| Titel: | Das Blizrad, ein Apparat zu rasch abwechselnden galvanischen Schließungen und Trennungen; von Dr. Neeff. | 
| Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. LIII., S. 280 | 
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                        LIII.
                        Das Blizrad, ein Apparat zu rasch abwechselnden
                           galvanischen Schließungen und Trennungen; von Dr. Neeff.
                        (Im Auszuge aus Poggendorff's Annalen der Physik,
                              Bd. XXXVI. S. 352.)
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Neeff, uͤber das Blizrad.
                        
                     
                        
                           Die Wirkungen des Schließens und Trennens galvanischer Ketten sind bekannt. Wenig
                              gekannt aber sind die Wirkungen rascher Abwechslungen, wodurch in einer kurzen Zeit
                              eine große Menge solcher Schließungen und Trennungen sich folgt; nur bei den
                              Maschinen, welche eine schnelle Folge magneto-elektrischer Effecte bezweken,
                              hat man dem Gyrotrop eine solche Einrichtung gegeben. Es lassen sich aber aus diesem
                              Wege hoͤchst interessante Erscheinungen hervorbringen, ja es eroͤffnen
                              sich ganze Reihen neuer Untersuchungen. Ich werde einige derselben mittheilen, zuvor
                              aber den Apparat beschreiben, den ich zu diesem Behufe construirt habe und das Blizrad nenne. (Siehe Fig. 8, 9 und 10 auf Tab. V.)
                           Eine horizontale Kupferscheibe, 1 1/2 Pariser Linie dik, 6 1/2 Zoll im Durchmesser,
                              ist auf einer, in ihrer Mitte unten aufgeloͤtheten, verticalen kupfernen Axe
                              drehbar; die Axe ist 3 bis 4 Linien dik, 3 Zoll 2 Linien hoch; ein
                              Messingbuͤgel haͤlt sie in ihrer Richtung, welcher in einem 7 Zoll
                              haltenden vierekigen hoͤlzernen Brett befestigt ist. In der Mitte hat dieses
                              Brett eine Vertiefung, mit Kupfer ausgefuͤttert, worin die konisch zugespizte
                              Axe sich dreht, und in welche etwas Queksilber gegossen werden kann, um die Scheibe
                              mit dem einen Pol eines Elektromotors in Verbindung zu sezen. Am Rande der Scheibe
                              sind 36 Oeffnungen in der Scheibe angebracht, welche in der Richtung der Radien 10
                              Linien lang und 3 bis 4 1/2 Linien breit sind. Diese Oeffnungen werden mit Holz,
                              Glas, Porcellan, oder
                              einer anderen isolirenden Substanz ausgefuͤllt. Zwischen ihnen befinden sich
                              die schmaͤleren Fortsezungen der Scheibe, die wir Kupferbruͤken nennen
                              wollen. Nahe an der Mitte der Scheibe ist ein Knopf, zum Drehen derselben.
                           Man sieht, daß wenn man einen Metallstreifen, der mit dem anderen Pol des
                              Elektromotors verbunden ist, unter irgend einem Winkel an den durchbrochenen Rand
                              der Scheibe haͤlt, diese beim Umdrehen bald mit dem eingelegten Isolator,
                              bald mit der 2 bis 2 1/2 Linien breiten Kupferbruͤke, die zwischen den
                              Oeffnungen durchgeht, unter dem Entladungsstreifen weggleitet, und daß folglich bei
                              jeder Umdrehung die Kette 36 Mal geschlossen und getrennt wird.
                           Zu diesem Zwek ist ein 7 Linien breiter, 1/2 Linie diker Kupferstreif
                              seitwaͤrts angebracht, durch ein Loch auf einem Stifte ruhend mit dem einen
                              Ende, mit dem anderen umgebogenen auf der Scheibe. Es ist eine Vertiefung in diesen
                              Streifen eingetrieben, um einen Queksilbertropfen aufzunehmen, zur Verbindung mit
                              dem anderen Pol.
                           Man kann das Rad in einer Secunde bequem bis zu vier Malen, auch etwas
                              daruͤber umdrehen, so daß in der Secunde bis etwa 160 Schließungen und eben
                              so viele Trennungen moͤglich sind, also bis 10,000 in einer Minute. Begehrt
                              man noch groͤßere Geschwindigkeit, so laͤßt sie sich durch eine Schnur
                              ohne Ende bewirken, fuͤr die eine Spule unter der Kupferscheibe an einer
                              Holzunterlage angebracht ist. Doch habe ich zu meinen bisherigen Versuchen nie ein
                              sehr schnelles Umdrehen bedurft, vielmehr eine Geschwindigkeit von 70 bis 80
                              Abwechslungen in der Secunde bis jezt am vortheilhaftesten gefunden.
                           Mittelst dieses Apparates kann man nun eine fortdauernde magnetelektrische
                              Thaͤtigkeit bewirken. Sezt man das eine Ende einer um Eisen gewundenen
                              Spirale mit dem einen Pole der Volta'schen Kette in
                              Verbindung, das andere Ende mit dem Entladungsstreifen des Blizrades, welches
                              seinerseits mit dem anderen Pole der Kette communicirt, verbindet sodann
                              Queksilbergefaͤße mit den Enden der Spirale, und taucht in diese irgend einen
                              tauglichen Zwischenkoͤrper von niederer Leitungsfaͤhigkeit, so
                              erfaͤhrt dieser, beim Drehen des Rades, eine Reihe von magnetelektrischen
                              Entladungsschlaͤgen, welche eine zwar geringe Quantitaͤt, aber eine
                              große Intensitaͤt haben, gerade als ob die Eine große Volta'sche Kette in viele kleine, zu einer Saͤule geordnete,
                              zertheilt waͤre. Zu solchen Zwischenkoͤrpern sind zu rechnen: 1) ein
                              Multiplicator von duͤnnem Draht; 2) ein feiner Platindraht, welcher
                              gluͤhend wird, wenn die Intensitaͤt der Vorrichtung hinreicht; 3) ein
                              Wasserzersezungsapparat oder andere elektrolytische Substanzen; 4) der menschliche Koͤrper, welcher
                              mit armirten Haͤnden kraͤftige Schlaͤge empfaͤngt.
                           Eine andere Anwendung des Blizrades, außer der so eben eroͤrterten
                              magnetelektrischen, ist die: durch seine Vermittlung in sehr kurzer Zeit eine große Anzahl von Schließungs- und
                                 Trennungseffecten vielplattiger Saͤulen einen Zwischenkoͤrper
                                 durchzuken zu lassen.
                           Wir muͤssen naͤmlich, wenn irgend ein Leiter galvanisirt wird, drei
                              Wirkungen unterscheiden. Zuerst den Schließungsbliz, welcher bei Metallen als Funke
                              erscheint, beim thierischen Nerven als zukender Schlag; zweitens den Effect des
                              staͤt fortwirkenden Stroms; drittens den Trennungsbliz beim
                              Wiederoͤffnen der Kette. Von dieser Dreifachheit sagt uns weder der
                              Multiplicator noch der Wasserzersezungsapparat das Mindeste. Nur das Metall und der
                              Nerv belehren uns von dem Daseyn dieser hoͤchst merkwuͤrdigen, bis
                              jezt noch wenig untersuchten Verschiedenheit.
                           Es ist klar, daß wenn man einen Zwischenkoͤrper, z.B. menschliche Organe,
                              nicht unmittelbar durch eine Volta'sche Batterie
                              galvanisirt, sondern durch die Umdrehungen des Blizrades ihre Wirkung vermittelt,
                              die Schließungs- und Trennungsblize unveraͤndert durch den
                              Koͤrper gehen, und zwar so vervielfacht, daß beide in einer Secunde bis zu
                              160 Mal sich wiederholen koͤnnen. Dagegen wird der Effect des staͤt
                              fortwirkenden Stroms, der zwischen den Extremen des Schließens und Trennens
                              thaͤtig ist, bedeutend geschmaͤlert und unter die Haͤlfte
                              herabgesezt, weil die Summe der Unterbrechungen an ihm abgezogen wird. Wenn man
                              daher einen Multiplicator als Zwischenkoͤrper nimmt, und die Nadel beim
                              Geschlossenseyn eine constante Ablenkung angenommen hat, so oscillirt sie beim
                              Drehen des Rades auf eine Art, die eine Abnahme der unmittelbaren Wirkung auf
                              weniger als die Haͤlfte anzeigt.
                           Die Benennung „Blizrad“ und der Ausdruk, es vervielfache die
                              Blize eines Elektromotors, rechtfertigen sich wohl von selbst.Fuͤr die Praxis duͤrfte das Blizrad
                                    in mehr als einer Hinsicht von Wichtigkeit seyn. Ob es vor den bisherigen
                                    magnetelektrischen Maschinen bedeutende Vorzuͤge besize, muß
                                    vergleichende Beobachtung lehren. Vom groͤßten Nuzen aber
                                    duͤrfte der Apparat fuͤr die
                                       Heilkunde seyn. Dieß leuchtet auf den ersten Blik ein, wenn man
                                    sieht, wie er binnen 10 Minuten 100,000 Schließungs- und eben so
                                    viele Trennungsschlaͤge bewirkt. Man kann sich dazu sowohl der
                                    gewoͤhnlichen Batterie, als des magnetelektrischen Apparats bedienen.
                                    Zwar wird die elektrochemische Wirkungsweise des Galvanismus vom Blizrade
                                    nicht gesteigert, vielmehr gemindert; aber die Wirkung auf die Nerven wird
                                    von ihm unermeßlich erhoͤht und vervielfacht. Es bietet daher nicht
                                    nur ein Mittel dar, den Effect jeder Saͤule in seiner
                                    Intensitaͤt zu steigern, sondern auch die leisesten wie die
                                    staͤrksten Wirkungen in anderer Art als der gewoͤhnlichen den
                                    Koͤrper durchdringen zu lassen, naͤmlich in haͤufigen
                                    Wiederholungen, deren Aufeinanderfolge nach Gefallen beschleunigt werden
                                    kann. Da das Singeln auf abwechselnden Zukungen beruht, so ist klar, daß man
                                    es in seiner Gewalt hat, wahrhaft klonische Kraͤmpfe zu erregen. Es
                                    ist hier der Ort nicht, die Modificationen zu eroͤrtern, welche diese
                                    Methode zulaͤßt; zwei derselben wollen wir jedoch andeuten, bei denen
                                    die Anwendung des Blizrades besonders empfehlungswerth ist. Die eine besteht
                                    in allgemeinen oder localen Baͤdern in metallenen Wannen, welche den
                                    einen Pol bilden. Die andere ist die Acupunctur, wobei schon eine einfache
                                    Kette, hoͤchstens zwei oder drei Plattenpaare, von der
                                    groͤßten Wirksamkeit sind. – Bei dieser Gelegenheit wollen wir
                                    auch einer Methode erwaͤhnen, welche mit der des Blizrades die rasche
                                    Aufeinanderfolge einzelner Schlaͤge gemein hat, aber dadurch von ihr
                                    verschieden ist, daß jeder Schlag die entgegengesezte Richtung des
                                    fruͤheren hat; man kann dieß durch eine gyrotropische Vorrichtung,
                                    oder auf eine noch einfachere Art erzielen, wobei wieder das Blizrad
                                    anwendbar ist.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
