| Titel: | Ueber die Vortheile des neuen nach dem Circulationsprincipe gebauten Dampfkessels des Hrn. J. Perkins. Auszug aus einer Abhandlung des Erfinders. | 
| Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XLVI., S. 242 | 
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                        XLVI.
                        Ueber die Vortheile des neuen nach dem
                           Circulationsprincipe gebauten Dampfkessels des Hrn. J. Perkins. Auszug aus einer Abhandlung des
                           Erfinders.Die erste Nachricht von dem Perkins'schen Dampfkessel, dessen Vortheile sowohl als Neuheit
                                 mannigfach angegriffen wurden, haben wir bereits im Polytechn. Journale Bd. XLIV. S. 249 gegeben. Das zweite
                                 Patent, welches Perkins auf die Modifikation seines
                                 Kessels nahm, um die es sich hier handelt, wurde seither noch in keiner
                                 Zeitschrift bekannt gemacht. Hr. Perkins soll
                                 aufgefordert worden seyn, einige der alten Dampfkessel der Locomotivmaschinen an
                                 der Liverpool-Manchester-Eisenbahn nach seinen Principien
                                 auszubessern, bei dieser Gelegenheit aber erklaͤrt haben, daß hier nur
                                 durch eine radicale Veraͤnderung des bisherigen Systems geholfen werden
                                 koͤnne. Auf eine solche Veraͤnderung ging man jedoch bisher noch
                                 nicht ein.A. d. R.
                           
                        Aus dem Magazine of Popular Science No. 1, im
                           Mechanics'
                                 Magazine, No. 653.
                        Ueber Perkins's neuen Dampfkessel
                        
                     
                        
                           Ich habe an dem Patente, welches ich im Jahre 1832 auf einen von mir erfundenen
                              Dampfkessel nahm, eine neue Modification angebracht, in Folge deren mein Kessel nun
                              folgende Vortheile gewaͤhrt:
                           1) faͤllt alle Gefahr von Explosion weg.
                           2) ergibt sich eine große Ersparniß an Brennmaterial.
                           3) bedarf der Kessel bei viel geringerem Gewichte eines weit kleineren Raumes.
                           4) betraͤgt der Bedarf au Wasser nicht den dritten Theil von dem Wasserbedarfe
                              bei den gegenwaͤrtig gebraͤuchlichen Kesseln.
                           5) kann sich in den Dampferzeugern kein Bodensaz bilden.
                           6) entsteht kein Ueberzug in dem Kessel, indem der Bodensaz, welcher sich allenfalls
                              bildet, sich immer an einem fuͤr denselben bestimmten Orte absezt, und nach
                              Belieben ausgeblasen werden kann.
                           7) werden die Dampferzeuger immer auf dem Verdampfungspunkte erhalten.
                           8) ist es unmoͤglich, irgend einen Theil des Kessels oder der Dampferzeuger
                              selbst bei der staͤrksten Hize auszubrennen.
                           9) der Kessel und die Dampferzeuger werden wegen der eigenthuͤmlichen
                              Einrichtung der lezteren nicht im Geringsten durch Ausdehnung und Zusammenziehung
                              beeintraͤchtigt.
                           10) die Abscheidung des Dampfes vom Wasser und von sonstigen fremdartigen Substanzen
                              geschieht auf eine vollkommene und einfache Art und Weise.
                           11) der Dampf kann in der Haͤlfte der bisher dazu erforderlich gewesenen Zeit
                              erzeugt werden.
                           12) der Kessel ist sehr einfach gebaut und leicht auszubessern.
                           13) es findet bei Anwendung von Anthracitkohle keine Zerstoͤrung des Kessels
                              durch Verbrennung Statt, wenn auch das Feuer auf den hoͤchsten Grad von
                              Intensitaͤt gebracht wird.
                           Alle diese Angaben sind nicht bloß theoretisch, sondern auch praktisch erwiesen,
                              wovon man sich taͤglich an einem in der National
                                 Gallery in London aufgestellten arbeitenden Modelle dieses Kessels
                              uͤberzeugen kann. Ich erlaube mir alle diese angedeuteten Vortheile einzeln
                              naͤher zu erlaͤutern.
                           1) Den groͤßten Eintrag thaten der so hoͤchst wichtigen Erfindung der
                              Dampfschifffahrt die durch Explosion der Kessel hervorgebrachten
                              Ungluͤksfaͤlle. Die vielen Versuche, welche ich innerhalb der lezten
                              10 Jahre anstellte, beweisen, daß, wenn der Dampf in roͤhrenfoͤrmigen
                              Kesseln erzeugt wird, aus der Explosion dieser lezteren keine Gefahr erwachsen kann;
                              allein es gibt viele andere, beinahe nicht zu beseitigende Einwendungen gegen diese
                              roͤhrenfoͤrmigen Kessel, und besonders gegen deren Anwendung auf die
                              Dampfschifffahrt. Der Kessel, um den es sich hier handelt, besizt, wie mir scheint,
                              alle die Eigenschaften, nach welchen man bisher strebte; um jedoch zu zeigen, warum
                              derselbe keinen Explosionen ausgesezt ist, muͤssen vorher die Ursachen dieser
                              lezteren, deren es wenigstens drei gibt, angedeutet werden.
                           Die erste und gewoͤhnlichste Ursache ist in dem Druke des gewoͤhnlichen
                              Dampfes gelegen. Unter gewoͤhnlichem oder reinem Dampfe versteht man solchen,
                              der nicht ploͤzlich hoͤher erhizt oder durch ungeeignete Leitung des
                              Kessels mit einem explodirbaren Gemenge vermischt worden ist. Diese erste Art von
                              Explosion ist ganz unschaͤdlich, indem hier der Kessel lediglich an der
                              schwaͤchsten Stelle nachgibt: diese mag durch Abnuͤzung oder durch
                              einen Fehler im Materiale entstanden seyn.
                           Die zweite Ursache, welche vor einigen Jahren zufaͤllig von mir entdekt, und
                              seither von Arago als richtig erkannt wurde, besteht in
                              einem zu tiefen Sinken des Wassers im Kessel. Das Feuer bewirkt dann, indem es auf
                              den uͤber dem Wasser befindlichen Theil des Kessels wirkt, daß dieser zum
                              Rothgluͤhen kommt, und daß die Temperatur des Dampfes, der sich oben im
                              Kessel ansammelt, weit hoͤher steigt, als durch dessen Druk angedeutet ist.
                              Wird nun in diesem Zustande des Kessels das Sicherheitsventil ploͤzlich
                              gehoben, so wird der
                              Druk des Dampfes auf das Wasser aufhoͤren, und das Wasser so in den Dampf
                              emporsprizen, daß dieser leztere seinen gehoͤrigen Gehalt an Wasser
                              mitgetheilt erhaͤlt. Zugleich wird aber auch jener Theil des Kessels, dessen
                              Temperatur so sehr erhoͤht worden ist, seine Waͤrme an das solcher
                              Maßen emporgeschleuderte Wasser abgeben, so daß auf diese Weise augenbliklich Dampf
                              von einer Kraft, der kein Kessel zu widerstehen vermag, erzeugt wird. Diese Art von
                              Explosion kam in lezten Jahren sehr haͤufig vor, und erzeugte namentlich in
                              Nordamerika bedeutende Ungluͤksfaͤlle.
                           Die dritte, seltenste, zugleich aber auch fuͤrchterlichste Art von Explosion
                              ist unstreitig jene, welche durch Bildung eines explodirenden Gasgemenges im Kessel
                              erzeugt wird.Diese Theorie wurde meines Wissens fruͤher noch nie bekannt gemacht,
                                    und bis auf die neueste Zeit wußte auch ich nicht, wie die
                                    atmosphaͤrische Luft ihren Weg in den Kessel finden konnte. In meinem
                                    neuen Kessel kann keine Explosion dieser Art Statt haben, indem kein
                                    Wasserstoffgas in demselben erzeugt wird; denn nur der Boden allein wird dem
                                    Feuer ausgesezt, und dieser wird gewiß auf einer Temperatur erhalten, welche
                                    eben so niedrig ist, wie jene des Wassers, welches sich im Kessel befindet
                                    und welches die Dampferzeuger umgibt. Ich habe mir nun eine
                                    12jaͤhrige Erfahrung in der Erzeugung von Dampf von hohem Druke, und
                                    zwar 1500 Pfd. per Zoll an abwaͤrts,
                                    eigen gemacht, ich habe mich uͤberzeugt, daß ungeachtet mehrere
                                    Explosionen Statt fanden, doch keine nachtheiligen Resultate daraus
                                    erwuchsen, und daß ich alle in der Ausfuͤhrung sich ergebenden
                                    Schwierigkeiten gluͤklich uͤberwunden; ich glaube nach allem
                                    diesem dem Publicum nunmehr ein System der Dampferzeugung vorschlagen zu
                                    koͤnnen, womit man nicht nur jede beliebige Kraft erzeugen kann,
                                    sondern welches bei großer Ersparniß auch vollkommene Sicherheit
                                    darbietet.A. d. O. Es ist laͤngst bekannt, daß durch Ueberhizung des Kessels, dieselbe
                              mag durch unzwekmaͤßige Feuerung oder durch unterbrochene Speisung veranlaßt
                              seyn, nicht selten Wasserstoffgas erzeugt wurde; allein dieses Gas kann fuͤr
                              sich allein nicht explodiren, und woher die atmosphaͤrische Luft kommen
                              sollte, die zur Erzeugung des explodirenden Gemenges absolut nothwendig ist, wußte
                              man nicht wohl zu erklaͤren. Man darf jedoch nur eine luftziehende
                              Speisungspumpe betrachten, um zu sehen, woher die Luft kommt. Es ist naͤmlich
                              nicht selten der Fall, daß die Speisungspumpe Luft zieht; und in je hoͤherem
                              Maaße dieß geschieht, um so weniger Wasser wird in den Kessel eingetrieben.Wenn die Speisungspumpe mit Wasser umgeben ist, wie dieß an den
                                    Verdichtungsmaschinen, deren man sich in England bei der Dampfschifffahrt
                                    durchaus bedient, nothwendig der Fall ist, so kann keine
                                    atmosphaͤrische Luft in den Kessel gelangen. In Amerika hingegen ist
                                    beinahe keine der Speisungspumpen außen mit Wasser umgeben, und darin liegt
                                    unstreitig eine der vorzuͤglichsten Ursachen, warum die Explosionen
                                    in Amerika um so viel haͤufiger sind, als in England.A. d. O. Die Folge hievon ist dann, daß ein immer groͤßer und groͤßer
                              werdender Theil des Kessels dem Feuer ausgesezt wird; daß die erhizten Theile
                              oxydirt werden und rasch Wasserstoff entbinden; und daß, wenn durch die Pumpe so
                              viel Luft eingetrieben worden als noͤthig ist, um mit dem entbundenen
                              Wasserstoffgase ein explodirendes Gasgemenge zu bilden, dieses sich an einer der
                              uͤberhizten Stellen des Kessels entzuͤndet, und eine
                              fuͤrchterliche Explosion erzeugt.
                           Bevor ich nunmehr zur Beschreibung des neuen Kessels uͤbergehe, muß ich auch
                              noch einen Augenblik bei den Einwendungen stehen bleiben, welche gegen den
                              roͤhrenfoͤrmigen, den zusammengeseztroͤhrenfoͤrmigen und
                              den gewoͤhnlichen Kessel gemacht werden koͤnnen; man wird dann die
                              Mittel, die ich zur Abhuͤlfe dieser Maͤngel anwendete, leichter
                              erfassen. Die beiden hauptsaͤchlichsten Fehler des
                              roͤhrenfoͤrmigen Kessels sind die, daß er sich innen
                              uͤberzieht, und daß er ausbrennt. Nach großem Verluste an Geld und Zeit
                              uͤberzeugte ich mich, daß diese beiden Fehler, wenn sie nicht beseitigt
                              werden koͤnnten, diesen Kessel in allen Faͤllen, ausgenommen bei der
                              Dampfartillerie zur wohlfeilen Dampferzeugung ungeeignet machen muͤßten. Ich
                              war jedoch endlich so gluͤklich, eine Modification desselben ausfindig zu
                              machen, welche allen diesen Maͤngeln vollkommen abhilft, und welche ich
                              nunmehr sogleich beschreiben will.
                           Der neue Kessel ist aus Dampferzeugungsroͤhren und aus dem
                              gewoͤhnlichen flachbodigen Kessel der Dampfkarren (flat-bottom waggon-boiler) zusammengesezt. Von dem flachen
                              Boden aus haͤngt senkrecht uͤber dem Feuer und in dasselbe hinein eine
                              Reihe von Roͤhren, welche je nach der Groͤße des Kessels 1 bis 2 Fuß
                              Laͤnge und 2 bis 3 Zoll im Durchmesser haben. An der oberen Seite dieses
                              flachen Bodens befindet sich eine Fortsezung dieser Roͤhren, welche eben so
                              weit in das Wasser des Kessels hineinragt. Im Inneren der in dem Feuer
                              haͤngenden Roͤhren ist eine duͤnne Roͤhre von 2 Zoll im
                              Durchmesser befestigt. Wenn die Roͤhre 3 Zoll im Lichten und 10 Zoll
                              Laͤnge hat, und unten und oben offen ist, so steht diese Roͤhre auf
                              drei Fuͤßen von 1 Zoll Laͤnge; das Wasser steht auf gleicher
                              Hoͤhe mit dem Scheitel dieser Roͤhre. Diese
                              Dampferzeugungsroͤhren sind hermetisch verschlossen, so daß der im Inneren
                              der oberen Haͤlfte der Roͤhre entwikelte Dampf nicht entweichen
                              kann.
                           Die Wirkung der Circulation erhellt an dieser Modification des Kessels
                              augenscheinlicher, als an irgend einer anderen der von mir versuchten
                              Modificationen. Der obere oder zur Verdampfung bestimmte Theil der luftdicht
                              verschlossenen Roͤhre enthaͤlt Dampf, der, wenn dessen Erzeugung bei
                              dem gewoͤhnlichen atmosphaͤrischen Druke von Statten geht, eine
                              Temperatur von 80° F. uͤber dem Siedpunkte besizt; geschieht die
                              Dampferzeugung unter einem hoͤheren Druke, so steigt der Verdampfungspunkt in
                              geometrischem Verhaͤltnisse hiemit. Dieser Theil der Roͤhre, der mit
                              Wasser umgeben ist, ist mir einer sehr duͤnnen, oben und unten offenen
                              Roͤhre umschlossen, und in dieser geht die Circulation des Wassers so rasch
                              von Statten, daß man gewiß seyn kann, daß die Hize so schnell beseitigt wird, daß
                              der in dem oberen Theile der Roͤhre befindliche Dampf immer auf der
                              Verdampfungstemperatur erhalten wird. Versuche zeigen, daß, wenn sich ein Mal der
                              Dampf zu entwikeln beginnt, nicht bloß der in dem Feuer befindliche Theil der
                              Roͤhre, sondern auch der zur Verdampfung dienende Theil derselben, welcher in
                              dem Kessel enthalten ist, keine hoͤhere Temperatur mehr erlangt: ja daß diese
                              Temperatur nicht ein Mal mehr um einen Grad steigt, was offenbar den großen Vortheil
                              der raschen Circulation beweist.
                           Das Wasser ist bekanntlich, und namentlich nach Abwaͤrts einer der
                              schlechtesten Waͤrmeleiter; zugleich besizt das Wasser aber auch die
                              Eigenschaft den Waͤrmestoff emporzuleiten in einem hoͤheren Grade, als
                              irgend ein anderer Koͤrper. Von dieser lezteren Eigenschaft oder Kraft des
                              Wassers wird nun hier Vortheil gezogen; und indem man die Roͤhre zu 1/3 mit
                              Wasser fuͤllt, wird der erzeugte Dampf am Scheitel der inneren Roͤhre
                              austreten, und die Verdampfungskammer bestaͤndig mit einem Dampfe
                              erfuͤllt halten, dessen Temperatur mit der Dichtheit des Dampfes im Kessel im
                              Verhaͤltnisse sieht. Die staͤrkste Hize wird bloß eine raschere
                              Dampfentwikelung bedingen, ohne daß deßhalb die Temperatur in irgend einem Theile
                              des Kessels, der Dampferzeugungsroͤhren oder des Dampfes selbst stiege. Ohne
                              Circulation hingegen wuͤrde der Kessel, wie dieß sonst oͤfter
                              geschieht, zum Rothgluͤhen kommen und weniger Dampf erzeugen, indem das
                              Wasser hiedurch außer Beruͤhrung mit den Kesselwaͤnden gebracht wird;
                              zugleich wuͤrde in diesem lezteren Falle der Kessel auch wesentlich Schaden
                              leiden. So lange sich auf dem Boden des Kessels so viel Wasser befindet, daß
                              dasselbe uͤber dem Boden der Circulationsroͤhre steht, d.h. so lange
                              es eine Hoͤhe von 2 Zoll hat, kann keine Unordnung in der Roͤhre Statt
                              finden; indem der Dampf und das Wasser, obwohl es 12 Zoll hoch emporsteigen muß, der
                              Verdampfungsroͤhre so viel Waͤrme entziehen, daß keine Explosion
                              derselben eintreten kann. Eine solche Explosion wuͤrde, im Falle der Kessel
                              leer oder troken wird, nothwendig erfolgen, wenn nicht in die Mitte des zu deren
                              Verschließung dienenden Pfropfes ein kleinerer metallener Pfropf genietet
                              waͤre, der zum Schmelzen kommt, ehe der Dampf die zum Zersprengen der
                              Roͤhre noͤthige Kraft erlangt hat.
                           Da sich fuͤr den Dienst der Dampfboote und Dampfwagen wegen seines Gewichtes
                              sowohl, als wegen des Raumes, den es einnimmt, kein Mauerwerk eignet, so muß das
                              Feuer innerhalb des Kessels angebracht werden. Meine neue Modification ist nun auch
                              in dieser Hinsicht
                              sehr gut berechnet; denn man braucht die aͤußere Roͤhrenreihe nur bis
                              an die Roststangen herab zu verlaͤngern, um die geeignetste und
                              oͤkonomischste Heizkammer zu erzielen.
                           2) Es ist zwar noch nicht genau ermittelt, wie groß die Ersparniß an Brennmaterial
                              ist, wenn man sich des neuen Kessels bedient; allein nach zahlreichen Versuchen bin
                              ich uͤberzeugt, daß sich diese Ersparniß im Vergleiche mit den besten Kesseln
                              der gegenwaͤrtigen Dampfboote auf ein Drittheil belaͤuft.
                           3) Der Kesselraum laͤßt eine bedeutende Verkleinerung zu; denn die
                              verdampfende Oberflaͤche ist an dem neuen Kessel um Vieles groͤßer.
                              Aus demselben Grunde wird auch eine Verminderung des Gewichtes moͤglich.
                           4) Da das Innere des Kessels mit den Verdampfungsroͤhren, die eine große Menge
                              Wasser aus der Stelle treiben, erfuͤllt ist, und da der Kessel selbst, wie
                              gesagt, eine geringere Groͤße besizt, so ist es gewiß nicht zu viel gesagt,
                              wenn ich behaupte, daß der neue Kessel um ein Drittheil weniger Wasser bedarf, als
                              dieß gewoͤhnlich der Fall ist.
                           5) Da aus den luftdicht geschlossenen Roͤhren nicht wohl Dampf entweichen
                              kann, so kann auch kein Bodensaz entstehen; denn es wird in dem Dampferzeuger immer
                              wieder mit demselben Wasser gearbeitet.
                           6) Die Ueberziehung der inneren Kesselwaͤnde mit einer Kruste wird durch die
                              langsame Circulation des Wassers im Kessel und durch die auf den Boden des Kessels
                              wirkende außerordentliche Hize bewirkt. Die gezwungene staͤrkere Circulation
                              hingegen nimmt nicht nur diese Hize weg, sondern sie haͤlt auch
                              saͤmmtliche fremde Substanzen in Bewegung; und da die Circulation an dem dem
                              Feuer zunaͤchst liegenden Ende des Kessels weit rascher von Statten geht, als
                              an dem anderen Ende, so gelangen alle die Stoffe, die sich sonst absezen und fixiren
                              wuͤrden, an das andere Ende, an welchem sie nach Belieben mittelst eines
                              Hahnes abgelassen werden koͤnnen.
                           7) Der Dampferzeuger kann nicht uͤber den VerdampfungspunktUm die Temperatur zu ermitteln, welche sich am besten zur Dampfentwikelung
                                    eignet, ließ ich mir zu diesem Behufe einen massiven gußeisernen Becher
                                    gießen. Diesen ließ ich zum Weißgluͤhen erhizen, und in ihn wurden,
                                    waͤhrend seines allmaͤhlichen Abkuͤhlens nach einander
                                    und sobald die naͤchst vorhergehende Portion verdampft war, mehrere
                                    gleiche Portionen Wasser eingetragen. Die erste Portion brauchte 90, die
                                    zweite 80 und die dritte 59 Minuten zum Verdampfen. Von hier an begann der
                                    Dampf sichtbar zu werden; bei den naͤchstfolgenden Portionen wurde er
                                    es immer mehr und mehr. Die vierte Portion verdampfte in 30, die
                                    fuͤnfte in 20, die sechste in 12 Minuten; die siebente Portion zeigte
                                    den eigentlichen Verdampfungspunkt: denn bei ihr erhob sich der Dampf als dichter
                                    Nebel, so daß die Verdampfung in 6 Minuten beendigt war. Die achte Portion
                                    brauchte schon wieder 10, die neunte 20, die zehnte 32 Minuten, und die
                                    eilfte kam gar nicht mehr zum Sieden. Die erste Portion Wasser kam offenbar
                                    nicht mit der Oberflaͤche des weißgluͤhenden Metalles in
                                    Beruͤhrung, sondern wurde davon zuruͤkgetrieben, so daß sie
                                    sich frei nach allen Richtungen hin und her bewegte. Unter diesen
                                    Umstaͤnden erfolgte die Verdampfung langsam; so wie das Metall
                                    hingegen nach und nach dem Verdampfungspunkte naͤher kam, war dessen
                                    Beruͤhrung mit dem Wasser immer inniger, und die Verdampfung stieg im
                                    Verhaͤltnisse von 90 zu 6, oder von 15 zu 1; oder mit anderen Worten:
                                    eine und dieselbe Quantitaͤt Wasser ward bei einer maͤßigen
                                    Hize 15 Mal schneller verdampft, als bei einer sehr intensiven Hize.A. d. O. erhizt werden, indem alle uͤberschuͤssige Hize mit Sicherheit
                              durch die rasche Circulation entzogen wird.
                           
                           8) Die Erfahrung zeigt, daß wo immer eine thaͤtige Circulation Statt findet,
                              die Hize nie uͤber den Verdampfungspunkt steigen kann, wie stark auch das
                              Feuer seyn mag.Es ist eine merkwuͤrdige Thatsache, daß es gegenwaͤrtig mehrere
                                    Kessel gibt, die bereits mehr dann 50 Jahre bestaͤndig in Gebrauch
                                    sind. Der Grund hievon liegt darin, daß diese Kessel so groß sind, daß sie
                                    allen den noͤthigen Dampf erzeugen koͤnnen, ohne daß sie
                                    uͤbertrieben zu werden brauchen. Dieß ist jedoch nur mit einem großen
                                    Aufwande an Brennmaterial moͤglich; seitdem es aber noͤthig
                                    geworden ist auf die Ersparniß an solchem zu denken, wurde die Groͤße
                                    der Kessel sehr vermindert und deren Form so veraͤndert, daß viele
                                    Theile der Ueberhizung ausgesezt sind. Es ist gewiß, daß solche Kessel mit
                                    derselben Quantitaͤt Brennmaterial weit mehr Dampf erzeugen;
                                    unstreitig ist hiebei auch die Ersparniß an Brennmaterial groͤßer,
                                    als der Verlust, welcher sich aus der schnelleren Abnuͤzung des
                                    Kessels ergibt.A. d. O. Der neue Kessel ist aber so gebaut, daß kein Theil desselben einer starken
                              Hize ausgesezt wird, an dem nicht zugleich auch eine rasche Circulation von Statten
                              ginge; folglich kann hier keine Ueberhizung eintreten. Es ist Thatsache, daß der
                              Dampf keine uͤberschuͤssige Hize bekommen kann, indem es nicht
                              moͤglich ist, daß uͤber dem Wasser, wie niedrig dieß auch herabsinken
                              mag, Hize in den Kessel uͤbergehen kann.
                           9) Die Roͤhren der Kessel, deren man sich gegenwaͤrtig allgemein
                              fuͤr die Locomotivmaschinen bedient, sind an beiden Enden angenietet; und da
                              fuͤr die Wirkungen der Ausdehnung und Zusammenziehung kein Spielraum gelassen
                              ist, so ist nothwendig die Abnuͤzung enorm. An dem neuen Kessel hingegen sind
                              die Roͤhren in der Mitte verbunden, so daß sich jede Haͤlfte
                              ungehindert zusammenziehen und ausdehnen kann.
                           10) Um den Dampf von dem Wasser und den sonstigen fremdartigen Substanzen zu
                              scheiden, ist an dem Scheitel des gegen den Ofen zu gelegenen Theiles des Kessels
                              eine kleine Dampfkammer angebracht. Von dem Scheitel des Kessels laͤuft an
                              den Boden dieser Dampfkammer eine Roͤhre, welche etwas groͤßer ist,
                              als die Dampfroͤhre. Unmittelbar uͤber dieser Roͤhre ist eine
                              Kuppel fixirt, welche drei Viertheile des Durchmessers der Kammer mißt, und deren
                              Tiefe etwas groͤßer ist, als jene einer Halbkugel von gleichem Durchmesser.
                              An dem Boden der Kammer ist eine Roͤhre befestigt, welche halb so groß ist
                              als die Dampfroͤhre, und welche bis auf 2 Zoll von dem Boden des Kessels hinabreicht. Dieser
                              Apparat arbeitet auf folgende Weise. Wenn der Dampf in die Kammer einstroͤmt,
                              fuͤhrt er eine mehr oder minder große Quantitaͤt Wasser und
                              fremdartige Bestandtheile mit sich, was man im Englischen mit dem Kunstausdruke priming bezeichnet; er schlaͤgt in diesem
                              Zustande an die Concavitaͤt der Kuppel, von der das Wasser und die
                              fremdartigen Substanzen auf den Boden der Kammer niedergeschlagen werden,
                              waͤhrend der Dampf in reinem Zustande durch die Dampfroͤhre entweicht.
                              Das unreine Wasser kehrt durch die Ruͤklaufroͤhre auf den Boden des
                              Kessels zuruͤk.
                           11) Der zum Beginnen der Arbeit noͤthige Dampf laͤßt sich in weit
                              kuͤrzerer Zeit, als in irgend einer anderen Art von Kessel erzeugen, weil die
                              Verdampfungsoberflaͤche weit groͤßer und die Quantitaͤt des
                              Wassers im Kessel weit geringer ist.
                           12) Der Bau dieser neuen Art von Kessel ist sehr einfach. Wenn naͤmlich in die
                              Bodenplatte Loͤcher von gehoͤriger Groͤße geschlagen worden
                              sind, werden weibliche Bindungs- oder Verkuppelungsschrauben in dieselben
                              genietet. Die unteren Haͤlften der Roͤhren, welche beilaͤufig 2
                              Zoll weit von ihren Enden um den dritten Theil duͤnner sind, bilden die
                              maͤnnlichen Schrauben, welche in die weiblichen Bindungsschrauben passen.
                              Diese maͤnnlichen Schrauben muͤssen eine vollkommen ebene
                              Flaͤche haben, und so eingeschraubt werden, daß deren Schulter mir dem Boden
                              des Kessels in inniger Beruͤhrung steht. Die oberen Haͤlften werden
                              auf gleiche Weise eingeschraubt; doch ist die Oberflaͤche dieser Schraube
                              abgerundet, damit sie, wenn sie mir der ebenen Oberflaͤche der unteren
                              Haͤlfte in Beruͤhrung kommt, ein um so vollkommeneres Gefuͤge
                              damit bildet. Die obere Haͤlfte darf lediglich nur die ebene
                              Oberflaͤche der unteren Roͤhrenhaͤlfte beruͤhren. Durch
                              den Pfropf, womit die Roͤhre luftdicht verschlossen werden soll, ist in der
                              Mitte ein Loch von 1/8 Zoll im Durchmesser gebohrt, welches mit
                              leichtfluͤssigem Metalle ausgefuͤllt ist. Dieses leztere wuͤrde
                              ausgetrieben werden, bevor noch die Roͤhre nachgaͤbe: dieser Fall
                              selbst koͤnnte nur dann eintreten, wenn das Wasser aus dem Kessel entweichen
                              sollte.
                           Der fuͤr Dampfkarren bestimmte Kessel (waggon-boiler) gilt als die schwaͤchste Form; der neue
                              Kessel ist jedoch etwas modificirt. Der Boden ist vollkommen flach anstatt concav;
                              auch die Seitenwaͤnde sind flach, waͤhrend der Scheitel einen
                              Halbkreis bildet. Die weiblichen Bindungsschrauben tragen unstreitig sehr viel dazu
                              bei, dem flachen Boden mehr Staͤrke zu geben. Der Kessel muß aber
                              uͤberdieß noch mit Bindebolzen versehen seyn, welche von dem Scheitel aus
                              senkrecht zwischen den Roͤhren herabsteigend in den flachen Boden des Kessels eingelassen
                              sind, und deren Zahl von der Kraft des zu erzeugenden Dampfes abhaͤngt.
                              Ebensolcher Binde- oder Spannungsbolzen bedient man sich auch, um das
                              Ausbauchen der flachen Seitenwaͤnde zu verhuͤten, wenn Dampf von hohem
                              Druke erzeugt wird. Keine der Schraubenmuttern dieser Bolzen ist dem Feuer
                              ausgesezt, so daß in dieser Hinsicht keine Einwendungen gemacht werden
                              koͤnnen. Man kann diesem Kessel wegen seiner geringeren Groͤße eine
                              viel groͤßere Staͤrke geben, als irgend einer anderen Art von Kessel;
                              da jedoch die zweite und dritte Art von Explosion an demselben nicht moͤglich
                              sind, so kann man den flachen Enden des Kessels durch einige Rippen
                              hinlaͤngliche Staͤrke geben. Der Kessel kann in der That als
                              vollkommen sicher gelten; denn es kann nur die erste Art von Explosion, welche
                              unschaͤdlich ist, daran Statt finden. Endlich ist die Leichtigkeit, womit
                              Reparaturen daran vorgenommen werden koͤnnen, auch noch ein Vorzug, welcher
                              nicht uͤbergangen werden darf. Wenn man naͤmlich immer fuͤr
                              einige vorraͤthige Roͤhren sorgt, so kann, wenn ja eine der
                              Kesselroͤhren aus irgend einem Grunde zum Bersten kommt, statt dieser leicht
                              eine neue eingesezt werden.
                           13) Jedermann, der mit der Benuzung der Anthracitkohle als Brennmaterial bekannt ist,
                              weiß, daß dieselbe, wenn man den Zug gehoͤrig verstaͤrkt, eine Hize
                              von solcher Intensitaͤt gibt, daß selbst die besten Ziegel dadurch schnell
                              geschmolzen werden. Aus diesem Grunde konnte dieses Brennmaterial daher auch nur von
                              einigen wenigen sehr sorgfaͤltigen Heizern zur Dampferzeugung benuzt werden.
                              In dem neuen Kessel kann die Hize nicht leicht zu groß werden, und folglich kommt
                              die hier moͤgliche Heizung mit Anthracit, den man in Wallis in jeder
                              beliebigen Quantitaͤt haben kann, unstreitig am wohlfeilsten.