| Titel: | Ueber die Analyse des Kanonenguts; von Hrn. Sobrero. | 
| Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. LXXXV., S. 448 | 
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                        LXXXV.
                        Ueber die Analyse des Kanonenguts; von Hrn.
                           Sobrero.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. Februar
                              1826, S. 171.
                        Sobrero, uͤber die Analyse des Kanonenguts.
                        
                     
                        
                           Das Verfahren, welches man bisher allgemein bei der Analyse des Kanonenguts befolgte,
                              besteht darin, die Legirung mit Salpetersaͤure von 22° Baumé zu
                              behandeln; das Kupfer loͤst sich auf und das Zinn bleibt als Oxyd
                              zuruͤk, aus dessen Gewicht sich das darin enthaltene Metall berechnen
                              laͤßt. Dieses Verfahren ist aber nicht sehr genau; das Zinnoxyd reißt eine
                              gewisse Menge Kupfer mit sich, welche sich sehr schwer davon trennen laͤßt
                              und welche nach der Staͤrke der angewandten Saͤure und wahrscheinlich
                              auch nach der Manipulationsweise variirt.Wir zweifeln sehr daran, daß das Zinnoxyd eine so große Menge Kupfer
                                    zuruͤkhaͤlt, als der Verfasser am Schluͤsse seiner
                                    Abhandlung angibt, wenn man naͤmlich gehoͤrig manipulirt, d.h.
                                    das Zinnoxyd mehrmals durch Decantiren aussuͤßt, ehe man es auf ein
                                    Filter bringt.A. d. R. Hr. Sobrero behandelt das Kanonengut statt mit
                              Salpetersaͤure, mit trokenem Chlorgas. Die beiden Metalle werden dadurch in
                              Chloride verwandelt; das Zinnchlorid, welches sehr fluͤchtig ist, wird in
                              einem Recipienten aufgefangen und das Kupferchlorid bleibt in dem Apparate
                              zuruͤk. Die Operationsweise ist uͤbrigens sehr einfach: man bringt
                              zwei bis drei Gramme von der Legirung in eine Kugel, welche an einer Roͤhre
                              von ungefaͤhr 6 Millimeter (2,6''') Durchmesser
                              ausgeblasen ist; das eine Ende der Roͤhre wird mit einer anderen Roͤhre in Verbindung
                              gebracht, welche mit Chlorcalcium gefuͤllt und dazu bestimmt ist, das
                              Chlorgas auszutroknen; das andere Ende der Roͤhre, welches wenigstens 15
                              Centimeter (5'' 6''') lang
                              seyn soll, ist ausgezogen und muͤndet in einen kleinen tubulirten Ballon,
                              worin sich das Zinnchlorid verdichten muß. Das uͤberschuͤssige
                              Chlorgas entweicht durch die Tubulatur des Ballons mittelst einer Roͤhre,
                              welche es in Kalkmilch fuͤhrt. Wenn die Chlorentbindung zu rasch erfolgte,
                              wuͤrde sich die Kugel, welche die Legirung enthaͤlt, zu sehr erhizen;
                              es wuͤrde ein Aufkochen Statt finden und Kupferchlorid aus der Kugel
                              geschleudert werden. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, muß man die Kugel kalt
                              erhalten, indem man sie mit befeuchteter Leinewand umhuͤllt; gegen das Ende
                              der Operation aber, wo die Einwirkung des Chlorgases sehr langsam erfolgt, muß man
                              im Gegentheile die Kugel erwaͤrmen. Nach beendigter Operation trennt man die
                              Kugel von ihren beiden Roͤhren und taucht sie in verduͤnnte
                              Salpetersaͤure. Wenn alles Kupferchlorid aufgeloͤst ist, dampft man
                              die Aufloͤsung beinahe zur Trokniß ab; man sezt ein neues Quantum
                              Saͤure zu und dampft nochmals ab. Der Zwek dieser Operationen ist, die
                              Salzsaͤure auszutreiben und das wenige Zinn abzuscheiden, welches
                              gewoͤhnlich mit dem Kupferchlorid in der Kugel zuruͤkbleibt. Wenn
                              dieses Oxyd abgeschieden und gehoͤrig ausgesuͤßt worden ist, bringt
                              man die Kupferaufloͤsung in die Enge und schlaͤgt das Metall nicht mit
                              Aezkali, wie es gewoͤhnlich geschieht, sondern mit kohlensaurem Kali oder
                              Natron nieder, welches man bloß tropfenweise zusezt, besonders gegen das Ende der
                              Operation, um den Saͤttigungspunkt nicht zu uͤberschreiten. Man
                              erhaͤlt so anstatt eines Oxyds, welches sich stark an das Filter
                              anhaͤngt und schwer auszuwaschen istDieß ist jedoch nur dann der Fall, wenn man die Faͤllung des
                                    Kupferoxyds durch Aezkali in der Kaͤlte
                                    vornimmt, ein einigermaßen geuͤbter Analytiker wird die
                                    Kupferaufloͤsung in sehr
                                       verduͤnntem Zustande in einer Porcellanschale oder in einem
                                    Kolben vorsichtig zum Kochen bringen und sie dann erst mit einer
                                    Aufloͤsung von Aezkali versezen, wodurch man das Kupferoxyd als einen
                                    schweren Niederschlag von braunschwarzer Farbe erhaͤlt, welcher mit
                                    heißem Wasser vollkommen ausgesuͤßt werden kann, und nach dem Troknen
                                    gegluͤht werden muß. Die von Sobrero
                                    empfohlene Methode, das Kupferoxyd durch kohlensaures Kali
                                    auszufuͤllen, ist schon deßwegen zu verwerfen, weil dabei immer etwas
                                    Kupferoxyd in der Aufloͤsung zuruͤkbleibt, und wir begreifen
                                    nicht, wie Hr. Gay-Lussac in seinen
                                    schaͤzbaren Annalen der Chemie dergleichen Vorschlaͤge
                                    ungeruͤgt hingehen lassen kann.A. d. R., sein Carbonat, welches sich sehr leicht aussuͤßt und in der
                              Dunkelrothgluͤhhize die Kohlensaͤure vollstaͤndig verliert. Den
                              Zinngehalt der Legirung kann man direct aus dem Zinnchlorid erfahren, vorausgesezt,
                              daß man es vollstaͤndig in dem Recipienten verdichtet hat.Waͤre es nicht besser, das Zinnchlorid in Wasser aufzufangen und es
                                    durch Ammoniak zu zersezen?A. d. franz. Ueb.
                              
                           
                           Dieses analytische Verfahren ist auch fuͤr die Legirungen von Kupfer und Zinn
                              anwendbar, welche Antimon, Blei, Zink und sogar Eisen enthalten. Es ist gut, wenn
                              man an derselben Roͤhre zwei Kugeln ausgeblasen hat, wovon die eine die
                              Legirung enthaͤlt, waͤhrend die andere das gebildete Eisenchlorid
                              aufnimmt. Das Antimonchlorid wuͤrde mit dem Zinnchlorid fortgerissen; wenn
                              man aber das Gemisch dieser beiden Chloride mit Wasser anruͤhrt, so
                              wuͤrde sich das Antimon als Antimonsaure niederschlagen.
                           Hr. Sobrero bereitete vollkommen reines Zinn, indem er das
                              Chlorid in Wasser aufloͤste und durch Ammoniak zersezte; das erhaltene
                              Zinnoxyd wurde mit Harz und ein wenig Borax reducirt. Er sezte ein Kanonengut aus 11
                              Theilen dieses Zinnes und 100 Theilen Kupfer zusammen, und als er es dann mittelst
                              Salpetersaͤure nach dem gewoͤhnlichen Verfahren analysirte, fand er,
                              daß man von dem Zinngehalte, welchen die Analyse ergibt, um ihn genau zu erhalten, 1
                              abziehen mußte, d.h. daß wenn man 12 Zinn findet, man nur 11 annehmen darf. Sollte
                              diese Correction aber nicht auch fuͤr verschiedene Manipulationen
                              variiren?