| Titel: | Bericht des Hrn. Payen über die neuere Abhandlung des Hrn. Mathieu de Dombasle, die Runkelrübenzuker-Fabrication in Frankreich betreffend. | 
| Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XLII., S. 213 | 
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                        XLII.
                        Bericht des Hrn. Payen uͤber die neuere Abhandlung des Hrn.
                           Mathieu de
                              Dombasle, die Runkelruͤbenzuker-Fabrication in Frankreich
                           betreffend.Die Abhandlung des Hrn. Mathieu de Dombasles erschien
                                 unter dem Titel: „Du sucre indigène, de
                                       la situation actuelle de cette industrie en France, de son avenir etc.
                                       du droit, dont on se propose de la charger.“
                                 
                           
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement, Januar 1836, S. 26.
                        Dombasle, uͤber die Vortheile der
                           Runkelruͤbenzuker-Fabrication etc.
                        
                     
                        
                           Die Gewinnung des Zukerstoffes aus den Runkelruͤben ist fuͤr das
                              Gedeihen der Landwirtschaft in Frankreich von hoͤchstem Interesse; sie hat
                              bereits in mehreren Fabriken bedeutende Fortschritte gemacht, und verspricht in
                              einer wohl nicht sehr fernen Zeit den inlaͤndischen Markt, auf welchem das
                              Wohl unseres Handels hauptsaͤchlich beruht, auf eine sehr ansehnliche Weise
                              zu erweitern.
                           Hr. M. de Dombasle, eben so weise als Landwirth, wie als
                              Fabricant, konnte und mußte sogar in jeder Beziehung sein Augenmerk auf diesen so
                              schoͤnen Gegenstand richten. Ich will versuchen zu zeigen, von welchen
                              Gesichtspunkten er hiebei ausging und welche Motive seine Meinung fixirten; ich
                              brauche uͤbrigens wohl kaum zu erinnern, daß man die ganze Abhandlung lesen
                              muß, um einen vollen Begriff von dem Wichtigen und klar Erwiesenen, welches darin enthalten ist, zu
                              bekommen.
                           Der Verfasser erinnert zuerst an die ersten Fortschritte, welche der fragliche
                              Industriezweig seit der von Markgraff gemachten Entdekung
                              zeigte; an die erste von Achard errichtete Fabrik; an den
                              großen Impuls, den die Fabrication unter dem Kaiserreiche mitgetheilt bekam; und an
                              den allgemeinen Mißcredit, in welchen sie verfiel, weil man glaubte, sie sey nur zum
                              Behufe der Aufrechthaltung des Continentalsystems durch kuͤnstliche Mittel
                              angeregt und unterhalten. Nur bei einem einzigen der gewandtesten Fabricanten, bei
                              Hrn. Crespel-Dellisse, blieb das heilige
                              Flaͤmmchen dieser so schoͤnen, damals aber noch so wenig gekannten
                              Fabrication glimmend.
                           Dieser Mißgunst ungeachtet, troz des fortwaͤhrenden Sinkens der Zukerpreise
                              und gegen zahlreiche Hindernisse und Fesseln machte sie nach und nach neue und
                              sicherere Fortschritte: immer noch unbeachtet bleibend, bis sie endlich 25 bis 30
                              Proc. des jaͤhrlich consumirten Zukers in den Handel warf, und zugleich den
                              Verbrauch an Zuker selbst erhoͤhte. Jezt erst zog sie die allgemeine
                              Aufmerksamkeit auf sich, und bald hielt die Verwaltung sie auch fuͤr so
                              kraͤftig geworden, daß sie dieselbe mit einer Auflage bedachte: mit einer
                              Auflage, welche Hr. D. mit Recht fuͤr unzeitig und als dem allgemeinen
                              Interesse nachtheilig erklaͤrt.
                           Der Verfasser deutet hier in dieser Hinsicht auf den unausbleiblichen, in den
                              englischen Colonien in Nord-Amerika begonnenen Sturz des Colonialsystemes,
                              der durch die Sklavenemancipation nur beschleunigt werden wird, und aus welchem
                              vielleicht eine Vernichtung der Zukerfabrikation in den Colonien hervorgehen
                              duͤrfte. Er haͤlt es unter diesen Umstaͤnden fuͤr ein
                              großes Gluͤk, daß wir nunmehr im Stande sind auf unserem eigenen Grund und
                              Boden ein ganz gleiches Product zu gewinnen; und zwar um so mehr, als der
                              Runkelruͤbenbau gleichsam als Basis der besten der Bewirthschaftungsmethoden
                              ohne Brache anzusehen ist, indem die kuͤnstlichen Wiesen allein in dieser
                              Hinsicht nicht genuͤgen.
                           „Die Entdekung des Runkelruͤbenzukers, sagte Hr. Morel de Bindé in einer vor 12 Jahren erschienenen
                                 Schrift, gehoͤrt zu jenen gluͤklichen und seltenen Revolutionen in
                                 der Staatswirthschaft, deren Werth zwar von den Zeitgenossen nicht immer erkannt
                                 wird, denen jedoch in kuͤnftigen Zeiten der ihr gebuͤhrende Plaz
                                 unter den ergiebigsten Quellen der Wohlfahrt der Landwirthschaft und des Handels
                                 angewiesen werden wird.“ So unterliegt es bereits gegenwaͤrtig
                              keinem Zweifel, daß eine in irgend einem Bezirke angelegte
                              Runkelruͤbenzuker-Fabrik einen Mittelpunkt bildet, um welchen sich durch das
                              unmittelbare Interesse angezogen Verbesserungen in der Cultur anreihen, aus deren
                              Erweiterung die moͤglich groͤßte Masse von Viehfutter und mithin eine
                              Vermehrung des Duͤngers mit der daraus folgenden Zunahme der Ernten und der
                              Capitalien nothwendig erwaͤchst.
                           Ungeachtet der zahlreichen und großen Katastrophen, welche die ersten
                              Ruͤbenzuker-Fabricanten trafen, hat doch noch nie irgend ein anderer
                              Industriezweig mehr Eifer und Enthusiasmus unter den auf Verbesserung der
                              Landwirthschaft bedachten Fabricanten hervorgebracht, als die Gewinnung des Zukers
                              aus den Runkelruͤben. Ungeachtet der Fortschritte, die man machte, und
                              ungeachtet die Falimente immer seltener werden, befindet sich von den 400
                              gegenwaͤrtig in Frankreich bestehenden Fabriken aber doch nur der dritte
                              Theil in einem bluͤhenden Zustande; und selbst von diesen duͤrften
                              nicht alle jener verderblichen Erschuͤtterung entgehen, die eine auf sie
                              gelegte Besteuerung, wie klein sie auch seyn moͤchte, hervorbringen
                              wuͤrde. Ein Drittheil unserer Fabriken ist im Stande seine Kosten zu deken,
                              und ein Drittheil verliert bei dem jezigen Preise des Zukers; so daß die Hoffnungen
                              dieser beiden lezteren Drittheile nur in Verbesserungen, welche neue Opfer
                              erheischen und in einer laͤnger fortgesezten Lehrzeit beruhen.
                           Hr. Dombasle zeigt, wie schwer es ist, sich hier in dieser
                              Sache jenen Fabriktact zu erwerben, der unumgaͤnglich nothwendig ist, um sich
                              einigen Gewinn zu sichern; und wie wenig Staͤtigkeit selbst dieser darbietet,
                              da man, um spaͤter der Concurrenz widerstehen zu koͤnnen, zu
                              zahlreichen Modificationen der Apparats gezwungen seyn wird. Es gibt Fabriken,
                              welche gegenwaͤrtig 15 bis 20,000 Fr. gewinnen, und welche 10 Jahre zu
                              arbeiten haben, um das aufgewendete Capital zu tilgen, ohne dabei gegen mancherlei
                              kostspielige Veraͤnderungen geschuͤzt zu seyn. Kaum der zwanzigste
                              Theil der franzoͤsischen Runkelruͤbenzuker-Fabriken hat bereits
                              seine Auslagen und die Interessen der Fonds zuruͤk erstattet bekommen.
                           Man irrt sich sehr, wenn man glaubt, daß der Gestehungspreis und der Gewinn bereits
                              fixirt sind, und daß man folglich hienach jezt schon den Zoll berechnen
                              koͤnnte, der auf dieses Fabricat gelegt werden kann, ohne die Zukunft des
                              Fabricationszweiges selbst und seinen Einfluß auf die Wohlfahrt des Staates in
                              Zweifel zu stellen. Der Preis der Runkelruͤben laͤßt sich in der
                              Nachbarschaft der Fabriken beilaͤufig zu 16 Fr. per 100. Kilogr. anschlagen; bei Vervollkommnung der Kultur duͤrfte
                              er aber wahrscheinlich niedriger sinken. Ehemals gewann man nur 3, dann 4 Proc.
                              Rohzuker aus den Runkelruͤben; gegenwaͤrtig ist der Ertrag allgemein
                              auf 6 und in einigen Fabriken selbst auf 6 1/2 Proc. gebracht; so daß also 1000 Kilogr.
                              Runkelruͤben gegenwaͤrtig 60 Kilogr. schoͤnen Zuker geben,
                              wovon das Kilogr. abgesehen von den Fabricationskosten auf 27 Cent. zu stehen kommt.
                              Da aber 10 Proc. krystallisirbarer Zuker in der Runkelruͤbe enthalten sind,
                              und da man hoffen darf bis auf 8 Proc. fabrikmaͤßig daraus zu gewinnen, so
                              berechnet sich der innere Werth auf 20 Cent.
                           In wenigen Fabriken, deren Auslagen bereits getilgt sind, betragen die
                              Fabricationskosten nicht uͤber 12 Fr. per 100
                              Kilogr. Runkelruͤben. Rechnet man hievon den Werth der
                              Ruͤkstaͤnde (naͤmlich der Blaͤtter, des Markes, der
                              Melassen) mit einem Betrage von mindestens 4 Fr. ab, so ergibt sich, daß sich die
                              Fabricationskosten auf 8 Fr. reduciren.
                           Nimmt man demnach an, daß sich aus den Ruͤben 6 Proc. Zuker gewinnen lassen;
                              schlaͤgt man den Preis der 100 Kilogr. Runkelruͤben auf 16 Fr. und die
                              Kosten auf 8 Fr. an, so ergibt sich, daß man fuͤr 24 Fr. aus 1000 Kilogr.
                              Runkelruͤben 60 Kilogr. Zuker herstellen kann, und daß folglich das Kilogr.
                              auf 40 Cent. oder das Pfund auf 4 Sous zu stehen kommt: ein Preis, fuͤr den
                              man aus keinem Theile der Welt Zuker nach Frankreich stellen kann. Kommt es vollends
                              erst zu einem Ertrage von 8 Kilogr. Zuker per 100
                              Kilogr. Runkelruͤben; und nimmt man an, daß die Gewinnungskosten hiebei um so
                              Vieles gemindert wurden, daß der geringere Werth, den die mehr erschoͤpften
                              Ruͤkstaͤnde nothwendig bekommen muͤssen, vollkommen
                              ausgeglichen wird, so erhaͤlt man fuͤr 24 Fr. 80 Kilogr. Zuker: so daß
                              das Kilogramm nur 30 Cent. kosten wuͤrde, oder daß das Pfund rohen,
                              fuͤr die minder wohlhabenden Classen jedoch vollkommen genuͤgenden
                              Zukers fuͤr 3 Sous geliefert werden koͤnnte.
                           Die Zunahme, deren der Verbrauch in Folge einer solchen Preiserniedrigung
                              faͤhig waͤre, laͤßt sich zum Theil aus der Zunahme, die bereits
                              jezt bei dem Sinken der Zukerpreise erfolgte, theils aber auch daraus berechnen, daß
                              gegenwaͤrtig auf einen Franzosen jaͤhrlich nur 1 Kilogr. 5 Decagr.
                              Zuker kommen, waͤhrend auf einen Englaͤnder jaͤhrlich 8 Kilogr.
                              und auf einen freien Bewohner auf Cuba 60 Kilogr. gerechnet werden! Es unterliegt
                              demnach keinem Zweifel, daß die Zukerconsumtion außerordentlich zunehmen wird,
                              sobald der Zuker ein Mal in allen Gegenden Frankreichs selbst fuͤr einen so
                              aͤußerst niedrigen Preis erzeugt werden wird. Hieraus wuͤrde aber
                              nothwendig ein allgemein behaglicherer Zustand fuͤr die Bevoͤlkerung,
                              eine Zunahme dieser lezteren, und vermehrte Absazwege fuͤr unsere Fabriken,
                              die gewiß vortheilhafter seyn werden, als die Dekung des Bedarfes der Arbeiter auf den Colonien,
                              folgen. Eben so wird auch der Absaz an Wein zunehmen; und an eine Verminderung der
                              Getreideernten ist vollends gar nicht zu denken, indem der Runkelruͤbenbau
                              die Brachen verdraͤngt und den Boden fruchtbarer macht.
                           Warum sollte der Zuker, wenn er ein Mal allgemein im Inlande erzeugt wird, eine
                              Substanz seyn, die sich besser besteuern laͤßt, als viele andere unserer
                              Fabricate? Damit dieß moͤglich waͤre, muͤßte einerseits aus der
                              Erhoͤhung des Preises, welche die Besteuerung nothwendig mit sich bringt,
                              keine Verminderung der Consumtion erwachsen; und andererseits muͤßte die
                              Erhebung der Auflage auf leichte Weise geschehen koͤnnen. Daß gerade das
                              Gegentheil hievon der Fall ist, zeigt die Erfahrung; obwohl wir allerdings zugeben
                              wollen, daß die Consumtion des Salzes sehr wenig schwankt, ungeachtet dessen Preis
                              innerhalb gewisser Graͤnzen steigt oder faͤllt; und obwohl es sich mit
                              den geistigen Getraͤnken und dem Tabake eben so verhaͤlt. Man ist
                              gegenwaͤrtig uͤberdieß von den großen Nachtheilen einer auf ein
                              landwirthschaftliches Product gelegten Steuer so sehr uͤberzeugt, daß jeder
                              Verstaͤndige den Tabakbau in Frankreich ganz unterlaͤßt, so lange man
                              die darauf gelegte Steuer beibehaͤlt.
                           Man darf ferner nicht vergessen, daß fuͤr die Wohlfahrt der minder bemittelten
                              Classen namentlich solche Modificationen der Lebensweise, wodurch der Gebrauch des
                              Zukers unter den Nahrungsmitteln immer mehr verbreitet wird, sehr
                              wuͤnschenswerth sind. Man darf nicht uͤbersehen, daß keine
                              gleichmaͤßige Vertheilung der Auflage moͤglich ist, so lange nicht
                              wenigstens die Mehrzahl der Fabrikanten unter gleichen Verhaͤltnissen
                              arbeitet: denn sonst werden die einen durch die Auflage ruinirt, waͤhrend
                              andere nur sehr wenig dadurch belastet sind.
                           Daß die Staatseinnahme durch die Freiheit der Zukerfabrication keinen Ausfall
                              erleiden wird, laͤßt sich mit Zuversicht aus der groͤßeren
                              Entwikelung, die die damit im Zusammenhange stehenden Industriezweige bekommen
                              werden, und aus der Vermehrung verschiedener Consumtionen erwarten. Wenn aber auch
                              die Mauthregister wirklich, ungeachtet der vermehrten Einfuhr von Kaffee, Cacao und
                              Thee, die mit dem Sinken der Zukerpreise nothwendig eintreten wird, eine verminderte
                              Einnahme zeigen sollten, wird man hiefuͤr nicht eine wichtigere
                              Entschaͤdigung in jenen Auflagen finden, die im Inneren von allen jenen
                              Individuen, die in der Runkelruͤbenzuker-Fabrication
                              Beschaͤftigung finden, entrichtet werden? Eine ganz neue Bevoͤlkerung
                              wird ja dafuͤr beitragen helfen, die auf das Salz, die Getraͤnke, den Tabak und so viele
                              andere mit den Colonien nicht in Beziehung stehende Gegenstaͤnde gelegten
                              Auflagen eintraͤglicher zu machen. Kurz die Auflage, womit man die
                              Ruͤbenzuker-Fabrication bedroht, und in Folge deren bereits jezt
                              mehrere Fabriken, welche haͤtten errichtet werden sollen, vor ihrer
                              Vollendung geschlossen wurden, waͤre ein wirkliches sehr großes Uebel,
                              waͤhrend der gefuͤrchtete Ausfall in den Ertraͤgnissen der
                              Mauth sehr problematisch ist, und vielleicht gar nie eintreten duͤrfte. Dazu
                              kommen endlich noch die außerordentlichen Schwierigkeiten, womit die Erhebung der
                              Auflage verbunden ist, zu beruͤksichtigen, um das Ungeeignete einer solchen
                              vollends herauszustellen.
                           Die Abhandlung des Hrn. Mathieu de Dombasles, deren
                              Grundzuͤge wir hier dargelegt haben, ist unserer Ansicht von so
                              außerordentlicher Wichtigkeit und solcher Gediegenheit, daß wir sie der
                              Aufmerksamkeit von Jedermann, Landwirthen sowohl als Fabrikanten, und
                              Staatsoͤkonomen dringend empfehlen.An diese Abhandlung des Hrn. M. de Dombasles reiht
                                    sich eine ausgezeichnete Denkschrift, die von einem der groͤßten
                                    Zuker-Fabrikanten, Hrn. Crespel-Dellisse, vor dem wissenschaftlichen Congresse in
                                    Douai vorgetragen wurde, und die sich ausfuͤhrlich uͤber die
                                    Unzwekmaͤßigkeit der Maßregel verbreitet, welche man im Interesse der
                                    Colonien von der franzoͤsischen Regierung gegen die
                                    inlaͤndischen Zuker-Fabrikanten ergriffen zu sehen
                                    befuͤrchtete. Wir koͤnnen auf diese Denkschrift, da sie
                                    hauptsaͤchlich nur das franzoͤsische Interesse betrifft, hier
                                    nur aufmerksam machen. Von allgemeinerem Interesse scheint uns jedoch
                                    folgende Stelle, die wir ausziehen zu muͤssen glauben, um die bei uns
                                    rege gewordene eifrige Theilnahme an diesem Industriezweige allenfalls noch
                                    mehr zu steigern.„Das Sinken der Getreidepreise, sagt Hr. C. D., zwingt den
                                       Landwirth sich neue Huͤlfsquellen zu schaffen; denn man denke
                                       sich den Zustand der Landwirthschaft, wenn ein noch weiteres Sinken
                                       dieser Preise eintraͤte. Wird es unter diesen Umstaͤnden
                                       nicht ein wahres Gluͤk seyn, wenn die durch den Betrieb eines mit
                                       der Agricultur innig verbundenen Industriezweiges zu erzielenden
                                       Wortheile die anderweitigen Verluste ausgleichen? Um die volle
                                       Wichtigkeit des Runkelruͤbenbaues und der Wohlthaten, die er
                                       verbreitet, noch besser wuͤrdigen zu koͤnnen, sind einige
                                       Worte uͤber diesen Bau nicht ungeeignet. Die Ruͤben werden
                                       im Mai gesaͤet; im Junius und Julius gegaͤtet, im Oktober
                                       und November geerntet; die Fabrication dauert den ganzen Winter hindurch
                                       bis zum Herbste. Hiebet ergibt sich als ein nicht genug zu beachtender
                                       Umstand, daß dieser Bau gerade zu jenen Zeiten Beschaͤftigung
                                       gewaͤhrt, wo sonst wenig auf dem Felde zu thun ist. Im
                                       Maͤrz und April, wo die Fabrication zu Ende geht, kehren die
                                       Arbeiter aus der Fabrik zur Landwirthschaft zuruͤk; in den
                                       Junius, wo der Feldbau sonst wenig Beschaͤftigung bietet,
                                       faͤllt das Gaͤten; im Julius und August werden die
                                       Arbeiter wieder der Beschaͤftigung bei den Ernten zugewendet, und
                                       im Spaͤtherbste treten sie wieder in die Fabrik, so daß sie nie
                                       muͤßig bleiben.“„Um eine Idee von den ungeheueren Huͤlfsquellen zu geben,
                                       welche die Zuker-Fabrication der arbeitenden Classe schafft,
                                       glaube ich nichts Besseres thun zu koͤnnen, als zwei Tabellen
                                       vorzulegen, von denen die eine den Arbeitslohn und die Producte eines
                                       nach der gewoͤhnlichen Methode betriebenen Landgutes von 150
                                       Hectaren Akerland, und die andere den Arbeitslohn und die Producte eines
                                       gleich großen, aber mit einer Zukerfabrik in Verbindung gebrachten Gutes
                                       angibt.“Tab. 1.Bewirthschaftung eines Landgutes von 150 Hektaren nach
                                       der Dreifelder-Wirthschaft.  50 Hect.Getreidezu36 Fr.50 Cent. Arbeitslohn1825 Fr.  20  
                                          –Hafer25 ––  500  –  10  
                                          –Klee25 ––  250  –    8   –Winterfutter20 ––  120  –  10  
                                          –Oehlsamen80 ––  800  –    6   –Kartoffeln80 ––  480  –  40  
                                          –Brachen80 ––    –   
                                          ––––––––––150 Hectaren.    Fuͤr Wagner-,
                                          Schmied-, Sattler- etc. Lohn beilaͤufig  600  ––––––––Summa des Arbeitslohnes4775 Fr.    Fuͤr Kohle, Holz, Eisen etc.
                                          beilaͤufig  500  ––––––––Summa der Kosten5275 Fr.Tab. 2.Bewirtschaftung eines Landgutes von 150 Hectaren in
                                       Verbindung mit einer Zuker-Fabrik.  40 Hect.Getreidezu36 Fr.50 Cent.Arbeitslohn   1460 Fr.  10  
                                          –Hafer25 ––     250
                                           –  15  
                                          –Klee 25 ––     375
                                           –    8   –Winterfutter25 ––     200
                                           –    3   –Bohnen20 ––       60
                                           –  40  
                                          –Runkelruͤben80 ––   4800  ––––––––––150 Hectaren.    Fuͤr Wagner-,
                                          Schmied-, Sattler- und anderen Lohn   4000  – –––––––––Summa der Kulturkosten an
                                          Arbeitslohn11,145 Fr.Kosten der Fabrikation.150 Tage Arbeit, Tag und Nacht, 70
                                          Arbeiter, welche taͤglich 12,000 Kilogr.
                                          verarbeiten12,000  –––––––––      Summa des
                                          Arbeitslohnes23,145 Fr.Kohle 6000 Hect. zu 2 Fr. 50
                                          Cent15,000 Fr.Saͤke, Geflechte etc.   3500  –Thierische Kohle, Kalk,
                                          Saͤure etc.   5000  –Abnuͤzung der
                                          Gebaͤude und Apparate   6000  –––––––––      Totalsumma der
                                          Ausgaben52,645 Fr.„Hieraus geht hervor, daß ein und dasselbe Landgut nach
                                       gewoͤhnlicher Bewirthschaftung eine Summe von 4775 Fr.
                                       Arbeitslohn zahlt, waͤhrend derselbe Boden mit einer
                                       Zuker-Fabrik in Verbindung gebracht an Arbeitslohn allein 23,145
                                       Fr. zahlt und dabei noch fuͤr 29,500 Fr. Gegenstande
                                       verschiedener Art, welche andere Fabricationen beschaͤftigen,
                                       verbraucht, Man bedenke, welche Wirkungen hieraus folgen
                                       muͤssen, und man wird uͤber die der arbeitenden Classe
                                       erwachsenden Vortheile erstaunt seyn! Man beschaͤftigte sich
                                       vielfach mit Mitteln gegen die Armuth und den Bettel; womit kann man
                                       diesen Aussaz unseres socialen Lebens besser tilgen oder lindern, als
                                       durch solche numerische Daten, wie ich sie hier lieferte? Man bedenke
                                       nur, welche Folgen fuͤr eine Gemeinde erwachsen muͤssen,
                                       wenn ein Stuͤk Land von 150 Hectaren allein um 20,000 Fr.
                                       Arbeitslohn mehr zahlt! Das Leben von 40 Familien und vielleicht das
                                       Wohl einer ganzen Gegend ist dadurch gesichert; und zwar nicht durch
                                       bestaͤndiges Einzwaͤngen der Bevoͤlkerung in
                                       Fabriken, sondern durch eine angenehme und gesunde
                                       Beschaͤftigung, welche im Winter gegen Kaͤlte und gegen
                                       die Folgen des Muͤßigganges, die beim Landvolke so haͤufig
                                       sind, schuͤzt.“Ausfuͤhrlich koͤnnen jene, die besonderes Interesse daran
                                    nehmen, diese Denkschrift im Recueil industriel,
                                    Februar 1836, S. 110 nachlesen.A. d. R.