Vortheile verlieren. Eine kleine derlei Maschine, deren
                              mittelmaͤßig große Triebkraft sich leicht und je nach Bedarf dem Wechsel im
                              Widerstande des abzuraͤumenden Bodens anpassen ließe, muß nothwendig den
                              Vorzug vor einer solchen erhalten, die stets mit einer großen, aber
                              gleichmaͤßigen Kraft (deren Intensitaͤt oft unnuͤz und also
                              nachtheilig wird) arbeitet, und die zwar allerdings taͤglich das Doppelte an
                              Arbeit liefert, aber dafuͤr das Zehnfache im Betriebe kostet. Die neue
                              Erdraͤummaschine, welche von Menschen in Bewegung gesezt werden soll, und zu
                              deren Beschreibung wir sogleich uͤbergehen wollen, scheint uns nun in diesen
                              Hinsichten vor allen uͤbrigen aͤhnlichen Maschinen, deren man sich
                              bisher zum Reinigen der Canaͤle, Fluͤsse und Haͤfen bediente,
                              den Vorzug zu verdienen.
                           Die fragliche Maschine, die man in Fig. 9 im Grundrisse und
                              in Fig. 10 im
                              Aufrisse ersieht, ist auf einem Fahrzeuge A mit flachem
                              Boden, welches
                              gehoͤrig verballastet und verankert ist, angebracht. Sie besteht aus einem
                              Paternosterwerke, welches aus einer doppelten endlosen Kette mit massiven
                              articulirten Gliedern B von gleicher Laͤnge
                              gebildet ist. An diesem sind die Eimer C angebracht,
                              welche aus starkem Eisenbleche buͤttenartig geformt, und an dem vorderen
                              Rande mit gehaͤrteten Stahlplatten versehen sind, damit sie leichter in das
                              Erdreich eindringen, und sich mit diesem in dem Maaße der Circulation der Kette auf
                              dem Boden fuͤllen. Der Paternoster wird zu diesem Behufe von einer schiefen
                              Flaͤche oder einem Meßbalken D getragen, und
                              dieser Meßbalken ist an seinem oberen Ende an einem Charniergelenke angebracht,
                              damit seine Neigung veraͤndert werden kann, je nachdem man die Eimer mehr
                              oder minder tief in den Boden eindringen lassen will. Es geschieht dieß mittelst
                              eines Flaschenzuges E, dessen bewegliche Rolle an dem
                              Fuße der schiefen Flaͤche eingehakt wird, waͤhrend die fixirte Rolle
                              an dem Kopfe eines an dem Vordertheile des Schiffes befestigten Sparrens angebracht
                              ist. Das Tau dieses Flaschenzuges windet sich auf eine mit einem Zahnrade versehene
                              Winde F, die durch eine Kurbel mit Triebstok in Bewegung
                              gesezt wird. Die schiefe Flaͤche oder der Meßbalken ist mit Walzen G, die die aufsteigende Bewegung des Paternosters
                              erleichtern, und an ihrem unteren Ende auch mit einer prismatischen Trommel H versehen, die sich um ihre Achse dreht, und deren
                              Flaͤchen der Laͤnge der Kettenglieder gleichkommen. Eine
                              aͤhnliche Trommel I befindet sich an dem oberen
                              Ende der schiefen Flaͤche, und dieser wird durch die Triebkraft eine
                              rotirende Bewegung mitgetheilt, die dann weiter an den Paternoster fortgepflanzt
                              wird. Die gefuͤllten Eimer bewegen sich an der schiefen Flaͤche nach
                              Aufwaͤrts, und werden an der oberen Trommel angelangt umgestuͤrzt.
                              Deren Inhalt gelangt dann durch den Canal K in die zu
                              dessen Aufnahme bestimmten Fahrzeuge.
                           Die bis hieher beschriebenen Theile der Erdraͤummaschine sind bis auf einige
                              Verbesserungen an der Form der Eimer und der Paternosterglieder den entsprechenden
                              Theilen an den durch Dampf oder Pferde betriebenen Raͤummaschinen
                              aͤhnlich; das Fahrzeug kann uͤbrigens entweder nur an der einen Seite
                              oder in der Mitte in einer zu diesem Behufe angebrachten Spalte, oder auch an beiden
                              Seiten mit einem Paternosterwerke ausgestattet seyn. Das neue System unterscheidet
                              sich daher von den aͤlteren nur durch die Triebkraft und durch den
                              Mechanismus, der diese auf die prismatische Trommel I
                              fortpflanzt.
                           Diese aus Gußeisen verfertigte Trommel ist gleich der unteren an beiden Enden mit
                              Scheiben versehen, durch die der Paternoster in seiner Richtung erhalten wird. Sie ist innen vierekig
                              ausgehoͤhlt; und diese Aushoͤhlung dient zur Aufnahme eines Balkens,
                              welcher die Achse eines Rades L mit abgestuzt
                              kegelfoͤrmigen Schaufeln bildet. Auf diese Schaufeln treten Menschen wie auf
                              die Tritte einer Treppe, und durch das Gewicht dieser Personen wird das Rad
                              umgetrieben. Dieses Rad laͤuft in der Mitte quer durch das Fahrzeug, und
                              nimmt dessen ganze Breite ein, so daß sich die Trommel I
                              ganz außerhalb der einen Seite des Fahrzeuges befindet. Der Balken, welcher dem Rade
                              und der Trommel als Achse dient, ist an seinen beiden Enden mit Zapfen aus polirtem
                              Stahle versehen, und diese drehen sich in Zapfenlagern aus Guajac oder
                              Franzosenholz, welche an den Querbalken M angebracht
                              sind. Leztere ruhen auf zwei Balken N, die neben den
                              beiden Seiten des Rades laufen, und in die vier an den Seitenwaͤnden des
                              Fahrzeuges befestigten Pfosten O eingezapft sind.
                           Ueber dem Rade und der Seite gegenuͤber, an welcher die Arbeiter an dem
                              Tretrade hinaufsteigen, sind an schief geneigten Pfosten zwei Querhoͤlzer
                              angebracht, an denen sich die Arbeiter anhalten koͤnnen, damit sie nicht nur
                              mehr Sicherheit haben, sondern auch die Kraft ihres Gewichtes, im Falle der
                              Widerstand groͤßer wuͤrde, augenbliklich durch Benuzung ihrer
                              Muskelkraft verdoppeln koͤnnen. Diese horizontal laufenden Querhoͤlzer
                              sind zur Vermeidung aller Verwirrung in der Zeichnung nicht abgebildet. Die obere
                              Kette, zwischen der sich die Pfosten befinden, dient auch zur Befestigung eines
                              Tuches, welches den Arbeitern zum Schuze dient.
                           Der großen Scheibe des Rades gegenuͤber und an jener Seite des Fahrzeuges,
                              welche der Seite, an der sich die Trommel befindet, entgegengesezt ist, ist an einem
                              Gestelle oder Boke Q ein Flugrad P angebracht, welches dadurch in Bewegung gesezt wird, daß uͤber
                              Kehlen, die im Umfange der Scheibe angebracht sind, und uͤber die Nabe des
                              Flugrades ein endloses Tau laͤuft. Dieses Flugrad dient zum Ausgleichen der
                              Bewegung der Maschine; es haͤuft die Kraft, welche bei Verminderung des
                              Widerstandes rein verloren gehen wuͤrde, an, um sie beim Zunehmen des
                              Widerstandes wieder abzugeben.
                           Im Jahre 1835 wurde in La Rochelle ein nach dem eben beschriebenen Systeme erbautes
                              Raͤumfahrzeug erbaut; es wurde seither fortwaͤhrend zum Reinigen des
                              Hafens und zur Austiefung des Seegates des Vorhafens angewendet. An lezterem Orte
                              schaffte es stuͤkweise den Rumpf eines Schiffes weg, welches vor 40 Jahren
                              versunken war, in einem sehr dichten sandigen Erdreiche eingebettet lag, und das
                              Fahrwasser verengte. Das Fahrzeug, auf welchem die Maschine angebracht ist, mißt 45
                              Fuß in der Laͤnge, und am Hauptquerbalken 18 Fuß in der Breite. Man kann
                              damit selbst in einer Tiefe von 12 Fuß unter dem Wasser ausraͤumen, wobei das
                              Fahrzeug selbst nur 3 Fuß tief im Wasser geht. Das Tretrad, welches ohne die
                              prismatische Trommel 18 Fuß lang ist, nimmt die ganze Breite des Fahrzeuges ein;
                              leicht koͤnnen 11 Personen auf dessen Schaufeln stehen, allein 5
                              genuͤgen zur Entfernung des Schlammes. In einer Stunde werden
                              gewoͤhnlich 405 Kubikfuß oder gegen 24,000 Kilogr. Schlamm mit Huͤlfe
                              dieser Maschine in die zu deren Aufnahme bestimmten Faͤhren gebracht. Die zur
                              Fuͤhrung dieser lezteren dienende Mannschaft bewerkstelligt auch die Ladung
                              ihrer Faͤhren; sie bleibt daher nicht unbeschaͤftigt, wie dieß an
                              jenen Raͤummaschinen der Fall ist, die durch Dampf oder Pferde betrieben
                              werden. Da die Triebkraft hier nichts kostet, so erwaͤchst hieraus eine
                              bedeutende Ersparniß. Die Mannschaft haͤlt waͤhrend der Zeitstunde,
                              die zum Laden ihrer Faͤhre noͤthig ist, die Arbeit sehr gut aus, ohne
                              daß sie abgeloͤst zu werden brauchte. Anders verhielt sich dieß bei der
                              gewoͤhnlichen franzoͤsischen Raͤummethode, deren man sich
                              fruͤher bediente. Bei dieser mußten naͤmlich die Pferde gewechselt
                              werden, so daß von 8 Pferden immer nur vier arbeiteten, und beinahe dieselbe Arbeit
                              verrichteten, die bei der neuen Maschine durch das Gewicht der 5 Arbeiter
                              bewerkstelligt wird. Es duͤrfte allerdings uͤbertrieben scheinen, wenn
                              wir die Arbeit oder den Nuzeffect der 5 Arbeiter hier jenem von 8 Pferden
                              gleichstellen; und doch verhaͤlt sich die Sache, die durch
                              mehrjaͤhrige Erfahrung erwiesen ist, wirklich so, zum neuen Beweise, was man
                              von der richtigen Wahl der Triebkraft und der gehoͤrigen Anwendung derselben
                              zu erwarten hat. Wir wollen daher die durch Menschen betriebenen
                              Raͤummaschinen noch weiter mit jenen vergleichen, die man mit Pferden in
                              Bewegung zu sezen pflegte.
                           Die an der franzoͤsischen Raͤummaschine in Anwendung gebrachten
                              Pferdegoͤpel waren von zweierlei Art; der eine war gleich den
                              gewoͤhnlichen fixirt und horizontal; der andere hingegen bestand aus einem
                              schiefen, um 1/6 gegen den Horizont geneigten Rade, welches sich unter den
                              Fuͤßen der Pferde drehte, so daß diese, ohne ihre Stelle zu
                              veraͤndern, durch ihr Gewicht wirkten, und dennoch zu gleicher Zeit auf einen
                              unbeweglichen Punkt eine Ziehkraft ausuͤbten. In diesen beiden Faͤllen
                              erhaͤlt man nothwendig von den Pferden einen geringeren Nuzeffect, als wenn
                              man sie auf einem festen und horizontalen Wege direct zum Ziehen verwendet:
                              abgesehen davon, daß diese Arbeit die Pferde sehr ermuͤdet und in kurzer Zeit
                              zu Grunde richtet. Da der Durchmesser dieser Goͤpel von der Breite der
                              Fahrzeuge abhing, so konnte er nicht uͤber 18 Fuß betragen.
                           Da an den fixirten Goͤpeln die Radien oder Hebel, an deren Enden die Pferde angespannt
                              wurden, nur 9 Fuß hatten, so erwuchs hieraus ein Verlust an Nuzeffect, an Kraft und
                              an Geschwindigkeit. Die Zugkraft eines jeden Pferdes konnte unter diesen
                              Umstaͤnden nur auf 80 Kilogr. und die Geschwindigkeit auf 3600 Fuß per Stunde angeschlagen werden, woraus sich 96,000
                              dynamische Einheiten oder metrische Kilogramme ergaben.
                           An dem beweglichen Goͤpel betraͤgt zwar der Radius des schiefen Rades
                              gleichfalls 9 Fuß; allein da die vier Pferde in zwei Reihen angespannt sind, so
                              wirkt der Schwerpunkt ihres gemeinschaftlichen Gewichtes auf einen Radius, der kaum
                              mehr denn 5 Fuß 4 Zoll betraͤgt. Aus diesem Grunde und in Betracht der
                              Abdachung der Flaͤche kann man hier auf ein Pferd kaum eine hoͤhere
                              Zugkraft als 50 Kilogr. rechnen, und dabei eine mittlere Geschwindigkeit von 3000
                              Fuß in der Zeitstunde annehmen, so daß sich hier in dynamischen Einheiten als
                              Zugkraft ergeben
                           
                              
                                 
                                 50,000 metr. Kilogr.
                                 
                              
                                 Das mittlere Gewicht eines starken
                                    Zugpferdes betraͤgt 280 Kilogr.; da aber die Flaͤche
                                    des Rades eine Neigung von 1/6 hat, so wirkt nur der sechste Theil
                                    des Gewichtes des Pferdes, d.h. 46 Kilogr. in horizontaler Richtung
                                    um das Rad umzutreiben; und diese 46 mit 3000 Fuß Geschwindigkeit
                                    multiplicirt, geben an dynamischen Einheiten
                                 46,000
                                        –
                                          –
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Dieß gibt in Summa einen Nuzeffect
                                    von
                                 96,000
                                 
                              
                           dynamischen Einheiten fuͤr ein Pferd, gleichwie dieß
                              auch an dem fixirten Goͤpel der Fall war.
                           Ein auf die Radien oder Halbmesser eines kegelfoͤrmigen Rades tretender
                              Arbeiter uͤbt aber ohne alle Anstrengung einen Druk aus, der seinem Gewichte
                              gleichkommt, und im mittleren Durchschnitte 65 Kilogr. betraͤgt; und da seine
                              Geschwindigkeit hiebei beilaͤufig zu 3600 Fuß in der Zeitstunde anzunehmen
                              ist, so ergibt dieß 78,000 dynamische Einheiten oder 4/5 des Nuzeffectes eines
                              Pferdes.Wenn ein Mensch, sagt Hachette in seinem Traité des Machines, durch sein Gewicht
                                    auf ein Rad wirkt, so betraͤgt seine Geschwindigkeit 3–4
                                    Decimeter (11 Zoll 1 Linie bis 1 Fuß 3 Zoll) in der Secunde. Die Arbeiter in
                                    den Tretraͤdern an den Steinbruͤchen bei Paris haben eine
                                    Geschwindigkeit von 33 Centimeter per Secunde
                                    oder 1200 Meter (3600 Fuß) per Zeitstunde.A. d. O. Fuͤnf in dieser Maschine arbeitende Menschen leisten demnach eben so
                              viel als vier in die fixirten oder beweglichen Goͤpel gespannte Pferde; und
                              da die Pferde gewechselt werden muͤssen, waͤhrend die Menschen
                              ausruhen, indem sie die mit dem ausgegrabenen Schlamm beladenen Fahrzeuge weiter schaffen, so
                              folgt hieraus, daß hier fuͤnf Menschen, welche dasselbe Geschaͤft
                              verrichten, wie beim Ersteigen einer Treppe, taͤglich eben so viel leisten,
                              als 8 starke Zugpferde. Hieraus ergibt sich hinreichend, wie wohlfeil der Betrieb
                              der hier beschriebenen Raͤummaschine zu stehen kommt.
                           Da an der neuen Raͤummaschine die Triebkraft unmittelbar auf die Trommel, die
                              das Paternosterwerk in Bewegung sezt, wirkt, so ist die Reibung hier weit geringer,
                              als an den Maschinen, die mir Pferden betrieben werden; denn an diesen wird die
                              Bewegung mittelst Winkelraͤdern, die die Maschine complicirt machen und auch
                              leicht in Unordnung gerathen, fortgepflanzt. Der Mechanismus der mit Dampf
                              betriebenen Raͤummaschinen ist noch weit mehr zusammengesezt; denn hier muß
                              die geradlinige Hin- und Herbewegung des Kolbens in eine continuirliche
                              rotirende Bewegung umgewandelt, und diese dann erst an die Trommel fortgepflanzt
                              werden, wodurch nicht bloß eine bedeutende Reibung, sondern auch ein Verlust an
                              Kraft und Nuzeffect bedingt ist. Die Kraft der Maschine bleibt sich ferner gleich
                              und kann weder modificirt, noch ploͤzlich angehalten werden; sie muß also
                              nothwendig dem Maximum des Widerstandes, auf den man bei der Arbeit stoßen kann,
                              angepaßt seyn, woraus nothwendig unter den gewoͤhnlichen Umstaͤnden
                              ein großer Verlust an Kraft erwaͤchst. Es darf demnach gar nicht Wunder
                              nehmen, daß eine mit 4 Pferden betriebene, sogenannte franzoͤsische
                              Raͤummaschine eben so viel Nuzeffect gibt, als eine Maschine von 8 und 10
                              Dampfpferdekraͤften; daß erstere Maschinen bei allen Hafen- und
                              Flußreinigungs-Unternehmungen mit lezteren rivalisirten;Die mit Dampfmaschinen arbeitende Gesellschaft concurrirte bei den zur
                                    Reinigung des Hafens von La Rochelle vorgenommenen Arbeiten vergeblich gegen
                                    die franzoͤsischen Raͤummaschinen, deren Leistungen wohlfeiler
                                    zu stehen kamen.A. d. O. und daß die Kosten des Raͤumens auf solche Weise um den dritten Theil
                              herabgedruͤkt wurden, wie dieß aus einem Zeugnisse hervorgeht, welches schon
                              im Jahre 1824 von dem mit der Leitung der Arbeiten an der Seine beauftragten
                              Ingenieur ausgestellt wurde. Wir entnehmen aus diesem Zeugnisse folgende Stelle, die
                              sich vollkommen auf die durch Menschen betriebene Raͤummaschine anwenden
                              laͤßt.
                           
                              „Die Raͤummaschine mit schiefem Goͤpel hat so eben in
                                 reinen, wegen seiner Haͤrte merkwuͤrdigen Tuffstein einen Canal
                                 gegraben. Man konnte bei dieser Gelegenheit sogar die positive, wenn auch
                                 paradox scheinende Bemerkung machen, daß da, wo man es mit einem so schwierigen
                                 Erdreiche zu thun hat, kleine Goͤpelmaschinen mit 3 bis 4
                                 Pferdekraͤften vor groͤßeren Dampfmaschinen von bedeutender Kraft den Vorzug
                                 verdienen. Und zwar: 1) weil sie nicht so leicht Beschaͤdigungen
                                 ausgesezt sind; 2) weil die Pferde im Falle eines beinahe absoluten Widerstandes
                                 stehen bleiben, waͤhrend die Dampfkraft fortwirkt und die Maschine
                                 zertruͤmmert; 3) weil man bei Anwendung der kleinen Maschinen den
                                 Widerstand probiren, den am meisten Widerstand leistenden Punkt umgehen, und die
                                 zu dessen Zerstoͤrung dienenden Mittel mannigfach modificiren kann; 4)
                                 weil, wenn der Widerstand nachlaͤßt, die hiedurch erleichterten Pferde
                                 von selbst einen rascheren Schritt einschlagen, und man also an Geschwindigkeit
                                 gewinnt, was bei den leblosen Triebkraͤften nicht moͤglich ist; 5)
                                 endlich, weil durch die Kummetstoͤße der Pferde eine Kraft erzielt wird,
                                 die vielleicht wirksamer seyn duͤrfte, als der bedeutend groͤßere,
                                 aber gleichmaͤßig wirkende Druk, der durch die Dampfkraft auf die Eimer
                                 ausgeuͤbt wird.“
                              
                           Diesen sehr richtigen Betrachtungen muͤssen wir noch beifuͤgen, daß die
                              Kraft an der neuen Raͤummaschine eine noch weit groͤßere Ausdehnung
                              zulaͤßt, als an dem Goͤpel mit schiefem Rade. Auf das Rad der lezteren
                              Maschine lassen sich naͤmlich nur 4 Pferde bringen, deren Nuzeffect jenem von
                              5 Menschen, die sich auf dem Schaufelrade der neuen Maschine befinden, gleichkommt;
                              an lezterem Rade laͤßt sich hingegen die Zahl der Menschen oder Arbeiter bis
                              auf 11 erhoͤhen, wenn es die Haͤrte des Bodens erfordern sollte. Bei
                              zufaͤllig groͤßerem Widerstande brauchen die Arbeiter nur eine Gewalt
                              auf die Tretbretter auszuuͤben und mit Kraft darauf herumzutreten, um
                              hiedurch eine anhaltendere und nicht minder kraͤftige Wirkung zu erzeugen,
                              als sie durch die Kummetstoͤße der Pferde hervorgebracht wird. Die Menschen
                              wissen mit Huͤlfe ihres Verstandes auch die Hindernisse, auf die die
                              Raͤummaschinen nicht selten stoßen, besser zu uͤberwinden, als die
                              Pferde; und um ihnen Mittel zur Abaͤnderung der Wirkung ihres Gewichtes an
                              die Hand zu geben, ist das Rad auch kegelartig geformt: denn je nachdem sie sich an
                              den großen oder kleinen Durchmesser des Rades begeben, wird der Widerstand
                              zu- oder abnehmen. Ist die Maschine fuͤr hartes Erdreich und tiefe
                              Ausgrabungen bestimmt, wo nie weniger als acht Arbeiter noͤthig sind, so kann
                              man dem Rade die Cylinderform geben.
                           Die Anwendung von Menschen an den Raͤummaschinen verdient auch noch in anderen
                              Beziehungen den Vorzug. Denn 1) kann man, wenn das Spiel der Maschine durch irgend
                              einen Zufall unterbrochen ist, wie z.B. durch das Trokenliegen des Fahrzeuges bei
                              Ebbe, oder durch die Unerreichbarkeit des Grundes bei hoher Fluth, die Zeit besser
                              benuzen, als dieß bei Anwendung von Pferden und Dampf moͤglich ist. 2) kann
                              man die Arbeiter, wenn man ihrer nicht mehr bedarf, leicht wieder entlassen. 3) endlich kann man auf
                              diese Weise arbeitsliebende Menschen zu allseitigem Vortheile
                              beschaͤftigen.
                           Die beschriebene Maschine ist zu einfach und ihre Leistungen sind zu offenbar, als
                              daß es noͤthig waͤre, noch ausfuͤhrlicher bei den Vortheilen zu
                              verweilen, die sowohl fuͤr die Unternehmer, als fuͤr die Regierungen
                              aus deren Annahme erwachsen muͤssen. Wir wollen daher die Leistungen und
                              Kosten der neuen Maschine nur mit jenen der anderen Paternosterwerke, deren
                              kreisende Bewegung im Allgemeinen als die guͤnstigste anerkannt ist,
                              vergleichen. Die Leistungen der kreisenden Bewegung kommen naͤmlich weit
                              wohlfeiler zu stehen, als jene der Loͤffelraͤummaschinen mit
                              Wechselbewegung; obschon uͤbrigens auch diese Maschinen unter gewissen
                              Umstaͤnden nuͤzliche Anwendung finden koͤnnen.
                           Die Mannschaft der neuen Raͤummaschine besteht aus einem Aufseher, 4 Matrosen
                              und einem Schiffjungen. Der taͤgliche Lohn dieser Mannschaft, so wie die
                              Unterhaltungskosten des Fahrzeuges und den Maschine belaufen sich taͤglich
                              auf 18 Franken; rechnet man hiezu noch den Lohn der 5 Arbeiter in der Maschine,
                              welche zugleich auch den abgeraͤumten Schlamm etc. wegschaffen, mit 10 Fr.,
                              so gibt dieß, wenn die Maschine in einem Seehafen arbeitet, eine taͤgliche
                              Ausgabe von 28 Fr. Diese Summe sinkt jedoch auf 20 Fr. herab, wenn die Maschine in
                              einem Flusse arbeitet, wo sie nicht den Wogen ausgesezt ist, wo die Ausgrabungen
                              nicht so tief zu geschehen haben, und wo also weniger Menschenhaͤnde
                              erforderlich sind. Die Arbeiten der bisherigen franzoͤsischen
                              Raͤummaschine kamen bei den an der Marne vorgenommenen Raͤumungen der
                              Regierung taͤglich auf 120 Fr.: also auf das Sechsfache der taͤglichen
                              Kosten der neuen Maschine, die eben so viel leistet. Die taͤglichen Kosten
                              einer mit Dampf arbeitenden Raͤummaschine werden noch hoͤher,
                              naͤmlich auf 199 Fr. geschaͤzt. Wir haben hienach folgende Tabelle der
                              Gestehungskosten entworfen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 60, S. 18
                              Beschaffenheit des Bodens; Zahl der
                                 Kubikmeter, welche, taͤglich in 8 wirklichen Arbeitsstunden
                                 weggeraͤumt werden; Kosten der Wegraͤumung eines Kubikmeters mit
                                 Huͤlfe; der neuen Raͤummaschine; mit Pferden oder Dampf; Schlamm;
                                 Fr.; Cent.; Reiner Sand; Kies und Geroͤll; Thon; Tuffstein
                              
                           Wegen des Zeitverlustes, der bei Arbeiten dieser Art unvermeidlich Statt findet,
                              haben wir die wirkliche Arbeitszeit nur zu 8 und nicht zu 12 Stunden angesezt.
                              Bemerken muͤssen wir uͤbrigens noch, daß die Verminderung der Leistung
                              und die Erhoͤhung der Kosten bei den beiden lezten Arten von Boden weniger
                              von der Haͤrte des Bodens, als vielmehr von der Zaͤhigkeit
                              herruͤhrt, womit derselbe in den Eimern haͤngen bleibt; denn der Gang
                              der Maschine muß deßhalb um so Vieles langsamer gemacht werden, daß man Zeit hat die
                              Substanzen mit einem schneidenden Instrumente aus den Eimern wegzuschaffen. Dieser
                              Uebelstand trifft jedoch alle Arten von Raͤummaschinen.
                           Die neue Maschine, drague rochelaise genannt, kommt je
                              nach der Kraft und Laͤnge des Paternosterwerkes mit allem Zugehoͤre,
                              jedoch abgesehen von dem Fahrzeuge, auf 12 bis 18,000 Fr. zu stehen. Eine mit Dampf
                              betriebene Raͤummaschine von 4 bis 16 Pferdekraͤften hingegen, so wie
                              sie die HH. Wilson und Mauby
                              in Charenton verkaufen, kommt auf 32 bis 79,000 Fr. Hr. Bonniot hat auf seine Erfindung ein Patent fuͤr 15 Jahre genommen;
                              er verfertigt seine Maschinen jedoch nicht selbst, sondern verkauft bloß die
                              Erlaubniß zu dem Baue derselben, wozu er die genaueste Anleitung gibt, und der bei
                              der Einfachheit des Ganzen leicht uͤberall gefuͤhrt werden kann.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
