| Titel: | Neue Methode zur Analyse schwer zersezbarer Mineralien (Aluminate und Silicate); von Dr. Abich. | 
| Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. LXXXIV., S. 445 | 
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                        LXXXIV.
                        Neue Methode zur Analyse schwer zersezbarer
                           Mineralien (Aluminate und Silicate); von Dr. Abich.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. Decbr. 1835,
                              S. 269.
                        Abich, Analyse schwer zersezbarer Mineralien.
                        
                     
                        
                           Ich habe bei Versuchen uͤber die Schmelzbarkeit einiger Mineralien und
                              Kunstproducte die bisher unbekannte Beobachtung gemacht, daß der kohlensaure Baryt
                              (Witherit) bei der Weißgluͤhhize vollkommen in Fluß kommt und dann alle
                              Kohlensaͤure verliert. Der kohlensaure Strontian verhaͤlt sich unter
                              denselben Umstaͤnden ganz wie der kohlensaure Kalk; er verliert ebenfalls
                              seine Kohlensaͤure, schmilzt aber nicht.
                           
                           Wegen seiner Eigenschaft bei hoher Temperatur zu schmelzen und in freies Alkali
                              uͤberzugehen, laͤßt sich der kohlensaure Baryt sehr vortheilhaft zur
                              Analyse der Mineralien anwenden; es gibt kein durch Saͤuren unzersezbares
                              Mineral, welches durch ihn nicht sogleich aufgeloͤst wuͤrde. Wenn man
                              den kohlensauren Baryt als Aufschließungsmittel anwendet, so ist es nicht
                              noͤthig, das zu zersezende Mineral in ein außerordentlich feines Pulver zu
                              verwandeln und sogar das Schlaͤmmen wird
                              unnuͤz, indem man nur ein fuͤhlbares Pulver braucht; durch diesen
                              Vortheil erspart man Zeit und die Analyse wird auch genauer.
                           Man hat das Pulver nur mit seinem 4 bis 6fachen Gewicht kuͤnstlich bereiteten
                              kohlensauren Baryts zu vermengen und das Gemenge in einem Platintiegel 15 oder 20
                              Minuten lang einer sehr starken Weißgluͤhhize auszusezen. Man erhaͤlt
                              so eine vollkommen geschmolzene Masse, die sich leicht in verduͤnnter
                              Salzsaͤure aufloͤst. Auf diese Art gelang es mir den Spinell,
                              Pleonast, Automolith etc., Koͤrper, die sogar mit Aezkali bisher nur sehr
                              schwer und unvollstaͤndig zersezt werden konnten, sehr schnell und ohne die
                              geringste Schwierigkeit vollstaͤndig zu zersezen. Ich habe auch den Cyanit,
                              Staurolit, Cimophan, die Zirkone und Feldspathe aufgeloͤst, um mich zu
                              uͤberzeugen, daß diese Methode fuͤr alle Silicate angewandt werden
                              kann. Ich will hier keine umstaͤndliche Beschreibung meines Verfahrens
                              mittheilen, sondern bloß einige Vorsichtsmaßregeln anfuͤhren, welche bei dem
                              Schmelzverfahren, wovon das Gelingen der ganzen Analyse abhaͤngt,
                              noͤthig sind.
                           Um des Gelingens sicher zu seyn, muß man einen Geblaͤseofen, den von Sturm
                              Dieser Ofen ist bekanntlich nicht von Sturm,
                                    sondern von Sefstroͤm erfunden worden, man
                                    findet die Beschreibung und Abbildung desselben in Berthier's Handbuch der metallurgisch-analytischen Chemie,
                                    uͤbersezt von C. Kersten. (Leipzig 1835)
                                    Bd. I. S. 126 und in Poggendorff's Annalen der
                                    Physik Bd. XV. S. 612.A. d. R. erfundenen sogenannten schwedischen Ofen anwenden, welcher in Berthier's Handbuch der metallurgisch-analytischen
                              Chemie beschrieben ist. Mit diesem Ofen kann man naͤmlich in kurzer Zeit eine
                              außerordentlich hohe und gleichfoͤrmige Temperatur hervorbringen, was die
                              erste Bedingung des Gelingens der Operation ist.
                           Man stellt den mit dem Gemenge angefuͤllten und gut verschlossenen
                              Platintiegel in einen hessischen Tiegel von angemessener Groͤße. Lezteren
                              bedekt man mit einem gut passenden Dekel von derselben Masse wie der Tiegel, und
                              lutirt ihn mit einem Teige aus rohem und reinem Thone auf. Man waͤhlt dann
                              einen Kaͤse von solcher Hoͤhe, daß sich der untere Theil des Tiegels genau
                              im Brennpunkte des Ofens befindet.
                           Den Ofen fuͤllt man langsam bis zum Dekel des Tiegels mit gluͤhender
                              Holzkohle an, indem man einen sehr schwachen Luftstrom unterhaͤlt. Nachdem
                              der Tiegel rothgluͤhend geworden ist, fuͤllt man dann den Ofen bis an
                              den Rand mit zollgroßen Kohksstuͤken auf und laͤßt das Geblaͤse
                              stark wirken, indem man nach und nach die verzehrten Kohks ersezt, so daß der Tiegel
                              immer mit einer drei oder vier Zoll diken Kohksschichte bedekt bleibt. Eine
                              Quantitaͤt dieses Brennmaterials, welche beilaͤufig zwei Mal den
                              Hohlraum des Ofens ausfuͤllen wuͤrde, reicht hin, um in 15 bis 20
                              Minuten den hessischen Tiegel bis zum Erweichen zu bringen. Man erlangt bald die
                              noͤthige Uebung, um diesen Zeitpunkt zu treffen, wo man dann keine Kohks mehr
                              zusezt, aber den moͤglichst starken Luftstrom eintreten laͤßt, bis die
                              Haͤlfte des Tiegels sichtbar geworden ist. Dann muß der Tiegel, damit er
                              nicht an den Kaͤse anbakt, sogleich aus dem Ofen gezogen und in ein Sandbad
                              gestellt werden, wo er sich langsam abkuͤhlt. Wenn die Operation gut von
                              Statten ging, findet man den Dekel luftdicht auf den Tiegel geschweißt, und nachdem
                              man das ganze Gehaͤuse durch einen leichten Hammerschlag zerbrochen hat,
                              nimmt man den Platintiegel heraus, welcher eben so rein und in demselben Zustande
                              ist, wie man ihn hineingebracht hat; das darin enthaltene Gemenge muß ganz
                              geschmolzen seyn. Bisweilen erhaͤlt man bei Behandlung sehr schwer
                              zersezbarer Koͤrper eine Masse, die zum Theil geschmolzen, zum Theil aber nur
                              zusammengebakt ist, besonders wenn man nur vier Theile kohlensauren Baryt anwandte;
                              in diesem Falle ist es raͤthlich die Schmelzung zu wiederholen, um ganz
                              sicher zu seyn, daß die Zersezung vollstaͤndig ist. Die geeignetste
                              Quantitaͤt, welche man von dem zu analysirenden Koͤrper anwenden kann,
                              ist anderthalb Gramme, so daß das Gewicht des ganzen Gemenges auf 8 bis 11 Gramme
                              steigen kann.
                           Zum Zermalmen der Mineralien, nachdem sie in sehr kleine Koͤrner zerstoßen
                              worden sind, habe ich mich mit gutem Erfolge eines staͤhlernen
                              Moͤrsers bedient, wie ihn die Diamantschneider anwenden und der ebenfalls in
                              dem oben erwaͤhnten Werke Berthier's beschrieben
                              ist. Mit diesem Instrumente kann man sogar abgewogene Substanzen ohne Verlust
                              zerstoßen. Mittelst sehr verduͤnnter Salzsaͤure zieht man die Spuren
                              von Eisen aus, welche sich mit dem Pulver vermengen; lezteres kann man sogleich
                              schmelzen und braucht es nie zu schlaͤmmen.
                           Die Einfachheit und Schnelligkeit dieser Zersezungsmethode und die Leichtigkeit,
                              womit man durch sie die verschiedenen Bestandtheile eines Minerals von der
                              verwikeltsten Zusammensezung ausmitteln kann, sind meiner Meinung nach Vortheile,
                              welche kein bisher bekanntes Verfahren darbietet.Der Verfasser hatte bei seinen Analysen vorzuͤglich mit den
                                    Schwierigkeiten zu kaͤmpfen, welche die vollstaͤndige Trennung
                                    der Bittererde von der Alaunerde darbietet, indem diese beiden Erden eine starke
                                    chemische Verwandtschaft zu einander haben. Um die Graͤnzen dieser
                                    Verwandtschaft kennen zu lernen und zu sehen, ob es nicht moͤglich
                                    ist, auf nassem Wege eine dem Spinell analoge
                                    Verbindung derselben hervorzubringen, stellte er folgende Versuche an. Alaun
                                    und schwefelsaure Bittererde wurden in solchem Verhaͤltnisse
                                    aufgeloͤst, daß der Sauerstoff der Bittererde zu dem der Alaunerde im
                                    Verhaͤltnisse von 1 zu 3 stand; das Gemisch wurde dann mit einer
                                    hinreichenden Menge Salmiak versezt, um die Bittererde aufgeloͤst zu
                                    erhalten und hierauf die Alaunerde mit Ammoniak gefaͤllt. Dessen
                                    ungeachtet wurde fast alle Bittererde von der Alaunerde mitgerissen und
                                    konnte dann von derselben durch Aezkali nur sehr unvollstaͤndig
                                    getrennt werden. Als man ein aͤhnliches Gemisch, worin aber die Menge
                                    der Bittererde verdoppelt war, niederschlug, blieb die Haͤlfte dieser
                                    lezteren in der Fluͤssigkeit aufgeloͤst, waͤhrend sich
                                    der Rest mit der Alaunerde im angegebenen Verhaͤltnisse verband. Wenn
                                    man den Niederschlag troknet und in einem Platintiegel sehr stark erhizt, so
                                    wird er so dicht, daß er außerordentlich schwer in den Saͤuren
                                    aufzuloͤsen ist. Hr. Berzelius hat mein Verfahren wiederholt und
                              bestaͤtigt.