| Titel: | Auszüge aus Hrn. Prof. Barlow's zweitem Berichte über die Eisenbahnen. | 
| Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XLIX., S. 261 | 
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                        XLIX.
                        Auszuͤge aus Hrn. Prof. Barlow's zweitem Berichte
                           uͤber die Eisenbahnen.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, No.
                              652.
                        Barlow's Bericht uͤber Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           Hr. Prof. Barlow wurde seit dem Erscheinen seines ersten
                              Berichtes uͤber die EisenbahnenWir haben diesen ersten Bericht des Hrn. Professors seiner Zeit im
                                    Polytechnischen Journal Bd. LVII. S.
                                       17 und S. 415 auszugsweise
                                    mitgetheilt, und glauben daher auf diesen zweiten nicht minder
                                    merkwuͤrdigen gleichfalls aufmerksam machen zu muͤssen.A. d. R. von den Directoren der London-Birmingham-Eisenbahn abermals
                              veranlaßt, die Liverpool-Manchester-Eisenbahn zu untersuchen, in
                              Hinsicht auf die neue Bahn seine Ansichten uͤber das Gewicht der Schienen,
                              die Art der Unterlagen und Befestigungsmittel, die Entfernung und Groͤße der
                              Tragbloͤke mitzutheilen, und seine sonstigen Bemerkungen kund zu geben. Er
                              begab sich demnach in Begleitung zweier der Directoren an Ort und Stelle, und
                              widmete sich seinem Geschaͤfte, wobei ihn die
                              Manchester-Eisenbahn-Compagnie mit aller moͤglichen
                              Liberalitaͤt unterstuͤzte. Das Resultat dieser Arbeiten legte der
                              gelehrte Professor in seinem zweiten, hoͤchst interessanten Berichte nieder,
                              aus welchem wir folgende Auszuͤge fuͤr unsere Leser entnehmen, um
                              ihnen zu zeigen, in welche Ungewißheiten und Widerspruͤche Praktiker
                              verfallen, wenn sie die Huͤlfe der Theorie verschmaͤhen, und wie hoch
                              andererseits die von denselben Praktikern aus bestaͤndiger Beobachtung
                              geschoͤpften Ansichten zu achten sind.
                           
                              „Wir verwendeten, sagt Hr. B., den ersten Tag auf Untersuchung des
                                 Zustandes der Schienen, Pedestals, Bloͤke, Befestigungsmittel und anderer
                                 Details. Ich benuzte diese Gelegenheit, um an Ort und Stelle die Ansichten der
                                 an der Bahn verwendeten Ingenieurs, der Contrahenten der Reparaturen, der
                                 Arbeiter und anderer uͤber diese verschiedenen Punkte kennen zu lernen.
                                 Ich war hiebei erstaunt diese Leute in ihren Meinungen nicht nur getheilt,
                                 sondern sie in vielen Faͤllen in offenbarem Widerspruche befangen zu
                                 sehen; es ist dieß um so merkwuͤrdiger, als man haͤtte glauben
                                 sollen, daß eine fuͤnfjaͤhrige ununterbrochene Praxis
                                 genuͤgt haben duͤrfte, um manche hergebrachte Irrthuͤmer
                                 auszutilgen. Ich bin selbst kein Praktiker; allein meine Stellung und meine Forschungen
                                 hielten mich 30 Jahre hindurch mit zweien der groͤßten und die
                                 hoͤchste Mannigfaltigkeit bietenden mechanischen Institute Englands in
                                 ununterbrochener Beruͤhrung; auch hatte ich waͤhrend dieser Zeit
                                 viele Versuche und Experimente uͤber verschiedene Gegenstaͤnde der
                                 Mechanik, welche ich spaͤter bei der Ausfuͤhrung im Großen
                                 beobachten konnte, zu leiten. Ich bin daher in einem gewissen Grade mit der
                                 Theorie eben so vertraut, wie mit dem, was die Praxis erfordert, und welche
                                 Graͤnzen sie vorschreibt; eben so kenne ich auch die Ansichten und
                                 Argumente der Praktiker, welche nicht selten in der Aengstlichkeit, mit der sie
                                 einen Fehler zu vermeiden suchen, andere gleichzeitig bestehende Fehler, die
                                 durch die angewendeten Mittel erhoͤht oder erzeugt werden,
                                 gaͤnzlich uͤbersehen. In keinem Falle zeigte sich mir dieß jedoch
                                 so auffallend, wie hier; und nie fand ich uͤber eine so einfache und
                                 klare Sache so widersprechende Ansichten. Es ist dieß sehr zu bedauern; denn es
                                 erwachsen hieraus nicht nur in dem Sinne der Unternehmer, welche die Capitalien
                                 zu liefern haben, viele nachtheilige Zweifel; sondern das Urtheil der Praktiker
                                 selbst muß dadurch nothwendig in Mißcredit kommen. Meinungen, die von einer
                                 langen Reihe von Erfahrungen abgeleitet sind, sind sehr schaͤzbar, und
                                 uͤberwiegen alle uͤbrigen, wenn sie mit den Thatsachen und mit
                                 einander selbst im Einklange stehen; mehr als unnuͤz sind sie hingegen,
                                 wenn sie, wie es z.B. hier der Fall ist, zu ganz entgegengesezten
                                 Schluͤssen fuͤhren. Ich bin weit entfernt durch diese Bemerkungen
                                 den Praktikern im Allgemeinen zu nahe treten zu wollen; sondern ich will damit
                                 bloß sagen, daß ich mich unmoͤglich von ihnen leiten lassen konnte. Ich
                                 vermied bei der mir gesezten Aufgabe so viel als moͤglich Argumente,
                                 welche auf reiner Hypothese beruhten, und sezte an die Stelle dieser Thatsachen,
                                 welche aus wirklichen Versuchen entnommen waren; auch gab ich nie meine Meinung
                                 kund, als bis ich meine Resultate analysirt und verglichen hatte.“
                              
                           Die Dimensionen einer Eisenbahnschiene, welche irgend eine bestimmte Last im ruhenden
                              Zustande zu tragen hat, sind vollkommen bekannt und ermittelt; daruͤber aber,
                              ob diese Dimensionen groͤßer oder kleiner seyn muͤssen, und zwar um
                              wie viel, wenn sich eine Last uͤber die Schiene bewegt, waren die Ansichten
                              der Praktiker getheilt. Ueberzeugt, daß er diese Ansichten theoretisch nicht mit
                              Erfolg bekaͤmpfen koͤnnte, entschloß sich Hr. Barlow seinen Bericht lediglich auf Versuche zu stuͤzen, welche
                              gluͤklicher Weise solcher Art sind, daß sie leicht und fuͤr geringe
                              Kosten so oft wiederholt werden koͤnnen, bis aller Zweifel in deren Resultate
                              geschwunden ist. Ein horizontaler Hebel, dessen Arme sich wie 10 zu 1 zu einander
                              verhielten, wurde zu
                              diesem Behufe an einer Diele zwischen Gefuͤgen aufgezogen; das
                              kuͤrzere Ende wurde mit der unteren Seite der Schiene in Beruͤhrung
                              gebracht, waͤhrend das laͤngere die Abbiegung oder Deflection um das
                              Zehnfache vergroͤßert andeutete. Mit dieser Vorrichtung, der man den Namen
                              eines Deflectometers gab, wurden die Wirkungen der daruͤber laufenden
                              Maschinen und Wagenzuͤge genau beobachtet; auch wurden mehrere solcher
                              Instrumente zugleich angewendet, um auf solche Weise die durch das Fortrollen einer
                              und derselben Last an verschiedenen Stellen der Schienen und ihrer Unterlagen
                              hervorgebrachten Wirkungen zu ermitteln. Obschon sich nun gegen die Anwendungsweise
                              dieses Instrumentes und folglich auch gegen die Vergleichung der damit erzielten
                              Resultate mit jenen der fruͤheren Versuche Einwendungen machen lassen, so ist
                              doch gewiß, daß dasselbe bereits wichtige Daten lieferte, und fuͤr den
                              Eisenbahn-Ingenieur eines der unumgaͤnglich noͤthigen
                              Instrumente werden duͤrfte. Die erste damit angestellte Probe ergab bereits
                              folgende Lehre, welche gewiß nicht verloren gehen wird.
                           
                              „Unsere ersten Versuche wurden bloß in der Absicht, das Instrument zu
                                 erproben, unternommen; allein selbst diese zeigten bereits Mehreres sehr genau
                                 an. Wenn z.B. ein Wagenzug uͤber die Schiene lief, so konnten wir
                                 deutlich die Wirkung eines jeden Rades auf die Schiene sehen; diese Wirkung
                                 belief sich, wenn die Schienen gut gelegt und die Gefuͤge und
                                 Bloͤke gehoͤrig fest waren, nur auf einen gewissen Grad; so wie
                                 hingegen die Schienen uneben waren oder andere Unregelmaͤßigkeiten
                                 darboten, fand gegen die Mitte oder gegen das Ende des Wagenzuges eine solche
                                 Erschuͤtterung Statt, daß die Schiene mit solcher Gewalt getroffen wurde,
                                 daß der Zeiger dadurch beinahe noch ein Mal so hoch emporgeschnellt wurde wie
                                 fruͤher: zum Beweise, daß die Schiene eine Deflection erlitt, welche
                                 beinahe das Doppelte von jener betrug, die sie erlitten haben wuͤrde,
                                 wenn sie dieselbe Last in ruhendem Zustande getragen haͤtte.“
                              
                           Zahlreiche und mannigfach modificirte Versuche mit diesem Instrumente zeigten eine
                              geringe Zunahme der Deflection mit der Zunahme der Geschwindigkeit; zugleich schien
                              aber auch diese Zunahme so gering zu seyn, daß deßhalb keine bedeutende Vermehrung
                              der Dike der Schienen erforderlich seyn duͤrfte. Vergleicht man
                              naͤmlich diese Beobachtungen mit jenen, welche in Woolwich mit ruhenden
                              Gewichten angestellt worden sind, so wird es, die Benuzungsweise des Deflectometers
                              in Anschlag gebracht, zweifelhaft, ob durch die fortrollende Last wirklich eine
                              groͤßere Deflection erzeugt wurde. Keineswegs war dieß jedoch an den
                              zusammengesezten Laͤngenstuͤken (joint
                                 lengths) her Fall, indem hier die weitere Deflection 40 Proc. betrug. Hr. Barlow gibt nicht an, auf welche Weise sich dieß
                              vermeiden ließe; allein theilweise schreibt er den Grund davon der Lokerheit oder
                              dem Loseseyn des Pedestals und des Steinblokes zu.
                           Da es wuͤnschenswerth war zu ermitteln, ob wegen der Deflection, die durch den
                              seitlichen Druk auf die aͤußere Schiene hervorgebracht wird, eine
                              Verstaͤrkung der Schienen nothwendig sey, so wurde zu diesem Zweke eiu
                              Deflectometer von etwas verschiedener Form angewendet. Das Resultat dieser Versuche
                              war jedoch, daß Schienen, die in anderer Beziehung stark genug sind, auch in dieser
                              Hinsicht sich nicht zu schwach zeigen, so daß dieser Gegenstand keine weitere
                              Beruͤksichtigung verdient.
                           Sehr augenscheinlich zeigte der Deflectometer, wie nothwendig es ist, die
                              Bloͤke immer einander gegenuͤber anzubringen. Bis diese und andere
                              Maßregeln getroffen sind, werden beim Baue der Eisenbahnen immer staͤrkere
                              Schienen erforderlich seyn, als sie sonst fuͤr den Dienst der Bahn eigentlich
                              noͤthig waͤren. Hr. Barlow sagt in dieser
                              Hinsicht:
                           
                              „Wegen der Unvollkommenheit dieser Theile (naͤmlich der
                                 Bloͤke etc.) werden die Schienen einer Gewalt ausgesezt, die eine doppelt
                                 so große Deflection erzeugt, als sie eigentlich durch die fragliche Last
                                 hervorgebracht werden sollte. Dieß zeigte sich haͤufig und offenbar bei
                                 vielen mit den Wagenzuͤgen angestellten Versuchen. In vielen
                                 Faͤllen zeigte der Deflectometer beim Daruͤberrollen der Maschine,
                                 die doch bei weitem der schwerste Theil der Last war, nur die
                                 gewoͤhnliche Deflection; waͤhrend in der Mitte oder auch am Ende
                                 des Wagenzuges ein Wagen wegen irgend einer Unregelmaͤßigkeit den Zeiger
                                 um beinahe das Doppelte emporspringen machte. Es ergab sich hieraus, daß so
                                 lange an den Eisenbahnen keine groͤßere Vollkommenheit zu erreichen ist,
                                 den Schienen eine Staͤrke gegeben werden muß, welche doppelt so groß ist,
                                 als sie der mittleren auf sie wirkenden Gewalt nach zu seyn brauchte. Ich habe
                                 in meinem ersten Berichte 50 Proc. uͤber dem Doppelten als Zugabe
                                 angenommen; nach den gegenwaͤrtigen Versuchen zu schließen ist dieß aber
                                 zu viel, indem es scheint, daß 10 bis 20 Proc. uͤber dem Doppelten
                                 genuͤgen: d.h. fuͤr eine Maschine von 12 Tonnen ist bei der
                                 gegenwaͤrtigen Vertheilung des Gewichtes eine Staͤrke von 7 Tonnen
                                 vollkommen genuͤgend. Bei groͤßerer Genauigkeit im Baue, wie man
                                 sie gegenwaͤrtig erwarten kann, duͤrfte eine geringere
                                 Staͤrke ausreichen; oder, wenn man ja dieselbe Staͤrke beibehalten
                                 will, so kann man eine Maschine von 14 bis 16 Tonnen mit vollkommener Sicherheit
                                 daruͤber laufen lassen. Aus den von mir angestellten und tabellarisirten
                                 Beobachtungen wird man sehen, daß die eine Schiene manchmal von dem einen Rade
                                 um 1/4 Zoll
                                 niedergedruͤkt wird, waͤhrend sich das andere Rad
                                 gegenuͤber auf einem Bloke befindet, und daß unmittelbar darauf der
                                 umgekehrte Fall eintritt. Hiedurch nun wird dem Wagen eine schuͤttelnde
                                 Bewegung mitgetheilt, deren Wirkung durch das angewendete kleine Instrument
                                 deutlich angedeutet ward. Unstreitig traͤgt der Mangel an Parallelismus
                                 in den Tragbloͤken große Schuld hieran, so daß ich es daher fuͤr
                                 einen Schritt vorwaͤrts erklaͤren muß, wenn in den Instructionen
                                 darauf bestanden wird, daß die Steinbloͤke jederzeit einander unmittelbar
                                 gegenuͤber angebracht werden, was bei parallelen Schienen ohne Anstand
                                 geschehen kann. Uebrigens sind abgesehen hievon auch noch viele andere
                                 Verbesserungen oder Correctionen noͤthig.“
                              
                           Ein anderer fraglicher Punkt ist die Laͤnge der Unterlage oder die
                              Traglaͤnge (length of bearing) und die hieraus
                              folgenden Fragen in Hinsicht auf die Durchschnittsdimensionen der Schiene und die
                              Stabilitaͤt der Bloͤke und Pedestals. Der parallelen Schiene den
                              Vorzug gebend und die doppeltkoͤpfige verwerfend, bestimmte Hr. B. durch
                              Versuche, daß der Kopf der Schiene auf dem Durchschnitte einen Flaͤchenraum
                              von nicht weniger als 2 1/4 Zoll haben soll: d.h. daß er nicht unter 22 1/2 Pfd. per Yard waͤgen, und daß die ganze Tiefe nicht
                              uͤber 5 Zoll betragen soll. Von diesen Annahmen ausgehend, gibt er dann
                              Berechnungen und Tabellen fuͤr Schienen mit Traglaͤngen von 3 Fuß, 3
                              Fuß 9 Zoll, 4, 5 und 6 Fuß, wobei die Durchschnitte so eingerichtet sind, daß
                              dadurch das Maximum der Staͤrke erzielt wird. Bei der Discussion der besten
                              Form fuͤr die Schienen macht er folgende bemerkenswerthe Aeußerungen.
                           
                              „Aus den Durchschnitten, welche ich fuͤr Schienen mit verschiedenen
                                 Traglangen angegeben, geht hervor, daß ich die Breite der unteren Platte (web) auf 1 1/2 oder hoͤchstens auf 1 2/3 Zoll
                                 beschraͤnkte; und daß ich dieß that, obwohl ich sehr gut weiß, daß durch
                                 Ausdehnung der Breite der unteren Platte und Verminderung ihrer Tiefe der
                                 Theorie nach die staͤrkste Schiene erzielt wird. Auf dem Papier ist die
                                 doppelt Tfoͤrmige Schiene staͤrker,
                                 als die tiefe und mit einem minder breiten Rande versehene Schiene; allein ich
                                 bin vollkommen uͤberzeugt, daß sich die Sache in der Praxis ganz anders
                                 verhaͤlt. Die untere Platte kommt auf keine andere Weise als dadurch in
                                 Anwendung, daß sie durch die Bewegung der Mittelrippe in eine Art von Spannung
                                 versezt wird; und obschon die unmittelbar unter der Mittelrippe liegenden Fasern
                                 der unteren Platte durch erstere in Thaͤtigkeit gebracht werden; obschon
                                 diese Fasern in den ihnen zunaͤchst liegenden seitlichen Fasern eine
                                 aͤhnliche Thaͤtigkeit erzeugen u.s.f., so geht an einem so
                                 geschmeidigen Metalle, wie das Schmiedeisen ist, diese seitliche Wirkung doch bald
                                 verloren, so daß die aͤußersten Fasern der breiten unteren Platte ganz
                                 unwirksam werden. Um Hrn. Locke und Andere von der
                                 Schwaͤche der doppelt Tfoͤrmigen
                                 Schiene zu uͤberzeugen, schnitt ich an der unteren Platte einer solchen
                                 zu beiden Seiten einen halben Zoll weg, so daß ihre Breite an dem Punkte der
                                 groͤßten Gewalt, d.h. in der Mitte des Stabes, auf 1 1/2 anstatt auf 2
                                 1/2 Zoll reducirt wurde. Als ich nun diese zugeschnittene Schiene in die Presse
                                 brachte, und die gewoͤhnliche Gewalt darauf einwirken ließ, zeigte sie
                                 eine Staͤrke, welche groͤßer war, als sie Hr. Locke im mittleren Durchschnitte fuͤr die
                                 ganzen unbeschnittenen Schienen gefunden hatte. Obschon ich aber zugeben will,
                                 daß die Schiene wirklich schwaͤcher geworden war, und daß diese
                                 scheinbare Anomalie der Unvollkommenheit der Presse zugeschrieben werden muß; so
                                 muß man andererseits doch auch zugeben, daß die Schiene bei diesem Resultate
                                 doch nur wenig verloren haben konnte; und daß, wenn man das abgeschnittene
                                 Eisen, welches beinahe 1/8 des ganzen Durchschnittes betrug, gehoͤrig
                                 anderwaͤrts verwendet haͤtte, hiedurch unstreitig eine weit
                                 staͤrkere Schiene zu erzielen gewesen waͤre.“
                              
                           Bei der Untersuchung der Stabilitaͤt der Steinbloͤke leistete der
                              Deflectometer gleichfalls wieder gute Dienste; denn wenn auch keine große
                              Genauigkeit bei den Versuchen erzielt werden konnte, so ergab sich doch, daß
                              Steinbloͤke, die 5 Fuß weit von einander entfernt waren, unter dem Druke
                              einer daruͤber rollenden Last eben so wenig einsanken, wie
                              Steinbloͤke, deren Entfernung nur 3 Fuß betrug. In Hinsicht auf den Nuzen
                              einer groͤßeren oder geringeren Anzahl von Steinbloͤken scheint eine
                              große Meinungsverschiedenheit zu herrschen. Hr. B. aͤußert in dieser
                              Beziehung folgende Ansicht.
                           
                              „Was die relativen Unterhaltungskosten per
                                 Blok betrifft, wenn diese 3 oder 5 Fuß weit von einander entfernt sind, so kam
                                 ich zu dem Schlusse, daß bei Daͤmmen und uͤberhaupt bei weichem
                                 Unterboden die Kosten anfangs bei weiter entfernten Unterlagen groͤßer
                                 als bei naͤher gelegten seyn werden; daß sie aber spaͤter in
                                 beiden Faͤllen gleich, obwohl in ersterem gewiß nicht geringer werden
                                 duͤrften; und daß, wenn der Boden felsig oder fest ist, die Kosten von
                                 Anfang bis zu Ende ziemlich gleich bleiben.“
                              
                           Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß die Erdoberflaͤche, auf der der
                              Steinblok ruht, so lange sie neu ist, fortwaͤhrend durch jeden darauf
                              wirkenden Stoß etwas zusammengedruͤkt wird; und da sich die Zahl dieser
                              Stoͤße wie die Entfernung von einem Bloke zum anderen verhaͤlt, so
                              wird die Erde bei weiten Entfernungen schneller zusammengedruͤkt werden, als
                              bei kurzen. So wie aber die Erde ein Mal so fest und hart geworden ist, daß sie auch
                              nach den staͤrksten Stoͤßen wieder in ihre fruͤhere Form
                              zuruͤkkehrt, so ist es nur mehr von geringer Bedeutung, wie oft sie der
                              Einwirkung der Stoͤße ausgesezt wird, d.h. ob die Unterlagen mehr oder
                              weniger weit von einander entfernt sind.
                           Fuͤr die Pedestals gibt Hr. B. einer Form, wie sie zur Aufnahme einer einfach
                              Tfoͤrmigen Schiene geeignet ist, den Vorzug.
                              Da jedoch die von ihm empfohlene Schiene am Grunde einen hervorragenden Rand hat, so
                              schlaͤgt er vor, da, wo der Blok hinfaͤllt, an der Mittelrippe einen
                              kleinen Vorsprung zu lassen, so daß deren Dike bis zu gleicher Hoͤhe mit der
                              senkreckten Flaͤche des hervorragenden Randes ausgefuͤllt ist. Man
                              erhaͤlt auf diese Weise eine Schiene, welche die Anwendung glatter Pedestals
                              zulaͤßt. Aus dieser Einrichtung scheinen sich jedoch in Hinsicht auf den
                              Parallelismus der Steinbloͤke dieselben Schwierigkeiten, wie bei der
                              Anwendung der fischbauchfoͤrmigen Schienen zu ergeben; vielleicht ließen sich
                              diese in beiden Faͤllen umgehen, wenn man die Trag- oder
                              Unterlagstellen um einen halben Zoll laͤnger machte, als die Pedestals breit
                              sind. Der Grund, aus welchem Einige die fischbauchfoͤrmigen Schienen
                              vorziehen: d.h. „weil der schwache Hals ihnen gestattet einem einsinkenden
                                 Pedestal zu folgen,“ ist gewiß ein sonderbares Beispiel des
                              Scharfsinnes einiger Ingenieurs. Die weiteren Bemerkungen, welche uͤbrigens
                              Hr. B. uͤber die beste Form der Pedestals macht, verdienen alle
                              Aufmerksamkeit.
                           Das den Zusammenfuͤgungen der Schienen gewidmete Capitel beginnt
                              hoͤchst merkwuͤrdig folgender Maßen: „Nach genauer
                                 Untersuchung der Gefuͤge der Schienen an der
                                 Liverpool-Manchester-Eisenbahn glaube ich behaupten zu
                                 koͤnnen, daß unter sechsen von diesen Gefuͤgen nur eines so gut
                                 ist, als man es wuͤnschen kann; daß unter sechsen eines so schlecht als
                                 moͤglich ist, und daß die uͤbrigen zwei Drittheile zwischen diesen
                                 beiden Extremen hin und her schwanken.“
                              
                           Sollte man glauben, daß diese beruͤhmte Bahn zu so glaͤnzenden Erfolgen
                              fuͤhrte, waͤhrend die Haͤlfte der Kraft auf derselben verloren
                              ging, und waͤhrend die Kosten der Reparaturen durch schlechte Arbeit beinahe
                              verdoppelt wurden? Was darf man hienach erst erwarten, wenn die
                              Eisenbahnausruͤstung durch Untersuchungen wie die gegenwaͤrtigen auf
                              einen solchen Grad von Vollkommenheit gebracht worden ist, wie ihn der
                              gegenwaͤrtige Zustand der Hand- und Maschinenarbeit gestattet und
                              erheischt! Nachdem Hr. B. dringend auf die Nothwendigkeit groͤßerer
                              Genauigkeit aufmerksam gemacht hat, faͤhrt er in seinem Berichte also
                              fort:
                           
                              „An den kleineren Bomben, welche immer noch bedeutend groͤßer sind
                                 als die Oeffnung eines Eisenbahnpedestals, und deren Guß unstreitig weit schwieriger
                                 ist, gestattet man hoͤchstens eine Abweichung von 1/30 Zoll; ich sehe
                                 nicht ein, warum man an den Pedestals und an den Enden der Schienen nicht
                                 wenigstens einen gleichen Grad von Genauigkeit erzielen koͤnnen sollte.
                                 Allerdings duͤrfte diese Genauigkeit anfangs etwas groͤßere Kosten
                                 machen; allein erzeugt nicht die durch die Ungenauigkeit bedingte große
                                 Abnuͤzung der Schienen und Maschinen weit groͤßere und bleibende
                                 Unterhaltungskosten? Ich bin uͤberzeugt, daß Jedermann dieß einsehen
                                 wird, der mit mir und mit Huͤlfe des Deflectometers die
                                 Erschuͤtterungen beobachtete, welche in den Schienen und folglich auch in
                                 der Maschine und in den Wagen erzeugt werden. Alle diese Erschuͤtterungen
                                 werden offenbar durch Unregelmaͤßigkeiten hervorgebracht, unter denen der
                                 Mangel des Parallelismus der Steinbloͤke und die schlechten
                                 Gefuͤge die vorzuͤglichsten sind. Einige bei meinen Versuchen
                                 gegenwaͤrtige Personen schrieben dieselben zum Theil flachen, am Umfange
                                 der Raͤder befindlichen Stellen zu; wenn jedoch wirklich solche flache
                                 Stellen an den Raͤdern vorhanden sind, woher ruͤhren diese wohl
                                 sonst, als von schlechten Gefuͤgen? Um sich hievon zu uͤberzeugen,
                                 darf man nur bedenken, welchen Stoß ein Rad erfaͤhrt, wenn es, mit einer
                                 Last von 3 Tonnen beladen und mit einer Geschwindigkeit von 30 oder 32 engl.
                                 Meilen in der Zeitstunde fortrollend, auf das Ende einer Schiene trifft, die um
                                 1/8 oder vielleicht gar um 1/4 Zoll uͤber das andere angraͤnzende
                                 Ende emporragt; oder wenn die Gefuͤge so weit von einander abstehen, daß
                                 das Rad mit all der Heftigkeit, welche nothwendig mit einer solchen
                                 Geschwindigkeit verbunden ist, von dem einen Schienenende auf ein anderes
                                 faͤllt. Um beilaͤufig die Wirkung hievon zu erfahren, brachten wir
                                 unseren Deflectometer an einem solchen schlechten oder offenen Gefuͤge
                                 an, um damit die Erschuͤtterung zu messen. Nach geschehener Messung wurde
                                 die Schiene so gelegt, daß das Gefuͤge gehoͤrig schloß, und die
                                 Erschuͤtterung neuerdings gemessen: das Resultat war, daß das schlechte
                                 oder offene Gefuͤge eine um volle 50 Proc. groͤßere
                                 Erschuͤtterung erzeugte; d.h. daß die Maschine einen um die
                                 Haͤlfte groͤßeren Stoß auszuhalten hatte, als von einem
                                 gewoͤhnlichen Gefuͤge.“
                              
                           Am Schlusse faßt der gelehrte Hr. Professor seinen Bericht in Folgendem zusammen:
                           
                              „1) es ist meiner Ansicht nach wuͤnschenswerth, daß das Gewicht
                                 oder der Durchschnitt der Schienen vergroͤßert und die Zahl der
                                 Tragbloͤke verhaͤltnißmaͤßig vermindert werde, und zwar in
                                 so weit sich dieß mit dem Betrage der Errichtungskosten vertraͤgt.
                              
                           
                              „2) glaube ich, daß bei Ausgrabungen und in solchen Faͤllen, wo man
                                 es mit einer guten festen Unterlage zu thun hat, die gegenwaͤrtig gebraͤuchliche Groͤße der Steinbloͤke, wonach auf die
                                 Zwischenbloͤke 4 und auf die Gefuͤgbloͤke 5 Fuß kommen,
                                 waͤhrend die Traggaͤnge nicht uͤber 5 Fuß betraͤgt,
                                 genuͤgt; daß bei Daͤmmen hingegen eine
                                 verhaͤltnißmaͤßige Vergroͤßerung der Steinbloͤke
                                 noͤthig seyn duͤrfte. Uebrigens empfehle ich dieß durch Versuche
                                 noch weiter auszumitteln.
                              
                           
                              „3) bin ich der Ansicht, daß die Unterhaltungskosten in ersterem Falle
                                 nach kurzer Zeit mit der verringerten Anzahl der Tragebloͤke im
                                 Verhaͤltnisse stehen, gewiß aber nicht geringer seyn wuͤrden.
                              
                           
                              „4) steht die Schiene mit doppeltem und gleichmaͤßig hervorragendem
                                 Rande sowohl in Hinsicht auf Staͤrke, als in Hinsicht auf Leichtigkeit
                                 der Befestigung der oben beschriebenen nach.
                              
                           
                              „5) scheint mir Sinclair's Vorschlag die
                                 Schiene an ihren Tragepunkten eben (plain) zu
                                 machen, in jeder Hinsicht empfehlenswerth.
                              
                           
                              „6) halte ich die von Stephenson vorgeschlagene
                                 Pedestalform und seine Methode die Schienen in den Pedestals zu befestigen,
                                 fuͤr eben so einfach, als gut und wirksam.
                              
                           
                              „7) scheint mir, da ich den Praktikern uͤberall, wo es seyn kann,
                                 sehr gern nachgebe, die gegenwaͤrtig gebraͤuchliche Methode die
                                 Pedestals mit einem hoͤlzernen Pfloke und eisernen Zapfen an den
                                 Steinbloͤken zu befestigen, sowohl wegen ihrer Einfachheit als
                                 Tauglichkeit alle Empfehlung zu verdienen.
                              
                           
                              „8) endlich bin ich uͤberzeugt, daß keine Veraͤnderung der
                                 Form irgend eine wesentliche Verbesserung mit sich bringen kann, so lange man
                                 nicht eine groͤßere Gleichfoͤrmigkeit in der Gestalt und in den
                                 Dimensionen der Schienen und Pedestals erzielt, und so lange man weder auf den
                                 Parallelismus der Steinbloͤke, noch auf die Entfernung der Schienenenden
                                 von einander zum Behufe der gehoͤrigen Ausdehnung und Zusammenziehung
                                 gehoͤrige Aufmerksamkeit richtet.
                              
                           Was die wichtigen theoretischen Eroͤrterungen, welche Hr. B. auf seinen
                              Bericht folgen laͤßt, betrifft, so wollen wir nur zwei von den daraus
                              gezogenen Schluͤssen anfuͤhren. Es hat sich naͤmlich gezeigt:
                              „daß die Summe saͤmmtlicher wandelbarer Widerstaͤnde,
                                 die durch die Deflection eines Stabes gegen eine sich uͤber ihn bewegende
                                 Last geleistet werden, genau die Haͤlfte jenes Widerstandes
                                 betraͤgt, den die Last beim Hinansteigen einer Flaͤche von
                                 derselben halben Laͤnge, deren Hoͤhe der Centraldeflection
                                 desselben Stabes gleichkommt, erfaͤhrt.“ Ferner scheint es,
                              daß die wegen der Deflection der Schienen oder Staͤbe erforderliche Zunahme
                              der Kraft beinahe mit der Entfernung der Steinbloͤke im Verhaͤltnisse
                              sieht: eine Thatsache, die bei Bestimmung der Laͤnge der Tragstellen gewiß in
                              Betracht gezogen werden muß.